Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1843 (Jahrgang 4, nr. 2-100)

1843-05-05 / nr. 36

150 für die heiligsten Zwece des Staates gelangen. — Die Schule gehört dem Staate, der Staat hat daher die Pflicht, eben­so für die Schule, wie für die Gerechtigkeitspflege , für die Handhabung der Polizei und für das stehende Heer zu sorgen ; folglich hat er auch das Recht, die Staatsbürger für den unendlich wichtigen Zweck der Bildung und des Unterrichts des heranwachsenden Geschlechts zu besteuern.“ Aber wie ganz das Gegentheil von den hier von dem berühmten Staatsrechtslehrer aufger­stellten Forderungen ist die Stellung des Dorfsschul­­lehrers in der bürgerlichen Gesellschaft , die Besol­­dung und Achtung, welche er bei uns genießt, selbst in der sächsischen Nation , wo er doch jedenfalls in jeder Beziehung am erträglichsten steht. — Zwar ist die Art der Anstellung und Besoldung und Ver­handlung des Schullehrers auch da nicht überall gleich , aber mehr oder weniger auffallend finden sich die gleichen Mängel und Unvollk­ommenheiten durch­­gängig. — Der eine Anstellung in der Volkss<ule suchende Jüngling — sei er auch mit den besten Zeugnissen über die absolvirten Studien und die bestandenen Prüfungen versehen, muß von Gemeinde zu Gemeinde wandern, muß bei den Gemeinde­­mitgliedern oder wenigstens der Communität alle Kunstgriffe der Ambition anwenden, um endlich einen solchen Schuldienst zu erhalten. Stimmt nun gar bei mehren Competenzen die Gunst der Stimm­­führer der Gemeinde mit dem Urtheil des Pfarrers nicht überein so wirkt das Verhältniß noch nach­­theiliger. Hat der­ Candidat endlich einen Schul­­dienst erhalten, so wird seine Stellung erst recht präpar. Das nöthige Holz wird ihm von den Kin­­dern bei den einzelnen Schulbesuchen in einzelnen Stücken zugetragen . In dem Verhältniß, wie die Schulversäumnisse steigen, sinkt das Holzeinkommen, in den Ferien und den Sommermonaten muß er sich selbst dafür sorgen , falls er nicht bei dem Dorfs­­hannen in besondrer Gnade steht, oder dieser viel­­leicht , selbst ungebildet , aller Schulbildung abhold ist. — Der Schullohn besteht regelmäßig in Na­­turalien und ist bei dem geringen Preis derselben äußerst gering ; auch diesen muß er sich selbst ein­­heben ; mit dem Sad auf der Schulter wandert er oder schilt seinen Schulgehülfen von Haus zu Haus durch die Gemeinde. Wie manche Demüthigung von den rohern Mitgliedern , deren es in jeder Ge­­meinde gibt, er sich da bei dieser Einhebung des sauerverdienten Lohnes mitunter gefallen lassen muß, und oft in Gegenwart der Kinder, seiner Zöglinge, läßt sich denken. Und wie sind mitunter die Früchte, welche er bei diesem Umgange als Jahreslohn em­­pfängt! Ein verdienter Cameralbe­amter , welchem sein Amt Gelegenheit gibt auf mehren Dörfern die Keller und Böden der Landleute zu besuchen , er­­zählte unlängst bezüglich hieher: Daß er häufig an solchen Orten­ nebenstehende Gefäße mit einem Ges­misch­ von Untersieb und Korn gefunden, und auf die Frage , wozu solches­­ die Antwort erhalten habe: für die Viehhirten und­­ die Scholaren. Das solches übrigens aum? in andern Ländern auf ähn­­liche Weise geschieht, wo die Besoldung des Schul­­lehrers lediglich der Gemeinde überlassen ist, hat auch der vielerfahrte und um Menschenbildung viel­­verdiente von Wessenberg erkannt und in seiner „Ele­­mentarbildung 2c.“ Seite 119 ausgesprochen : „Die Erfahrung lehrt, daß der Bauer wo im Ganzen seine Abgabe unsieber bezahlt, als die namentlich für Schulzwecke bestimmt ist.“ =­ Man wende nicht ein, der Schullehrer klage durch den Pfarrer bei der bes­treffenden Behörde, so ihm Unrecht geschieht. Wer wird immer klagen, besonders wenn er mehrmals erfolglos geklagt hat! — Und in welcher Gemeinde wird er später einen Schuldienst erhalten, wenn solche Klagen ruchbar werden ?! — Und was wird endlich auch aus dem verdientesten Dorfschullehrer, wenn er"alt und schwach­ geworden ist?! Die Erfahrung solcher Mißstände und die Ue­­berzeugung von der nothwendigen Besserstellung der Sch­ullehrer im Interesse des allgemeinen Staats­­wohles mag wohl die nächste Veranlassung gewesen sein , daß in den meisten civilisirten Ländern theils die Regierung unmittelbar, theils durch die Land­­stände ihre edle Vorsorge dem so hochwichtigen Stande der Volksschullehrer zugewandt hat. Nur durch eine bessre Besoldung und ehrenvollere Stel­­lung dieses Standes in der bürgerlichen Gesellschaft kann der Vortheil erzielt werden, daß auch aus bessern Familien bessre erzogene und talentvollere In­­dividuen diesem Stande sich widmen, und im Schul­­dienste selbst durch Lesevereine, Schulzeitungen u dgl. mit dem Zeitgeiste vorschreiten und, das Zweimäßige aus diesem Selbststudium auf ihre Schüler über­­tragen. Während, wie die Sachen fest stehen, bald nicht leicht jemand , so lange er nur irgend in einem andern Stande ein erträgliches Fort­­kommen zu finden hoffen darf, sich dem Schul­­meisterstande zuwendet, und wenn er sich im

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