Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. Dezember (Jahrgang 25, nr. 7589-7614)

1898-12-08 / nr. 7595

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Drei Monate sind verstrichen, seitdem der Neichstag seine Sihungen wieder aufgenommen hat und während dieser Zeit ist mit Ausnahme des Pietätegefeges für Weiland Ihre Majestät die Kaiserin-Königin Elisabeth seine einzige legislatorische Schöpfung zu­stande gekommen. Welg eine unge­­meine Vergeudung von Zeit, Kraft und Geld! Die Ursache dieses bedauer­­lichen Zustandes ist bekannt: es ist die Haltung der Oppositionsparteien, welche geraume Zeit hindurch keinerlei fachliche Tagesordnung gestatteten und gegen­­wärtig die endlich auf die Tagesordnung gelangte Indemnitätsvorlage nicht bloß durch Lange Reden bekämpfen, sondern die Verhandlungen durch heftige Diskussionen „vor der Tagesordnung”, durch Ausbeutung von allerlei „Zwischen­­fällen“ und durch andere parlamentarische und nichtparlamentarische Kunstfuüde zu unterbrechen und zu verschleppen wissen. Die Folge dieser oppositionellen Taktik wird aller Wahrscheinlichkeit nach darin bestehen, daß Ungarn am 1. Januar 1899 weder ein definitive noch ein provisorisches Staatsbudget, weder einen definitiven noch einen provisorischen gejeglichen Ausgleich mit Oesterreich, sowie kein Rekrutengefeb für das Jahr 1899 haben wird, sondern daß auf der ganzen Linie der Staatsver­waltung ein „außergejeglicher Bustand“ eintreten muß. Wer kann es leugnen, daß ein solcher Bustand H höchst bedauerlich, ja entschieden bedenklich erscheint? Denn er zwingt die Regierung zu Maß­­nahmen, zu denen das Gesech Feine Berechtigung verleiht, die aber dennoch getroffen werden müssen, wenn die gesamte Staatsmaschine nicht ins Stoden geraten sei. Die Verantwortlichkeit für die Herbeiführung dieser Situation wird von den Parteien selbstverständlich in verschiedener Weise zugeteilt. Die Regierung und ihre Partei macht siefür die Opposition veran­twortlich, diese hinwiederum legt alle Schuld jener zur Last. Unseres Erachtens sind an der Verantwortlick­eit alle beteiligt, allerdings in ver­­schiedenem Ausmaße, worüber wir indessen recht Feine Untersuchung anstellen wollen. Nur darauf sei noch Hinge­wiesen, das die ad hoc vereinigten Oppo­­sitionsparteien der Ansicht und Hoffnung geben, es werde ihnen gelingen, durch die faktisch geübte Obstruktion den Ministerpräsidenten Baron Banffy und sein Kabinet zu Salle zu bringen. Der ganze Kampf trägt deshalb einen ausgeprägt persönlichen Charakter an sich, derart, daß (mie dies8 auch Graf Albert Apponyi im seiner­legten großen Parlamentsrede hervorhob) die Oppositionsparteien jedem anderen Ministerium die In­­demnität, das Ausgleichsprovisorium, das Rekrutenkontingent u. |. w. sofort bewilligen würden; dem gegenwärtigen Ministerpräsidenten jedoch verweigern sie alle, ja selbst den persönlichen Umgang. Eine derartige Verbitterung und Antipathie gegen einen leitenden Mann im Staate war hierzulande noch kaum vorhanden; diese Erscheinung verdient eine nähere Untersuchung, die wir bei anderer Gelegenheit anstellen wollen. Es ist unstreitig überaus auffallend, wenn ein Hauptvertreter de nationalen Radikalismus von feiten der Freunde und Anhänger dieses extremen Chauvinismus­ gehaßt und verfolgt wird. Inmitten des heftigen Parlamentskampfes, der nicht selten zu Lärm­­und Skandalszenen ausartet, bildet die Gruppe der außerhalb der Parteien stehenden Sächsischen Reichstags-Abgeordneten den „ruhigen Punkt in der Erscheinungen Flucht." Sie folgen dem Gange der Dinge mit vollem Interesse, ohne daran sich zu beteiligen. Ihre Aufgabe besteht ja nicht in der Hemmung oder Lahmlegung der Arbeiten des Parlaments, son­­dern in der merkthätigen Mitwirkung bei der Erfüllung ihrer Volksvertreter Pflichten. Das Kabinet Banffy, und vor allem das Haupt desselben, befigt­­ allerdings ihre Sympathien nicht und der Sturz desselben würde bei ihnen wahrlich sein Bedauern hervorrufen. Die sächsischen Reichstagsabgeordneten und ihre Wähler haben ihrer Meinung und Haltung gegenüber der jenigen Regierung schon vor einem Jahre in deutlicher Weise Anspruch verliehen und es ist seitdem nichts geschehen, wodurch­ das sächsische Volk und seine Vertreter zu anderer Anschauung und Stellungnahme veranlaßt werden konnte; eher das Gegenteil. Nichtsdestoweniger erachten es die fächsischen Reichstagsabgeordneten für geboten, der Obstruktions-Ak­ion fern zu bleiben, und bei der Verhinderung der parlamentarischen Arbeiten ihre Teilnahme zu versagen. Noch mehr! Trot ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Ministerium Banffy sind diese Abgeordneten darin übereingenommen, daß sie ihre Stimmen für die Erteilung der Indemnität abgeben werden und zwar auf Grund einer im Hause mitzuteilenden Motivierung. Die Indemnität bedeutet sein Vertrauensvotum für die Regierung, zu der die sächsi­­schen­­ Reichstagsabgeordneten und ihr Wähler sein Vertrauen besiten, sondern sie bewilligen das provisorische Budget dem Staate, dem die Mittel zur ordentlichen Fortführung seiner Verwaltung und Gerichtspflege geboten werden müssen. Die Verguidung der Indemnität mit der Vertrauensfrage, wie sie ein Antrag des Abgeordn­et­en Moriz Meezes beabsichtigt, ist das unbedachte Werk eines Webereifers, der dem Ministerpräsidenten ebensoviel schadet an die Angriffe seiner Gegner. Die fähfiichen Reichstagsabgeordneten möchten aber jedwede Teilnahme an der Obstruktion auch deshalb von sich weisen, weil dadurch die Erledi­­gung des volkswirtschaftligen Ausgleichs mit Oester­­reich in unbestimmte Ferne hinausgeschoben wird. Das Zustandekommen dieses Ausgleichs ist aber eine Staatsnotwendigkeit, ebenso vom politischen wie vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte und die Abgeordneten des sächsischen Volkes handeln nur im Geiste und Sinne des sie verpflichtenden „ähnlichen Volksprogramms”, wenn sie ihrerseits alles vermeiden, was diesen Ausgleich unliebsam und gefährlich verzögert, dagegen sremd bereit sind, eifrigst mitzuwirken, um den für Ungarn und die Monarchie Höchst wichtigen, ja unentbehrligen Ausgleich auf Grundlage der Gerechtigkeit und Billigkeit zu beschleunigen. Nicht die Zerlegung und Zerstörung, sondern die Aufrechterhaltung des festen Verbandes zwischen den beiden Staaten unserer Monarchie liegt in unserem Interesse, kann dem Ganzen wie jedem Einzelnen zum Heil gereichen. Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, G. A. Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kauff­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. W. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fostet beim einmaligen Einladen 7 fr., das zweite­ mal je 6 fr., das dritte mal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. ur Reichstagswahl in Sermannstadt. Wie wir in unserem Blatte berichtet hatten, war am 30. dv. M. eine größere Anzahl angesehener Bürger unserer Stadt zu einer Besprechung über die bevorstehende Wahl eines Reichstagsabgeordneten im 1. Wahlkreise der Stadt Hermannstadt zusammengetreten. Diese zwanglose Zusammenkunft von Gesinnungsgenossen hat lebhafte Erregung auf einer Seite hervorgerufen, auf welcher wir sie nicht erwarten konnten. Unsere „jüngeren Bolfsgenossen” — wie sie sich mit Vorliebe nennen — versammeln sich ja bekanntlich mit großer Regelmäßigkeit an ihrem „Montag­­abend“ und besprechen dort — ihre Gesinnungsverwandten einer anderen Farbe am Dienstag — die Fragen und Angelegenheiten unseres Volkes. Aus diesen ursprünglich nur zu freiem Meinungsaustausch bestimmten Zusammen­­künften hat sich im Laufe der Zeit eine förmliche P­arteiorganisation ent­­wickelt und heute giebt es kaum eine Angelegenheit in unserem öffentlichen Leben von einiger Bedeutung, zu der die Glieder dieser Vereinigungen nicht geschlossene Stellung nehmen. Sie stehen sämtlich auf dem Boden des fächfiichen Volksprogrammes und innerhalb des Verbandes unserer Volkspartei, aber eben als besondere Partei in der Partei. Daß diese Kreise auch die­set bevorstehende Reichstags­­wahl in Hermannstadt, ehe der Zeitpunkt derselben noch abzusehen war, so­­fort abgesondert für sich erörtern würden, war niemandem zweifelhaft. Nieder­­raschend aber war da Ergebnis dieser Beratungen. Während die Frage der Abgeordnetenwahlen hier bisher troß der entstandenen besonderen­­ Partei in der Partei, die leider immer mehr Gegenpartei wurde, tete nach gegenseitiger Verständigung über die Person des aufzustellenden Kandidaten schon im Kreide­ausschuß einhellig gelöst werden konnte, wichen diesmal diese Kreise — obwohl al bezüglich der Parteistellung unserer Reichstagsabgeordneten nicht Die geringste Meinungsverschiedenheit in der Partei besteht, von dieser Gepflogen­­heit ab. Sie stellten, wie wohl sie bestimmte Kenntnis davon hatten, daß der von ihnen in Aussicht genommene Kandidat von andern, auch den leitenden Kreisen der Partei entschieden abgelehnt wurde, ohne einen anderen Vorsschlag zu machen oder einen solchen von der anderen Seite abzuwarten, und ohne jede weitere Besprechung mit weiteren reisen einfach Herrn Dr. Wicolf Schullerus in ihrem reife ald Kandidaten auf, meldeten diese Kan­­didatur in aller Form bei der Leitung des Kreisausschusses an und sorgten für die Veröffentlichung der so vollzogenen Thatsache. Angesichts dieser That­­face ist es nun überraschend, aber auch sehr bezeichnend, daß derselbe Partei» freis unserer „jüngeren Volksgenossen”, der es sich als sein Recht heraus­­genommen hat, troß ihm bekannt ge­wordener Bedenken, für die bevorstehende Abgeordnetenwahl auf eigene Zunft einen Kandidaten aufzustellen, dieses gleiche Recht andern nicht zugestehen will. Die zahlreichen am rechten Mittwoch versammelt gewesenen Bürger unserer Stadt, die nicht dem Freie der „jüngeren Bolfsgenossen” angehören, haben nichts anders gethan, all diese! Sie haben in offener Weise die­ bevor­­stehende Wahl besprochen und dem Kreisausschuß auch ihrerseits einen Kan­­didaten „offen und ehrlich” angemeldet. Nicht mehr! Und doch Haben sie nach der Ansicht jener, die in dieser Frage allein und für sich von Stellung genommen hatten, sie­­hwer versündigt. Nach zwei Berichten der „Kronstädter Zeitung“ „aus Hermannstadt” haben sie aus ihrer Besprechung „unbedacht die Br­andjadel der Zmwietracht in die Reihen unserer Wählerschaft geschleudert” — Haben nur solche gerufen, „von denen eine eigene Meinung nicht vorauszufegen ist," und jene, „die Jugend, das kommende Geflecht unserer Stadt" ausgeschlossen und zur „undankbaren Rolle der Ausgestoßenen“ verurteilt. Und warum, weil „ed der Interessen­­gruppe, in deren Hände das Vertrauen des sächsischen Volkes die Leitung seiner Geschk­e gelegt hat,­ auch diesmal lediglich darum zu thun war, die Bit eines Vertrauensmannes der „jungen Volksgenossen“ unmöglich zu machen. Nun, die von und angeführten Thatsachen zeigen, wer einen Meinungs­­austausch in dieser Frage unbedacht verhindert hat; einer bereits bestehenden und in der Deffentlichkeit bekannt gemachten Kandidatur gegenüber sind weitere Besprechungen mit den Angehörigen die­ser Kandidatur unfruchtbar, und blieb den leitenden Kreisen unserer Bolfspartei, in deren Hände das fächslcche Volk mit berechtigtem Vertrauen die Leitung seiner Gefchlte gelegt hat, eben nichts anderes übrig, als im Verein mit gleichgesinnten Genossen in gleicher Weise auch ihren Kandidaten an jener Stelle namhaft zu machen, von der aus der Borschlag an die Wählerschaft erfolgt, beim Kreisausschuß der Partei. Wir glauben nicht? weiter hinzufügen zu sollen und trollen mit den Berichterstattern der „Kronft. Big.” aus Hermannstadt über jene Liebende unwürdi­gleiten nicht rechten, die sie auch diesmal denen erwiesen haben, die ihre eigene Ansicht auch in dieser Frage zu behaupten wagen. Wir mollten nur den Sachverhalt so darlegen, wie er ist, auch anderen weniger einge­weihten Kreisen ein freies Urteil ermöglichen und darthun, daß der Vorwurf der Unterdrückung anderer Meinung und der Vergewaltigung „der Ausgestoßenen“, der den leitenden Kreisen unseres Volle­s der „bekannten Interessengruppe” so oft gemacht worden ist, auch diesmal ebenso wie früher ganz und gar nie berechtigt ist. Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung. Die Gründe, welche zahlreiche Wähler unserer Stadt heute zur Ablehnung des Kandidaten der „jüngeren Volksgenossen” bestimmten, kann jeder aus unserem Bericht über die Zusammen­­kunft vom legten Mittwoch ersehen. Berilteten Der Eltern Erbe. Roman von Dr. Elster. (1. Fortlesung.) „Haha, ist er al soweit? — Ja, ja, der Väter Erbe, der Väter Blut rumort auch in seinen Adern. Ich Eenne das Schicsal deines Vaters! Er war auch einer von den hochstrebenden Giganten des Geistes, der Phantasie, aber er wußte sich nicht von der goldenen Kette frei zu machen, welche die Familie seiner Gattin, deiner Mutter, um seinen Namen geworfen, er blieb sein freier Mann, er wollte ein Dichter, ein Künstler sein und doc dem Mammon Huldigen — und das rädhte fi! Niemand kann zwei Herren dienen ! Und Poesie und Mammon sind wie Feuer und Wasser, wie Engel und Teufel, wie der Dämon des Lichts und der Dämon der Finsternis — und der Teufel, der Dämon der Finsternis erwürgt hier auf Erden den Engel des Lichts und die Woesie geht zu Grunde in der Seele, die an dem Mammon hängt. Sa, ja, ich kenne dad Schicsal deines Baters ... .“ „Du sprichst eine bittere Wahrheit aus, Onkel!” „Hast du die Wahrheit erfannt? — Dann ist es gut, dann lebe auch nach dies­er Wahrheit. Sei entweder ein Dichter, ein Künstler und nimm die Domnentrone des Leben auf dem­ Haupt, — oder sei ein Diener der Welt, ein Sklave des Mammons und stolziere einher in Sammet und Seide, mit goldenen Ketten und Orden und Ehrenzeichen behängt und laß dich beiwundern durch die gaffende Menge. Du bist auf einer von den Gigantensühnen, Egon! SH sah’s deiner blaffen Stirne an, deinen dunkelglühenden Augen, deinen zuhenden Lippen, — in die fließt dad Blut deiner Väter, du Haft das Erb­­teil seiner Väter übernommen, wie dein Vater, wie ich, wie wir alle, denen die Kunst, die Sehnsucht, der Hunger nach dem Schönen, Erhabenen im Herzen loderte und das Kainszeichen auf die Stirn brannte, daß alle Welt bahnlachend spricht: Das ist an fo ein Schwärmer, — fo ein Bhantast, — fo ein verkommenes Genie . . .“ „Onkel, ich bitte dich . . .“ „Ja, ja, mein Sohn, so ist es! — Aber du Haft das bessere Zeil erwählt. Du willst das Erbe der Väter nicht antreten, du häftest ruhig den Banterott über das Erbe deiner Väter erklären und mwisst die Schulden deiner Bäter nicht sühnen, — du Haft dich auf das Erbe deiner mütterlichen Familie beschränft, die ja stete um Geld und Gut Handelte und schacherte und reich und geehrt war im Vort und in der Welt. Sch­achelte dich deshalb nit — aber was du bist, das sei ganz! Nicht wie dein armer Vater, halb ein freier Mann, halb ein Slave! Es muß ja auch Bankiers in der Welt geben, sagen die Leute, obgleich ich niemals vermocht habe, den Grund dafür einzusehen. Ich bin ja aber auch mein Lebtag ein armer Teufel gemesen.“ Der Alte starrte vor sich nieder und schwieg, Egon fand seine Er­­widerung auf die seltsamen, Traufen, bittern Worte des Unfeld. Es war ihm, als läge ein gespenstlicher Alp auf seiner Brust, der ihn mit teuflischem Srinfen anglegte und mit Krallenhänden sein Herz zerfleischte. Im dieser Stunde fühlte er zum ersten Male, daß auch in ihm das Blut seiner Väter pulfte, die Sehnsucht nach der Freiheit der Kunst, der Woefie in seinem Herzen lebte, daß er der echte Sohn seines Vaters war. Bis vor kurzem hatte er dahingelebt wie alle junge Offiziere. Auf Wunsch seiner Mutter hatte er die militärische Laufbahn ergriffen; der äußere Glanz, die Boefie des Soldaten­­lebens entflammte seine Phantasie, so daß er meinte, es gebe nichts Herr, sicheres auf der Welt, als so dahin zu reiten doch die grünen Selder und lachend auf die Menschen niederzusehen. Seine Mutter war ftol; auf den flotten Offizier, sein Vater gut und wei­l Egon erhielt so viel Geld, als er haben wolle. Er machte sich keine Gedanken, ob sein Vater auch wirklich so reich war, des Sohnes Tollheiten zu bezahlen, er lebte darauf Ins, in un« gezügelter Lebensfreude, wie alle seine Kameraden. Nur zumeilen übersam ihn der Gedanke, daß er an nichtigen Thorheiten sein Leben verschwende. Der Dienst füllte sein Leben nicht aus, sein Geist, seine Phantasie, verlangte mit der Beit auch edlere Unterhaltung, an Wein, Karten und Frauen bieten konnten, er erinnerte in der frühern Zeit, da er an Schüler seines Vaters mit diesem die Werke der Dichter gebesen, wie er selbst zaghaft dem Vater die ersten poetischen Verse vorgelegt, wie der Bater sich so innig darüber gefreut, und wie er trübe das Haupt geschüttelt, al Egon mit dem Entschluß hervertrat, Offizier zu werden. „Auf die Dauer wirst du dieses äußerlich so glänzende Leben nicht ertragen“, sprach er Seife, „du bist eine innerliche Natur — aber ich will nit nein sagen, es ist der Wunsch deiner Mutter, ich weiß es, so erfülle ihren Wunsch, erinnere dich aber auch der Bitte deines Vaters, die Höchsten Güter nicht über den Lebens Aeußerlichkeiten zu vergessen. Auch als Offizier kannst du diese höchsten Güter pflegen — denn der Soldat von heute sol ja die Höchsten Güter der Nationen fchtigen.” — So sprach sein Vater, sein edler, stiller, schweigsamer Vater vor Jahren. Aber Egon hatte sich dieser Worte lange Zeit nicht erinnert und jei — in der stilen Weinklause — erinnerte ihn an diese Worte sein Oheim, der alte, spöttisch und doch melancholisch dareinblicende Künstler. Seine Worte rüttelten ihn Ar und er glaubte in einen tiefen, düstern, nachterfüllten Abgrund zu bliden. Der Alte erwachte aus seinem Sinnen. „Ich muß fest nach Hause“, sagte er, das Iechte Glas austrinkend. „Meine Grete erwartet­e­ich, sonst könnten wir ja noch eine Flasche trinken.“ „Verzeih, Onkel, daß ich mich noch gar nicht nach Kousine Grete er­­fundigt Habe. Sie ist jecht ein großes Mädchen geworden"... „Zwanzig Jahre alt! — Ein Prachtmädel! — ein Goldmädel! Ich wäre schon längst untergegangen in der trüben Flut des Lebens, wenn ich meine Grete nicht gehabt hätte. Wie ist’d, millst du mich begleiten? — ’s giebt freilich Feine Austern und Sekt bei uns, aber zu einem anständigen Abendessen langt es doch noch.” „Du bist sehr freundlich, Onkel. Und wenn ich nicht fürchten müßte, zu stören“.... „Komm uns, bitte, nicht mit solchen feinen Redensarten! Wenn ich zufrieden bist mit dem, was wir die vorjegen, so bist du stet, willkommen und störst und nie. — Also du kommst mit? — Na, Herr Haberkorn, dann geben Sie no zwei Slaichen von dem NRüdesheimer her, das Wiedersehen müssen wir doch ordentlich feiern.“ Der Schlagflußmensch holte grinsend noch zwei Slajchen des edeln Weines , die der alte Maler in die Taschen seines weiten Hohenzollernmantels beritedte,

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