Banater Deutsche Zeitung, November 1927 (Jahrgang 9, nr. 246-270)

1927-11-01 / nr. 246

= - ? : Dienstag, 1. November 1927. „Banater Beutsche Ze­it" En ZZ HZ ZZ“ Zenn =<] weiten Das Recht auf die Erhöhung der Miete für requirierte­­­­ Wohnungen neuerlich anerkannt Widersprüche zwischen dem Requirierungsregulament vom Mai und einer kürzlich herausgegebenen Innenministeriums Als am 16. Mai d. h­. im „Monitorul Oficial“ ein durch allerhöchstes königliches Dekret bestätigtes „Regulament“ erschien, glaubte alle Welt nun end­­lich einmal eine unverrügbare Grundlage in der Anwendung der Wohnungsrequirierungen erhal­­ten zu haben. Das „Regulament“ wurde mittelst Innerministerialverordnung ab 1. Juni in Kraft getreten erklärt. Nun hat es aber der Innenminister für gut befunden, das durch königliches Dekret s­ank­­tionierte „Regulament“ durch eine an alle Komi­­tatspräfekten ergangene Zirkularverordnung zu „er­­klären“ und zu „ergänzen.“ Nachfolgend die wichtigsten Bestimmungen der neuen Verordnung. (Zum Vergleich ziehen wir die­­ Bestimmungen des „Regulamentes “ran): Nach Art. 2 des „Regulamentes“: „Requiriert werden dann nur für solche Staatsbeamten und Offiziere, welche aus einem anderen Ort der neuen Gebiete hervorlegt wurden, um einen anderen Be­­amten oder Offizier zu ersetzen.“ Punkt 1 der Verord­­nung sagt nun: „Wohnungen können nur für solche requiriert werden, welche jeglicher Unterkunft ent­­behren, oder wenn sich ihr Stand durch Heirat, Ge­­burten usw. verändert hat. Diejenigen, welche Woh­­nungen bereits besitzen, können nicht unter dem Titel gegen neu zurequirierende auflasfen, daß die Woh­­nung unrein, ungesund oder zu­ weit von­ der Dienst­­stelle sei.“ Nach dieser Bestimmung ist es ganz gut mög­­lich, daß z. B. ein Offizier, welcher bisher als Junggeselle ein requiriertes Zimmer besaß, nun aber geheiratet hat, ein zweites bezw. Br Zimmer sich dazu requirieren lassen ann. Punkt 2 der Verordnung enthält die Wiederho­­lung des Art. 4 des „Reg“, daß von einer vermiete­­ten Wohnung nichts requiriert werden kann. Akt. 3 bestimmt, daß der Eigentümer, der einen Requirierungsschein zugestellt erhalten hat, über die vetr. Wohnung nicht mehr verfügen kann. (War auch bisher.) Punkt 4 enthält die Verfügung, daß für Komi­­tats- und städtische Beamte nicht requiriert werden darf. ji Punkt 5 der Verordnung setz sich in Gegensatz zum Maren Wortlaut des Art. 5 des „Regulamentes“, in dem bloß die Häuser der Kriegswitwen und­­ Wai­­sen von der Requirierung befreit sein sollen. Das Regulament hatte diese Freiheit bekamnt­­lich auf alle Witwen und Waisen ausgedehnt. Punkt 6: Eine Requirierung im allgemeinen, nicht für eine bestimmte Person, ist unstatthaft. Zum Schlusse enthält doch auch eine Bestimmung, diese Verordnung aber welche, richtig ange­­wandt, manche Unzufriedenheiten mit den Requirie­­rungen wenigstens einigermaßen mildern wird. Bekanntlich sind die von­ der Requirierung be­­troffenen Hausbesrger nicht nur deswegen entrüstet, weil ihnen das freie Verfügungsrecht beschränkt sondern weil sie eine Miete erhalten, welche oft weit ist, unter dem Mindestbetrag stehen, welchen das Miet- EEE IE SE SHS EIE EIR RE HIHI LISTET EASE RG EU TRETRITENBETNE SS KER WIIRE gejeg für gewöhnlichen Mieter vorsieht. Schon das Regulament enthält in seinem 7. Artikel die Verfü­­gung, daß Beamte und Offizier für seine requirierte Wohnung so viel zahlen muß, als das Mietgeseß vorschreibt und daß die Nichtzahlung dieser Miete für den Inhaber der requirierten Wohnung dieselbe verhängnis­volle Wirkung hat, wie für den Mieter. Die Verordnung wiederholt diese Bestim­­mung, setzt aber hinzu, daß die Erhöhung der Miete nicht von Amts wegen, sondern nur auf Verlangen des Haus­besitzers stattfindet. Bei dieser Gelegenheit muß der im Jahre 1914 er­­haltene Mietzins nachgewiesen werden. Eu SIR­A TESTEN SCHE EEE ZERERIE SICHT GIS SR SS IESE I EINE SRI | Kirchliche Nachrichten. Am Sonntag, den 30. d. M. feierte die hierortige evangelische Kirchenge­­meinde A.­B. das Reformationsfest im Rahmen einer erhebenden Festlichkeit. Zum schönen Gelingen dieser Feier hat der formvollendete, kräftige Vor­­trag des alten Lutherliedes „Ein feste Burg ist unser Gott“ durch den gemischten Chor des „Eintracht“ deutschen Gesangvereines, unter der meisterhaften Leitung seines Chormeisters Direktor Nikolaus Bose, sehr viel beigetragen. Berordnung 16. des ­ Die Katastrophe des Dampfers „Prinzipessa Mafalda“ Der Dampfer „Prinzipessa Maf alda“ Das Musikzimmer des Dampfers Der Dampfer gehört der Navigazione Generale Italiana und ver­­kehrte als Luxusdampfer auf der Linie von Genua und Barcelona nach Rio de Janeiro und Buenos Aires. Er war 150 Meter lang breit, 20 Meter hoch, in zehn wasserdichte Abteilungen geteilt und mit doppeltem Boden in seiner ganzen Länge versehen. Mit 12000 Tonnen und einer Fahrgeschwindigkeit von 18 Meilen in der Stunde war er einer der besten italienischen Dampfer. 17 Meter Das vierte Gebot. Von R. » -­­- Hoher Gerichtshof !“ I< will nit noch mal alles erzählen, was i in meinem Leben durchg'macht a hab’ ; aber die Herren können's mir glauben, daß 's schwer war. I hab’ mit meim­ Mann arm ang’fangen und durch Fleiß hab'n wir uns die Wirtschaft erarbei­­tet . . .“ Das alte abgehärmte Weib wies ihre schwieli­­gen Hände vor, „und hab'n die Kinder groß g’zogen. "Aber bitter is, wenn man dann von d'n Kindern nur Undank hat und in die alten Tag' auf der Straßen steht, sein Brot z'sammenbetteln muß, weil ein'm die Kinder nik erhalten woll'n ; ja 's ist halt so: a“ Mutter kann eher zwölf Kinder erhalten als zwölf Kinder a Mutter . . .!“ Die alte Frau drückte schluchzend die Schürze vor das Gesicht, ihr verhärmter Körper bebte in verhaltenem Gram : „3 hab’ nie was mit d'm G'richt z'tun g'habt und heut' hab’ i her müssen, daß d's Gericht mir hilft, und mein Sohn zwingt mich zu erhalten... .“ Der Richter sah mitleidsvoll auf die Sammergestalt vor si), dann wandte er sich an den beklagten Sohn der alten Frau. „Sie müssen doch ein Herz für Ihre alte Mutter, haben... [hauen Sie sich das alte, gramgebeugte Weib an, das ist doch Ihre Mutter! Haben Sie denn nie etwas vom vierten Gebot gehört?“ Der Angeklagte drehte verlegen den Hut in der Hand, ein Neigen des Kopfes schien als Antwort auf die Frage des Richters zu gelten. „Nun also!“ die Stimme des Richters klang un­­gewöhnlich ernst. „So warten Sie nicht erst bis das irdische Gericht Sie dazu zwingt, Ihre alte, arbeitsun­­fähige Mutter zu erhalten . . .“ 3 „3 will­­ ja erhalten, Herr Richter“, verfeßte Anton Höcker, „aber in d'r Wirkschaft lass' s niemand’n herum kommandieren; da bin i der Herr!“ „Über einen guten Rat werden Sie doch von der lebenserfahrenen Frau auch anhören können! Sie sind ja heute ein wohlhabender Mann und diese alte Frau, Ihre Mutter, hat den Wohlstand miterarbeitet.. .“ „Heuf sind andere Seiten“, verjeßte der ungeratene Sohn, „i hab’ a Famili", ic kann d' Wirtschaft nit so führ'n wie |’ vor dreißig, vierzig Jahren g’führt word’n is­ d' Alte will das nit einseh’n!“ „Kurzum“, der Richter beendigte die Verhandlung, „ich verpflichte Sie Ihre Mutter zu erhalten‘... so, und die Prozeßkosten fallen auch Ihnen zu! Abtreten!“ Draußen überschaltete der Sohn die alte Mutter mit einer Flut von Vorwürfen... Weinend folgte das alte Weib der hohen Gestalt ihres rüstigen Sohnes, der das Pferd vor dem Wagen spannte, sich auf dem Bock schwang und nach Hause fuhr. h Mochte die alte Mutter den weiten Weg zu Fuß gehen. Und sie ging. Das heißt sie schleppte meter entfernten Heimatsdorfe sich nach dem vierzehn Kilo­­. .. Schweren Herzens bog sie nac Stunden in die Gasse, wo das Gehöfte ihres Sohnes lag, ihr Gehöfte, in dem sie Jahrzehnte an der Seite ihres nunmehr seligen Mannes wirtschaftete und aus dem sie der Sohn vertrieben hatte... Was wird er jekt tun? Wird er sich dem Richterspruche fügen und die alte Frau in­ s Haus nehmen? Und wie wird ihr Leben dann sein?­­] Die alte Mutter hatte sich aufgerichtet, Wie ein Racheengel stand „Davonjagen sie vor dem Undankbaren, rust du dein’ alte Mutter von d'r Schwellen ihres Hofes, wo i dich und deine G'schwister groß g'zogen hab'?“­ . Drohend hob sie den dürren Arm in die Höhe. „3 gehe, denn sonst laßt d' noch den Hund auf dein’ alte Mutter los, daß 'r ihr d'n lezten Feßen vom Leib' reißt... aber der Hergokt wird Dich find’n... mich siehst nimmer auf dein’ Hof... aber Du... du wirft d'n Weg noch zu dein’r alten Mutter find’n.... !“ * Das alte Weib stand draußen in stürmischer Nacht, Mächtig zitterte die Erregung in der dürren Brust und heftig pochte das Herz. Wohin? Zu einem guten Nachbarn? Zu einen guten, alten Freund ? Sie halte nur einen, und der lag schon lange draußen­­ auf dem Friedhofe. Dahin lenkte Lange hockte sie die Abgehärmte ihre müden Schritte, in stürmischer Nacht auf dem Grabe des Gatten. „Wenn i nur a so a klein's Plaßerl da finden könnt’n, murmelte sie, und ausruhen von all'n Leid...“ Und sie fand das Plaßerl, von wo sie niemand mehr vertreiben konnte . . . Allerseelen . . . : Draußen funkelt es auf allen Gräbern, dicht schlägt der Kerzenrauch zum finsteren Himmel hinauf. In Prozession, mit brennenden Kerzen in den Hän­­den, führt der Ortspfarrer die Gemeinde auf den Fried­­hof und in geschlossenen Reihen, ordnungsgemäß, kehrt die Gemeinde von dort wieder heim ... Nur einer war zurückgeblieben. RER kniete der ungeratene Sohn am Mutter­­grabe . . . ja, er hatte den Weg zu ihr gefunden ; der führte aber durch Unglück in der Familie, durch Not infolge verlorener, kostspieliger Prozesse, dar. Umsjtehen des Viehstandes. Die Hand der Vorsehung ruht schwer auf ihn . . gerunsene Wolken jagen am Himmel und verdun­­keln die Mondscheibe, damit die milden Strahlen nicht das Wühlen des Mannes beleuchten, dessen Hände tief in­s Mustergrab dringen . . . Sind das Gewissensbisse ? Reue ob der Mißachtung des vierten Gebotes .e. ‚Zögernd “ stand das verhitzelte Weib vor dem statt­­lichen Bauerngehöfte, als ob sie sich's überlegen würde einzutreten. fegte Der Novembersturm brauste durch die Dorfgasse und die herbstlichroten, abgefallenen Blätter die Straße hinab. Fester zog das hüstelnde Weib das Tuch um die eckigen Schultern, dann­ drückte sie zaghaft die Türklinge und trat in den Hof. Der Hund an der Kette schlug an, zerrte an der langen Kette und stürzte sich wütend der alten Frau ent­­gegen, die er als Fremde betrachtete. Das wütende Gebell riesiger aus der Stube gelockt, des Hundes hatte den Hof- Finster zogen sich die buschigen Brauen zusammen und hart klang's von den Lippen des Mannes: „Nu, was gibt's ?“ Die alte Mutter war schüchtern nähergetreten. „Häkk' bald nik rein können ; gut, daß das böse Vieh angekeltet is; 's fallt einem an, als ob man da­s Fremder wär'. . .“ Es hätte ein Scherz sein sollen, der über den pein­­lichen Moment hinweghelfen sollte, klang aber wie bittere Ironie.­­ Der große Mann schien es auch so zu verstehen. „D'r Hund sagt's Euch eh, daß Ihr da fremd seid, fremde Leuk duldet er nit am Hof... und i auch nit...“ jeßte er entschlossen hinzu und wies mit nicht zu verkennbarer Gebärde auf die Hoftür, | '

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