Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1929. Juli (Jahrgang 56, nr. 16796-16821)
1929-07-24 / nr. 16815
Taxele plätite in numädrar ord. Dir, Gen. P.T.T. 223720/926 Allgemeine Volchszeitung für das Deutsch Hermannstadt, Mittwoch) den 24. Juli 1929 zum in Rom unter Schriftleitung: Hermannstadt, Honteruägaffe Nr.11, Verwaltung: Königin Mariastr. Nr. 25. — Fernsprecher: Schriftleitung Nr. 11; Verwaltung Nr. 431. Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zustellung L 90 °; mit Zustellung L 100; mit Postversendung: Inland: Lei 100’; Ausland: L 135 °’—; Einzelnummer 45'—; Sonntagsnummer L 6 °— 56. Ladegang Nr. 16815 5 Frankrei ratifiziert das Schuldenabkommen Die Vorbehalte der deutschen Erfüllung Paris, 23. Juli. Die Kammer beschäftigte sie mit der Ratifizierung des Schuldenabkommens mit Amerika und erklärt sich mit 8 Stimmen Mehrheit für die Annahme, wobei sie außerdem vorschlug, auch die Ratifizierung des Abkommens mit England zur Annahme einzubringen. Hierauf vertagte sie die Kammer auf den kommenden Donnerstag. Vorher nahm sie noch mit 282 gegen 271 Stimmen den Vorbehalt Gerauld an, in dem gesagt wird, daß die Kammer der Ansicht sei, daß Frankreich angesichts der Gefahr, selbst seine nationale Wirtschaft zu gefährden, die für Die Durchführung der Abkommen vom 28. April und 12. Juni 1926 notwendigen Mittel nur aus der regelmäßigen Erfüllung der BVBerpflichtungen Deutschlands schöpfen künne. Die Kammer erklärte, daß Die dem Land doch das Abkommen auferlegte Last ausschließld durch Summen gedecht werden müsse, Die Deutschland für seine Schuld an Frankreich zu zahlen habe, Auftub der Bölkerbundtagung? Die politische Konferenz sol zuerst beendet werden Paris, 8. Juli. Einer Genfer Meldung Des Newport Herald zufolge, Hat der Generalsekretär des Bölkerbundes eine Anfrage des Duny D’Orsay erhalten, ob die Bölkerbundversammlung infolge der politischen Konferenz nicht bis zum Oktober verschoben werden künne, da die Negierungskonferenz 3—4 Wochen erfordere und daher bis zum Beginn der Vollversammlung des Völkerbundes noch nicht beendet sein künne. Es wäre aber von jedem Standpunkt aus besser, wenn die Schlasfolgerungenieser Konferenz noch vor der Völkerbundtagung bekannt sein würden. Der Meldung wird hinzugefügt, daß einer Dersartigen Verschiebung gemisse Hindernisse im Wege stünden, daß man aber glaube, Mittel und Wege finden zu künnen, diese zu überwinden. es NE GE TE EEE He kommende Völkerbundversammlung und die Nationalitätenfrage Madrid — nur eine Etappe von Dr. Ewald Ammende, Generalsekretär der Europäischen Rationalitätenkongresje Wenn heute von den Ergebnissen der Madrider Minderheitendebatte gesprochen wird, so werden von gewisser Seite stets als besonderer Fortschritt die vom Rate angenommenen Wenderungen des Klageverfahrens angeführt. Dabei handelt es fs, wie gemisse französische Blätter seinerzeit treffend feststellten, um „leichte Modifikationen“, die am heutigen Zustande nichts wesentliches ändern. Wan müsse — so fjrieb der „Temps“ im Augenblick, wo die Entscheidung in der Kommission gerade gefallen war, also noch vor Eröffnung der offiziellen KRatssession — Herrn Stresemann mit Nachsicht auf gerieiste nationalistische Kreise in Deutschland die Möglichkeit zu einer platonischen Rede geben, einer Kundgebung, die an der Sachlage aber nicht mehr ändern künne. Kein Wunder, wenn ein so ehrlicher Freund der Minderheitenrechte, wie Sir Willoughby Dikinson, Vizepräsident der Völkerbundligenunion, in einem Briefe an die „Times“ die Aenderung geringfügig und ungenügend nennt und darauf hinweist, Daß von den messendiften Forderungen der Minoritäten, speziell was die Wiederherstellung der Oeffentlichkeit bei Behandlung der Petitionen betrifft, nur sehr un weniges berücksichtigt worden ist. Troßdem bedeuten die Renderungen — allerdings nur soweit man das Völkerbundverfahren gesondert vom übrigen Problem behandelt — einen Fortschritt für die Minoritäten und zwar die Möglichkeit bei Behandlung der Petitionen in einem höheren Maße wie bisher für ihre Rechte einzutreten. MSnüßliche Neuerung wäre hier vor allem die den Dreierkomitees auferlegte Verpflichtung zu erwähnen, in dem Fall dem Rate einen Bericht vorzustellen; ferner die Ausdehnung der Informationsbeschaffung auch auf Duellen der Minderheiten selbst, wie Senator Dandurand, unterstüßt von Dr. Stresemann, das im Rate so eindeutig zu interpretieren mußte. Nun stehen die Minderheiten bekannth auf dem Standpunkt, daß die Beihilfe des Völferbundes bei der Regelung des Nationalitätenproblems weniger auf dem Gebiet des Klageverfahrens und seiner Berbeiferung wichtig ist, als vielmehr auf dem Wege einer generellen Regelung des Problems. Darüber heißt es im Memorandum des Nationalitätenkongresses an Die Minderheitenkommission des Rates wie folgt: „Wenn der Berferbund bereit wäre, alle in seder Macht stehenden Mittel anzuwenden, um zu einer generellen Regelung des Minderheittenproblems zu gelangen — also dasselbe einem gründlichen Studium zu unterziehen und sodann den Weg zu zeigen, auf dem das Einvernehmen zwischen den Staaten und den Minderheiten herzustellen wäre, würde er ganz von selbst immer seltener in die Lage geraten, sein Amt als Schlichtungsinstanz für Streitigkeiten ausüben zu müssen“. Tatsächlich gibt es heute seine Minorität, für die der Appell an den Völferbund nicht die ultima vario wäre. Der Vorschlag Dr. Stresemanns, der Wölfer- Bund wolle si mit der Frage seiner Garantiepflicht ganz abgesehen vom bestehenden Beifahren befassen, trug diesem Standpunkt denn an Nehnung Die Interessen der Minoritäten erforderten es zweifellos, dar anstelle einer Diskussion über die einzelnen Verbesserungen der Prozedur, wie das in Genf bereits eingeleitet war, eine Auseinanderlegung über die grundfräglichen Fragen des Problems, u. a. die Schaffung eine permanenten Kommission oder da) zumindest eines Studienausschusses zu erfolgen hätte. Gerade das sollten die Gegner der Minderheiten aber nicht zulassen. Ihe Streben war 68 von vornherein, fi; dur einige Verbesserungen des Verfahrens von einer Auseinanderlegung über die grundlägliche Seite des Problems loszulaufen, d. h. die Frage für lange Zeit von der Tagesordnung abzufegen. Als die Madrider Beratungen begannen, war die Korjunktur für eine Entwicklung im Sinne der Minderheitenwünsche ganz außerordentli günstig. In England war Chamberlain, die zentrale Figur des Dreierkomitees und der eigentliche Vater des Lon Dorner Berichts — Dieses Elaborates, Das Die Grundfüge des Minderheitenrechtes im Grunde völlig negiert — gefallen und statt seiner war eine Regierung von Männern am Nuder, die seit jeher ein weitgehendes Verständnis für die gerechten Forderungen der Minoritäten haben und stets für eine grundmäßliche Regelung eingetreten sind. E83 kam hinzu, daß eine Reihe von Mitgliedern des Rates die Erklärung abgab, daß man sie vom Bericht des Komitees, sowie den Ergebnissen der von diesem Durchgeführten Enquete — an dieser Enquete hatten ss allein 15 Mitgliedstaaten des Bundes beteiligt — zu spät informiert hätte. Die Eingaben dieser Engquete waren vom Mdatichi-Komitee in der Tat bis zur Madrider Gression totgeschwiegen und nur einmal im Bericht berücksichtigt worden. (Sie figurierten Dort lediglic als Arnere, wobei von den Eingaben der internationalen Verbände nur einmal der Anhalt, sondern nur der Titel wiedergegeben worden war.) &3 lag auf der Hand — und diese Annahme wurde von allen Kennern der Berältnisse, selbst denen von gegnerischer Seite, geteilt — daß die Diskussion in Madrid vertagt werden wiürde, um im September in Genf bereits auf Grund einer wirfligen Verarbeitung der Enquete und der in den Eingaben enthaltenen Vorschläge in umfassender Weise und zwar unter Beteiligung der großbritannischen Vertreter durchgeführt zu werden. Wenn es dahur nunmehr nicht genommen it, so nur, weil infolge der Abwesenheit Streisemanns die Herren Dandurand und Brocope ih mit ihren Vertragsmünichere nicht Durchbiegen konnten und ferner Die von Adatshi vorgelegten Prozeduränderungen, für deren Erweiterung besonders energisch Herr Dandurand jieinjekte, von deutscher Seite vorbehaltlos angenommen wurden. Die V Prozedur war auf Diese Weise dank der „Gefhidlichkeit“ des Nates vom übrigen Problem I[o]gelöst und angenommen worden, noch bevor die Rat jession begann und Herr Stresemann das Wort ergreifen konnte. Die Gegner frohlobten, der Plan fehien gelungen. « Ih die Auseinandersetzung nun in der Tat,wie die Gegner der Minderheiten es glauben oder wünschen,für lange Zeit von der Tagesordnung gesetzt? Hier kommen wir zum Punkte,wo die Herren sich unserer Ansicht nach statischem Gewiß,die Madrider Entwicklung bedeutet auf den ersten Blick für die Weiterverfolgung der Ziele der Minderheiten vor Dem Rate ein gewisses Hindernis. Doch es liegen hier Momente vor, die das Bild in einer sehr wesentlichen Metse verändern Die Situation wird besonders „Auch die Tatsache beeinflußt, Daß der Rat zuguteliegt noch den Beschluß fakte, hat das gesamte Engquete-Material — die Vorschläge, Gesichtspunkte und Kritiken der 16 Staaten — der Bericht des Dreierkomitees und Die in Genf und Madrid gemachten Ausführungen aller Mitgliedern des Bundes zu übermitteln sei. Wie muß dieser Umstand nunmehr bewertet werden ? Er bedeutet, daß der Rat nach erfolgter Teilleisung des Prozedurproblems die sämtlichen, fi meist auf die übrigen Borschläge beziehenden Unterlagen den Mitgliedern des Bundes, d. h. der Vollversammlung zum Studium und, falls sie es für nötig halten sollte, zur Weiterbehandlung überläßt. Der Rat hat einen Teil des Problems in allerdings unzulänglicher Weise gesiegelt , um im übrigen dez im Herbst tagenden Bollversammlung dasBort zu überlassen. Bis dahin können die Ergebnisse der Engquote nur in der Tat bearbeitet und berücksichtigt werden, so dasi die Möglichkeit zu einem auf dem Tatsachenmaterial basierenden Meinungsaustausch bieten wird, einer Auseinanderlegung, die weniger für jene von der „Il-lustration” gerühmte diplomatische Geschhchligkeit des Rates bestimmt werden dürfte — an die in Madrid die Stellvertreter Dr. Stresemanns Haben glauben müssen — als vielmehr durch die fachlichen Momente. Somit ist auch Madrid nur eine Etappe und nur, wie die Gegner es gerne sehen m würden, ein Abschluß der Auseinanderlegung über die Minderheitenrechte gebesen. Die Fortlegung der Diskussion wird bereits im September die Voll dersammlung des Bundes bringen, NEER TSTRERIEEN VE TEEN ENT EHTNEETERETNZGENG FERTTHEBENELEEEZENTZATNTSTENETTEETEEN nach dem Abschluß der Verwaltungsreform (Eigener Telephonbericht.) Bukarest, 23. Zug. Das Land hat nun also ein neues Verwaltungsgefetz das dritte, das ihm in den 10 Jahren seit der Schaffung des großrumänischen Staates gegeben worden ist. Ob für die nächsten 10 Jahre auch das Ießte? Die Liberalen verneinen bekanntlichh diese Frage. Ihr Verwaltungsgeje aus dem Jahre 1925 ist zwar aus dem Schofe ihrer eigenen Regierung heraus als zum Teil schwer, zum Teil gänzlich undurchführbar ‚bezeichnet worden. Das hindert sie nicht, Das neue Geje als grundläslich verfehlt anzusehen und ihm ihre Anerkennung zu verjagen. Sie beabsichtigen also — wie man wohl abnehmen darf — ihr abgeändertes Verwaltungsgeset oder ein Gefet auf neuer Grundlage zu unterbreiten, wenn sie in, wie sie glauben, naher Zukunft wieder zur Macht gelangen sollten und wenn sie — ein zweites „wenn“ — sich nicht schließlich, so wie es die Nationalzaranisten mit der liberalen Verfassung gehalten | |