Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. November (Jahrgang 25, nr. 7563-7588)

1898-11-26 / nr. 7585

Reduktion und A Administration Hermannstadt,Heltauergasse 23. chegnelwnto bei der k.nng.postsparkassail­.1305. Telephonanschluß Nr.L­ Gtseiut mit Ausnah­me der auf Bonns und Jeertage folgenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 Er., vierteljährlich 2 fl. 50 fl., Halb­­jährig 5 fl, ganzjährig 10 fl. a Bustellung in’3 Haus, mit Zustellung 11, 3 fl., 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 Er., pessjährig 7 fl., ganze jährig 14 fl. Für das Ausland: vierteljährig 7 M. oder 10 Frc­., halbjährig 14 M. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 M. oder 40 Fre3. Eine einzelne Nummer kostet 5 Er. d. W. Unfransierte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurücgestellt. Siebenbürgisch-Deutsches Sageblatt. Re 7585. XXV. Jahrgang Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer« Waffe Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauf» mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. @. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fortet beim einmaligen Einraden 7 Er., das zweites mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 Er. Aus dem ungarischen Reichstag. Budapest, 23. November. Die Sigung wurde vom Präsidenten Szilagyi um 10 Uhr vor­­mittags eröffnet. In der festen Situng hatte die O­pposition darüber Beschwerde er­­hoben, daß Minister Perczel gegen Kieselbe sich eines beleidigenden Ausbruches bedient habe, der vom Präsidenten hätte gerügt werden müssen. Der Präsident behielt si vor, In den stenographischen Aufzeichnungen sich diesbezüglich die Mederzeugung zu verschaffen, und erklärte man heute, der Minister habe nicht auf die Vorgänge während der Situng reflektiert, sondern auf dasjenige, wo nach der Gigung sich ereignet habe. Damit war diese Angelegenheit erledigt. Nicht weniger als zehn Redner hatten sich vor Beginn der Tages» Ce in Angelegenheit de Vorgehens der Polizei am Vortage zum Worte gemeldet. Die Beschwerden behandelten die Verlegung de Immunitätsrechted der Abgeordneten sowie die Verlegung der Universitätsautonomie. Der erste Redner, Sega Bolonyi, sah, als er unter dem Einbruchh der gestrigen Nede des nunmehr zur Weltberühmtheit gelangten Präsidenten Szilagyi nach Hause ging, wie 10 bis 15 Universitätshörer dem Abgeordneten Lakatos Dopationen bereiteten. Als die Polizei dies sah, wurden drei berittene Keonstabler beordert, auf den Trottoir ® auf und ab zu reiten, wodurch die Passanten in die Gefahr kamen, niedergetreten zu werden. Auch Fechner wurde nur durch Gottes Fürsorge vor diesem Schicsal bewahrt. (Heiterkeit rechts. Lärm linis und Rufe: Was laden Sie da!) Stefan Rakongfy: Es ist ja nur ein oppositioneller Abgeordneter Sega Bolonyi: Wenn dies der Fall ge­wesen wäre, so würde ich nit allein ins Jenseits gegangen sein. (Beifall auf der äußersten Linken. Heiterkeit rechts.) Stefan Rakopsky: Rosendberg lacht, der doppelt Intempatible ! (Lärm links.) Ludwig Hentaller: Der schöne Rosenberg­­ Leza Bolonyi: Infolge dieses Vorgehens der Polizei ist auch das Immunitätsrecht der Abgeordneten gefährdet. Für diese brutale Verlegung der Freiheitsrechte macht Redner den Innerminister verantwortlich, denn er weiß, daß die Polizei auf eigene Verantwortung zu solch niederträchtigen Thaten nicht fähig ist. Selbst in den finstersten Zeiten des Barbarismus, wenn militärischer Belagerungszustand verhängt wird, pflegt man die Bevöl­­kerung erst in Proklamationen zu warnen, wann sie si zu Hause Halten sol, hier wird gleich drauf­los geschoffen. (Großer Lärm Linte und Rufe: Schmach! Schande!) Nikolaus Bartha: Bei und geht es ärger zu, al­lährend des Belagerungszustandes in Prag! Stefan Ralopsty: Man schießt die jungen Leute nieder, wie die Hunde! Geza B­olonyi: Die Polizei ist bei uns ins Heiligtum der Wissen­­schaft eingedrungen und hielt dort erbarmungslos mit dem Säbel rein. Einem jungen Manne wurde das Gesicht zerschnitten, einem anderen das Auge ausgehauen. (Großer Lärm hin und Rufe: Schmahh! Schande!) ALs der Rektor Ruhe schaffen wollte, trat der Polizeihauptmann vor und erklärte: Der Herr hat hier nichts zu befehlen, ich habe Höhere Ordres. (Lärm Tine.) Ein Polizist hat seinen Revolver gegen einen P­rofessor gerichtet. Nach ber­­ährtem Muster nehmen die Polizisten ihre Nummern ab, ziehen ihre Messer aus dem Stiefelschaft (Bewegung linke; Rufe: Das ist eine Schweinerei!) und züden sie gegen die Kinder der Nation. (Lärm links; Rufe: Schmach; ! Schande!) Wenn ein Universitätsgörer „Abzug“ ruft, verurteilt man ihn zu fünfzig bis hundert Gulden Strafe. Noch härter kommt er weg, wenn er dieser brutalen, niederträchtigen Ausübung der Polizeigewalt Widerstand entgegenlegt. (Lärm Links.) Präsident Szilagyi: Ich bitte den Herrn Abgeordneten, sich solcher Beimorte, welche der Würde des Hauses nicht entsprechen, enthalten zu wollen. (Liebhafte Zustimmung rechts.) Geza Bolomyi weiß, daß er verboten ist, aber wenn auch sein ganzes Vermögen draufgehen sollte, wird ihn nichts daran hindern künnen, die Geldstrafen der Jugend bis auf den rechten Kreuzer auszuzahlen. (Leb­­hafter Beifall und Elsenrufe Links.) Redner richtet zwei Fragen an den Minister des Innern: Hat er Kenntnis davon, was geschehen ist, und ist er auf seine Anordnung geschehen? Wenn er davon Kenntnis hat... (Johann Hoch: Dann muß man ihn unter Anklage stellen!) . . . ist der Minister bereit, dem Hause Genugthuung zu geben? Möge der Minister die Entlassung derjenigen verfügen, welchen die Verantwortung für diese Niederträchtigkeit zur Luft fällt. Wenn er dies nicht thun will, möge er zur Kenntnis nehmen, daß es noch Widerstandskraft im ungarischen Volke geben wird, um sich die Genugthuung selbst zu nehmen. (Lebhafte Zustimmung links.) Präsident Szilagyi meldet nachträglich, daß für die Heutige Sigung auch vier Interpellationen angemeldet sind, er bittet also die Redner, si möglichst kurz zu fassen, damit sie bis 1 Uhr fertig werden. Graf Aadar Zi Yy glaubt, das Land müsse wegen der gestrigen auf­­regenden Szenen sofort Beruhigung erhalten. Meoner schildert dann die gestrigen Vorfälle im Universitätsflub. Die Jugend besprach dort ganz ruhig die gestrigen Vorfälle, als Polizisten die Thür aufbrachen, die Jugend in provozierender Weise zum Berlaffen des Lokals aufforderten und an einzelne Ohrfeigen austeilten oder sie mindestens berührten. (Lärm links, Rufe: Eine Schmach! Eine Schande!) Mit Gewalt kann man Ideale nicht zertrümmern. Redner fordert also den Minister auf, in Zukunft seiner Polizei das Wort einzuschärfen: Mehr mit Verstand als mit Gewalt! (Lebhafte Zustimmung l­nt3.) Julius Saghy erzählte, daß gestern, als er mit dem Abgeordneten Hod aus dem Abgeordnetenhause nach Hause ging und einige junge Leute ihnen Elfenrufe zuriefen, berittene Polizisten einschritten und das Trottoir einnahmen. Die P­olizei hat auch die Autonomie der Universität verlegt. Mit der Jugend kann man alles machen, wenn man mit ihr nur umzugehen weiß, es ist aber das schlechteste Mittel, sie mit Gewalt zur Ordnung zwingen zu wollen. Gestern ist es übrigens vorgekommen, daß die Polizisten ihre Revolver gegen die Fenster eines Lehrsaales richteten, in welchem ein Professor seinen Vortrag hielt. Die Verfügung des Ministers Wlaffrid, laut melcher die Vorträge auf der Universität fistiert wurden, war ganz verfehlt, die Jugend weiß jegt nicht, wohin sie gehen sol und es entstehen erst recht Ansammlungen auf der Gasse. Redner­­ wollte heute auf die Universität gehen, um seinen Vertrag zu halten, fand jedoch alle Thüren geschlossen. Redner macht für die gestrigen Vorfälle das ganze Regierungssystem verantwortlich, welches den Stempel des Baron Banffy an sich trägt, und Banffy ist auch für das gestern vergossene Blut verantwortlich! (Bestimmung Line.) Arpad Lazar: Soeben jagt man die Jugend wieder im Polytechnitum. (Großer Lärm auf der äußersten Linken.) Franz Bolgar: Jecht mordet man unsere Kinder vor dem Poly­­technitum! (Großer Lärm links und auf der äußersten Linken. Rufe: Gehen wir alle hin. Wir verhandeln so nicht weiter! Es ist eine Schmach: Wir bitten um eine Rauje!) Franz Bolgar: Ich bitte die Situng zu suspendieren. Stefan Rakowsky: Suspendieren Sie die Situng! (Großer Lärm und Bewegung. Präsident suspendiert die Siung auf 10 Minuten. Nach der Baufe spricht Johann Wittmann. Er befragt sich ebenfalls über das Vorgehen der Polizeiorgane. Man wollte ihm nicht glauben, daß er Abgeordneter sei und stieß ihn unter die Menge, bis andere Abgeordnete kamen, die ihn legit­timierten. (Lärm sints und auf der äußersten Linken.) Julius Zufth (in den Saal tretend, ruft): Das Haus ist in Ver­lagerungszustand, wir können nicht beraten! Präsident: Ich bitte den Herrn Abgeordneten, den Redner nicht zu stören. . Johann Wittmann(fortfahrend)begreift nicht,weshalb gestern die Polizei verwendet wurde.(Rufe links und an der äußersten Linken. Und heute?—Großer anhaltender Lärm links und auf der äußersten Linken.) Stefan Fay:Man säbelt die Jugend nieder!Wir können nicht beraten. Präsident: IH Fann die­ Sigung nicht unterbrechen. (Rufe links: Auf eine Stunde!) Nicht einmal auf eine Stunde Mein K­ompetenztreis ist auf dieses Haus beschränkt, was außerhalb des Hauses geschieht, darüber habe ich seine Macht und sein Recht. Für den ungehinderten Verkehr der Abgeordneten ist gesorgt, sein Abgeordneter wird aufgehalten. Wo ein Sore bon aufgestellt ist, dort stehen Beamte des Hauses, um die Herren Abgeord­­neten zu legitimieren. Johann Wittmann: Dieses ganze unmotivierte Auftreten der Poli­­zei scheint eine Demonstration nach oben zu sein; man will glauben machen, daß eine revolutionäre Stimmung herrsche und daß eine starre Regierung not­­wendig sei. Möge man doch wenigstens nicht die Opposition­swegen dieser Vorgänge beschuldigen. (Lebhafte Zustimmung int? und auf der äußersten Linken.) Franz Sima bespricht die Affaire der Hengifäule, betreffenden königlichen Entschließung ausgehen. Präsident: Das Haus ist ohne Zweifel berechtigt, solche könig­­liche Verfügungen, welche mit Gegenzeichnung der Minister geschehen, zu be­­sprechen; nur bitte ich, alle Argumente gegen jene Minister zu richten und den Herrscher aus der­­ Diskussion zu haffen. (Lebhafte Zustimmung links und auf der äußersten Linken. Rufe ebendort: &3 lebe der Präsident!) Franz Sima (fortfahrend) meint, die Regierung habe, als sie den König in dieser Sache beriet, auf die Gefühle der Nation keine Rücsicht ge­­nommen. Was neben die Alten, die der Minister hier verlief? Die nationale Empfindung ist die Alte, auf die man allein fi zu berufen hat. Augenscheinlich hat der Ministerpräsident den König irregeführt. Präsident macht den N Redner wiederholt aufmerksam, die Rersen des Königs mit in die Debatte zu ziehen. Franz Sima: Man bringe das Hengi-Monument entweder ins Ben oder in ein Museum. (Bustimmung Iinte und auf der äußersten unten.) Minister des Innern Desider BPerczel: Geehrtes Haus! Bisher steht mir ein ausführlicher Bericht der Polizei nicht zur Verfügung. (Rufe auf der äußersten Linken: Schlimm genug!) Was ich weiß, die Daten der Tagesrapporte, werde ich dem Hause getreulich vorlegen. (Hört!) Infolge größerer Straßenunruhen wurden gestern im 4. Bezirke 9 Individuen vorgeführt. Diese wurden noch gestern abgeurteilt und auf freien Fuß geftelt. Im 8. Bezirk wurden 220 Individuen vorgeführt. (Großer Lärm sint$ und auf der Äußersten Linken. Rufe ebendort: Unerhört! Zesus Maria!); hievon wurden 100 noch gestern auf freien Fuß gestellt, 90 wurden im Laufe der Nacht sukzessive, nach den Verhören entlassen; heute morgens um 10 Uhr, als ich diesen Bericht empfing, war noch das Verhör von 30 Detonierten im Zuge. (Bortwährender großer Lärm Sints und auf der äußerten Linken. Rufe: Shmad) Eugen B­oltzner: Was war ihre Vergehen ? Minister Berezel: Ich will übrigens die Aufmerksamkeit des geehrten Haufe auf einige Erscheinungen Hinlenken. (Andauernder großer Lärm links und auf der äußersten Linken. Rufe ebendort : Das ist schon eine Entartung !) Die eine ist die — Sie haben ja die Szene gesehen, die vor einer Stunde sich hier abgespielt hat — daß ein Abgeordneter, also ein glaubwiürdiger Mann, mit dem Aufruf hieher kam: „Man mordet schon wieder die Jugend !” Damit hat er eine solche Wirkung erzielt, daß die Herren Abgeordneten alle hinausliefen, so daß der Herr Präsident genötigt war, die Situng zu sus­­pendieren. Und was war an der Sache? Absolut nichts. Das ist das eine. ! Er will von der Benilteten Waffe Fiebe. Roman von B. dv. d. Lanken. (31. Fortlegung.) Alfred drüct dem Diener, der ihm in der Borhalle den Mantel umhängt, einen Thaler in die Hand, der Mann verbeugt si mit schmeichlerischem Srinfen, Alfred tritt auf die Straße, die frische, kühle Märzluft thut ihm gut. Er sucht sein Hotel Garni auf, wo er unter anderem Namen Wohnung genommen. Die Wogen der Weltstadt schlagen über ihm zusammen — hinunter — hinunter. — Frau Hella Nienstein Hält dieses Mal insofern Wort, als sie durch einen Vertrauensmann, auch einen Freund ihres verstorbenenen Gatten, Er­­fundigungen über Alfred einziehen läßt. Durch das, was sie erfährt, findet sie ihre Handlungsweise voll­ommen gerechtfertigt, sie wäre eine arme Frau duch ihre Berich­tung mit Ex geworden, er ist eben ein offenkundiger Ver­­­wender, ein Rouee. Aber was dem Schlußalt vorausgegangen, an das ganze frivole Spiel, welches sie selbst getrieben, daran mag sie nicht denken, das ist doc eine Erinnerung, die der schönen Witwe manchmal unbequem wird, aber nur manchmal und nur etwas. Brei Nächte schläft sie recht schlecht, zwei Zage ist sie wirklich etwas niedergedrückt und fährt nicht aus, die ganze Geschichte ist h­öchst fatal. Ob man in ihren Freisen darüber pricht ? Ob man „el­vas gemerkt” hat von ihrem faible für den schönen Retter, und nun­­? Sie wartet auf den versprochenen Besuch Hanslifs. Er ist ein Ehrenmann, sie wird sich ihm gegenüber vertrauensvoll aussprechen, jeder vernünftige Mensch kann ihr doch nur recht geben. Zwei, drei, vier Tage vergehen, der Rittmeister läßt sich nicht sehen, Hella wird unruhig, dann besorgt, da endlich am vierten Tage überreichte ihr der Diener ein Kouvert mit ihrer Adresse in Hanglits festen Schriftzügen. Hastig reißt sie es auf, nur feine Bifi­farte und unten in der Ede die bedeutungsvollen Buchstaben: p. p. c. — — „Man­ spricht in Berlin, so groß es ist, in den zusammengehörigen Kreisen auch über einander, „man” hört dies und jenes „man” kombiniert und „man“ macht sich schließlich aus al diesem feinen „Bers“. Das hat auch der N Rittmeister von Hanzlit getan und mar danıt um einen b vierwöchigen Urlaub eingenommen. Diese Nachricht brachten noch einige „liebe Freundinen“ in die Vila Nienstedt, dann aber — Frau Hella konnte sich es nicht verhehlen — murde ed merkwürdig stil um sie und sie that, was die meisten reichen Leute in ähnlichen Fällen thun : sie ging auf Reifen. Ueber den Bewohnern des alten Hausmannshauses am Markt lagerte dieselbe Talte, niederbrühende Atmosphäre wie jahrelang zuvor, und dieses Mal Hatte auch Zoas Einkehr seine Aenderung darin herbeigeführt. Das Verhältnis zwischen Vormund und Mündel war nicht mehr dasselbe geblieben, wie es sich nach und nach so­lchon Herausgebildet hatte. Sa, das noch Halb Findliche, eben der Pension entwachsene Mädchen, hatte Trog und Eigen­willen überraschend schnell der ernsten, aber gütigen Ueberlegenheit des Vormundes untergeordnet, den er anfangs wider Willen, dann aber mit dem ganzen Enthusiasmus seiner achtzehn Jahre behwunderte. Ser selbst unbewußt, Hatte sie si daran gewöhnt, in Jobst Becher die Ver­­körperung edler Männlichkeit zu sehen, nach seinen Worten, seinen Anschauungen hatte sie die ihren gebildet, bei allem, was sie gethan, auch als sie fern von ihm war, wo sie stets ein Verständnis für ihre Ideen und ein freundliches Eingehen auf dieselben gefunden; grade er, so hatte sie vorausgeseßt, wirde, mußte sie verstehen, wenn sie den Wunsc hegte, sich von fremder Großmut unabhängig zu machen, so weit ihre Kräfte reichten, und grade bei ihm war sie auf einen hartnädigen Widerstand gestoßen, und er machte sein Bestimmungs­­recht über sie geltend in einem Sal, wo er wußte, daß sie persönlich darunter litt. Aber er­schien das nicht sehen oder nicht nachempfinden zu wollen, er hatte jedes Zurückkommen auf diese Sache in der ihm eigenen bestimmten Art nicht gewünscht, und Ida fand einesteils nicht den Mut, andernteils war v2. sie zu slotz, um zum zweiten Mal zu bitten und zum zweiten Mal dasselbe „Rein“ zu hören. So fügte sie si sch­weigend, aber täglich hatte sie mit ihrem r­ebellischen Sinn einen neuen Kampf zu bestehen. Sie war eine zu ehrliche Natur, um die Wandlung zu verbergen, die sich in ihe zum Nachteil ihres Vormundes vollzogen, und Lobst Becher beharrte, trog dem er died schmerzlich empfand, unentwegt bei seinem einmal gefaßten Entschluß. Tante Emerenz schüttelte den Kopf mit dem weißen Tollhäubcher und blichte verstohlen traurig von einem zum andern, und Frau dr. Mölheim be­­gegnete allen noch kälter, als früher. Das einzige Wesen, welches unbeeinflußt geliehen war in seiner Liebe und diese auch unverändert erwidert fand bei Spa, war der Heine Zobst. Ja, er schien fast, als ob das warme Herz de Mädchens noch inniger den Heinen Knaben umfaßte, denn zuvor, Lobby er­­hielt jegt von einem Lehrer den ersten vorbereitenden Unterricht für Die Schule; seine Lese- und Schreibübungen für die Stunden leitete Ida, und ed war ein hübisches Bild, wenn die beiden neben­einander an LobbyS Heinem Tische jagen, das blonde Kindertöpfchen an die Schulter des sch­warzledigen Mädchens ger­­ehnt, während ihre Hand geduldig die kleinen, ungelenten Singer über die Schiefertafel führte. Wie Fda sich in ihrem ganzen Wesen verändert hatte, wie in wirklichen Leid und in Kümmernissen, in dem täglichen Kampf mit sich selbst ihr Charakter gereift war, so war auch der Ausbruch ihrer Liebe zu dem Kinde ein anderer als ehemals. Sie spielte und tollte nicht mehr mit ihm herum wie ein gleichaltriger Kamerad, sie hatte et­was fürsorgliches und versuchte, wenn er sein mußte, selbst leitend und ermahnend auf ihn einzumirken. Während sie früher bei ähnlichen Bek­ommnissen Tante Emerenzia oder den Papa als unentbehrliche Hilfstruppen betrachtet und ihr Erscheinen dem kleinen Eigensinn in Aussicht gestellt hatte, so nahm sie jei nie mehr ihre Zuflucht zu dies­er Drohung, ein strenger Blic, eine ernste Mahnung genügten, um ihren Worten Geltung zu verschaffen, ohne daß der Knabe an seinem Ver­­trauen zu ihr einbüßte. Aber der Schelm mußte auch recht gut, daß Tante Spa ihm selten etwas abschlug, was sie erfüllen konnte, und wenn er ihre Knie umfaßte und mit feinen grauen Augen so bittend zu ihre aufschaute, so sagte sie fast nie nein, sie mochte sich es selbst nicht eingestehen, aber bei

Next