Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1930. Oktober (Jahrgang 57, nr. 17215-17245)

1930-10-01 / nr. 17215

uU.kul : ti- Prlicht, Sp: Stadtyarı Taxele plä­­tite in numd­­tar ord. Dir, Gen. P.T.T. 228720/9%8 Fllgemeine Volkszeit­­­ung für das Deutsch­eun in Rumänien Schriftleitung: Hermannstadt, Honterusgaffe Nr.11. und Nr. 11 and Nr. 130. Verwaltung: Königin Mariastr. Nr. 25, Fernsprecher: Nr. 237. Bestgehreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Bustellung L 90'—; mit Z­tellung L 100 °—; mit Restversendung: Inland: Lei 100’—; Ausland: L 135 —; Einzelnummer L 5 °—; Sonntagsnummer L6—­­­­— ._—.— u |­­— Re. 17215 Hermannstadt, Mittwoch) den 1. Oktober 1930 57. Jahrgang Der Kampf um das Minder­­heitenrecht im Dörferbund Genf, Ende September 1930 (S. 9.) Sc­hwieriger und verant­wortungsvoller als sonst ist die Aufgabe eines Minderheitenberichterstatters über Vorgänge in Genf zu berichten, wenn es sich, wie in­­ diesem Falle um die Wiedergabe von Ereignissen handelt, Die wie die viertägige Redeschlacht um Den Minderheitenkrng im Völkerbund, in der politischen Kommission der B Völkerbundversammlung, von unweittra­­gendster Bedeutung sind, für die Entwielung Dieses „tahitalen Friedensproblemes”,­ „Unter Blis und Don­­ner" hat die Schlacht, wie Apponyi mit sarkastischer Bitterkeit feststellte, geendet wie sie begonnen, ein unweit­­hin vernehmbares Zeichen für den unverändert min­­derheitenfeindlichen Geist im Völkerbund. ES it Des­­halb umso nötiger, ji weder von pessimistischen noch­ optimistis­chen Einstellungen beeinflussen zu lassen und die Dinge so zu nehmen, wie sie eben sind. Zu viele Enttäuschungen haben die Minderheiten schon erfahren, so daß es gefährlich wäre, ihnen Durch rosarote Bericht­­erstattung falsche Hoffnungen vorzuspiegeln oder sie doch allzu pessimistische Schlußfolgerungen mutlos zu machen, Tief im Inneren sind wir, und Delfen.. aber auch­ nach Dieser Debatte wieder bewußt geworden, Daß die Vertragsstaaten, die völkerrechtlich an Den Minder­­heitenkrug gebunden sind, nut entfernt daran Denken, ihren Pfligten nachzukommen, daß es aber auch Dem Börferbund int­ernit ist mit der Erfüllung der ihm auferlegten Garantie und Kontrollpflichten. Umso mehr gilt es an unserer Auffassung festzuhalten, daß die Minderheitenschußverträge dazu da sind, einge­­halten zu werden, daß sie völkerrechtlich verpflichtend sind, und daß­ der Bölferbund ihr Garant­it, mag er sich, Dieser Pflicht auf noch so sehr zu entziehen suchen. Wir sehen darin für uns eine legte Möglich­­keit zu unserem Krecht zusommen, wenn alle Iinländischen Instanzen versagt haben. Wir erblichen darin aber auch einen Wechsel auf die Zu­­kunft, da wir wie alle fortschrittlichen Geister an eine lebendige Entwicklung Dieses Systems glauben, mag der Wedel, den wir in der Hand halten, gegenwärtig auf der politischen Börse in Genf auch noch so tief im Kurs stehen. E35 kann hier nicht Die Aufgabe sein, die aus Den Agenturmeldungen bereits bekannten Vorgänge in der 2. Kommission der B­ölferbundversammlung in allen Einzelheiten wiederzugeben. Wir wollen nur den Kern des großen Meinungsstreites herausschälen und nüchtern und sahlich die Schlußfolgerungen ziehen, die billiger­­­weise daraus zu holen sind. Die giftige Atmosphäre, die über dem Saale lag, in dem die leidenschaftlichen Debatten stattfanden, die mwutschnaubenden Ausfälle und die erbitterten Anstrengungen der Minderheiten­­feinde, unüberwindliche Hindernisse aufzubauen. Die eine lebendige Weiterentwicklung d­ieser europäischen Schichtalsfrage ein für allemal unmöglich machen könnte, waren für den Zuhörer so eindrucksvoll, daß man nur zu leicht Dazu verleitet werden konnte, allen Mut und alle Hoffnung auf bessere Zeiten finten zu lassen. Das aber wäre gerade das Berich­teste mal wir tun künnten, wäre Walser auf die Mühle derjenigen, Die sich so leidenschaftlich wehren, ihren Pflichten nachzukommen. Im uni 1929 wurde die von dem verstorbenen deutschen Außenminister Dr. Stresemann, auf minder­heitenfeindliche Aeugerungen Zalestis hin, in Lugano entfesselte große Akktion zur grundläglichen Ueberprü­­fung der Garantiepiloten des Belferbundes abge­­würgt. Alles Wesentlie und Entscheidende der von der deutschen Regierung aufgestellten Forderungen wurde ausgestoßen. Was übrig blieb, war eine geringfügige Prozedurverbesserung des Beschwerdeverfahrens, die so unbedeutend ist, Daß der sich darauf jragende erste Jah­resbericht des Generalsekretärd über die Tätigkeit des Berferbundes auf dem Gebiete des Minderheitenschun­des mit ganzen 17 Zeilen auskam. An dem schon bis est durchaus unzulänglichen Klageverfahren hat sich praftisch nichts geändert, da die weit überwiegende Masjfe der Minderheiten bejcht werden, soweit sie über­­haupt nach Genf gelangen, nach wie vor im P­apier­­­orb endet, sonst aber auf dem Kompromißg wege — d. 5. Der Bollzugsausschruf der Liberalen Partei Vintila Bratianus tritt morgen­sbrmittag zusammen, um die Abänderungsvorschläge der BVorjigenden der einzelnen Parteiorganisationen zum Moanifestprogramm zu ver­­handeln. Es wird behauptet, daß solche Borichläge in großer Zahl vorbereitet und daher mit Beratun­­gen, die einige Tage an­dauern werden, zu rechnen sei. Die Vorschläge sollen von Duca festgelegt und nach ihrer Genehmigung und dem Abschluß der Beratun­­gen von der gleichen Komission Duca-Franajovici-Tata= wegen, die den Entwurf seinerzeit revidiert hat, bei dessen endgültiger Fassung berücksichtigt werden. £ 3 ist bemerkenswert, daß man in liberalen Krei­­sen kurz vor dem Zusammentritt des Vollzugsausschus­­ses der Partei das Bedü­rfnis fühlt, der Anschauung entgegenzutreten, @%8 ob es si beim Max K­feit­­programm um ein neues Negierungsprogramm der liberalen Partei handle. Es wird dieser allgemein verbreiteten Anschauung, gegenüber nunmehr der Standpunkt vertreten, Daß Das Negierungsprogramm unverändert das im "DR ",..., also noch vor der NRadkehr des Adings, von dem Damals abgehaltenen Kongreß genehmigte, bleibe. Das Meanifestprogramm sei als Sonderprogramm, das um eine Katastrophe auszuschließen, Bunkt für Bunkft Duchgeführt werden müsse, als Wiedergutmahnungsprogramm, (natürliic) nicht etwa der von liberaler Seite begangenen Fehler) anzusehen. Diese Feststellung liegt auf der gleichen Linie, wie alle Erklärungen der festen Zeit, die abgegeben wurden, um die Meinung nicht Wurzel fassen zu lassen, daß sie Die liberale Partei Durch die Ereignisse seit dem 8. Juni zu einem Bruch mit ihrer früher eingenommenen Haltung genötigt gesehen habe. Man fest fich Hiebei darüber hinweg, daß er weder nac außen, noch nach innen hin gut tun kann, in sciessem Bestreben, das offenbar getragen ist von Bersönlichkeiten in der nächsten Umgebung Bintila Bratianus, allzumweit zu gehen. Die nichtliberale Breije gibt mit unverhüllter Freude die Betrachtungen der „Times“ wieder, in denen zu dem Manifesitprogramm der Liberalen Partei dahin­stel­­lung genommen wird, hab Printila Bratianu in seiner Haltung, namentlich an dem ausländischen Kapital gegenüber, wie das große englische Blatt übrigens auch von bevollmächtigter Seite erfahren haben will, sich nit geändert habe und nicht ändern erde. Diese englische Meinungsäußerung, die da in der doch billige­n­ersprechungen der befragten Mächte von den Dreierausschäijen „erledigt wird. Der tottrante Stresemann mußte di­es in der vorjährigen Bundes­­versammlung verjagen, den verlorenen Kampf noch eine­mal aufzunehmen, um seine legten Kräfte für den Haag aufzusparen. Doc bezeichnete er es als selbstverständ­­lich, daß sich die sechste, d. H. die politische Kommission der Bundesversammlung alljährlich mit der Minder­­heitenfrage und mit der Lösung der dem B­ölferbund hierin gestellten Aufgaben beschäftigen müsse. Diesem Vermächtnis de toten Stresemann hat die deutsche Delegation mit ihrem dankenswerten Vorstoß Nehnung getragen. Ihr diesbezüglier Antrag in der Vollversammlung ging ausnahmsweise glatt Dur). Die Gegner beschlossen den Stoß in der Kommission auf­­zufangen und für die Zukunft starre Barrikaden aufzur­ichten. Beinahe wäre der gleiche Fehler wie in Mad­­rid begangen worden, als man dort in Anwesenheit Stresemanns den Kampf begonnen und damit au­ ver­­lor. Während auf der gegnerischen Seite unter der pere­sanlichen Führung Briands sämtliche in Betracht fom­­menden Außenminister aufmarschierten — für eine Kom­­missionsfigung eine noch nie dage­wesene Sensation — begnügten ji die Deutschen einen Parlamentarischen Vertreter herauszustellen, der zwar al­sarmherziger Minderheitenfreund bekannt ist, aber weder über die internationale Autorität no­cher die genügende Ver­­trautheit mit dem gefährlichen Genfer Parkett verfügt. Hauptstadt vor dem Zusammentritt des liberalen Voll­­zugsausschusses bekannt wird, dürfte wenig geeignet sein, das Vertrauen innerhalb der Partei auf eine ihre günstige baldige Entwicklung der Lage zu ferti­­gen, wird indes jedenfalls denjenigen, Bintila Bra­­tianı fernerstehenden Elementen größeren Rackhalt ge­ben, die eine radikalere Abkehr von den bisher ver­­fochtenen Anschauungen für wünschenswert halten. € 3 ist. Hier in erster Reihe wieder an Argetinanu zu denken, der ji von der morgigen Sigung des Voll­­zugsaufschusses seiner Partei fernhält und die Zeit für fi arbeiten­ lassen will. Er geht damit einem offe­­nen Bruch aus dem Weg und sichert sie bei einer späteren Lösung des latenten Konfliktes den heute durch offenes Auftreten augenscheinlich noch gerügebeten Rückhalt an seiner Partei. In der morgen beginnenden Beratung des Voll­­zugsausschusses der Liberalen Partei fol! audy zur Frage des Wiedereinzuges der Liberalen Parlamentarier in Kammer und Senat Stel­lung genommen werden. &8 verlautet jebt, daß die Beantwortung D dieser Frage von der Hu­taussate­­bung der Parlamentseröffnung­ abhängig ges­macht werden wird. Wird das Parlament nicht zu dem in der Berfassung festgelegten Zeitpunkt eröff­­net, geben den Körperschaften den Parlamentsverhandlungen auch weiterhin fernbleiben und nur dann wieder ihren Einzug halten, wenn eine andere, wenn auch national­­zavonistische Parteiregierung etwa unter dem Vorfig Mironesceus Hoffnungen auf eine Heberprüfung der Gereggebung unter der Regierung Maniu erhweht. An die Möglichkeit einer Regierung Mironescu glaubt­ man jedoch auch in liberalen Kreisen nicht und lehnt ebenso auch die Möglichkeit einer Regierung J­urian ab. Maniu, so igisucht man, erwarte die N Rackkehr Meironescus aus Genf, um si über die Absichten Titulescens zu unterrichten, und gegebenenfalls einer Regierung unter dessen Borsig und nur einer solchen Bla zu machen. Auch dieser Regierung wäre jedoch nach liberaler Anschauung eine „Regierung der erprobten und befähigten Männer, die der einzige Schuß des Landes in allen schweren Zeiten waren, eine liberale Regierung also, weitaus vorzuziehen: Anfang und Ende der liberalen Betrachtungen über die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung der poli­­tischen Lage. Die Wirkung war verheerend, der Eindruck des unge­heuer starren Aufgebotes auf der Gegenseite nieder» schmetternd. Alarmrufe in der deutschen Bresse — ung besonders in der Deutschen Tageszeitung — riefen Dr. Kurtius auf den Plan, der hernach in allen weiteren Sigungen anwesend war und mit seinen trirklich treffe­n­en Ausführungen in der legten Hauptschlacht Das Schlimmsste verhütete: eine Entschließung, die Die Wiederaufnahme der Debatte in der Bundesversamms­­lung für absehbare Zeiten ausschließen sollte. Was beabsichtigte die Deutsche Delegation mit ihrem Borstoß? Dreierlei. Erstens: eine grundtägliche alljähre lie Erörterung des Minderheitenproblems, zmeds Vere besserung des Schlageverfahrens und zur Beseitigung seiner in der Praxis empfindlicsten Schwächen. Z­wei­­tens: einen — möglichst leisen — Hinweis auf Die ersten Erfahrungen mit der­ neuen Prozedur, die einer Enttäuschung gleichkommt. Drittens: allgemeine — mög: Kift zurückhaltende — Bemerkungen über den forma­­listischen und minderheitenunfreundlichen Geist, der bei ihrer Anwendung zum Ausbruch kommt. Die betrüblichen Worte Briands, die wur ihnaus benden Ausfälle des geradezu aus dem Häuschen gera­­tenen Serben Marintowitsch, der dabei wohl an Die der deutschen Minderheitenjournalistin Sio­de Neitter angetane Chmad­ dachte, die ungeschminzte Forderung des Griechen, die alte, von Chamberlain beseitigte Assi­milationstheorie Heren Mello Francos wieder aus al­­a Her liberale Vollzugsausschuß beschließt über das Nazifestprogramm Beginn der Beratungen am 1. Oktober — Kein Wiedereinzug der Liberalen in das Parlament (Eigener Telephonbericht.) Bukarest, 30. September so werden Die liberalen Mitglieder der gejeb-

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