Banater Deutsche Zeitung, September 1927 (Jahrgang 9, nr. 195-219)
1927-09-01 / nr. 195
: Wonnerstag den 1. September 1927 „Banater Bene, je Zeitung" Seite 3 ae die Gewerbetreibenden Befreiung der nicht schreibkundigen und ohne Gesellen arbeitenden Meister von der Buchführungspflicht In der gestrigen Sitzung des Verwaltungsrates der Handels- und Gewerbekammer wurden mehrere Fragen behandelt, die für den Handels- und Gewer- Bor bestand: von außerordentlicher Bedeutung 100; allen Dingen soll die Buchführungspflicht der Kaufleute und Gewerbetreibenden erwähnt werden, die mit dem morgigen Tag in Kraft tritt. Der Lugoscher Gewerbetreibende Rosalin schnitt die Frage an und wies darauf hin, daß 50 bis 60 Prozent der Gewerbetreibenden dieser Aufgabe nicht gewachsen seien. Richard Kun, der den Vorsitz führte, erklärte, daß die Kammer schon vor Monaten eine Eingabe an das Ministerium gerichtet hat, ohne daß sie bisher eine Antwort erhalten hätte. Generalsekretär Eugen Lendvai erörterte das Gesetz über die Buchführungspflicht, von der nur solche Meister befreit sind, die bloß Reparaturen machen. Alle anderen müssen ein Journal und ein Inventarbuch führen. Die Handelskammer ersuchte vor einiger Zeit die Union der Handelskammern, bei der Regierung Schritte zu unternehmen, daß die Meister, die ohne Gesellen arbeiten oder nicht schreibkundig sind, keine Geschäftsbücher zu führen haben. Sträflingsarbeit als Konkurrenz Nachdem, seitens der Gewerbetreibenden schon öfter, Klagen laut wurden, daß in einigen Gefängnissen die Sträflinge mit Erzeugung von Gewerbeartikel beschäftigt werden, die auf den Märkten zum Verkauf gelangen, wodurch den steuerzahlenden Meistern viele Kunden entzogen werden, beschloß die Kammer, das Ministerium zu ersuchen, daß die von den Sträflingen erzeugten Artikel nur im Gefängnis durch eine besondere Verkaufsstelle abgeseßt werden. Romulus Molin beantragte, durch die Kammerunion dem Ministerium vorzuschlagen, daß in den Gefängnissen nur für Waisenhäuser und eventuell für die Armee gearbeitet werden dürfe. Der Verwaltungsrat befaßte sich noch, mit dem Sejegentwurf, zur Regelung der Heimindustrie und stellte fest, daß bei ung diese Frage keine Bedeutung hat. Allerdings hält sie die Beaufsichtigung der Heimindustrie für notwendig. Generalsekretär Lendvai verlas das Schreiben des Handelsministeriums über die Ernennung des Handelsinspektors Virgil Popovici zum Regie rungsfkommissär der Handelsfammer. Richard Kun, begrüßte den neuen Regierungskommissär als einen Mann, der mit den hiesigen Verhältnissen vertraut ist und für die Interessen des Handels und des Gewerbes zu jeder Zeit bereit ist einzutreten. Regierungskommissär Popovici bedankte sich für die Begrüßung und versicherte die Kammer, daß er sie in ihren Bestrebungen unterstoßen wird. Die Lugoscher Handelskammer eine Sprengung der wirtschaftlichen Einheit des Banats. Die voriges Jahr aufgestellte Handels- und Gewerbekammer von Lugosch, deren Wirkungskreis sich auch auf das Karascher Komitat erstrecken soll, bildete gestern wieder den Gegenstand einer langen Diskussion. Romulus Molin aus Orawißa brachte die Sache zur Sprache und erklärte, die Lugoscher Kammer sei eine Winkelkammer, von der niemand amtlich Kenntnis nehme. Die Kaufleute und Gewerbetreibenden wollen auch weiterhin zur Temeswarer Handelskammer gehören und die Anwesenheit eines großen Teiles weise, daß auch der Ratsmitglieder aus Lugosch biesie nicht für die neue Kammer sind, deren Lebensfähigkeit nicht gesichert sei. Dieselben Ansichten vertrat auch N. Dobrescu. Der Verwaltungsrat brachte nachher den Beschluß, in Angelegenheit der Lugoscher Kammer eine Denkschrift an das Handelsministerium zu richten. Darin soll auf die wirtschaftliche Einheit der Komitate Temes-Torontal, Karasch und Severin hingewiesen und betont werden, daß es angesichts dieser Tatsache zu wünschen sei, daß es auf diesem Gebiet nur eine Handels- und Gewerbekammer gebe. Zum Schluß hat der Verwaltungsrat statt des Ingenieurs Eugen Muntean, der nach Klausenburg übersiedelt Peter Pastilla ist, den Lugoscher Großindustriellen zu seinem Mitglied kooptiert. Generalsekretär Lendvai teilte hierauf noch mit, daß das Arbeitsministerium den Direktor der Krankenkassa Nikolaus Sosdeanu an Stelle Dobrotaz3 in die Kammer delegierte. . k . 1:42 I: . Während beim Amtsblatt die Millionenunterschlagung entdeckt wird, erschießt sich ein Polizist, weil er seine Gattin und seine 4 Kinder nicht erhalten konnte Die Millionenunterschlagung beim „Monitorul Oficial“, der Selbstmord des Direktors und die Verhaftung des Generaldirektors und des Oberkassiers nahmen die öffentliche Aufmerksamkeit in den legten Tagen derart in Anspruch, daß der Selbstmord eines Kronstädter Polizisten, der eigentlich die Kehrseite zu dem Riesenschwindel beim Amtsblatt bildet, beinahe unbemerkt blieb. Eine knappe Meldung über den Fall lautete wie folgt: Der Polizeiagent Konstantin Tutu hat seinem Leben ein Ende gemacht, indem er sich eine Gewehrkugel in die Brust jagte. Sein Tod war niederschmetternd. Der Grund zu seiner Tat ihn materielles Elend gewesen sein. Er hinterläßt eine Gattin mit vier Kindern. Die „Kronstädter Zeitung“, der wir diese Nachricht entnehmen, bemerkt dazu: In einer Wachstube des hiesigen Polizeigebäudes hat sich der Polizist Konstantin Tutu das Leben genommen und sich auf seine Weise mit einem System auseinandergesetzt, das er als gegeben ansehen mußte, aber außerstande war, es abzuändern. Wer war Tutu? Ein namenloser Held. Ein armer Polizist, der aus der Moldau her verseßteN und der... seine Fähnilie in größter Not in ier Heimat zurückgelassen hat. Auf anständige Weise konnte er nicht soviel verdienen, daß er seinen in Not und Armut befindlichen Angehörigen hätte helfen können. Aus diesem Zwiespalt zwischen Liebe zu den Seinen und zwischen der ehrlichen Beamtenpflicht fand er keinen anderen Ausweg, als daß er sich selber in den Abgrund stürzte. Er war wie der Generaldirektor des „Monitorul Oficial“ ein Seiltänzer der Beamtenlaufbahn. Während der eine aber mit Millionen sich bereichern konnte, weil er sich in die Realitäten dieses Lebens hineinfand und sie für sich auszuwügen wußte, so ist der andere unter dem Rad geblieben, weil er seine bessere Natur nicht unterdrücken wollte, weil er nicht sich, sondern der Gemeinschaft, dem Staate, der Gerechtigkeit, Geseklichkeit, der Mission des Beamtentums dienen wollte. Nur wer mit Blindheit geschlagen ist, kann diese Zeichen nicht verstehen und die Lehren nicht beherzigen, die aus diesen niederdrückenden Ereignissen innerhalb der Beamtenschaft unseres Landes gezogen werden müssen. Wann wird die Einsicht in diese Sachlage auch bei der Regierung dämmern ? * Damen-Frilz und Samthüte vorteilhafteit bei Fima N. Daniel. 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August, früh 8 Uhr: 17,5 Grad Celsius, Barometerstand 753.1. Barograph etwas steigend. Wetter gleichbleibend, Apothekeninspektion. Bis einschließlich den 4. September halten folgende Apotheken Nachtdienst und Sonntagsinspektion: Junnere Stadt: Barmherzigen und Weiß, Domplatz; -- Fabrik: Holz, Busiascherstraße und „Apostel“, Heuplas 16; --- Elisabethstadt: Keller, Rabengasse 2; — Josefstadt: Braun, Bentzgasse. Trauermesse für König Ferdinand. Am 1. September, am 40. Todestage König Ferdinands I findet in Curtea de Arges eine Trauermesse für das Seelenheil des verbliebenen Suveränen statt, an welcher außer der königlichen Familie auch das gesamte Kabinett teilnehmen wird. Auf der Rückkehr wird das Kabinett im Sonderzug einen Ministerrat abhalten. Aus diesem Anlasse findet morgen 11 Uhr in der Domkirche im Beisein des Bischofs Augustin Pacha ein Trauergottesdienst mit Libera statt. Neuer Provinzialprior des Salvatorianerordens. Die Leitung des Salvatorianerordens8 ernannte den Elisabethstädter Pfarrer Norbert Kerl zum Provinzialprior des Salvatorianerordens in Rumänien. Der Pater Kolumban Csiplik ist mit der weltlichen Priester der Tschanader Diözese eingetreten. Erlaubnis des Ordens in die Reihe + Dreißigjähriges Dienstjubiläum Direktors Halbherrs, Morgen Firma Gea-Krayer feiert der angesehene Direktor der sein dreißigjähriges Dienstjubiläum bei der Firma, wo er während all dieser Jahre mit gewissenhafter und strebsamer Arbeit sich nicht nur die Anerkennung seiner Vorgesetzten, sondern auch der ganzen Temesmwarer Geschäftspost erwarb. Anläßlich des Festtages werden die Prinzipale und Kollegen zu Ehren des Direktors eine schöne Feierlichkeit veranstalten. Einschreibungen in die Deutsch:fath. Volksschule (Musterschule), Innere Stadt. Die Einschreibungen in die Deutsch-katholische Volksschule finden in der Zeit vom 1. bis einschließlich 6. September täglich von 8 bis halb 1 Uhr in der Kanzlei des Banater Schülerheimes (Banatia, gegenüber der Hauptpost) statt. E53 wird darauf hingewiesen, daß dies die einzige deutsche katholische Volksschule der Inneren Stadt ist. Da eine Erweiterung im Lehrkörper vorgenommen wurde, werden noch weitere Anmeldungen, nicht nur für die 1., sondern auch für die 2., 3. und 4. Klasse entgegengenommen. Schwäbische Hochzeit in Barakhausen. Unser Berichterstatter in Barakhausen teilt ung folgendes mit: Hier fand eine schöne schwäbische Hochzeit statt. Der Sohn Franz des Kisteleper Ehepaars Hans und Katharina Federspiel führte die Ziehtochter Therese des hiesigen Landwirtenehepaars Johann und Therese Kleins zum Traualtar. Den Trauungstakt nahm Hochw. Pfarrer Franz Amschlinger aus Knez vor und hielt eine zu Herzen gehende Ansprache an das neuvermählte Paar. Abends fand im Marketschen großen Gasthaus ein gemeinsames Nachtmahl statt, an dem 160 geladene Gäste teilnahmen. Die Kinderlähmung bereits vor drei Jahren nach Rumänien eingeschleppt. Wie aus Craiova gemeldet wird, ist die zur Zeit im Altreich und vereinzelt auch in den neu angegliederten Gebieten Rumäniens epidemisch auftretende Kinderlähmung Dort bereits vor drei Jahren aufgetreten. Die Epidemie wütete auch damals in den Monaten August und September am heftigsten, um mit dem Eintreten des Winters ganz zu verschwinden. Eröffnungvorstellung im neuen Temeswarer Theater. Bei der gestern mittags abgehaltenen Sitzung des ständigen Ausschusses der Stadt Temeswar kam unter anderem auch der Theaterbau zur Sprache. Es wurde die beruhigende Erklärung abgegeben, daß der in die Länge gezogene Bau endlich seiner Fertigstellung entgegengehe. Zur Eröffnung wird es Ende November (höchstwahrscheinlich" "Donnerstag, den 20. November) kommen, u. zw. gelangt zur Aufführung die 4-aktige Oper des Direktors des städtischen Konservatoriums Sabin B. Dragos „Gottesstrafe“, u. zw. als Erstaufführung. An derselben werden fast alle Solomitglieder der Klausenburger rumänischen Oper mitwirken, ebenso deren Chorpersonal und das Orchester. Mit den Vorarbeiten für die Festlichkeiten zur Eröffnungsvorstellung sind von Seiten des ständigen Ausschusses Die Mitglieder Dr. Georg Craciun, Dr.Frid Hajdu, „Josef Reiter und Dr. Franz Schmid, ferner von Seiten des Stadtmagistrates Magistratsrat Emil und städtischer Oberingenieur Adrian Suciu betraut worden. * Leihzeitschriften bei Libro. Schlosser, 1Gradinariu