Banater Deutsche Zeitung, Mai 1925 (Jahrgang 7, nr. 98-121)
1925-05-01 / nr. 98
x . >. Freitag, den 1. Mai 1925 Der Handelsminister ist dem mit den besten Eindrücken zurückgekehrt Bukarest, 29. April. (L.) Der heutige „Viitorul“ erklärt die verbreiteten Gerüchte über das Mißlingen der jüngsten Mission des Handelsministers Tancred - Constantinescu im Auslande als völlig irrig. Es seien im Gegenteil beachtenswerte Resultate erzielt worden, deren Bekanntgabe vorläufig aber unzweikmäßig sei. Die Oeffentlichkeit werde rechtzeitig davon erfahren. : * ; =: Seite 3 ES Die Rückreise unseres Pilgerzuges (Von unserem Spezialkorrespondenten) Pompei, am 25. April 1925 - Das wäre eine Freude, wenn so ein moderner Prinz ein Dornröschen und seine Umgebung heutzutage aus einem — Jagen wir — 1800jährigen Schlaf zu neuem Leben erwegen könnte! Und die größte Freude hätte dabei nicht der Prinz, dessen Heirat sich unter Umständen so manche Hindernisse in den Weg stellen konnten, weil Dornröschen im Gothaer Almanach unter den fürstlichen Familien nicht verzeichnet ist,sondern die Gelehrten, die Geschichtsschreiber namentlich, wenn man sie auf die „Staffier“ Dornröschens loslassen könnte, auf die 1800jährigen Kleider, Möbel, Küchen- und sonstigen Geräte. Die Märchenwelt mit ihren verwüünschten Prinzessinnen ist aber dahin. Die Wissenschaft muß mit amülbssamer Arbeit in die Verhältnisse vergangener Jahrhunderte einzudringen versuchen, um festzustellen, wie unsere heutige Kultur aus der geistigen Rede entstanden ist, die in und um den primitiven Menschen herrschte und herrscht. Ye Denn nicht auf die wirklichen oder angeblichen Heldentaten und Kriege des Vaters Dornrös- Hens hätte und hat es die heutige Geschichtsforschung abgesehen, sondern auf das Leben der Massen. Die kulturellen, wirtschaftlichen B Verhältnisse der großen Massen vergangener Jahrhunderte sollen beleuchtet werden, Zustände, aus denen sich die Unsrigen entwickelt haben. Wie hat der Bauer, der Krieger, der Kaufmann, der Sklave der römischen Sailler Zeit gelebt? Ein genauer Aufsäluß über diese Frage ist wertvoller, als die genaueste Schilderung der Kriege dieser Zeit. Die Stadt, die vor uns liegt, bringt auf diese Frage eine Antiwort, wie sie prägiter von vor 1800 Jahren einges<lafenen und jekr erwachten Professoren Dornröschens nicht gegeben werden könnte: es sind da vor 1800 Jahren alle Uhren stehen geblieben, alle Herzen haben aufgehört , zu schlagen, die Natur aber hat die Stadt vor den Stürmen kommender Zeiten — nicht zwar dur< eine Dornhee oder Waberlohe —, sondern Dur; eine mächtige EBE re >; Shih von Asche und Erde 18 Jahrhunderte dunklen * hindurch übt, bis die Prinzen der heutigen Zeit, die Gelehrten kamen, sie aus ihrer Hülle heraushoben, ermerkten: und jekt sieht ein jeder, der im Zeitalter der römischen Kaiser Bescheid weiß, das Leben eines Provinzstädtchens des 1. Jahrhunderts bis in seine kleinsten Einzelheiten vor sich, bis zu dem Koch, der dem Kücenjungen eine Ohrfeige versetz. Gleichgültig, zynisch erhebt sich weit im Hintergrunde der alte Vesuv über sein Opfer vom 24. August 89 n.Chr., seinem Rachen der damals den Aichen- und Bimssteinregen über die Stadt gespien hat, entsteigt eine dünne Rauchtrolke. Sollen wir ihm dankbar sein für das herrliche Altertums-Museum, Das er da geschaffen hat, oder sollen wir ihn verdammen, den Mörder einer ganzen Stadt von 30.000 Einwohnern? Wer den vortrefflichen Roman Bulwers, „Die lezten Tage von Pompei“ gelesen hat, weiß ja, daß der Tod sich nicht mit der Plößlichkeit Des Dornröschenschlafes auf Die Stadt legte, die Funde, die vor uns liegen und die im Neapler Museum vor Wind und Wetter geschürt werden, bei weitem aber, daß die Wenigsten Zeit hatten ihre kleinen Habseligkeiten zu retten, und gar viele fanden den Tod unter der feurigen Hülle. . Und was für einen Tod! In einem Raum werden unter Glas Zementfiguren aufbewahrt, die man nach den Medraden anfertigte, die die Sterbenden in der todbringenden Asche und Lava hinterließen, als ihre Körper bis auf Zähne und einzelne Knochen schon längst vermodert waren. Die mit den „Totenmassen” des alten Vesuv angefertigten Figuren (in die man die in den „Negativen“, den Hüllen vorgefundenen Zähnen und Schädel eingeseht hat) veranschaulichen die gräßliche Todesqual der Opfer des Vesuv. Da eine junge Frau, die auf dem Gesicht liegend, den Arm über den Kopf hält, um sich vor dem schreilichen Regen zu schüßen. Dort der in der Totenmaste festgehaltene Ausdruck unendlichen Schmerzes und verzweifelter Ohnmacht in dem Antliß eines Mannes: man glaubt den Schrei zu hören, der sich vor 18 Jahrhunderten den wieder eingesetten Zähnen entbunden hat. In der Ehe windet sich ein Hund in schrecklichen Todesqualen mit breit geöffneter Schnauze. Hast du den Schöpfer der Laokoongruppe beneidet, die da drinnen steht, im Neapler Museum, alter Vesuv ? * : : Neben dem unbekannten Griechen, der die Verzweiflung in dem marmornen Antlitz des alten Laokoon für alle Zeiten festgehalten hat, = bist und bleibst du mit deiner grausigen Bildhauerkunst doch ein Stümper. Fort! fort von da ins Freie, ins Leben, in das Leben, in Das Alltagstreiben der seit 18 Jahrhunderten toten Stadt! Wie eng die Gassen sind! Kein Wunder, wenn an den Kreuzungen mächtige Steinblöche den zweirädrigen Wagen den Zutritt verwehren. Da haben wir ein Wirtshaus: große eingemauerte Töpfe, einer neben dem an‚Deren, Da drüben Die Bäckerei und Mühle. Wir treten in das Haus eines vornehmen Patriziers. Die Schlafkammern sind aber eng! warum halben die feine Fenster? — ach, ja, wir „steigen ja da im Altertum herum”, es gibt ja noch keine Fensterscheiben. Der Mann hat Geschmack! Malereien an den Wänden, i der Springbrunnen aus Marmor mit Mosaik und Musicheln verziert. Vielleicht ist er gar der Kandidat bei dem Wahlen, für die auf den Plakaten an der Ehe geworben wird, . Da ist das . Stadttor, Bar kommen gerade bringen , Fleisch. : vom. Landgut für Die „sen, "Küche, Da... Stla.. plamps! "Da sind wir wieder im. „Haufen Sie Ansichtskarten“, — stichts ' die Augen und in die Ohren. RETTET ZEN REIRIS ARRES NRZ VASSERR 77 BRÜNN OPER NA NINA ZIER Die Kolumbatscher Fliege. Die Kolumbatscher Fliege, die voriges Jahr unter dem Rindvieh so viel Schaden angerichtet hatte, ist in mehreren Gemeinden der Komitate von Arges, Valca, Kara3-Severin, Mehedint, Dol und Gori wieder aufgetreten. Das Ackerbauministerium hat die notwendigen Maßnahmen getroffen, um diese Landplage zu bekämpfen. Es ist zu hoffen, daß diese Maßnahmen umsichtig und rechtzeitig in Angriff genommen werden, damit die Landwirtschaft nicht wieder einen in die Millionen gehenden Schaden erleide. EREIGNETE TIERE LLL LLL STEINER CU ZZ SRE HL PALL UNSER ZUGE DEDIEZSEST RT in dee nm 1 ARIERERLE WERNER „Beim Backen der Hühner spritzte das Fett im Tiegel. Und da hat Gerda am Kinn und überm Auge rote Bläschen. Kleine Brandblasen. Auch am Hals sind welche. Es tat ihr zuerst weh, — sie hat gleich mit Wasser gefühlt“ „Blödsinn ! Mit Wasser fühlen bei Brandblasen!“ Er sprang auf: „Kann ich Fräulein Gerda sehen?“ „Nein. Ich habe Die Badhhühner fertig gemacht und Gerda in ihr Zimmer geschieft. Sie läßt sich nicht mal vor Jürgen sehen!" „Dann bestellen Sie ihr, ich schie ein Pulver zum Einpudern. Das lindert den Schmerz. Aber Fein Wasser an die verbrannten Stellen! Hören Sie? Ich Taufe gleich selber zur Apotheke. Heut abends kommen Sie doch auch zu Justizrat8? Ja? Da sprechen wir uns, Auf Wieder= sehen! Grüßen Sie Fräulein Gerda.“ texte Gerda saß abends allein im Wohnzimmer und blätin alten Zeitschriften. Plötlich horchte sie auf. Es hatte geläutet. Das Mädchen öffnete. „Herr Doktor“, meldete sie an. „Aber ich bin für niemanden zu sprechen“, rief Gerda ärgerlich und wies auf ihr weiß gepudertes Gesicht. „I< komme nur als Arzt, gnädiges Fräulein, um zu sehen, wie der Puder gewirkt hat.“ : „Sie sind doch heut’ abends bei Justizrats eingelad Halbe leider absagen müssen. 'Der Beruf geht vor.“ „Ich hab' auch absagen müssen.“ „Das kommt davon, wenn man Köchin spielen will.“ „Bitte, ich habe die Wette gewonnen, Herr Doktor. Zeugen sind die Brandblasen.“ „Darf ich sie mal näher sehen?“ „Schauderhaft . . . gerade auf Der Lippe . . . so unappetitlich!“ „Find ich gar nicht. Ach werde gründlich pudern, Dann ist morgen kaum noch was zu merken, Und jet die rechte Hand, Zeigen Sie doch.“ bitte. Die hat auch was abbekommen. Gerda ärgerte sich, daß er so sachlich mit ihr sprach, während er ihre Hand fest in seiner hielt. Sie fühlte, wie sie unter idem Puder errötete. . „Wütend bin ich, daß ich die Gesellschaft heute nicht mitmachen konnte. Jürgen und Trudel wollen aber nicht lange bleiben. Ihnen, Herr Doktor, ists natürlich egal, daß ich absagen mußte.“ „Durchaus nicht. Ich freu' s mich sogar.“ „Zu liebenswürdig! Erst sind Sie sichuld, daß ich mich verbrenne. Und dann freuen Sie sich auch noch Darüber.“ „Ja, Fräulein Gerda. Weil ich nämlich Sie gern mal allein sprechen wollte. Und dem sind Sie bisher aus dem Wege gegangen. Stimmt das. . . diese einfache Frage? Io bin aber . Entießen Sie sich über nun ,mal kein Großstädter, der zu konversieren versteht ,- bloß ein Bauernsohn. Wenn Ihnen Das unangenehm ist, Jagen Sie es mir.“ Er reichte ihr ein Kästchen mit Konfekt. „Uebrigens , unsere Wette. . .“ „Unangenehm . . . nein. Aber wenn Sie meine Hand nicht loslassen, kann ich ja die Schokolade nicht kosten,“ * lachte sie. * 5 . Als Jürgen und Trudel nach ein paar Stunden zurückkamen, trug Doktor Suhl einen grünen Schlips. Und Gerda bot ihnen Schokolade aus einem Kästchen an und zeigte dabei ostentativ dem neuen Ring an ihrem verletzen Finger. „Wir konnten uns nämlich nicht Darüber einigen, wer die Wette verloren hat,“ sagte die Braut. „Ich glaube fast, wir haben alle beide gewonnen . . .“ den?" * - . : „Tapferkeit und Treue“. Unter diesem Titel schreibt die „Deutsche Zeitung Bessarabiens“: „Im „Monitorul Oficial“ Nr. 75 vom 3. April d. J. ist das Königliche Dekret Nr. 11334 erschienen, durch welches die Allerhöchste Anerkennung für die bei der Unterdrückung der Unruhen bei Tatar-Bunar, Akmangit, Michailovwka ww. bewiesene Tapferkeit ausgesprochen wird, und in welchem die Deutschen Ansiedler namhaft gemacht werden, denen für ihr mutiges und loyales Verhalten den anstürmenden Rebellen gegenüber das Ehrenzeichen „Tapferkeit und Treue“ Barbatiesi Credinta) zuerkannt wurde. Von unseren Stammesgenossen wurden ausgezeichnet: Mit der ersten Klasse des Ehrenzeichens. „Tapferkeit und Treue“: Der Schulz der Gemeinde Sarata Theodor Wagner. Mit der Dritten Klasse: Schreiber Eduard Strehle, Christian Heier, Eduard Lagger, Otto Schwarzmann, Karl Bierer,Edward Wagner, Gustav Oßwald, Alexander Ebert, Wilhelm Hasek, Bernhard Ebert, sämtliche aus Sarata und Friedrich Hanske, David Suß, August Weißpfennig, August Traichel, Gottlieb Eppler, Lorenz Schulz, Christian Hettig, Eduard Mauch, Edgar Schempp, Adolf Erhardt, Bertold Koigt, Oskar Ebert, Andreas Schlenker, Rudolf Schlenker, Theodor Schenfer, Emil Ebert, Georg Genenger, Artur Bohnet, Albert Hermann, sämtlich aus Neu-Postal. In dem Sr. Majestät dem König erstatteten Bericht des Ministerpräsidenten, auf dessen persönlichen Vorschlag obige Auszeichnungen verliehen worden sind, heißt es, daß die Ehrenzeichen der Dank sein sollen „für die über alles Lob erhabene Aufopferung“, welche die oben aufgezählten Männer angesichts der gegebenen Verhältnisse bewiesen haben. — 'Solche Auszeichnungen sind eine ernste schöne Sache. Noch wertvoller aber wäre eine Auszeichnung für die beffarabischen Deutschen, die darin bestände, daß man mit der Mißhandlung ihrer Schulen endlich aufhöre! ) 23 Auszeichnung des ungarischen Gessandtschaftsattachées in Belgrad. Wie aus Belgrad gemeldet wird, hat König Alexander dem ungarischen Gesandtschaftsattache Graf Nikolaus Szecen dem St.-Sorvantden 4. Klasse verliehen. Siebenbürger. Gäste in Amerika. Eine kleine Gruppe Siebenbürger Gäste, bestehend aus Bros.. Brandoolitschitsch, Frau Emma Wolff (Hermannstadt), Pfarrer Hans Lienert (Brenndorf) und Musikdirektor Paul Richter (Kronstadt) hat sich nach Amerika eingeschifft, um im Mai und Juni in den Städten, wo es organisierte sächsische, swäbische oder andere deutsche Vereine gibt, sogenannte Siebenbürger-Abende zu veranstalten. Mit Vorträgen, in denen Wissenschaft, Musik und Humor zur Geltung kommen sollen, mit Lichtbildern über Land und Leute der alten Heimat wollen die Siebenbürger Gäste unsere deutschen Brüder in Amerika zu ungezwungenen Unterhaltungsabenden vereinigen und ihren Leitspruch nicht betteln, sondern bieten, in die Tat umsehen. Berliner Pädagogische Studienwochen für Ausländer vom 17. bis 29..August 1925. Das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht veranstaltet im August 1925 Pädagogische Studienwochen, in denen den Gästen aus dem Auslande ein lebendiger Einblick in das geistige Leben Deutschlands, wie es seinen besonderen Ausdruck in den Bildungsbestrebungen gefunden hat, geboten werden soll. Das Tagungsprogramm sieht als Hauptthemen vor: 1. Aus Theorie und Praxis der Deutschen Schule, 2. Jugendpsychologie, 3. Jugendbewegung. Im ersten Teil des Lehrganges wird die Beziehung von Schule und Volkstum behandelt, und es wird eine Uebersicht über die Neugestaltung der höheren und der Volksschule gegeben... Ueber die deutschen Versuchssäulen wird zusammenhängend berichtet. Außerdem sollen die Probleme des Arbeitsunterrichts und des Gesamtunterrichts behandelt werden. Im zweiten Teil werden die neuen Fragestellungen und Untersuchungenmethoden der Jugendpsychologie zur Darstellung gebracht und ihre Auswirkung in der Praxis (Begabten-Klassen, Minderbegabten-Klassen, Berufsberatung usw.). Zum Schluß sollen die Jugendbewegung in ihren Hauptströmungen und die dynamischen Kräfte, die in der deutschen Jugend lebendig sind, aufgezeigt werdenen, die von führenden Männern Neben den Vorträdes betreffenden Spezialgebietes behandelt werden, wird den Teilnehmern in weitestem Maße auch praktische Anschauung durch Besichtigungen und Demonstrationen ge boten werden. Den Abschluß bildet ein gemeinsamer Ausflug mit Wandergruppen aus der Jugendbewegung. Besondere Interessen der Teilnehmer finden Berücksichtigung durch Bildung von Arbeitsgemeinschaften, wie überhaupt auf einen lebendigen Austausch der Erfahrungen und Förderung von aufhellenden Diskussionen der größte Wert gelegt wird. Dem praktischen Bedürfnis einer Sprachschulung wird auf Wunsch in Sonderkursen Rechnung getragen werden. Im Anschluß an die Tagung finden pädagogische Fahrten zum Besuch der Hamburger bezw. Leipziger und Dresdner Schuleinrichtungen statt. Eine dritte Gruppe wird dem Unterricht in einem Landerziehungsheim beiwohnen. Entsprechend dem Charakter der Tagung kann nur eine beschränkte Teilnehmerzahl zugelassen werden. Die Teilnehmergebühr beträgt für die ganze Tagung M. 30.—. Für billige Unterkunft wird gesorgt, jedoch ist rechtzeitige Anmeldung hierfür erforderlich. -