Banater Deutsche Zeitung, September 1926 (Jahrgang 8, nr. 197-221)
1926-09-01 / nr. 197
| as €. = BEER, 121g . Verwaltung?! Temes2var, Stadt, Deutsches Lausersidee | Dr 8. Jahrgang Timisoara-Temegy 27 von 1. September 1926 3 Der Höhepunkt der Börkerbundkeife, Wenige Tage trennen uns von der Eröffnung der diesjährigen ordentlichen Völkerbundversammlung. Wieder werden die Augen der Welt auf die Ufer des Genfer Sees gerichtet sein, denn die Diesjährige Vollversammlung soll zu dem werden, was leider die außerordentliche Tagung im März nicht hat werden können: zur Geburtsstunde einer neuen, besseren Weltordnung, die durch den feierlichen Eintritt Deutschlands in die Gesellschaft der Nationen gekennzeichnet sein wird. is Niemand vermag den Ausgang der Septembertagung zu probezeien, niemand weiß, wie man um die Ratssichfrage herumkommen wird. Aber von zwei Gesichtspunkten aus läßt sich diese ganze komplizierte Frage betrachten: vom Standpunkt jener, die sich innerlich über jeden Riß im Völkerbunde freuen, und vom Standpunkt der Völkerbundfreunde, denen jeder Mißerfolg im Genfer Gebäude um Europa willen tragisches Erleben ist. Der Völkerbund war lange die Zielscheibe harter Angriffe gewesen. Sofern sie aus dem deutschen Lager kamen, waren sie auch berechtigt. Der Völkerbund war zunächst gewiß ein sehr schwacher und hinkender politischer Faktor gewesen. Der einseitig aus Vertretern der Ententestaaten zusammengesetzte Völkerbundrat, eigentliche Exekutivgewalt zustand, konnte seinem Wesen nach den unterlegenen Staaten gegenüber nur sein und somit konnten selbst die deutschen ölferbund nur als ein Instrument der Dd Liedereamen, . sich Die Struktur des Völkerbundes. nehr ändert Man sah Bulgarien und Oesterreich, Ungarn und die Türkei dem Bunde beitreten. Die Einbringung des Genfer Protokolls, das unter den gegebenen Umständen die sicherste Gewähr zur Verhütung von Kriegen gewesen wäre, war einer der größten Momente in der Geschichte des Völkerbundes . und dessen Nichtratifizierung ein herber Schlag. Dagegen war die Beilegung des griechisch-bulgarischen Konfliks, in welchem schon die Kanonen mitzusprechen begannen, ein wirkliches, konkretes Verdienst des Völkerbundes. Und wenn der Völkerbund auf seiner Debetseite nichts weiter zu buchen hätte als die Verhütung eines Krieges zwischen Griechenland und Bulgarien allein, dann war 23 schon wert, ihn ins Leben zu rufen. In den maßgebenden politischen Kreisen verführenden Länder war man allmählich zur Einsicht gekommen, daß man den Völkerbund seiner wahren Mission dienstbar machen muß, in ihm eine wahre überparteiische Instanz für alle Völker zu schaffen. Darum ging nach Locarno ein großes Aufatmen durch die Kreise aller Friedensfreunde, als es hieß, daß nunmehr auch Deutschland dem Bunde beitreten wird. Und als wir den tragischen Ausgang der Märztagung miterlebten und wahrnehmen mußten, wie Kleinlichkeit und Ränkesucht sich geltend machten, da haben wir wohl das Gefühl des Bedauerns ob dieser Erscheinungen, nicht aber va38 der Scharenfreude aufkommen lassen können. Lebteres Gefühl herrschte vornehmlich in den Kreisen des Kremls und denen der dritten Internationale, und nur der Politiker, den Sympathie oder politische Notwendigkeit erst führt, kann ein Gegner des Völkerbunds sein. tische Tatsache herauskristallisieren zu daß die Welt in zwei politische Faktore geteilt ist: in Völterbund und dritte Internationale. Das Verdächtige Bemühen im legten Augenblick von der Genfer Fährte abzubringen, spricht für die Richtigkeit dieser Hypothese: Die Bolschewiken behaupten, daß der Völkerbund gegen Rußland gerichtet sei. Er ist geteiß gegen die dritte „Internationale gerichtet. Wenn sich die Sowjetregierung mit der kommunistischen Internationale identifiziert, dann ist der Völkerbund „antirussisch“. Der Völkerbundgedanke, aus dem Abscheu vor den Kriege geboren, ist nicht von heite und gestern. Nicht Woodrow Wilson und nicht Loon Voungeois sind seine Väter gewesen, ebenso wenig wie Courdenhove der Vater des Paneuropagedankens ist. Seit Jahrhunderten schon fannen die Staatsmänner nach jedem Kriege auf Mittel, künftigen bewaffneten Zusammenstößen vorzubeugen. Immer wieder „kamen sie darauf, daß nur Zusammenschluß und Schiedsgericht das vermag. Und wenn, was wir erhoffen, Deutschland diesem Bunde beitreten wird, von wem man noch vor ein paar Jahren mit Recht sagen konnte, daß er gegen dieses Land überhaupt in38 Leben gerufen worden ist, dann zeigt das mit eklatanter Deutlichkeit den gewaltigen Weg, den der Völkerbund seither in der Richtung seiner wahren Mission vorwärtsgekommen ist. Der Eintritt Deutschlands ist, wie Briand beim Abschied aus Genf gesagt hat, schon seit März moralisch vollzogen. Und nicht nur moralisch. In vielen Unterausschüssen des Völkerbundes wird bereits mit dem deutschen Eintritt als vollzogene Tatsache gerechnet. In dem Internationalen Institut für geistige Zusammenarbeit,das zum Völkerbund gehört und in Paris seinen ständigen Sitz hat, spielen die deutschen Vertreter eine führende Rolle. Welche ungeheure Veränderung der ganze Völkerbund mit dem Einzug Deutschlands erleben wird, braucht wohlzerst, nicht betont zu werden. Sollten sich aber im September erneut Schwierigkeiten für die Aufnahme Deutschlands in den Weg stellen und sollten kleinliche nationale Vox-urteile Über Den Geist Der Gemeinschaft triumphieren, dann wären die politischen Folgen gar nicht abzusehen. Der Völkerbund würde dann in eine Krise geraten, von der es schwer zu sagen ist,ob er sie überleben wird . . . In der Tat, immer mehr scheint sich der Sowjetdiplomatie, dem Die die wollen, Deutschland poli; 35661} Die Nationalpartei hat en Liberalen abgewinkt Die Fusion mit den Zaranisten wurde dennoch wieder verschoben --- Varoflid will den Brumdbefikern Kredite verschaffen und die Exporttarife für Getreide abschaffen Bukarest, 30. August. Das Blatt der Nationalpartei „Nomania“ bringt einen zweifellos von Maniu inspirierten Artikel, in dem festgestellt wird- die Zonalpartei habe ausgesprochen, artei n delt verhan des Landes gemäß eine Vereinigung der renisofratischen Kräfte durchzuführen. Bukarest, 30. August. Wie bekannt, sollte die Stage, ob die Fusion zwischen den Zaranisten und der Nationalpartei zustande komme, spätestens bis übermorgen endgültig entschieden werden. Die Zaranisten hatten sogar vor nicht allzu langer Zeit beschlossen, sich unter seinen Umständen mehr auf einen weiteren Aufschub einzulassen. Nun wird heute von der Zaranistenpartei verlautet, daß wegen den bevorstehenden Ersatzwahlen ins Parlament die Entscheidung über diese Frage im gemeinsamen Einvernehmen auf die zweite Hälfte des Septembers verlegt worden sei. Der heutige „Viitorul“ bemerkt hiezu ironisch, das ständige Zaudern Maniu3 sei dadurch zu erklären, weil er befürchten müsse, als einziger Anhänger des Fusionsgedankens in seiner Partei zurückben. . SR , ee Ee: Er BE a EP) - 2 04 An an 00 12 I IF M4 ) er ee 30. August. Die Nationalbank wenn die erste Rate der italienischen Anleihe, 60 Millie... Lira. Der Rest wird im Laufe der nächsten Monate eingezahlt werden. Bukarest, 30. August. General Averescu wird während seiner ausländischen Reise bestrebt sein, die Realisierung einer Anleihe von 30 Millionen Pfund zu erzielen. Diese Anleihe soll mit Hilfe der Berliner Finanzkreise zustande kommen und zwar fül das Geld von amerikanischen und englischen Bankfirmen durc Vermittlung Deutschland- Rumänien zur Verfügung gestellt werden. Wie verlautet, soll diese Anleihe unverzüglich nach Eröffnung des Parlamentes perfekt werden, sodaß die Ratifi Jh derselben noch in diesem Herbst stattfinden werde. Die Hälfte dieser Anleihe wird zum Wiederaufbau der rumänischen Eisenbahnen bewüßt wer- .. ; EE Säwester Cordula Von Clara Blüthgen Die Oberschwester Cordula begann ihre lette Tagesrunde durch die Räume des Kinderasyls. In dem großen, mit ernster Oelfarbe gestrichenen Saale, der frostig wie ein Eiskeller anmutete, lagenin ven weißen Eisenbetten, unter weißen Bezügen die Heizen Geschöpfe, die hier Aufnahme gefunden hatten, wenige Wochen alt, bis zu einem Jahre hinauf. Meist Kinder der Liebe, Erdenbürger, vor vetren ein dornenvoller Weg sich breitete, die aber hier mit aller Liebe und Sorgfalt umhegt wurden, damit sie einen Schaß von Kraft in sich sammelten, auf für späteren Widerstand und Kampf. Die Oberschwester Cordula ließ sich von der Pflegeschwefter Bericht erstatten. Im ganzen stand alles git: hier eine kleine Magenverstimmung, dort sogar ein bißchen Fieber, alles nicht der Rede wert. Wie ein geschulter Arzt gab sie Anweisungen, bückte sich über jedes Bettchen, freicheite zärtlich die kleinen unbehaarten Köpfe und schob ihre Finger zwischen hie zusammengeballten Händchen. An einem Bett verweilte sie länger. Dieses einjährige Mädelchen war ihr besonderer Liebling. Mit dem dunkeln Kraus8haar und dem blanken braunen Augen war es wie von ihrer eigenen Art. Sie nahm auf den Arm. Kerzengerade konnte es schon sagen, seine Händchen tasteten verlangend nach ver prallen roten Bade der Schwester. Cordula Drückte es an sich: „O du goldiges Ding du, wie habe ich dich lieb, wie habe euch alle lieb, die ihr hier in den weißen Kissen liegt! Aber Hand aufs Herz, ist's nicht Betrug, eine Verschiebung der Gefühle? Habe ich euch lieb, ihr fremden Kinder von irgend wem, oder liebe ich in euch die Kinder, wie ich selber hätte haben sollen?“ Fremde Kinder um sich, und in tiefster Seele den brennenden Wunsch nach dem Kinde aus eigenem Fleisch und Blut! Wie das nagte und peinigte und zur Selbstentäußerung zwang alle die Jahre hindurch. Aber nun kam die große Wendung; in einem, in zwei Jahren längstens würde sie ihr eigenes Kind, auf dem Arm halten, dunkel und fröhlich wie Diesel — —. Bis in ihr stilles Schwesternzimmer folgte ihr die beglühende Vorstellung. Sie schaltete das elektrische Licht ein und trat vor den Spiegel. Das weiße, fronenartige Spizenhäubchen mit den langen Fliegeenden sah fast, wie ein Brautschleier aus, und wenn auch das Kleid das düstere Schwarz der Tracht zeigte und bis zum Halse geschlossen war, so verriet es doch eine anmutige Schulterlinie und eine volle, straffe Brust. 59 Dann 309 fie, scheu wie ein ganz junges Mädchen, einen Schlüssel am Bante aus den Falten der Bluse, und nachdem sie sich überzeugt, daß die Tür fest, ganz fest verschlossen war, öffnete sie eine Kassette, entnahm ihr einen Brief, der freilich so oft gelesen war, daß sie ihn auswendig kannte, an dem sie sich aber immer von neuem sättigte. „Etwas, das brüchig geworden ist bis in die lezte Faser, soll man nicht wieder zusammenleimen