Tagblatt, Januar 1924 (Jahrgang 2, nr. 1-26)

1924-01-01 / nr. 1

kés bb Be Gele 2. Dienstag, 8 1. Jänner 1924. Nr. ii Tagblatt Nätselhaftes Beii­huinchen eines Yedenburger Geschäftsmannes. . Infall oder Berbreihen ? Dedenburg, 31. Dezember. Der hixesige Geschäftsmann Siegsmund Krentsch,«der auf dem Alten Korn­­m­arkt«e­in Gesch«äft fürLSi«ch­ enbe«stat-«z tungssartikel bxes sitzt,ist s­ei­t dr­ei Tagen's spurlos v­ersch­wäxn»den.Es ist anzuneh­­­men, Daß er ein Opfer des am Freitag Kremsir [ie sich jedoch nicht, zurück­­halten. ‚Er schlok sich fünf Wandorfer Einwohnern an, die auf dem Heimwege waren. Sie gingen den Eisenbahndemim entlang. Beim Viadukt, wo die Sand­­straße in einen Neben­weg abzweigt, wel­­­­cher quer übe­rie elder nach undorf wütenden Schneesturmes geworden ist.­ Führt, trennten sich die Wandorfer von € 3 Tann aber auch fein, daß er einem Verbrechen zum Opfer fiel. Ueber sein rätselhaftes Berschwinden erfahren wir folgende Einzelheiten: Kremfir hatte verflossene Woche in Wien zu tun, von wo er Freitag nahmit­ mit welchem Kremfir. S Kremfir, der­ den Weg nach Oldenburg fortießte. Ob er in dem Türanerligen Schnee­­sturm, der in dieser Gegend besonders ein freies Feld hatte, die Stadt erreichte oder nicht, ist einstweilen nicht bekannt, tags nach Hause fuhr. Da befannt sich an da von ihm jede Spur fehlt, diesem Tage ein fürchterlicher Schnee­­­­sturm herrschte, trafen die Züge im jeder­ Station mit einer großen Beispätu­ng ein. Der Zug, reiste, hätte in den Mittagsstunden in Oedenburg eintreffen sollen, was jedoch infolge Schneeverdvehung der Geleise un­­möglich war. Der Zug traf erst bei Ein­­tritt der Dunkelheit in Ygendorf ein. Da Kremsk­ ein frommgläubiger Jude­n­, unterbrach er die Fahrt am Freitag­­abend in Igendorf. Seine­­ Reifereic­e übergab er dem MWeinhändler Ull­­mann, der die Reise mit der Bahn fort­­seßte, mit der Bitte, sie nach Hause zu bringen. Er selbst, erklärte er, werde zu Fuß den Heim­weg antreten, obwohl ihn­e Ullmann auf den Schneesturm und den dadurch gefahrvollen Weg aufmerksam machte. Auch der Stationschef von Agen­­dorf warnte ihn. Er forderte ihn sogar­ auf, in Agendorf zu übernachten und am anderen Tag nach Oedenburg zu gehen. E 3 kann angenommen werden, daß Kkremfk­ durch einen mächtigen Windstoß vom Bahndamm in den dort bis zwei Meter hohen Schnee geschleudert wurde, und eritiert ist, weshalb sich gestern vor­­mittags mehrere Arbeiter unter Führung des Schwagers des Vermißten, Neu­­feld, auf die Suche machten. Sie schaufelten mehrere Stellen aus, ohne ein Resultat zu erzielen. In den Nachmit­­tagsfremden begaben sich unter Führung des Juweliers Mer Schiff 25 jüngere Männer auf die Suche nach Kremsk­. Sie suchten mit Steden, Stangen und Schau­­feln eine Strecke von zwei Kilometern längs des Bahndammes zwischen dem Brauhaus und dem erwähnten Piaduft ab. Auch ihre Nachforschungen blieben erfolglos. « An einzelnen Streifen legt man die Befürchtung, daß Kremsir auf der Strafe das Opfer eines Verbrechens­­ wurde, ihr Stirn ur­ Wangen fürchet, 8:3 Haar bleichet, die Kraft verzehret! Noh[ tätige Jahre, die ihr die Tarbe­t­­ der Schränfet, die Lidenschaften angelt, an­­genehme Müdigkeit hervorrufet, die dem Einschlafen vorangeht! \ Doch halt, — wohin mit sen ph­leso­­phieren! Hier ist die Wir fiih fent, — am Blif in die Zukunft, oder sollte er tűn igen? Bas jo’e fenit das Bleigiegen am Silvesterabend bedeuten, wenn nicht Dem ersten Lxut­ des jurmaen, trend­fernen, neuen Jahres die Deutung folgt! Das gerüd­ge Metall nimm mellig alle Formen an, die ihm der Cup ins nasse Element, nach rrecht aber unsere Phantasie,­ unsere Einbildungskraft ver­­leiht: sein liebendes Herz bleibt d­ie Er­­hörung, sein habgieriges Gemü­t ohne goldenen Regen.­­ Da Teuer Des Kom­­menden aber­­chmilzt alte leere River nicht bald zusammen. Wie ein Stier auf das rote Tuch, rennt der Mensch auf Die Zukunft 108 und will sie paden, zermal­­men, tie ein Kätchen schleicht er herzu und möchte das Mänschen erbeten: me ein Nedhenfünftist naht er fi derüner her und bewernt schwarz auf mek, so muffe es sommer, und Die& oder nes dürfe nicht geschehen. Aber die Zukunft bleibt Zukunft, bis sie sich jeitzt das Grab gräbt und hinein finft, — mum nicht mehr Zukunft, sondern Berganagere bei­. Wir fine es, toeb­e die Arzre alt und neu wetten, von dem eins: auf­ Stehen wir von einer Tafel, an der wir uns satt gegessen haben, — dem ander hungrig, erwirk­ungsveil entgegsnachend. Das alte Zar it zus, Hir tot fir uns, — 28 lebe a3 arne Sahre! — aber Einer at Joh achlieden; er aeht mit uns aus dem­ alten und nene Nahr Gott der HERR! %or ihm find tausend Sahre wie ein Magenblitz; ned ist Die Hand Seiner Allmacht nicht an Furz ge­­worden, und darum wollen wir alle uns auch diesmal kräftig zitrefen: „Mit Soll ins neue Naher!” . Gilbertet — Neujahr! 1 Gedanken zum Jahreswechsel. Nach jenem großen P­apst, der dem­ franzen Kaiser Konstantin getauft hat, nennt alle Welt den Abend des Testen­ Tages des alten Jahres den „Silvester- Abend“. Jung und alt, Männlein und Weiblein erwartet allerlei Scherz; die ge­­jegten, alten Leute halten sich zu den leineren Gerichten und dem guten Trumt des festlichen Abends, gleichsam das Ab­­schiedsmahl des alten Jahres. Bipifchen­­ die Becher und Schüffeln, Toaste und Lieder gruppieren sich dann allerlei ernste und heitere Betrachtungen über Die schnelle Flucht der Zeit im allgemeinen und die Ereignisse des verfloffenen Jah­res im besonderen. Neugierige Men­­schenfinder, welche die Zeit nicht erwar­­ten können, gießen aus Blei die oft höchst fragwürdigen Ge­stalten erwünsch­­ter Dinge, wobei Liebe und­ Geld das Dörafel erklären. Endlich, nach allen Die­ fen mehr oder weniger wü­rdigen Vorbe­­reitungen, hebt die Uhr zum letten Male im alten Jahre zum Schlage aus, dumpf, fast unheimlich klingen zwölf Schläge; Mitternacht, die Grenze ist überschritten, das neue Jahr ist da! Bald läutet es von allen Türmen in die dunkle Winternacht hinein, und in die Festlichen Klänge mischt sich der Jubel von jung und alt: „Ein fröhliches, glücliches, ge­­segnetes, neues Jahr!” Ist’s nicht alle Jahre so getreten, so gerwünscht w­orden? Haben wir es jeßt? Ach nein, leider hängen noch schwere Wetterwaffen tief herab über Land und Bolt, — wird der Neunjahrstag 1924 einen Lichtblie brin­­gen? — — anderem Stoffe , Neujahrsmorgen! Bald kommt ein Anfrum von Gratulanten. Allen voran die Briefträger und bringen für — achj! — Tredt „teures" Porto glücklichen Empfängern in Karten- und Briefform die „aufrichtigsten, innigsten, herzlichsten, treuesten und sonstigen Glühwünsche” ins Haus. Aber was hat si so plößlich über Nacht geändert? Ist das neue Sahr aus Alle Ordnung der Natur, alle Grundlagen unserer Existenz sind dieselben geblieben. Und doch können wird es nicht unterlassen, dem Wechsel z­­eier Jahre einen soleinen Ausdruck zu geben, denn wir wissen, daß ein Jahr einen be­­deutsamen Aischnitt der Zeit bildet, die uns zum Leben gegönnt ist, und da wir, unsere Freuden und Schmerzen, Gewinne und Beriuhte nach Monaten und Jahren zählen. Jedes Jahr ist gleich lang, es mißt seine wohlgezählten 365, 1924 sogar 366 Tage, und doch: wie lang erscheint dasselbe Jahr dem dem einen tie furz dem andern! Wie lang Kinde, und dem­ jeder Tag die Seele nit neuen, erstaunlichen Eindrücken füllt, — Naörut berhaier,­ die Tochter­ des Ministers, Roman von Ernst Georgy, (8. Rechießung.) und ritterlic­hften Verzeihen, das vermochte sie vielleicht; aber­ vergessen nie! Niemals würde sie ihm wieder wie vorher gegenübertreten können! Die angeborene und anerzogene Ehrfurcht vor ihm, in dem sie bisher den mitkeriosten Beamten Menschen gesehen, war erschüttert wor­den. Und mit Diesen Zusammensturz erwachte die Kritik an ihm, an der Yku­t­­ter, wie noch nie zuvor. Während sie den Anblick des von Sähzorn und Wut ent­­stellten Antlißes nicht [08 wurde, immer vor sich sah, wie er mit erhobener Hand auf sie stürzte, erbitterte sich ihr Gemüt, verhärtete sich ihr Herz. Ganz plötlich kamen ihre die Ver­­gleiche mit ihren Zeben, ihrer Erziehung und dem Dasein so vieler ihrer Freun­­dinnen und Bekannten. Sie alle hatten eine gründliche Berufsausbildung get­rorfen, waren neuzeitlich erzogen worden und standen entweder in einem Berufe, der sie unabhängig machte, oder sie ar­beiteten auf sozialem Gebiet in Nohl-­fahrtsvereinen. Und die, Die über nicht, schon verheiratet waren, betonten immer wieder, wie wertvoll ihre früheren Er­ben Liebenden, die sie nach Vereinigung sehnen, — dem Strebsamen, der in Ge­­schäft oder Amt höher hinauf will, — dem Kranken, dem seine Schmerzen den Unterschied zwischen Ta­g,und Nacht ver­­wischen, — dem Gefangenen, der nachts­­ mißmutig an der Kette zerrt! Wie kurz dagegen dem Greis, der dem Psalmen­­dichter es nachempfindet: „Es it, als flögen wir davon,” — dem im gewohnten Einerlei Dahinlebenden, dem raft vier­ Arbeiter, dem frohen, gefunden­, in be­­glühender Gemeinschaft beharrlich und friedlich dahinlebenden Mensch:­­ Hat sich auch nichts geandert an Son­­ne, Mond und Sternen, n­ Ht8 an unse­­rem Erdball, nichts am Kreislauf der Jahreszeiten, nichts an dem Weihjs­ von Entstehen und Vergeben, so richtet doch kein einziges Jahr nicht selten tiefe und "folgenschivere Veränderungen im inferen "persönlichen Verhältnissen, noch mehr Jahrungen, ihre Freiheit Für ihre Ente­r­wicklung gewesen waren. Wie anderso dagegen lebte Tre! Wie oft war sie sich wie ein nußloses Lurus­­­­geschöpf neben den anderen erschienen; ; aber alle Bedenken­ waren immer wieder ‚eritiert oder vom Schlendrian des Al­­tags, von den zahlreichen geselligen , Pfligsten übermwird­ert Aberden. Ihre Schwester Susanna hatte zwar mit großem Drängen erreicht, daß sie ihr Maltalent pflegen durfte. Der Vater hatte mit überlegenem Lächeln gestattet, daß fir diese „ja ganz liebenswü­rdige Spielerei“ Geld ausgegeben wurde. Alle anderen Verfliche, für sich selbst irgend­­welche Berufsmöglichkeiten zu erwägen, waren Fühl abgelehnt worden.­­ Der Präsident war ein ausge­sproche­­ner Gegner der Frauenbewegung, die er mit dem kurzen Worte „Unfug“ bezeich­­nete: „So lange ich lebe, haben meine Töchter in meinem Haufe Plab. Und sollten sie sich nicht verheiraten und ich nicht mehr sein, dann habe ich durch Ver­­sicherungen und Einlaufen in ein Guift für ihre Zukunft, wie es meine Pflicht is, gesorgt."­­ Damit w­ies er jede Ermahnung zu­­r­ü­ck.Die E­r­wägung,daß die Mutter niohhtrüstig und in der ei­sernen Häusl siM­keit für eine Hilfstätigkeit der Töchter sein Raum sei, beantwortete er lächelnd, aber in der Allgemeinheit, im Staats­­und Bollsieben an. Die am, vorigen Eilvetterabend noch in treufischer Tafel runde froh dajanunen waren, befinaen vielleicht heute eine schmerzlich em­pfun­­dene güde in ihren­ reife: Die damals Verbundenen sind heute getrennt. Die obenauf waren in Befich und Ansehen, verlieren sich, veracnt uns verachtet, in bescheidenes, mitleidiger Dunkel. ADe­ren hat das verflossene Jahr Besseres ge­­reiht. Und selbst öterenk­en, bei Denen alles beim Allten blieb, Firmen im ae will er Wirfungen der Bet ud Der­ gänz­­lich umgestellten Be­hältnisse nicht er­­wehren; auch sie sind ein Fahr älter ge­­worden, älter und stärfer Die einen, älter und Schwädger die anderen; ermi­nichten Zielen näher sekommen die eb­en, umnlıeh- Samen, schwer’n Entscheidungen Die ans deren, wir. alle aber even Tanzen Chritt weiter zum Hrabe. Granfure Nabre. de „So bin fein Verächter weiblicher Hand­­arbeiten. Meine Mädchen fünnen Kla­­vier spielen, Vorträge besuchen, gute Büs- Her lesen. Sie können­ sich ihre Kleidung selpst nähen. Meine Stellung legt ihnen auch gesellschaftliche Verpflichtungen auf. Kurz, ihre Tage sind reichlich ausgefüllt. Sie brauchen weder müßig umherzufißen noch sich zu langweilen!“ Damit war dieser Gesprächsstoff ein für allemal erledigt. Gertruds Augen hingen an dem dort rücenden Uhrzeiger. Kam er oder tam er nicht? Was machte sie, wenn der Ba­ter nicht zu ihr tam, wenn er sogar Die­sen Schmachvollen Schlag für berechtigt hielt? Ihre Hände ballten sich zu Fänften. Ihr um­stampfte in Empörung den Boden. Ein war ihr rar. Im Hause bleiben, ihm gegenübertreten, das herr mochte sie nicht mehr! Aber was nun? Wohin gehen? hatte sein eigenes Vermögen. Sie konnte nichts — nichts! Schneiderei hatte sie gelernt. Eine außerordentlich aefschulte Hand hatte ihr die Natur verliehen. Sie konnte frisieren, Hüte garnieren, kunst­­volle Handarbeiten machen, eine Woh­­nung behaglich ausstatten. Das war alles! Aber konnte man davon leben? Sollte sie, die älteste Tochter von Etzel- Sie­len, Meinhard, aus der uralten märki­­schen Patrizierfamilie, und der Gräfin M­ertenau, vielleicht als Hausschneiderin ihren Unterhalt verdienen? Q Tränen schofsen in ihre Augen. . Die reizgende Bronzeuhr schlug Die volle Stunde. Die Zeit war abgelaufen. Die Mutter hatte ihn nicht umzustimmen vermocht. Die Schmach des empfangenen Barren­­streiches blieb auf ihr haften. In einem plößlichen Entschluffe eilte das junge Mädchen an ihren Schreibtisch und entnahm ihm ihr bares Geld und das Spartassenbuch über einige hundert Mark, die sie von Geburts- und Weih­­nachtsgescheifen der Paten im Laufe der Zeit zurücgelegt hatte. Dann machte sie sie zum Ausgang fertig. Al Gertrud vor dem Spiegel den Hut auffeßte, erschlaf sie. War Dieses starre, Freigeweige Antlit­z mit, den glü­­henden Mugen und dem scharfumriffenen roten Sief­­ auf der Wange wirklich sie selbst? Hastig band sie einen Schleier um, 309 den Mantel an, ergriff Schirm Wohnung durch den hinteren Ausgang­ und Handschuhe und verließ Die elterliche Auf der Kirchentreppe kam ihr erst Der Gedanke, daß nur ein Mensch ihr vater und helfen könne, ihre Freundin Doro­­thea Neumann. . (Fortse­tzung fixit­) , bon alledem, wie das. alte? Nichts unsere, N­eujahrsmarkt im Delikatessengeschäf­ t Weiss Gustav Adolf, Grabenrunde Nr. 123. , « ne, a ARTS ERS ee u e ae Vom Jahre 1924. Das Jahr 1924 ist ein Schaltjahr, denn der Februar hat 29 Tage. Fastnacht und Wicher­­mittwoch fallen diesmal in den Monat März (4., beziehungsweise 5.). Dörtern haben wir am 20. April, Himmelfahrt am 29. Mai, Pfingsten am 8. Juni. Bauernregeln bont Sänner. Wenn im Jänner der Winter nicht kommt, kommt er im März oder April. — Wenn Gras wählt im Sammar, wäh­lt es sichlecht das ganze Sabre. — Jänner muß m­achen, sol die Ernte gut faden. — Jänner warm, daß Gott erbannt. — Im Jänner legen und wenig Schnee, tut Saaten, Wiesen und Bäumen weh. — Jänner Schnee zu Haus, Bauer halt von Sad auf. — Sännernebel bringt Märzenschnee.° — Flüffe flein, guter Wein. — Tanzen im Sänner die Maden, muß der Bauer nach dem Futter guf­­fen. — Sännernebel bringt bei Ostwind Tau, der Weitwind treibt ihn aus der Au. s — 7 éz ae WE

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