Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1900. Oktober (Jahrgang 27, nr. 8145-8170)

1900-10-27 / nr. 8167

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E 8 ist wohl nit nur ein Zufall, daß Graf Bülow so viel jünger an Jahren ist, als die zwei Greise, die nach dem eisernen Kanzler für die äußere und innere Wohlfahrt Deutschlands zu sorgen bestrebt­ waren. Ein frn­ger, aufwärts und vorwärts treibender Zug kennzeichnet das Streben des neuen Kanzler, das sie charakteristisch genug in den Worten ausgeprägt, die er noch als Staatssekretär des Aeußern gesproc­hen: „Deutschland will auch einen Pla an der Sonne !“ Im Reihen dieser Politik ist auch die Schrift des heutigen Mannes entstanden, deren Gedankengang wir unsern Lesern mitteilen wollen. Eine gründliche Um- und Rüdigau unter den Völkern lehrt, daß Deutsch­­land eben erst in den Anfängen der Staatsbildung steht und nicht so bald darüber Hinauskommen wird. In diesem Ent­wickklungsstadium braucht er Herriger. Darum hängt das Wohl und Wehe des Reiches von der Monarchie und den Hohenzollern ab, denn diese Dynastie ist unge­wöhnlich reig an Talenten und Genies und hat eine ungeheuere Arbeit geleistet. Sie haben das zu Stande gebracht, was der hervorragende Publizist Friedrich Gent bei Beginn des Jahrhunderts al­s Traum wohlmeinender Gemüter und solcher Staats­­männer” bezeichnete, „die nicht in das innere der menschlichen und naturellen al­zu bringen vermögen“, die politische Einheit Deutsc­lands. Uehhnliche Entwickklungen sind für Deutschland auch in der Zukunft möglich. Auch heute sehnen sie Tausende und Tausende im Reiche und außerhalb desselben nach einem größeren Deutschland und heute stehen die Regierenden diesen Wünschen ebenso kühl gegenüber, wie seinerzeit dem Einigungswerk. Denn die Reichen mehren sich, daß das im Spiegelsaale zu Bersailles geschaffene Deutsche Reich nur ein Brevisorium ist. Deutsch­­land ist nach innen und außen noch unfertig. Um sich in der Welt den ihm gebührenden Pla zu erringen, muß das beargwöhnte und angefeindete Deutschland eine ähnliche Epoche durchleben wie die Zeit, da Frieding der Große gegen Europa kämpfte. Auch diese Zeit wird Männer ersten Ranges brauchen.­­Die heutige Entwicklung hat sich niemals konstant, wie die anderer Völker volzogen. Auf Zeiten großen Auf­ Ichwunges, wahrer Völkerfrühlinge, kamen plöglich Zeiten des Verfalles und Stilstandes, deren Ursachen tief im Charakter der Nation liegen.­­Sollte Deutigland nach 1866—70 wohl wieder eine Zeit bevorstehen, wie die vom Tode des großen Friedrich bi zur Schlacht bei Jena? Von der Beant­­wortung dieser Frage hängt Deutschlands Zukunft ab. Es ist unerläßlich zu untersuchen, ob das Aufflammen deutscher Kraft unter den Hohenzollern den Anfang oder das Ende bedeutet. Der Grundzug des deutschen Vollscharakters ist Natürlichkeit, Naivität, Harmlosigkeit. Diese Eigentümlichkeiten kennzeichnen das gesammte Kulturleben des Deutschen im Familienleben, im Verkehr, im Genuß, in der Arbeit und im Kunstleben ; insbesondere in fetter Richtung tritt die naive plumpe Kraft scharf hervor, dabei offenbart sie stets den Ernst und die fachliche Auffassung. Im sozialen Leben des Deutschen machen si Widersprüche bemerkbar: mit der ungewöhnlichen Bereitheit, fi unterzuordnen ist ein starrer­­ Individualis­­mus verbunden. Beide Büge haben ihren Grund in der idealen Anlage des Deutschen. Das Unausgeglichene, das Naiv-Tropige in der Theorie, Die Fügsamkeit in der Wirklichkeit, die tiefe Kluft im Glauben und Hoffen, der ausschweifende deutsche Individualismus —­ deuten Jugend, Kindheit an. Ein solches Volkstum hat seine Geschichte erst vor fi. Aus diesen nationalen Eigentümlickeiten folgt auch der Autoritäten­­glauben, an dem der Deutsche mit Fähigkeit festhält. Darum macht er aus seinen großen Männern eine tiefe ernste Religion; sie werden nach ihrem Tode mit Hingabe studiert wie bei seinem anderen Volk­. Namentlich in der *) von einem Deutschen, Berlin, Militärverlag R. Selig, 1900. Preis 3 Mark. Politik ist Nachwirkung bedeutender Männer tief und fruchtbar. So war es mit Friedrich dem Großen und so ist es mit Bismarck heute. Das Hat sein Gutes und sein Schlimmes. Es schafft nationale Kraft und Selbstgefühl einnerseits, erzieht aber auch zur Unselbständigkeit und Gebundenheit. Die Geschichte zeigt, daß die großen Männer eine Entwicklung, einen Niedergang erlebten. Nachdem sie sich ausgesämpft, der Welt ihren Willen dik­iert, brachen sie ab und waren nur mehr auf Erhaltung und Befestigung des Erwordenen bedacht. Hätten sie als SJünglinge so gedacht, wie sie als reife dachten, so hätten sie niemals vollbracht, was sie vollbrachten. Nach Bersailles ist Bismarc nur no darauf bedacht, den Frieden zu erhalten. Das hatte seine große Berechtigung, ging aber zumeilen zumeit, war greifenhaft. Wer vom Jahre 2000 ins 19. Jahrhundert zurücksehen wird, wird von Bismard fast nur die Glanzepoche von 1862—1870 sehen; das waren die furchbaren, entscheidungsschweren Jahre, alles andere nur mehr der Epilog. Wenn also Bismarc in seinen „Erinnerungen“ nur Friedensliebe predigt, so will er Deutschland in seiner Entwillung hemmen; daher muß aus dem reichen Erbe, das der große Mann seinem Volke hinterlassen, das Moment greifenhafter persönlicher Stimmung mit V­orsicht gewürdigt und be­­folgt werden. Die ewige germanische Friedensdufelei ist in der auswärtigen Politit Deutschlands eine Schwäche geworden. In der Politit muß man, um Freunde zu finden, imponieren, denn die Politit ist Geschäft und nicht Gemüt - face. Die deutsche Politit muß im Dulden und Nachgeben nicht zu weit geben; die träge Objektivität der Nation kommt ihr hier sehr weit entgegen. Dazu kommt die politische Urteilslosigkeit des Deutschen. Diese Umstände haben Deutschlands Schwergewicht in der äußeren Politik verringert. Ein Gegen­­gewicht bietet die ungeschwächte fliegerische Kraft des deutschen Volkes, die das Ausland in respelivoller Entfernung hält. Welches Verhältnis besteht nun zwisgen Deutschland und seinen Mit­­werbern ? Brantreich ist noch immer mehr Großmacht als Deutschland und Bismarc wurde nicht müde, zu wiederholen, vor ihm auf der Hut zu sein. Ein wirkamer Trost ist die Zeit, die auch in Frankreich den Revanchegedanten einschläfern wird. Inzwischen genügen seinem Bedürfnis nach Ruhm und Größe die wiederholten Weltausstellungen, während seine innere Politik nervöse Unruhe und Greifenhaftigkeit kennzeignen. Allein ist Frankreich sein Rivale für Deutschland, nur in einer europäischen Koalition. Die politische und kulturelle Hypertrophie Englands wird dauern und wachsen solange der Frische dauert und das englische Vort wird si solange wo in seiner praktisch­­ bequemen Weltanschauung ausleben künnen. „Aber lassen Sie einmal eine wirkliche große nationale Katastrophe über diesen Staat von Krämern Hereinbrechen und Sie werden sehen, wie überra­gend schnell dieser konventionele Bau zusammenbricht ... . Nirgends würde die Reaktion eines großen rationalen Unglücks ihre furchtbare Wirkung auf die niederen Eigenscaften des Volkes — die Habsucht, die innere Un­­wahrheit, die übermäßige Sucht nach Bequemlichkeit und Behagen — so reißendb und zerregend fein all im rein materialistischen England unserer Tage.“ Die Vereinigten Staaten haben sich sowohl zu Lande als auch zur See als nicht zulängliche Gegner erwiesen, aber sie haben einzelne h­er­­vorragende Führer. Der noch über den französischen hinausreichende, fieber­­hafte kindliche Fanatismus und Chauvinismus der Amerikaner kann aber dem, der entschlossen ist, ihnen einen Schlag zu verlegen, eine gute Gelegenheit bieten, diesen Schlag im günstigsten Moment und mit dem größten überhaupt mögl­iien Erfolg anzubringen. Sie sind im Kriege selbst noch nicht gewiligt und spielen daher mit ihm. Rußland bat er mit flavischer List und Geschiclichkeit verstanden, sich einen Anschein von Macht und Stärke zu geben, der weit über das That­­sächliche hinausgeht; allein eine große innere Entwickklung oder bedeutende Kraftwirkung nach außen zeigt die Geschichte Auslands nirgends. Mit der Kraft und Pumpentfaltung nach außen hat die wahre Kultur nit Schritt gehalten. Wahre Interessengegenfäge zwischen Rußland und Deutigland bestehen nur im Orient und Bismarc. hatte Recht, wenn er sagte, daß eine Kriegs­notwendigkeit zwischen beiden Staaten nicht exiftiere. Solange erde die Schwerfällige objektive deutsche gegenüber der zugreifenden russischen Politis hoffentlich seinen wirkligen Schaden verursachen. Anders wird es werden, wenn Deutsgland eine große nationale Politik inaugurieren und über das 1871 Erreichte hinausgehen wird. Dann wird Rußland gegen Alldeutschland­­ das Schwert ziehen. Über­all ohne den Willen Deutschlands ist ein Krieg mit Rußland dann dennbar, wenn die Dinge in Oesterreich zum Umsturz kommen. Die Mittel der russischen Politik sind einfache. Es übt zur Ans­häufung minderwertiger Heere an der Grenze ständigen Drud auf Deutschland aus und schafft sich in Asien Bahn für weitere Kämpfe und handhabt von Zeit zu Zeit den Popanz des panflavischen Gedankens. Rußland wird also troß seiner Millionen Soldaten noch lange nicht mächtig genug sein, um in einer europäischen Entscheidung entseidend mitzusprechen, wenn Deutschland ihm nur in angeborener Bescheidenheit selbst die Gelegenheit dazu bietet. Es ist einem deutschen Gemüt nicht leicht, Oesterreich richtig zu erkennen und dur den Wurt von Tradition, best­chen Print, Slerikalismus und Gemütlichkeit, die Personen und Dinge verschleiern, durchzuschauen. Seit Jahrhunderten ist die Österreichische Politik über enge Grenzen nicht hinaus­ gekommen; es bestand und besteht eine förmliche Furcht vor großen Staats­­männern und eldherrn, die der Regierung und den Völkern größere Ziele eröffnen könnten. Alles ist auf das „Fortwursteln“ eingerichtet. Die Kunst der Regierung ging darauf aus, die Völker systematisch in Unthätigkeit, Unselbständigkeit und Schlappheit einzulullen und dabei fand sie einen Bundesgenossen in der schwerfälligen, geistig trägen Wristpfratie, die zugleich Rom eine Macht im Hause einräumte, wie sonst nirgends in der Welt. „Es ist ein ganz eigenes Wesen, in welchem der unbefangene Fremde viel Heuchelei und Umnatur, innere Un­wahrheit, ein gercistes Bestreben, der Sicherheit der Formen und Urteile zu verblüffen, wahrnimmt, aber völliger Mangel an Geist und Energie, kurz eine Art höherer, merkwürdig durch­­gebildeter Bauernschlauheit, die aber von welt- und menschenkundigen Leuten ger bald durcschaut wird.“ Einen Vorzug besigt die österreichische Diplomatenschaft, es ist die „Erziehung“ durch Jesuiten und der slavisch-panische Einschlag, der sie gegen­­über der läppischen S Harmlosigkeit, Derbheit und Gradheit des deutschen Nationalcharakters ihren deutschen Kollegen überlegen macht. Die Leiden der Deutschen Oesterreich sind weniger ihren politisch­­tatii­en Fehlern als dem zwingenden Ergebniß der Verhältnisse und der Gesichte zuzuschreiben. Die Reaktion der österreichischen Regierung gegen den Aufschwung des Deutschtums in Europa, die natürliche Anziehungskraft, die das Deutsche Reich auf die unterbrühten, geistig gefiebelten, wirtschaftlich gehemmten, politisch macht» und rechtlosen Deutschen Desterreich ausübt — sind die Ursachen der deutschen Bewegung in Desterreich, die mit seinen Mitteln nicht mehr beseitigt werden kann und die die „Gemütlichkeit“, d. i. die Weit­­mafigkeit in der Auffassung von Recht und Pflicht, nur wo begünstigt und verbreitet. Die deutsche Objektivität und Loyalität wird indessen die deutsche Knechtsicaffenheit noch fortdauern lassen. ndessen wird der ehrliche, solide Sinn und die Kernigkeit der Deutschen auch diese Zeit überstehen und der nationale Gedanke ist fon so starr geworden, daß er alle Hindernisse über­­winden wird. — Gelegentlich werden wir auf den interessanten volfswirtscaftlichen Teil des Buches eingehen. RR —T—­­­­­­­­­ politische Mebersicht. Hermannstadt, 26. Oktober. Ungarn. Der Hauptstädtische Munizipalausschuß Hat, wie unser gestriges Telegramm bereits gemeldet hat, vorgestern einhellig beschlossen, an das Abgeordnetenhaus wegen Aufhebung des gemeinsamen Boll Seilleton. Die Iıre von Sankt Wohus. Kriminalroman von Guftav Höder. (8. Fortjegung.) „So rennen Sie wohl an Frau Brutscher?“ trug Doktor Gerth aufmerksam. „Sie Scheint F ihnen nicht aus dem Kopf zu mollen“, lächelte der Detektiv. „Wie ich mich zu erinnern glaube, lag sie damals Trank in einer Klinik. Ich habe sie nie gesehen. Im übrigen werden Sie mit mir übereinstimmen, daß sie die Blutthat an ihrem Hören nicht vollführt ‚hat, wenn ihre Abmesenheit zu jenem geitpunfte, wo dies geschah, ist durch einmandsfreie Beugen nach­ge­wiesen.* „Daran läßt sich nicht rütteln“, flimmte der Serenarzt bei. „Aber ein Mörder ist vorhanden, und an die Schuld Konstanze Herbronns glaube ich nun und nimmermehr. Am Vertrauen zu Ihnen gesagt: ich glaube an nicht daß sie an Epilepsie leidet, und was sie in unzurechnungsfähigem Zustande nicht beging, dazu war sie bei gesundem Sinne nur um sie weniger fähig. Für die Erforschung des wirklichen Mörders wird mir sein Preis zu hoch sein, und ich bin in der Lage, ihn zu erlegen. Nennen Sie mir die Säume bie ich deponieren soll.“ „Wie ich Ahnen mitteilte, bin ich Halb und Halb­ton versagt”, ent­­gegnete der Detektiv, „Doch will ich Sie mit keinem unbedingten Nein fort­gehen lassen, Sie werden von mir Hören; ich gebe Ihnen miein Wort darauf.“ Doktor Gerth schüttelte die ihm treuherzig dargebotene Hand und ver­­abschiedete fi... . . Al Alram allein war, ging er in seinem Zimmer auf und ab, die Hände auf dem Roden. Als Detektiv war er der­ch­enge Selbsterziehung dahin gelangt, daß selbst seine Gewohnheiten auf seinen Beruf zugeschnitten waren und daß er sich von jeder Gewohnheit freihielt, die ihm darin Hätte Schaden fünnen. Daher führte er auch nie laute Selbstgespräche. Hätte er aber in einem solchen die Bedanken, die ihn bei seinem Spaziergange durch das Zimmer beschäftigten, in Worten ausgebracht, so würden diese etwa so gelautet haben: „Kuriose Geschichte das! Ein junger Irrenarzt verliebt sich in seine Patientin, die in geistig gestörtem Zustande einen scheußlichen Mord begangen haben sol. Ich sol nun diesen Mord von ihr nehmen. Eine verdammt harte Nuß zum Knaben. Aber wenn’ gelänge, so machte ich das Pärchen damit hundertmal glückicher als die hundert Gläubiger des sauberen Herr Sebastian Segauer, wenn ich ihnen den Kerl mit sämtlichen mitgenommenen Geldern zur Stelle schaffte.­ Das war nämlich jener Ball, dessen Uebernahme Titus Alk­am bereits halb und Halb zugesagt hatte. Sebastian Serauer, der Inhaber eines Bank­­geschäfts, hatte einen glänzenden Bankerott gemacht und sollte dabei ein paar hunderttausend Mark bei Seite geschafft haben. E83 war ihm gelungen, aus der Untersuchungshaft zu entkommen. Nach allen Haupthäfen waren telegraphische Weisungen zu seiner Verhaftung ergangen, aber ohne Erfolg, trog dem er an gewissen äußern Merktmalen leicht kenntlich war. Nun wollte man ihn in Kairo gesehen haben; so ging das allgemeine Gerücht, dessen Herkunft niemand nachhinweisen konnte. Mehrere Geschäftsfirmen, welche bei dem Bankerott große Verluste erlitten, hatten sich an Herrn Titus Allram gewendet. Er sollte nach Kairo reisen und von dort aus die Spur des Flühtlings weiter verfolgen. Schon oft hatte sich in der Lösung derartiger Aufgaben sein außerordentlicher Spitsinn erprobt. Da er jedoch an das unverbürgte Gerücht, wilches den Durchgänger in Kairo auftauchen ließ, nicht recht glaubte, sondern eher ber­­mutete, er sei von unbekannten Freunden des Bankerotteurs ausgesprengt worden, um die Verfolgung irrezuleiten, so Hatte er noch seine feste Zusage gegeben. Nun war er vor die Wahl gestellt, seine Dienste entweder den G­läubigern Serauerd oder dem Doktor Gerth zu widmen. Der reitere Fall schien fast hoffnungslos, aber der junge Screnarzt aus Santt Rochus hatte Alramd Sympathie und Teilnahme erh­eht, und der Detektiv besaß eine schmade Seite: er Hatte nämlich ein Herz. “ar * im PBarterre eines Hinterhauses, welches in einem großen Hofe lag. Das daraus hervorbringende Geräusch von Säge befand sich eine Werkstatt, und Hobel ließ auf eine Zischlerei schließen. Aber es war viel vornehmere Arbeit, welche die genannten Werkzeuge hier herrch­teten, und nur für vor­nehme Leute waren die Erzeugnisse dieser Werkstatt bestimmt, melche sich auf einem Schilde über der Thür als die „Barketfußboden-Fabrik von Karl Thor­­bed“ ankündigte. Man sah keinen vaucenden Schlot und hörte sein Brummen eines Dampfkessels, obwohl beides von dem Begriffe „Fabrik“ unzertrennlich scheint. Da aber der Konsument heutzutage seine Bedürfnisse am Liebsten „direkt aus der Fabrik” bezieht, weil F­abrilanten billiger arbeiten als Handmerker, so that der junge, erst seit kurzem etablierte Geschäftsinhaber dem vorurteils­­vollen Bublitum den Gefallen, sich den Titel eines Sabrisanten beizulegen, was jedenfalls ungefährlicher ist als die unberechtigte Dok­ortitulatur. Aus der Hausflur führte eine dunkle Holztreppe nach dem ersten Stoc, und aus der hier gelegenen Heinen Wohnung hörte man eines Nachmittags die sentimentalen, empfindsamen Töne einer Zither. Der Spieler war noch jeher ungeübt, machte oft eine längere Pause von einer Note zur anderen und griff zumeilen au­f ab­, so daß es für einen Zuhörer nicht leicht gewesen wäre, die Melodie bed fenen Liedes: „Steh’ ich in finstrer Mitternacht”, herauszufinden. Die Person, von welcher biese musikalische Leistung ausging, war meib­­lichen Geschlechts und von imposanter Rundung der Körperformen, deren Krönung ein Gesicht bildete, welches von Gesundheit nicht nur stragte, sondern an glänzte. Dem Leser Haben wir sie bereits als „Professors Dice Refi­ barzustellen Gelegenheit gehabt, in der Litteratur des Prozesses Georgi fungierte sie unter dem korrekteren Namen Therese Beidler; seitdem aber war aus ihr Frau Thorbed geworden, und wenn es ihrer angeborenen Bescheidenheit nicht zuwider gewesen wäre, so hätte sie si eine Fabrikantensgattin nennen können. Mitten ihrer musikalischen Beschäftigung wurde sie ein paarmal unter­­brochen. Erst kam ein Geselle aus der Werkstatt, der um eine neue Frottier­­bürste bat, und da die Frau Meisterin, melde­biete, und andere derartige Bedarfsartikel in einem großen Schranke unter Beschluß hatte, hierüber etwas ungehalten war, weil dies heute bereits die dritte Bürste war, die sie heraus­­geben mußte, so schichten die Gesellen das nächstemal als Kugelfang den Lehrling, mit dem noch bedenklicheren Ersuchen um frisches Wachs, en | ur Rn 2 NE RAM e Eine: EIER: ra UT ng PT re ee a aggre ee u een

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