Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1923. März (Jahrgang 50, nr. 14925-14951)
1923-03-23 / nr. 14944
. seit I Wsuerung Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt 23. März 1928 Re. 14944 Meter der pollkischen Minderheiten finden der andere Anschauungen vertrittOn dieser Grundfrage unseres Volkslebens werden nur unsere Pflicht unbeirrt bis zum pleuszersten erfüllen Meine Herren Abgeordneten! Bei der völligen Außerabtlassung der Minderheitsfrage im Verfassungsentwurf ist es uns nicht möglich, im Einzelnen Kritis zuchen. Wir sind vielmehr gezwungen, dem Entwurf unsere Forderungen als Ganzes gegenüberzustellen. Die Karlsberger Beischlüsse sind die Knappste Formel, in der sich unsere Ansprüche an die neue Staatsverfassung zusammenfassen lassen. Ich erlaube mir daher, den Setz ihrer drei Hauptpunkte hier wörtlich vorzutragen: 1. „Bolle nationale Freiheit für alle im Lande wohnenden DBöler, jedes DBolE soll in der eigenen Sprache und durch Individuen aus seiner eigenen Mitte Unterricht erhalten, verwaltet werden und die Rechtspflege genießen. Ehenso wird jedes Doll das Recht der Vertretung in den geießgebenden Körperschaften und in der Regierung des Landes entsprechend seiner Seelenzahl erhalten“. 2. „Gleichberechtigung und volle autonome Konfessionelle Freiheit für alle Konfessionen des Staates“. 3. „DBolle D Verwirklichung eines rein demokratischen Regimes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens. Allgemeines, direktes, gleiches, geheimes, gemeindeweites Proportionalwahlrecht für beide Geschlechter im Alter von 25 Jahren zur „ertretung in den Gemeinden, den Komitaten und dem Parlament“. Diese drei Hauptpunkte müßten in der neuen Staatsverfassung wörtlich Aufnahme finden. Die in den Sheren angeflungenen politischen Grundgedanken aber müßten bei der Abfassung aller Artikel der Staatsverfassung genau berückichtigt werden. Ich dente dabei an das Kapitel über Die Freiheiten der Staatsbürger, an den Artikel über. Die Bereinigungsfreiheit, weiterhin an die Bestimmungen über die Kirchen- und Schulfrage, die Frage der Einrichtung der allgemeinen Staatsverwaltung, der totalen Autonomie und der Gerichtspflege. (Zertregung folgt.) . Die Beratung der Berfassungsvorlage. Senat und Karlsburger Beischlüsse. Bujarest, 21. März. Die Senatsfitung wird um Halb 4 Uhr durch Bheresyde eröffnet. Nach einigen belanglosen Mitteilungen wird in die Tagesordnung eingetreten. Iliescu verliest die Artikel 3032, die unverändert angenommen werden. Ablehnung eines Antrages Schullerus. Rach Artikel ss beantragt Schullerus als neuen Artikel Der Staat garantiert die volle kirchliche Freiheit für alle mitwohnenden Völker.Jedes Volk wird sich unterrichten,verhalten und richten in seiner eigenen Sprache durch Personen aus seiner eigenen Mitte Ebenso wird jedes Volk das Recht der Vertretung in die gesetzgebenden Körperschaften und in die Regierung des Landes im Verhältnis zu seiner Seelenzahl erhalten .In der Begründung führt Schullerus aus Minister Constantinesceu habe ihm den Borwurf der Sinfonsequenz gemacht, weil er bei der ersten Lesung gegen den Verassungsentwurf gestimmt habe und nun doch an der ‚Spezialdebatte teilnehme. "Redner hat gegen den Verfassungsenttwurf stimmen müssen, weil er eine wefehtliche Rede darin zeige, daß er die Minderheitenrechte durchaus nicht berücksichtige. Das fächsische Volk Hat fs auf Grund der Karlsburger Beischlüffe in Mediath angeschlossen und darum konnten seine parlamentarischen Vertreter seinenBerfaffungsentwurf annehmen, der die in den Karlsburger Beischlüffen ausgesprochenen Minderheitsrechte nicht entrat. Nunmehr, nachdem vom Senat der Berfaffungsentwurf zur Grundlage der Spezialdebatten gemacht worden ist, Fühle er sie verpflichtet, an dieser teilzunehmen, um nun hier zu versuchen, in den einzelnen Artikeln die wesentlichsten Beschlüsse von Karlsburg zur Geltung zu bringen. Bheresyde unterbricht: Sie vergessen, daß wir hier kein Söderatipstaat, sondern ein Nationalstaat sind. Schullerus: Ich bitte um Entschuldigung, Herr Moorsigender, aber ich betone nochmals, daß ich meinen Antrag wörtlich den Karlsburger DBejchlüssen entnommen Habe, die gerade von dem gegenwärtigen Chef der Regierung, I. ©. DBratianu, gegengezeichnet sind. Redner empfiehlt nochmals die Annahme seines Antrages. Bangragi (Rektor der Universität in Bukarest) macht dem Antragsteller den Vorwurf, daß er immer wieder mit Anträgen komme, die im Prinzip schon abgelehnt seien, und auch eine gereizte Stimmung schaffen. Was da verlangt wird, sei ein Staat im Staate und dies könnte man nicht gewähren. Die Minderheiten sollen sich damit begnügen, daß man ihnen ihre Kultur unangetastet lasse. Wir werden die Herren in diesem Lande sein und niemals anders verwalten und unterrichten als in der rumänischen Sprache. Constantinescu weist nochmals darauf hin, daß man Privilegien nicht gewähren künne. Man könnte den Minderheiten nicht mehr und nichts anderes geben als dem romänischen Dolfe, das die große Mehrheit bilde. Schullerus: Wir wollen auch nichts anderes, als unsere Muttersprache in Unterrat, Verwaltung und Sericht. Minister Constantinescu beantragt unter Beifall des Hauses Ablehnung des Antrages. Der Antrag wird abgelehnt. Vertregung der Spezialdebatte. Es folgen die Verhandlung des hll.Titels über die » Zusammenlegung der Kammer und des Genates. Die Artikel 34 bis 75 werden mit geringeren Abänderungen angenommen. Die Sigung wird geschlossen. führt aus, daß es unter den Weinbauern größte Grbitte> kung und Besorgnis verursacht habe, daß der Minister durch die Verordnung vom 12. Februar Nr. 9813 den Ausschanf von Wein an Sonn- und Feiertagen berietete und nur den Ausschanf von Bier gestatte. Die Wein- Bauern befürchten vonieser Verordnung eine weitere Einschränkung des Weinkonsums im Inlande und dadurch noch schwerere Abbaumöglichkeiten, fühlen sich daher sehiwer geschädigt. Nedner bittelt den Minister, die in Frage stehende Verordnung unverzüglich außer Kraft zu seßen oder zweckmäßiger Direkt abzuändern, so daß außer dem Bier auch Weinausscanf gestattet werde. In diesem Zusammenhange senkt Redner die Aufmerksamkeit der Negierung auf die sehr prekäre Lage der Weinbauer besonders in Siebenbürgen, der nur zur Erfüllung der Forderungen der Weinbauern abgeholfen werden könne. Es sei daher Dringend notwendig, Maßnahmen zu treffen, die die Ausfuhr des Weines in großem Sute in die Wege leiten. Die Naturalisierung der Ausländer. sugrider dieslrchenaniono und er gu Artikel 7, der über Naturalisation der Ausländer handelt, sprechen Sradisteanu, TondH, Leonte Molodovan, Gmanuel Ban, Wladimir Atanatosici. Die Nedner verlangen die Naturalisierung durch das Parlament sowie daß dies im der Verfassung niedergelegt werde. Der Artikel wird in Schwebe gelassen, weil Das Delegiertenkomitee eine neue Nedigierung in Uebereinstimmung mit den Wünschen der von den Mehrheitsabgeordneten vertretenen Zujabanträge beschlossenen. Artikel 9-16 Wird ohne Abänderung gen Aus Verlangen der Ministerbank werden je Artikel 17—20 in Schliebe gelassen,welche die Eigenstumsfrage behandeln und die Frage der Rationalisierung der Bodenschätze,bis die Regierung im Einvernehmen mit dem Delegiertenausschuß eine endgültige Formel gefunden haben wird BuArtilels"L spricht Sorga",der außerordentlich warm für die Autonomie der Kirchen eintritt, eine scharfe Stellung gegen die Politisierung der Kirche einnimmt, den Standpunkt, den Schaguna in seiner Kirchenverfassung der griechisch-orthodozen Kirche Siebenbürgens eingenommen hat, zur Geltung zu bringen sicht, unter anderm auch erklärt, daß die neue DBerfassung aus den Kirchen lediglich eine Satsade mache. Dr. Wilhelm Binder für Gleichberechtigung und Autonomie aller Kirchen. Nach Iorga spricht Dr. Wilhelm Binder. Er führt in längerer Rede aus, daß er anerkenne, daß der Entwurf im allgemeinen auf dem Standpunkte der gleichmäßigen Behandlung aller Kirchen und ihres Schutes durch den Staat unter gewissen Bedingungen stehe. ®estern ist im Senate unter Zustimmung der Regierung eine Abänderung angenommen worden, in der der griecisch-orthodoxen Kirche die Rolle der „Biserica Dominanta“ zugestanden wurde, während die griechisch-katholische Kirche den Vorrang vor allen übrigen erhalten soll. Diese Barrechte der beiden Kirchen dürfen in seiner Meise Einfluß auf das Verhältnis der Kirchen zum Staate ausüben und es dürfe auch die Gleichberechtigung der Kirchen untereinander nicht angetastet werden. Die Mehrheit der Mitglieder der Deutschen Parlamentspartei komme aus Siebenbürgen, dem Hassischen Lande der Glaubensfreiheit und Gleichberechtigung auf kirchlichem Gebiete. Keine Kirche war früher priviligiert. Die orthndäre Kirche hatte Dieselben Rechte wie die katholische und diese wie die evangelische. Alle Kirchen haben seit Jahrhunderten das Recht der autonomen Organisation und Verwaltung gehabt, das nach der Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn im 43. Oefetartikel des Jahres 1868 und nach dem Anschlusse Siebenbürgens an Rumänien in den Karlsburger Beschlüffen aufgenommen worden ist. Wir verlangen, daß Dieser Grundfaß der Autonomie und Bleichberechtigung an in die DBerfaffung Großrumäniens aufgenommen werde und Die Regelung des Verhältnisses Biwischen Kirche und Staat nicht gänzlich der Spezialgeseßgebung überlassen Bleiche. Die DBerfaffung schafft die Grundlage für das ganze Staatsleben. Deshalb müssen Bestimmungen, wie die Sicherung der Gleichberechtigung und Autonomie der Kirche, in die Beruffung aufgenommen werden und nicht gänzlich der Spezialgereggebung überkaffen bleiben, die dem Wechsel der Stimmungen und « Ablehnung der deutschen Anträge in der Kammer. Bukarest, 21. März. Die Kammerfibung wird von Orleanu eröffnet. Iuca beantragt, daß eine zweite Sigung am heutigen Tage von 9—12 Uhr nachts abgehalten werde. Die Kammer stimmt zu. Die Situng findet statt, um dringende ragen zu erledigen. Janu erfuhr den Kriegsminister, den Zipilärzten, welche Offiziere sind, den gleichen Rang zu geben wie ihren aktiven Kameraden. Brig G Connerth für die Weinbauern. Sri Sonnerth unterbreitet eine Interpellation In Angelegenheiten der Weinbauern in Siebenbürgen. Si Beeinflussung des politischen Lebens dur die Parteisümpfe mehr ausgelöst sind. Wir verlangen sein neues Recht, sondern nur die verfassungsmäßige DBestätigung des heutigen gejeglichen Zustandes und verweisen auch darauf, daß zum Beispiel die DVerfassung Jngoslawieng in Diejser Beziehung vorbildlich is. Der Antrag lautet: Dem 9. Abjak des Art. 22 sind folgende Worte Hinzu sufügen: Auf Grund der Gleichberechtigung und der vollen Konfessionellen Autonomie für alle Kirchen und durch den Staat anerkannten Organisationen. Der Antrag wird abgelehnt. Dagegen wird zu Artikel 22 ein Zufagantrag von Petre Babrobicianu angenommen, durch den ausgesprochen wird, daß die griechisch-orthodore Kirche die herrschende Staatskirche sei und die uniierte Kirche den Vorrang vor den übrigen Kirchen habe. Die Sigung wird um 7 Uhr 15 Minuten geschlosfen. Nächste Situng heute ihr abend. Das Regierungsblatt und die Rede des Abgeordneten Dr. Roth. Das für das Ausland bestimmte halbamtliche Blatt „Independance Roumaine“ widmet in seiner Donnerstagsausgabe den redaktionellen Leitartikel den Vorgängen in der „historischen Situng“, in der Die General- Debatte in der Kammer abgeschlossen wurde und in der so viele bedeutungsvolle Reden gehalten worden sind. Das Regierungsblatt verurteilt das Vorgehen der obstruierenden Opposition und beschäftigt sich sodann zuerst mit der Rede des Abgeordneten Roth, sodann mit der Rede professor Iorgas. Hinsichtlich Dr. Rothe sagt das genannte Blatt das Solgende, daß wir in wörtlicher Ueberfegung aus dem Französischen hier wiedergeben: „Die Rede des Herrn Roth, jährlichen Abgeordneten, kritisierte zwar in jeder Beziehung den Verfassungsentwurf, aber sie war erfüllt von Mäßigung und hoher staatsmännischer Weisheit. Der Präsident der deutschen Parlamentspartei ist, im Ganzen betrachtet, den politischen Grundlagen der Verfassung nicht abgeneigt. Er wünsfcht nur die Sicherstellung der Minderheitsrechte durch eigene Klauseln. Auf diesen Einwurf hat der Grttminister geantwortet, die Verfassung biete den gleichen Schuß und die gleichen Rechte sämtlichen Bürgern Neuromaniens, ohne Unterschied der Rasse, der Religion und der Sprache. Wenn eine oder die andere Minderheit noch der Sonderbestimmungen gescüst werden sollte, würde dies ein Ausnahmsrecht darstellen, welches das romänische Bolt niemandem bewilligt. Die Wünsche der Minderheit betreffend Organisation der Kulte und Schulen werden in jenen Gelegen voll erfüllt werden, welche die politische, wirtschaftliche und geistige Organisation‘ des Landese gültig ordnen werden.“ Im Gitungsbericht selbst bringt das halbamtliche Blatt folgende Antwort des Finanzministers,die Iegterer gewissermaßen als verlängerten Zwischenruf dem Abgeordneten Roth sofort gegeben hat: Die BVBerfassung per"bietet tatsächlich jederman, ausgenommen dem Staa, den Komitaten und Gemeinden, verpflichtende Steuern einzublieben. Freiwillige Sagen einzuheben wird niemand verhindert werden. Berfaffte Kampfanlage der Opposition. « Bernbleiben der Opposition vom der Berlassungsdebatte. Bukarest, 21. März. Die vereinigte Opposition veröffentlicht folgende Mitteilung: Die Nationalpartei und die Bauernpartei haben sich, eingedenk ihrer früher gefaßten DBeschlüsfe, alle Mühe gegeben, durch geistliche Mittel die Inbetrachtnahme deserfassungsentiwurfes der Liberalen Partei zu verhindern. Stab aller Anstrengungen der Abgeordneten der Vereinigten Oppositon und Groß des Protestes der öffentlichen Meinung votierte die Regierung des Staatsstreiches und das Parlament der gestohlenen Urnen die Inbetrachtnahme des Verfassungsentwurfes in der Hacht vom 19. März. Die Abgeordneten und Senatoren der vereinigten Opposition lehnen jede Verantwortung für die Sorgen dieser Ungejeglichkeit vollständig ab und protestieren von neuem gegen den Berg fud, dem Lande durch ein ungeistliches Parlament die neue Staatsgrundlage aufzuzwingen und haben beschlossen, dieerhandlungsperiode andauert. Sie werden sich nur an dem für Interpellationen bestimmten Lage entfinden. Der außerparlamentarische Kampf im ganzen Lande wird entsprechend dem festgelegten Plane weitergehen. Es w werden DBollsversammlungen im ganzen Lande stattfinden, ‚nicht mehr im Parlament zu erscheinen, solange Schadenerlag klage der Aalisnaipartei gegen den Bukarester Polizeipräfekten, . Bukarest, 21. März. Der Klub der Nationalpartei hat gegen den Polizeipräfekten General Ricoieanu Schadenerjabflage erhoben, weil auf seinen Befehl mit Dasserpumpen die Klubeinrichtung vernichtet worden ist. Das Urteil des Parlaments in der Stickbombenjache. Strafgerichtliche Behandlung. Bukarest, 21. März. Die Disziplinarkommisftion hat beschlossen, den Abgeordneten Pfarrer Draghici, der die Strafbombe in das Parlament gebracht hat, nicht nir aus 30 Ligungen auszuschließen, sondern auch seine Immunität aufzuheben. Damit das Gericht gegen ihn wegen seines Attentates gegen Die Erde bot« gehen Tönne. Rn j