Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1848 (Jahrgang 9, nr. 42-101)
1848-12-08 / nr. 95
T|_—— 379 Hohn und Spott übergehende Abneigung des wahren Magyaromanen gegen den Deutschen — der ,,Schwabe'“ genannt , und zugleich, damit „gescholten“ wurde = kannte , wer sage ich, dieß Alles wußte und überdacht hatte, dem war es schon seit geraumer Zeit kein Geheimniß mehr, daß das Magyarenthum, wie es durch Kossuth vertreten wurde, bereits seit Jahren auf einen doppelten Zweck los8steuerte — auf die Gründung eines eigenen unabhängigen Magyarenreiches, und auf die Unterdrücung des deutschen, slavischen und walachischen Elementes in Ungarn. Wenn der nun blinde Wesselenyi in abgedachter Schrift darauf aufmerksam machte daß Kinderbewahranstalten, sobald darin die ungarische Sprache das alleinige Medium des Verständnisses zwischen dem Kinde und seiner Umgebung sei, die mildeste aber dennoch eingreifendste Magyarisirungsmaschine seien, wenn Stephan Horvath mit tief ergreifenden Worten die historische Nullität eines Volkes schilderte, welches in anderen, als in den nationalen Lauten schreibe und spreche, wenn es zur Sache der Ehre, ja des Patriotismus und des Fortkommens gemacht wurde, daß in dem von nur 4% Millionen Magyaren und 89 Millionen Nichtmagyaren bewohnten Ungar lande jeder Mann, er sei Deutscher, Slave, Walache oder Magyar nur in ungarischer Sprache rede, dann konnte man „nicht zweifelhaft sein, daß alle Hebel angestrengt wurden, um Ungarn= längstens binnen der von Wesselenyi dazu bezeichneten Periode einer Generation vollständig zu magyarisiren. Juden ohne das magyarische Sprachgeset vom Jahre 1836 und seiner späteren undgesammt zu Gunsten des Magyarismus lautenden Zusage wäre dies doM nicht so bald gelungen. Dieses Gesetz aber — einer der traurigsten Beweise wohin es nationaler Fanatismus einer — und eine übels berathene oder von ihrem eigenen Organe verrathene Regierung anderseits in unmenschlicher Knechtung der Mehrzahl der Bevölkerung selbst noch in unseren Tagen zu bringen vermögen, erleichterte die Magyarisirung Bestrebungen der ungarischen Sprache. War es bis dahin noch unerhört in der Geschichte, daß zwei Drittheile der Bevölkerung eines Landes plötzlich ein von ihrem Fürsten sanctionirtes Reichstagsgeseß erlebten, worin bestimmt war, daß nach Ablauf eines “einzigen Jhres Fein Gese mehr in einer ihnen verständlichen Sprache kundgemacht werden dürfe, daß jede Eingabe, jedes Gesuch , jede Klage welche sie bei einer Behörde oder dem Reichstage überreichen wollten und jede darüber, von den Richterstühlen den Verwaltungs - Behörden und dem Reichstage ergehende Griedigung in einer ihnen (den 2 Dritteln der Bevölkerung) unverständlichen Sprache abgefaßt werden mußte, daß Unterricht und Predigen, theils mit wenigen die Volksschulen betreffenden und nur temporären Ausnahmen, theils selbst diese durch die Uebung mehrfach beschränkt, in einer der Mehrzahl unbekannten Sprache erfolgen mußten, so konnte auch nur ein absichtlich Blinder übersehen , welcher Nachtheil dadurch nicht bloß dem slavischen, sondern zumal auch dem viel gefügigeren Deutschen Clemente in Ungarn erwuchs. Gleichwie Prag seit 10 Jahren aufgehört hat, eine vorzugsweise deutsche Stadt zu sein so ging es in Ungarn mit den meisten, beinahe mit allen deutschen Städten, ja es gab nicht gerade wenige Deutsche, welche sich die Umänderung ihres deutschen Familien Nasmens, woran oft hundertjährige Erinnerungen , woran das Andenken an ihre Abstammung und an den Ursprung ihrer deutscen Gesinnung hafteten, in einen magyarischen, oder dessen Vertauschung mit einem magyarischen Familiennamen sich als „besondere Gnade vom Könige erbaben!! Erst nach diesen und vielen anderen sprechenden Beweisen, wohin der Magyarichmud ziele, erwachte hie und da die deutsche Eifersucht, tauchten dann und wann — freilich nur in Deutschland und nicht in unserem censurstummen Oesterreich Stimmen auf welche erkannten, Ungarns Deutsche seien für Deutschland verloren, wenn nicht bald eine Aenderung einträte. Vom magyarischen Uebermuthe einerz, anderseits vom Magyaren-Fanatismus, der nicht selten — ja befannte sich sogar in Herrn v. Pulßky*s Munde zu Drohungen mit Stod und Schwert seine Zuflucht nahm, eingeschüchtert, in ihrer materiellen Existenz durch jede antimagyarische Demonstration bedroht, schwiegen fast alle Deutsche in Ungarn und nur die Sachsen in Siebenbürgen hatten dann und wann den Muth , Ovidische Elegien über die Ausrottung ihres Idioms in Ungarn nach dem fernen Mutterlande zu senden. Die Slawen in Ungarn hingegen waren rühriger , traten offen gegen ihre Austilgung auf und — was war die Folge davon ? Schamröthe überzieht mein Antlig, wenn ich diese Frage mit dem Geständniß beantworten muß, der