Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1845 (Jahrgang 6, nr. 6-103)

1845-04-08 / nr. 28

134 entgegenstellen, und „thatsächlich den Beweis liefern, daß es uns eben so sehr, als ihnen daran gelegen sei, unsere eigene und die “Wohlfahrt des" ganzen Lande "zu fördern. Vielleicht, daß dann manchem,­­ denkenden, Gegner, des, Zunftwesens die Waffe entsinkt, und die Institutionen desselben, dem ganzen Lande erhalten werden, gewiß aber können wir auf diesem Wege allein ein Institut, welches so tief in unser nationales Dasein verwebt ist, auf seine uns selbst und dem Vaterlande ersprießliche Weise sichern. Wer soll nun aber den erbitterten Streit entschei­­den? denn daß die Acten zum Spruche reif sind, und die Fällung desselben füglich“ nicht“ länger“"hinausgescho­­ben werden kann, das: liegt. wohl. am­­ Tage.­­ Wer an­­ders, als­ dieselbe „Körperschaft, in deren, Hände unsere Verfassung die Leitung und Regelung der­ innern Ange­­legenheiten, der sächsischen Nation niedergelegt hat, denn ein selbstständiges, nach Inhalt“ und­ Fortdauer „von der Gesetzgebung unabhängiges , Recht haben „die Zünfte, so wenig im­­ Sachsenlande, als­ anderwärts jemals, gehabt. Sie sind Körperschaften im Staate, „welche gleich allen andern Corporationen ihre Verfassung nur durch unmit­­telbare Verleihung oder­ bekräftigende Anerkennung von jenem“ besaßen, und die Rücksicht auf das Gemeinwohl ist überall die höhere Norm gewesen, welche die Geseßge­­bung dabei geleitet, und zu einer zeitweisen, erweiternden oder beschränkenden Umänderung bewogen hat... Aus diesem­ Grunde wird denn auch „nicht­ nur in der Theorie der Wissenschaft, sondern­ auch in der Praxis der gebil­­detesten Staaten die Frage über den Fortbestand, oder die Aufhebung ‘der Zünfte nicht­, als eine Frage, bei der von Lösung die Gefeggebung durch die­ Schranken unan­­tastbaren Rechts gebunden sei, sondern als eine Frage der Staatskunst betrachtet, in­­ deren Erledigung die Rück­­sicht auf die Interessen der Gesammtheit freie Hand habe. Wie aber soll der schwebende Proceß entschieden wer­­den? Im Interesse der Nation — das fordern einstim­­mig die, Vertheidiger und die Gegner der Zünfte. Aller­­dings, allein diese Forderung, enthält wohl „die­ oberste Regel der Entscheidung, nicht aber die Entscheidung sel­­ber. . Fragen, wir. die streitenden Parteien, so scheint die Entscheidung mühelos; "denn jede nimmt­ das, volle und ungetheilte. Rec­ht für, ihre Ueberzeugung in Anspruch. Dann liegt der­ Spruch fertig vor und die Gereggebung hat bloß zwischen zwei­­ "Gegensätzen zu " wählen.“ Der Ausschlag einer solchen Wahl aber ist in diesem Falle, eben so leicht­­ als unzweifelhaft. Eine große Mehrheit von Stimmen fordert freie und ungehinderte Bewegung und Entwickklung der Gewerbe, und wenn Zunftwesen nommen werden, so entscheidet allerdings auch ein beträcht­­liches, Medergewicht ‚augenscheinlicher Gründe gegen jenes zu Gunsten von diesen. Versuchen wir Parteien zu es dagegen uns über die streitenden erheben, so dürfte der wahre Weg zu einer­­ gerechten Entscheidung jenes Processes vielleicht gerade in der Forderung derjenigen liegen, welche, wie dieses Vermittlern häufig begegnet,­ von­ beiden Parteien an­­gegriffen kaum nor Raum finden in dem Gedränge der­­selben sich zu behaupten und Gehör zu verschaffen. Wir meinen damit, diejenigen, welche, wie dieser Auf­­saß, eine zeitgemäße Reform unsers sächsischen Zunftwe­­sens wünschen. Mit den Gegnern desselben stimmen sie darin überein, daß in der­ bestehenden, meist aus älterer Zeit stammenden Einrichtung­­ unserer Zünfte Vieles ent­­halten sei, was auf die natürlichen Rechte der Gesammt­­heit einen ungebührlichen Druck ausübe und dem Fort­­schreiten der Industrie und dadurch dem allgemeinen Wohlstande hinderlich sei, und berufen sich dabei mit Recht nicht sowohl auf“ das Urtheil des Publicums, als vielmehr auf die Stimmen derjenigen, welche die Ein­­richtung und die Statuten derselben aus eigner Einsicht und Erfahrung kennen.=< der aufgeklärten und denken­­den Zunftgenossen selbst." Wie die Gegner desselben, so erkennen auch sie der Gefeggebung das gute Recht zu, wenn die materiellen Interessen und die Rechte der bür­­gerlichen " Gesellschaft dieses "gebieten, eine sc­hrankenlose Freiheit der Gewerbe einzuführen. Wenn aber jene der Ansicht sind, daß“ unsere bürgerliche Gesellschaft unter“ diesen Umständen sich gar nicht anders helfen könne und dürfe, als dur die gänzliche Aufhebung und Vernich­­tung‘ des Zunftwesens, so glauben sie dagegen, daß zwi­­schen der unveränderten Aufrechthaltung und der völligen Abschaffung zwischen dem aut- int, ut sunt, auf non Sint der Zünfte ein Mittelweg liege, welcher eben so sicher, vielleicht‘ auch noch sicherer zu dem gewünschten Ziele führe, als die Auflösung alles Zusammenhanges der " Gewerbleute, und "die Aufhebung jeder nüßlichen Burg­schaft und Schranke für den Betrieb der Gewerbe, Gewerbefreiheit und genossenschaftliche Verbindung der Handwerker, — so behaupten sie , seien nicht, wie man gewöhnlich glaube, "schlechthin "unvereinbare und­­ wider­­sprechende Begriffe, und daher sei denn auch eine solche Einrichtung der Zünfte wohl möglich, welche weder den Fortschritt der Industrie hindern, no" das natürliche Recht " der Staatsbürger zu einer freien Wahl ihres und Gewerbefreiheit wirklich gengeregt und unvereinbar sind, wie sie­ gemeinhin einander so sehraff "entge­­gen -

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