Tagblatt, Januar 1930 (Jahrgang 8, nr. 1-15)

1930-01-01 / nr. 1

«.W-« ? EN u HN Fam Seite 2. Mittwoch Tagblatt einfach gelöst. Wer das Geld Hat, Hat auch das Glüd. Als­­ ich noch ein armer, Dorfjunge war, der m’i­t aufgerissenen Augen in die Welt h­inaustst und das bunte Treiben derselben auf sich, sinwirten Tieh, da glaubte ich auch, was das Glüd in den schönen Häusern der reichen Leute seinen Wohnsig habe, in Deren prächtige Gärten ich nur beim Gitter Knie hauen durfte. Später erfuhr ich, daß ich mich geirrt hatte. Leid und Schmerz gibt es auch bei den Reihen und scmerzverzerrte Gesichter und qualerpreßtes AH und Weh. Sommelvolle Friedlosigkeit und trostlose Verzweiflung sind­ auf bei­ ihnen nicht seltene Gäste. Und in manchem ohmjelii­gen Hause, wo der einzige Reichtum in der großen Kinderschar besteht, wohnt eine solche Fülle von Glüd, da es einem aus allen Augen entgegenfauchet. An­­derswo freilich ist wieder die Armut Die Brutstätte von Sammer und Unglüd. Stellen wir also jet, daß das Glüdk weder an den Reichtum noch an die Ar­­mut gebunden ist. Und sehen wir im Wege der Induktion die Untersuchung über das Mieren des Glüces fort, so kom­­men wir bald zu dem Resultat, daß dieses ich zu Macht und Ruhm einerseits, zu weltferner Bescheidenheit amndererseits ganz gleichermaßen verhält, wie zu Reich­tum und Armut. In den König des M­aldes, den Eichenbaum, fährt ein Ei und im Augenblick ist der stolzge Saum dahin, und das Beilchen am Waldesrand zertritt der fühllose Huf eines Rindes. Vielleicht ist aber die Wissenschaft der Born, aus dem das Glüd quillt, wie das lebensspendende Naß aus der Quelle im M­üttenland an der Dase? Gemwiß ist die Bereicherung des Interlektes durch Errin­­die unges­trübteste Quelle der Freude, der unbes dingt sichere Meg zum Glüd ist aber auf­ das Willen nit. Der Quell der Erkennt­­nis ft­llt den Durst nicht, sondern mat ihn nur immer größer und oft flingt das Berragen des forschenden menschlichen Geistes in ein hoffnungsloses ignoramus (wir wissen es nit) aus. So finden wir also das Glück, das wir einander wünschen, wo ist seine Deiz mat? Ich wei die Antwort, ich will sie verraten. Nicht aus Büchern Hude ict sie erlesen, aus alten, verstaubten Folianten, sondern, lang ist es her, daß meine Mut­­ter selig mir das M­ätsel löste. Und was sie mir sagte, das ist mir seither auf Der Wanderung dur das Leben zum Erleb­­nis geworden. Das Glüc­kt nichts Aeußerliches, etwas Innerliches ist es im Herzen des Menschen. Und es gedeiht in ihn finden wir die innere Harmonie un­­serer Seele. . Die gotterfüllte Seele findet die Lösung für alle Fragen. Je inniger sich das Verhältnis des Menschem zu sei­­nem Gott gestaltet, desto lichter wird es in seiner Seele. Alle­­ dristen. Schatten der Nacht müssen weihen. Wir­ erfassen alle Geschehnisse und Fragen der Gegen­­wart unter dem Gesichtspunkte der Ewig­­keit. Im Geiste Gottes sehen wir in al­len Menschen unsere Brüder, Liebevoll reihen wir allen Menschen ohne Unter­­schied Die Hände. Wir erfassen die Tiefe der Worte, die Gott­ uns zuruft: „Suchet vor allem das Reich Gottes und seine Ge­rechtigkeit und alles übrige wird euch hinzugegeben werden.“ Das größte Pro­­blem des Menschen ist gewiß das Glücks­­problem. Gott ist die Lösung, ein Leben in wahrer Gottes: und Menschenliebe. Das ist das Glüd. Erfassen wir es im neuen Jahre­­­­gen immer neuer Erkenntnisse unwissender 1. Januar 1930. Nr. 1: Liebhabervorstellungen in Agendorf. Der Agendorfer M.-G.­B. „Lieder­­strauß“ veranstaltete ab 15. Dezember einigemale im Gemeindegasthaus reale Dilettantenvorstellungen, welche vorzüg­­lich gelangen. Zur Aufführung gelangte die an Situationsfomit sowie an überaus lustigen Einfällen, Dialogen und netten Schlagern reiche Operette in drei Akten von 3. He mit dem Titel! , Tobias Knorke“ Gämtliche Darsteller, deren Spiel hoch über dem Niveau des Dilet­­tantismus stand, leisteten durch ihr vor­­züglich einstudiertes, gemütvolles Spiel wirklich Erstklass­iges. Es gelang ihnen, die große Schar der Zuhörer durch ihr leb­­haftes, schneidiges Spiel derart zu fesseln, daß diese mit atemloser Spannung lausig­­ten. GStürmischer Applaus ward den Darstellern als Belohnung zuteil. Ganz besonders hervorzuheben ist Michael Bratscher, welcher in der Titelrolle als Tobias Knorre eine wahre Kabinett­­figur bot. Seine Barb­erin GSulanne MWHdL, als Ehegesponsin, charakterisierte­­ vorzüglich­ die Rolle einer auf ihr eigenes sowie für das zukünftige Ehegrüd :Drei Kinder besorgte Gemahlin und Mutter. Marie Strammer, als ihre Tochter, eroberte dur ihre anmutige Erscheinung sowie durch ihr Flottes, natürliches Spiel, dann mit dem feichen „Betty M Walzer“ die Herzen. Vorzügli war in der Rolle ihre Bruders Rolf Baul Steiner jun., der durch die feine Komik und Humor seines Spieles viel Heiterkeit erweckte und auch mit seinem Tanz und Sesang Beifall erntete. Eine ihm ebenbürtige durchdachten Spiel allgemeinen Be­fall. Sehr gut war auch Leopold Lostorfer (Karl Lamm). Sein gemütvolles Spiel raßte vorzüglich­ in den Rahmen des Gan­­zen. Meuß erst gelungen spielte Johann Hauer jun. die Rolle des Fojef Lamm. Sein ulfige d rolliges Spiel löste wahre Lachsalven beim Publikum aus. Während den Pausen brachte Kraus­lein Grete Lufjander einige Tihöne Lieder zum Vertrag, wozu die Begleit­­ung am Klavier Srl. Irma Shrems besorgte. Der kunstvolle Gesang wurde mit wohlverdientem Applaus belohnt. Die in der Operette vorkommenden Gesangsnummern begleitete am Klavier St. Grete Lufjander in Triebens­­würdiger Weise. Gouffleur war vitez Hajna. Die Einstudierung der Operette und der Gesänge sowie die Spielleitung lag in den Händen des Lehrers und Chormeis­ters unter Alexander Kellay. Die Borz­stellungen wurden mit einer Aufführung am ersten Weihnachtstag abgeschlossen. Die Vorstellung wurde auch von Shef Horn und Gemahlin, Shhuli­esftor­i B. 3. Bogner u. a. m. aus Brennberg besucht. Die besten Glückwünsche ERNEST TSF neuen Jahr entbietet seinen sehr geschätzten Kunden Filo Frigyes Herren- und Damenmode-, Kurz-, Wirk- und Leinenwarengeschäft Sopron, Brabhenrunde 123, Tel. 10 ee er nic Radio- Programm.­­ j Nabio-Programm. Dienstag, den 31. Dezember. Wien. 11: Vormittagsmufik. —15.30: Kinderstunde. Bastelkurs. — 16: Nachhmit­ Edmund Eysler. Anschliegend: Musikali­­scher Humor. — 22: G Silvesterrevue. — 24: Hebertragung des Schlages einer Turms­uhr. Anschliegend: Volkstümliches Konzert. Budapest. 915: Militärkonzert. — 12.05: Konzert.— 13. 31. W. — 14.30: Nagr. — 15: Marktpreise, Kursnotierung­gen. — 16: Luije Lankovich-Vecsey aus eigenen Novellen. — 16.45: Zt. W. Nadr. — 17.10: Graf Johann Zichy: Der 1ngye­rische Schulsanatoriumverein. . WagnerOrchesterkonzert—18.1­0.Vek­­tor LadiglauS Navaß:Silvestergedanken. — 19.25: Einführung in die Oper des Abends. — 19.30: Uebertr. aus d Kön. Opernhaus: „Die Fledermaus“, Operette in drei Akten von Johann Strauß. 5184 auf Silvesterabend im Studio. M­ittmod, 1. Januer 1930. Mien. 10.20: Chorvorträge der M Wie­­ner Sängerm­aben. — 11: Bolkstüm­sches­ Konzert des Orchessters I. W. Gnnglber­­ger. — 15.30: „Die Zwölf mit der Bolt." — 16.30: Webertragung aus Dem­ Großen Musikvereinssaal: P­opuläres Orkhester­­konzert des Vereins Wiener Tonfünstler- Konzerte. „Johann — Josef — Eduard Strauß.“ — 18.40: Oesterreich und seine Landschaft. Gesprochen von Anton M­ild­­gans. — 19.25: 31. und Sportbericht. — 19.30: Webertragung aus dem Großen K­onzerthaussaal: Arbeiterssymphonistone zert. Anschließend: Abendkonzert. Budapest. 9: Ref. Gottesdienst.­­— 11.55: Evang. Gottesdienst. — 12.15: 31. W. Hierauf: Konzert des Opernorchesters,. — 15.30: K­inderstunde. — 16.15: 1. Aderbauminis­­­ter Johann Mayer: Zwei Jahre Radios aktion des Oderbauministeriums, 2. Dr. Franz Czvettovits: NRechenschafis­­über die landwirtscaftlichen Ra­­diovorträge. Hierauf Zt. W. 17.10: Johann Komáromi aus eigenen Novellen. — 17.50: Militärkonzert. — 18.56: Spotz­­resultate. — 19: „A vén bafancsos és fia a hukar“, BVch­sstüd mit Gesang in drei Akten von Josef Szigeti. — 21.40: Kla­­vierkonzert Bela Bartós. — 22.45: Zi. W Hierauf: Zigeunerkapelle. Donnerstag, 2. Januar 1930. Mien. 11 und 15.30: Konzert. 17.30: Bergessene Opern von G. Verdi. — 18: Tiere im Winter. — 18.30: Die Er­­zeugnisse der Eigenwirtschaft als Mutter­­mittel. — 19: Aus der Geschichte des Tan­­zes. — 19.30: Englischer Sprachfurs. 19.55 31. W.. 20: Chorvorträge der Neuen Wiener Madrigal-Bereinigung. — 21: Liederstunde. Kammersänger Alerans der Krajeff (kön. Oper Sofia). — 21.30: 10: Kath. Gottesdienst. T bericht demselben nur dann, wenn Gott im Heim| Partnerin war Elisabeth Strarmer;ftagsfongert. — 18.30: Biolincello vor: | Volkstümliches Konzert. zen des Menschen wohnt, temperamentvoll und sehr spielfreudig. träge. Raphael Lanes. — 19.10: G Silve- Budapest. 9.15, 12.05: Konzert. — Gott allein ist die Quelle des Glackes | Gottlieb Steiner, als Regierungstat­­ ftervortrag. — 19.55: 31. 98. — 20.13: 31. 98. — 14.30: Nachr. — 15: Markt­­für den Menschen. In ihm und durch kalias Bücherrevisor, fand mit seinem wohl­ F, Vera Violetta.“ Operette. Mufik von | preise, Kursnotierungen. — 16: Freie Aufsehen erregen die Neuheiten in Abendtoiletten, in Moi­e, Seide und Das ist keine Reklame ! Satin etc. in der Modehalle Schiller Jolan 1 Damast-Tischtuch . .. . . . P 3.80 Kaffee-Garnitur für 6 Personen . P 6.— 1 Leintuch, Leinen... . .­­ . P 2.20 Die Preise sprechen! Einige aus der Weihnachts-Okkasion des „Divatesamnok“ herausgegriffene Preise, welche beweisen, dass jedem die Möglichkeit geboten ist jetzt zu kaufen. WäS6Ha8lde: .. 35: 2 lg ÉRT TÁSA P 2.— LE, SZ 2: Wer ne P 1.20 Tennis, Flanell, Pyjama... . . P—.88- Sopron, Grabenrunde Nr. 43. 11r1 die aus der Mühle. Noman von Anny Wothe. (22. Portiegung. ) Reinhard starrte sie sprachlos an. Was wagte dieses Mädchen? Dann aber kam etwas wie Erlösung über ihn. Gott sei Dant, sie war vernünftiger, als er ge­­glaubt, obwohl sie seiner männlichen Eitelkeit einen Schlag ins Gesicht verjeßt. „So wären wir ja miteinander fer­­­tig,“ sagte er verbindlich, so ungefähr wie man einen Kaufvertrag abschließt. „so freue mich, daß du seine romantischen Ideen von Liebesglück und Maienglanz hast, die ich dir doch rauben müßte. Dess­­en Standpunkt fenne ich, du den meis­ten. Ich bin überzeugt, daß du Feine Deiner Pflichten, als meine Gattin nach außen hin, vernachlässigen wirst, und ich würde mich freuen, wenn du mich nicht nur als den Herrn des Hauses, dessen Repräsentantin du sein wirst, sondern auch als deinen besten, treuesten Freund zu betrachten vermöchtest. Willst du es?“ „So will,“ gab sie zurück und legte ihre Fingerfeigen flüchtig in die darge­­botene Hand. Dieses Mal fiel es ihm gar nicht ein, sie an seine Lippen zu zies ben, er sagte nur wie erleichtert: „Ich Freue mich, Susanna, das du so vernünftig bit, und ich hoffe, wir wer­­den gut zusammen auskommen, wenn feiner mehr von dem anderen verlangt, als er eben geben karnn. Gute Nacht, Herr Kamerad, gute Nacht.“ „Gute Nacht,“ sagte Suse, aber er hörte es nicht mehr, so eilig hatte er die Stube verlassen. Suse hätte auf ihreien fünnen in nar­menloser Qual. Welch kalter, Herzloser Egoist war ihr V­erlobter! Aber Hatte sie denn ein Recht, etwas anderes zu verlan­­gen, als er ihr bieten konnte? Mußte sie ihm nicht dankbar sein für seine Ehrlich­­keit? Und dann — Hatte sie nicht mit gleicher Münze gezahlt? Konnte sie mehr beanspruchen, als Reinhard ihr bot, oder wollte sie es? Nein, nein! Liebesglas und Maien­­glanz waren für sie dahin. Gestorben in einer einzigen Minute für immer und alle Zeit. Nie wieder brauchte sie Liebesworte und Liebesschwüre zu hören — sie war als Reinhards Meile dagegen gefeit für alle Zeit. Eine tiefe, traumhafte Ruhe überfam sie — Gute wußte nicht, wie lange sie so Die, alte­­­­r träumend am Fenster gelehnt. Eine Stunde von Rodendorf entfernt liegt mitten in der märkischen Heide der stattliche Herrenji der Familie von Sanz­den, Rittergut Medwig. Es ist ein ur­ altes, efeuumsponnenes Gebäude, das mit seinen hohen Türmen wie ein Stüd­vergangenheit verborgen mitten in der Heide ruht. Tannen und Fichten um­tauchen das schlagähnliche Wohnhaus, gerade so wie die Mühle von Rodendorf, und Speiderosengebüsch wuchert üppig ringsumher. Der alte Major von Ganz­den, der Beliter dieses Waldidylls, ist seit Jahren Witwer. Er hat wenig oder nichts mit seiner Schwester, der Baronin von Degenhof, gemein. Er ist einfach, ehrlich und offen. Sein größter Stolz ist sein uraltes, unbeflecktes M Wappenschild. Nie hat ein Tröpfchen bürgerlichen Blutes sich mit dem der Sandens vermischt, und nie] . Kite fand sie später am Boden fnieend, I hat ein Schatten auf dem Namen der das jühße, von blonden Loden umstrahlte Haupt gegen die Fensterbanf gelehnt, Schlafend, Tränen hingen wie glänzende Tautropfen an den Wimpern. _ Die Doriglode schlug Mitternacht, und süßer, stiller Frieden umspann die Mühle wie mit Zauberfäden. So endigte Gutes V­erlobungstag. Sandens geruht bis — — — der Major sprach nie davon — wehe demjenigen, der es wagte, einen Namen in der Familie auszusprechen, der nicht genannt werden durfte, auf den Namen des ältesten Sohnes Horit, des Majoratserben von Modwis. Horit, der jet im Anfang der dreißiger Jahre stehen mochte, war entgegen seinem um zehn Jahre jüngeren Bruder Lothar eine ernste, schwärmerisch veranlagte Na­­tur, der den bunten Rad der Gardeoffi­­ziere nur gezwungen trug. Er neigte viel­­mehr zur Wissenschaft und zu schönen Kon­­ten; aber alle seine Vorstellungen, ihn nicht Offizier werden zu lassen, hatte der Major schroff abgewiesen mit den Wor­­ten: „Ein Ganden wird stets Goldat!“ So war er es denn auch geworden, und ein guter und tüchtiger, wie selbst der Alte zugestehen mußte. Vielleicht wäre al alles gut gegangen, wenn nicht ein ande­­res Ereignis bestimmend in Horsts Leben eingegriffen hätte. Er verlobte sich nach dem Willen seines Vaters, kaum fünfunde zwanzig Jahre alt, mit einer Kausine, die, da sie elternlos, seit Jahren in Medwig lebte. Er war wenig daheim gewesen und fannte die ihm bestimmte Braut kaum, es lag ihm auch wenig daran, sie rennen zw TEKÉSB

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