UNGARN-JAHRBUCH 1980-1981

ABHANDLUNGEN - Götz Mavius: Ungarische Denkmalkunst zwischen Tafelrichterstil und Millenium

162 GÖTZ MAVIUS Charakterzüge und Eigentümlichkeiten der Nation39.« Als nächstes Denk­mal hatte Izsó eines für Sándor Petőfi geplant. Seit 1873 bis zu seinem Tode beschäftigte er sich damit. War das Csokonai-Denkmal schon fast ein Nationaldenkmal in der Kunstkritik geworden, so schien das Pe­tői iprojekt den Vorgänger noch zu übertreffen. Die Presse berichtete regelmäßig über die Fortschritte an dem Monument. Das lag nicht zum geringsten Teil an der Figur des Dargestellten. Petőfi war nicht nur irgend ein Dichter, der ein halbes Jahrhundert jünger als Csokonai war. Er war ein Hauptrepräsentant der Resolution und ein Symbol für den freiheitsliebenden und unbeugsamen Ungarn. Durch Izsós Tod blieb das Projekt vorerst unvollendet. Sein Schüler Adolf Huszár40 veränderte und vollendete den Entwurf und konnte das Denkmal 1882 enthüllen. Da Huszár ein Vertreter der akademischen Richtung der Bildhauerei war, konnte er Izsó nicht auf dessen persönlichen Stil folgen. Der Wechsel der Bildhauer war ein Wechsel der Anschauungen. Diejenigen, die er­wartet hatten, daß Huszár seinen Lehrer nachahmen würde, sahen sich enttäuscht und sparten nicht mit Kritik. »Huszár nahm aber der groß­artigen Konzeption Izsós ihr inneres Feuer und ihr aufrichtiges Pathos41.« Anders war es dort, wo Huszár unbeeinflußt seine eigenen Vorstel­lungen ausarbeiten konnte. 1879 konnte er die Enthüllung seines Denk­mals für József Baron Eötvös42 miterleben. Das Monument zeigt Baron Eötvös in der ungarischen Attila und wurde auf dem Platz vor der Aka­demie der Wissenschaften in Pest gestellt. Der Geehrte, der 1848 Kultus­minister gewesen war, hatte nämlich lange Jahre das Amt des Präsi­denten der ungarischen Akademie der Wissenschaften innegehabt. We­gen seiner hervorragenden Leistungen und des Ansehens, das er genoß, wurde der Platz des Denkmals von Franz-Josephs Platz (!) in Eötvösplatz umbeannt. Huszair, »der seimie schwierige Aufgabe glücklich gelöst hat«43, ließ die Statue in der k. k. Kunsterzgießerei Röhlich und Pönnin­ger zu Wien gießen. Als eines von Huszárs Hauptwerken gilt aber das Denkmal für General Bern44, das in Marosvásárhely in Siebenbürgen aufgestellt wurde. József Bem war ein gebürtiger Pole und kämpfte als General auf Seiten der Ungarn in der Revolution mit. Nach deren Ende wurde er Muslim und fiel in türkischen Diensten in Aleppo. Huszárs letztes großes Werk war ein Monument für den Schöpfer des Ausgleiches, den »Weisen des Vaterlandes«, Ferenc Deák, der im 39 »s a nemzeti jellegzetességek tömör együttesét nyújtja.« Végvári 1970, 396. Das Modell war schon 1867 vollendet. Durch den Guß in der Königlich bayerischen Erzgießerei München verzögerte sich die Aufstellung bis 1871. 40 Huszár, Adolf (1843—1883) Bildhauer, Schüler Fernkorns und Gassers in Wien und Izsós in Buda-Pest. 41 »Izsó nagyszerű koncepcióját azonban Huszár megfosztotta belső tüzétől es őszinte pátoszától.« Végvári 1970, 418. 42 Eötvös József Baron (1813—1871) Staatsmann, Schriftsteller. 43 Z. f. b.K. 1879, B. 566; Enthüllung am 25. Mai 1879. Situation heute nur leicht verändert. 44 Marosvásárhely, Komitat Maros-Torda, heute Rumänien Bem, József (1794— 1850) polnischer Revolutionär.

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