Banater Deutsche Zeitung, Oktober 1927 (Jahrgang 9, nr. 220-245)
1927-10-14 / nr. 231
Seite 2 1 Der Finanzminister beginnt zu sparen Die Eisenbahn kann ihre Imlandsschulden wieder nicht bezahlen Aus Bukarest wird gemeldet: Unlängst ging die Nachricht durch die Presse, die Generaldirektion der Eisenbahn trage sich mit dem Gedanken, zur Begleichung der inländischen Schulden Anleihe von 700 Millionen aufzunehmen, eine an der sich der Staat mit 400 und die Banken mit 300 Millionen Lei beteiligt hätten. In dieser Sache ist nun eine unerwartete Wendung eingetreten, da Finanzminister Vintila Bratianu nur die Aufnahme von 300 Millionen Lei, die das Finanzministerium zur Verfügung stellte, genehmigte, obgleich die inländischen Schulden der Eisenbahn 680 Millionen Leibe tragen. Laut „Cuvantul“ bleibt dem Generaldirektor der Eisenbahn Teodorescu nichts anderes übrig, als die Konsequenzen daraus zu ziehen und abzudanten. Maniu vor dem Staatsanwalt Nachklänge zu den Wahlmißbräuchen aus Bukarest wird gemeldet: Der Führer national-zaranistischen Partei Julius Maniu, der erhielt unlängst eine Vorladung zum Klausenburger Gericht wegen einer Erklärung, die er nach den Wahlen abgab und in der die Richterschaft von Hermannstadt eine Beleidigung des Richterforps sah. Moamin erschien gestern beim Untersuchungsrichter Bossie und erklärte, die Verantwortung für die Erklärung zu übernehmen. Gleichzeitig ersuchte er den Untersuchungsrichter, sich die Akten über die Wahlen im Hermannstädter Komitat vorlegen zu lassen, und betonte, die Beschuldigung, die Richter seien bei den Wahlen nicht unparteiisch gewesen, beziehe sich nicht auf die ganze Richterschaft, sondern nur auf einzelne Richter. un = 9; Wer Be im die echten VW. . . = sei Aspirin Tabletten in einem Glas Wasser. Daher Gewähr für hervorragende Wirkung. Kaufen Sie echten nur die Aspirin-Tabletten in der Originalpackung mit der grünweißroten Siegelmarke! eee nn nn So zerfallen nn nn eee I nn == Ing R g= ruhen, als bis ich siebenmal so vielen, als in dieser Nacht durch meine Schuld ertranken, das Leben gerettet. Wenn mir das gelänge, dann wollte ich darin ein Zeichen der Gnade Gottes sehen und meine Sühne für vollbracht ,“ erachten. — Deshalb ich Das, was ich bin. Die Zeitung meldete damals sieben, die in der See versanken. E3 war die ganze Bejagung eines Schoners. Also siebenmal sieben mußten e3 werden.“ Wieder steckte der Alte die . erkaltete wurde „Pfeife in Brand. Dann holte er die Bibel und zog ein an den Rändern stark vergilbtes Blatt hervor. “ „Hier, sehen Sie! Es waren 45!“ Mit steifen Strichen zeichnete er andächtig zwei neue Sterne. Dann streckte er dem Fremden die Hand hin, die dieser wortlos drückte. „Nun fehlen bloß noch zwei!“ Er klappte die Bibel zu und stellte sie umständlich an ihren alten Platz. Sie tranken noch ein Glas. Dann bereitete der Alte auf dem großen altmodischen Kanapee ein Lager für den Gast und ersparte ihm damit den Weg zum Nähequartier im Nachbardorf. Ermattet von der körperlichen Anstrengung fiel der Fremde bald in tiefen Schlaf. Der alte Lotse aber ging in die Nacht Hinaus an den Strand und starrte in das Kreisen des Leucht- Feuers. 1:1 — — Im nächsten Frühjahr kam der Fremde wieder. Vor dem Dorf traf er den Lehrer. Seine erste Frage galt dem alten Lotsen. „Der ist vor einem Monat geblieben. - Es war bei Nordost. Sie hatten zwei Mann von einem Fscherboot geborgen. Dabei ist der Alte über Bord gefallen. Alles Sachen half nichts. Er ist wohl: gleich sacht weggeglitten, ja. Als er nach zwei Tagen antrieb und wir ihn aufhoben, da sah er so still und friedlich aus, als hätte er zuletzt noch gesagt: E83 ist vollbracht . Eos FE m „Banater Deutsche Zeitung" Freitag, den 14. Oktober 1927 Ein Generalinspektor des Finanzministeriums untersucht die Steuerbeschwerden und informiert sich über die Temeswarer Wirtschaftslage schaftsorganisationen Gestern abend traf der Generalinspektor im Finanzministerium, Julius Lazarescu, in Temesmwar ein, um die Beschwerden der hiesigen Wirtin Steuersachen, die durch mehrere Denkschriften dem Finanzministerium zur Kenntnis gebracht wurden, zu untersuchen. Generalinspektor Lazarescu empfing heute vormittag die Vertreter der Presse und gab ihnen über das Ziel seines Temeswarer Aufenthaltes folgenden Ausschluß: — Die Klagen, die das Finanzministerium aus den Denkschriften der Vertretungen des Handels und der Industrie vernahm, beziehen sich auf die übermäßig hohe Besteuerung, auf die rürfsichtslose Steuereintreibung und auf die Revision der in den letzten Jahren entrichteten Steuern. Finanzminister Vintila Bratianu, der bestrebt ist, überall Abhilfe zu schaffen, wo nicht grundlos geklagt wird, war es persönlich, der mir den Auftrag gab, nach Temeswar zu kommen und eine gründliche Untersuchung vorzunehmen. Vor allen Dingen werde ich Die Tätigkeit der Finanzadministration überprüfen um zu sehen, ob alles in Ordnung sei und sich nicht Fälle unrechtmäßiger Behandlung von Steuerträgern feststellen lassen. 2 Im Ausmaße der Notwendigkeit werde ich mit den Steuerträgern selbst in Fühlung treten, einige von ihnen vorladendene Unternehmungen besuchen, und verschiedeine Aufgabe beschränkt sich nicht auf die Untersuchung der Steuerbeschwerden. I< bin entsendet worden, um mich auch über die allgemeine Wirtschaftslage in Temešwar wahrheitsgetreu zu unterrichten, was eine längere Zeit dauern wird. — Betreffend die nachträgliche Steuerrevision werde ich mich mit Finanzinspektor T 3aram, den ich „telegraphisch von meiner Ankunft in Temeswar verständigte, in Verbindung setzen. Dies ist darum notwendig, weil Finanzinspektor Tzaran kürzlich im Zusammenhang mit der Steuerrevision in Temeswar eine Untersuchung vollzog. So ersuche das steuerzahlende Publikum, sich zu beruhigen und Finanzminister Vintila Bratianu vollstes Vertrauen entgegenzubringen. Dem Finanzminister liegt es vollkommen fern, eine Besteuerung gutzuheißen, die auf die Vernichtung des Steuerträgers ausgeht. Das gegenwärtige Steuergesetz, das er erbrachte, beruht auf dem Einklang der Steuerfähigkeit der Bürgerschaft und der Staatsbedürfnisse. Wenn seine Intentionen vom Finanzminister der vorigen Regierung mißverstanden wurde, so trifft keineswegs ihn dafür die Schuld. VERDESIENLIEHIIREETIIICHTOEHPEHEIDIIIESIERE CS Wirtschaftliche Selbsthilfe und das Genossenschaftswesen des Banater Deutschtums Von ©. Wehenfel, Dipl.-Volkswirt, Breslau Von einem reichsdeutschen Herrn, der seit drei Monaten die deutschen Siedlungsgebiete in Rumänien bereist und sich speziell mit dem Studium der Lage des deutschen Genossenschaftswesens befaßt hat, wird uns folgendes mit dem Bemerken übermittelt, da „nachfolgende Zeilen ganz auf persönlichen Eindrücken während eines kurzen Ichs im Banat beruhen, und sich weder in die lokale politische Situation einmischen wollen, noch „Anspruch auf 1 Lichigkeit aller Beobachtungen 2 ee der Grit), ei, * machen. Be In seinem Aufsatz über die „Wirtschaftliche Selbsthilfe“ des Banater Deutschtum hat Herr Dr. Reitter vor allem auf die Notwendigkeit hingewiesen, durch Senkung der Zinssätze und zielbewußtes Zusammenarbeiten der Geldinstitute die unhaltbaren Zustände, die im Banate auf dem Gebiete des landwirtschaftlichen und gewerblichen Kredites bestehen, zu bessern. Herr Dr. Reitter fordert bekanntlich, daß die Großbanken die Dorfinstitute tatkräftig unterstoßen, denn dadurch würden die Kredite viel günstiger vergeben werden können, als direkt durch die Banken mit ihrer teuren Verwaltung. ES sei gestattet in diesem Zusammenhang einmal die Aufmerksamkeit auf die Genossenschaften zu lenken. Die ja international allgemein als die geeignetesten Kreditinstitute des kleinen Mannes besonders auf dem Lande angesehen werden. Im Banat gibt es nun auch eine große Anzahl besonders ländlicher Genossenschaften, die nach verschiedenstem System organisiert sind. Jedoch leiden sie vor allem unter dem Fehlen einer Zentralstelle, die geistig Richtung weisend wäre und gleichzeitig als Geldausgleichstelle zu dienen hätte. Es gibt z. B. eine Anzahl Raiffeisenkassen, die, auf dem Prinzip der unbeschränkten Haftpflicht ausgebaut, von tüchtigen und redlichen Männern geführt, das wirtschaftliche Rückgrat ihrer Gemeinde darstellen und auch in hohem Maße kreditwürdig sind. Dann wieder gibt es Genossenschaften mit den verschiedensten Haftungsarten und Kapitalhöhen, solche, die ihren Zweck, der Verbilligung des Kredites wirklich dienen, andere, die ihr Hauptbestreben darin sehen, ihren Mitgliedern hohe Dividenden zu beschaffen. Alle diese Institute stehen, wie schon gesagt, ganz isoliert da. Ein gegenseitiger Austausch der Erfahrungen findet kaum statt. Meist gehören sie nicht einmal einem Revisionsverband an. Als Folge dieser Erscheinung finden wir die Tatsache, daß in manchen dieser Genossenschaften die Eimgagen augenblicklich die hinausgegebenen Darlehen weit übersteigen, in anderen hingegen Kreditnmtangel herrscht. Um das überschüssige Geld wenigstens irgendwie zinstragend anzulegen, wird es dann in der Regel in städtische Banken gebracht und geht dort seinem eigentlichen Zweck, gegenseitige Kredithilfe auf dem Lande zu leisten, verloren, oder dient oft volksfremden Elementen zu spekulativem Erwerb. So arbeiten viele dieser Institute nebeneinander, oft gar gegeneinander und bieten siches Bild, in der Gänze gesehen, ein ziemlich klug- Man hört nun auf dem Lande, besonders in den Heidedörfern, vielfach die Ansicht vertreten, daß das Genossenschaftswesen eine primitive Form der ländlichen Kreditwirtschaft sei, daß es für die „großzügigen“ Verhältnisse nicht passe. — Nun, ein BKi aus Deutschland mit seinem vorzüglichen und segensreich wirkenden Genossenschaftswesen, das meist nach dem Raiffeisenprinzip aufgebaut ist, dürfte das wohl widerlegen. So „großzügig“ sind übrigens hier auch die Verhältnisse in reichen Dörfern nicht. Ueberall gibt es stets auch eine große Anzahl wirtschaftsschwäherer Bauern und Handwerker, für die das Bestehen von Kreditgenossenschaften, die, ehrenamtlich geleitet, schon wegen der geringeren Spesen billigeres Geld geben könnten, bitter notwendig wäre. Wer einmal sehen will,wie “segenreich eine gute Genossenschaf arbeiten kann, der schaue sich z. B. die Segenthauer- Raiffeisenkasse an. Diese Genossenschaft, 1909 mit 32 Mitgliedern gegründet, erfaßt heute bei einem Mitgliederstand von 349 Vierfünftel der im Ort vorhandenen Familien, wirkt durch ein eigenes Warengeschäft als Preisregulator und bietet in seinem Kasino einen geeigneten Ort für Versammlungen der örtlichen Vereine, ist somit kultureller Mittelpunkt. Wenn man den Aufruf zu wirtschaftlicher Selbsthilfe richtig auffaßt, so dürfte darunter zu verstehen sein, daß das Banater Deutschtum in seiner Gesamtheit, in seinen Gliederungen, sich selbst hilft. Aus diesem Gedanken heraus ergibt sich die Notwendigkeit, daß alle diese einzelnen Genossenschaften sich zusammenschließen, um so einander und sich selbst zu helfen, wie das in anderen deutschen Gebieten Rumäniens schon der Fall ist. Die Anregung eines Revisionsverbandes aller schwäbischen Geldinstitute ist sehr zu begrüßen, aber die Genossenschaften müssen eine eigene Zentrale haben, da ihre geistigen und materiellen Bedürfnisse naturgemäß nun einmal andere sind, als die von Erwerbsinstituten. Ein Zentralverband der schwäbischen Genossenschaften hätte zunächst einmal seine Aufgabe darin zu sehen, nach einer genauen Erfassung der Kreditvereine — man weiß ja heute nicht einmal genau, wo eigentlich welche bestehen — auf eine möglichst weitgehende Vereinheitlichung der Organisationsformen und Geschäftsprinzipien hinzuwirken. Neben der regelmäßigen Revision hätte er die Einzelgenossenschaften über die ins Fach schlagenden staatl. Verordnungen und Seieße auf dem Laufenden zu halten und durch Einrichtung von Buchhalterlehrgängen und dgl. für die Heranbildung eines einheitlich geschulten Personals zu sorgen. Das auf finanziellem Gebiete die Vereinheitlichung der Zinsräte, wie auch der Ausgleich der Einlagenüberschüsse zu seinen Aufgaben gehörten, sei nur nebenbei erwähnt. 1213 es gelänge, und die ersten Schritte sind auf diesem Wege schon getan, die hiesige Raiffeisenzentrale W.-G. von der bisherigen reinen Erwerbsgesellschaft zu einem Institute umzugestalten, das seine Aufgabe im Dienst an den Genossenschaften sieht, so wäre eine der dringendsten Fragen bereits gelöst. ATS aller wichtigsten erscheint aber doch die Notwendigkeit der geistigen Zusammenfassung und Betreuung der genossenschaftlichen Institute, eine Aufgabe, die der bisherige siebenbürgische Senoffenschaftsverband unter seinem hervorragenden Wirtschaftsführer Dr. Korl Wolff, mit Hilfe der Hermannstädter Sparkassa, vorbildlich gelöst hat. Eile tut jedoch not, damit all die schwäbischen Genossenschaften, die isoliert nur selten Großes leisten können, eine neue Kraftquelle finden, aus der sie frisches Leben schöpfen, zum Besten des Volksganzen. Es da