Banater Deutsche Zeitung, Februar 1928 (Jahrgang 10, nr. 25-48)
1928-02-01 / nr. 25
Preis 4 Lei De Bezugepreis: Inland K ganzjährig 980 Lei, und monatlich 90 Lei. Zustellung halbjährig 500 Lei, vierteljährig 260 Lei in Temeswar . Timiroara-Temeswar, Mitttwoch, den 1. Feber 1928 10 Lei monatlich. Ausland ganzjährig 7 Dollar. — Einzelpreis: 10. Jahrgang Schriftleitung und Verwaltung: Temeswar, Stadt, Deutsches Haus. --- Bezugspreis für das „Fernsprecher : Schriftleitung Nr. 14-18. Verwaltung Nr. 4-66. Achtseitig 4 Lei, zwölfseitig 5 PB. Erscheint täglich 4 Uhr nachmittags außer Sonn und Feiertagen. Nr. 25 TEE EEE ELITE WEL ATFZ SEN KIRN Die Nationalzaranisten sprechen der gegenwärtigen Regierung das Recht ab, Gesetze votieren zu lassen Bratianu tut die Erklärung der Nationalzaranisten mit einer Geste ab . Die Verlängerung der Mietverträge wieder erörtert Bukarest. 30. Jänner. In der heutigen Kammersitzung erklärte der Liberale Istrate Micescu, er werde auf seine Auseinandersezung mit Ma dgearu zurückkommen, sobald das Ehrengericht, das die Angelegenheit übertragen worden sei, dazu Stellung genommen habe. Der Nationalzaranist Emil Bop führte bei dem Finanzminister Beschwerde wegen verschiedener Willkürakte des Finanzdirektors im Ccharlsburg. 5cu sprach über das Woh- ERNER RR mwei, I Dem Parteikongreß in Jassy teilzunehmen, besprach sodann die der Versammlung vorausgegangenen Zwischenfälle, wobei er darauf hinwies, daß Mihalache und Maca 1 e38cu von Gendarmen angegriffen worden seien; trogdem habe die Versammlung einen imposanten Verlauf genommen. Vaida schloß mit der Aufforderung an die Regierung, die Versammlungsfreiheit auch für die Nationalzaranisten zu garaäantieren, da diese Partei für die Aufrechterhaltung der Ordnung alle Verantwortung übernehme. ‚ Unterstaatssekretär Franasovici erwiderte, er habe beim Lesen des Berichtes über den Verlauf der Versammlung in Jassy als sicher angenommen, daß die Nationalzaranisten diesmal seinen Grund finden würden für die immer wieder fehrenden Proteste im Parlament. “die Nationalzaranisten im mwapiafet,hine: 5. Dr. Viid nahm dari y „der YU An, ‚Da die Regierung die Tasse, werde das Land zeigen, daß es auf seiten der ARGREMBIERMEN, sei. Zur Tagesordnung übergehend wurde das Gesetz über die Reorganisierung des Finanzministeriums verhandelt. Von seiten der Nationalzaranisten sprach Abgeordneter Popovici zur Vorlage, der dabei den Entwurf einer eingehenden Kritik unterzog. Abschließend verlas der Redner eine Erklärung seiner Partei, in der es heißt, daß die heutige Regierung als eine provisorische angesehen wird und daher nicht berechtigt sei, Gesetze zu votieren. Die Nationalzaranisten nehmen aus diesem Grunde zu diesen Geseten nur vom Standpunkt der jöglichen Meinung Stellung. Ministerpräsident Vintila Eratianı bemerkte azU, es sei dieselbe Erklärung, die von den Nationalzaranisten seit fünf Jahren immer wiederholt werde. Die Wirkung werde gleichfalls dieselbe bleiben wie bisher. Im Senat kam es nach unwesentlichen Mitteilungen ebenfalls zu einer Auseinanderlegung zwischen dem Nationalzaranisten Mironescu und Minister Duca über den Kongreß in Jassy. Der Verlauf war analog wie im Falle Dr. Vaida-Franasovoci in der Kammer. Sonst habe es in der ha seinen besonderen Moment. LAIEN ° „Dimineatza“ er- fi 2a verteidigungsrat in nächster Zeit zur Beschlußfass über einen außerordentlichen Kredit, den die Armee zu ihrer modernen Ausrüstung benötigt, eine Sitzung abhalten, an der sich u. a. Prinz Nikolaus, Ministerpräsident Biitinn Bratianu, Kriegsminister General Paul Angelescu und der Vertreter des Generalstabs beteiligen werden. Laut „Diminentza“ handelt es sich um einen Kredit von 30 Milliarden Lei, der in zehn Jahresraten flüssig gemacht werden soll. ER hung der Jer verypaiet € Batlamentsdebatten ' erfotar. Hp Til ' y ucas, ge HI: den] 7 .., nasovicis | Der Dienstmann unter „seelischem Zwang“ Die Geschichte eines Kusses Von Andre v. Kun Diese eigenartige Geschichte — man könnte sie c am besten eine „Tragigroteske“ nennen handelt zwar ausschließlich von einem Kuß, hat aber mit der sogenannten „Liebe“ nichts zu tun. Sie begann mit einem Kuß im Bahnhof von Neapel und endete nach einer des Vorfalls würdigen Gerichtsverhandlung mit der Verurteilung der Privatklägerin. Den denkwürdigen Kuß verabreichte der biedere Dienstmann Mario Bellini der schönen Signora Anita, der Gattin eines Mailänder Ingenieurs. Das Unglück geschah an einem strahlenden Sonntag. Auf dem Bahnhof herrschte ein überaus lebhaftes Treiben .Die Reisenden mußten sich daher vor den Schaltern anstellen und übermäßig lange auf ihre Abfertigung warten. Besonders die Gepäckaufgabe wurde bestürmt; unter den Wartenden befand sich auch die leidende Heldin dieser Geschichte, Frau Anita Varratini. Hinter ihr stand ein Dienstmann, der die feine Dame mit seinen Blicken förmlich verschlang. Auf einmal — sämtliche Augenzeugen erzählten den Vorfall übereinstimmend — ließ der Mann die seiner Obhut anvertrauten Gepäcstücke fallen, umarmte die ahmungslose Schöne, hielt sie einige Sekunden fest umschlungen und drückte der sich verzweifelt Wehrenden einen Kuß an den Mund. Die wenig alltägliche Szene erregt allgemeine Heiterkeit. Erst als die Leute merkten, daß es sich um ein „Attentat“ handelte, sprangen mehrere Herren herbei und befreiten das unschuldige Opfer aus der unerwünschten Umarmung. Der zweite Akt der köstlichen Komödie spielte sich vor den gestrengen Richtern Neapels ab. Mario verteidigte sich mit echt italienischer Leidenschaft: „Ich handelte unter seelischem Zwang, hoher Gerichtshof, ich konnte nicht anders, ich mußte die Dame küssen. Als ich sie erblikte, um eine „unbeschreibliche Unruhe über mich, wie ich sie noch nie im Leben verspürt habe. Ich konnte den Bli nicht mehr von Jan Varratini wenden . . .“ „Wie lange standen Sie denn hinter der Dame?“ unterbrach der erstaunte Richter den Redefluß des Frevlers. „Wenn ich das wüßte! Die ganze Welt versank ja um mich herum, ich sah nur sie, ihre Arme, ihre Beine... „Auf die Einzelheiten sind wir nicht neugierig. Sind sie eigentlich verheiratet?“ ; „Dawohl. I< habe eine brave Frau und vier gesunde Kinder.“ Diese Beichte rief bei der Zuhörerschaft im Saale lebhafte Bewegung hervor. Selbst der menschenfreundliche Richter schüttelte mißbilligend den Kopf. „Vier Kinder, das ist wirklich ein erschwerender Umstand.“ Mario sah wohl ein, daß sein „Sittlichkeitsverbrechen“ im Hinblick auf seine Familie noch niederträchtiger erschien, denn er schwieg einige Augenblicke. Dann sagte er leise: „Es gibt im Menschenleben Augenblicke, Herr Gerichtsrat, wo wir alles vergessen. Der Aagenblick, wo Frau um dicht vor mir stand, war eben ein solcher Varra. . .“ Nun ergriff, die Privatklägerin das Wort. Sie war noch immer empört: „Bedenken Sie, meine Herren, daß gerade ich, eine korrekte Gattin und Mutter, in eine solche fatale Lage kommen mußte. Ich bin ja für mein ganzes Leben kompromittiert!“ Der Vorsitzende versuchte, Frau Anita milder zu stimmen: „So schlimm wird's wohl nicht sein, gnädige Frau. Eine Umarmung und ein einziger Kuß sind ja noch feine Todsünde. Es ist übrigens eine ganz alltägliche Erscheinung, daß sich die Menschen vor der Abreise auf diese Weise verabschieden, und so dürfte der gewiß engere Vorfall bald in Vergessenheit geraten.“ „Das spielt hier seine Rolle, ich will meine Genugtuung haben. Der Dienstmann mußte sehen, wen er vor sich hatte. I< bin eine Dame der Gesellschaft, und die seelischen Zustände eines Mannes aus dem Volke gehen mich nichts an. Ich verlange die rücksichtslose Bestrafung des Unverschämten.“ „Der ungebildete Dienstmann wußte wohl nicht, daß Sie eine so vornehme Dame sind,“ lenkte der Richter ein, den die „soziologischen“ Aufklärungen etwas peinlich berührten. Frau Anita fertigte ihn aber schnippisch lächelnd ab: „Gerade ein Dienstmann, der sein ganzes Leben auf dem Bahnhof verbringt, muß doch den Unterschied zwischen der ersten und dritten Wagenklasse genau kennen.“ Dagegen konnte nun selbst ein Richter Mussolinis nichts sagen. Der Bereichende unterbreitete also der „Dame erster Klasse“ der Entschuldigung seitens den Vorschlag, sich mit eines „Mannes aus dem Volke“ zufrieden zu geben. Mit den Worten „Um Entschuldigung kann mich nur ein Mensch meiner Gesellschaft bitten,“ lehnte die Unentwegte diese Zumutung ab und fügte hinzu, daß der Dienstmann sie überhaupt nicht beleidigen könne. Es handele sich hier vielmehr um ein Verbrechen, das empfindlich bestraft werden müsse . . . Der Vertreter Bellinis führte aus, sein Schüßling habe zweifellos in unzurechnungsfähigem Zustande, unter „seelischem Zwang“ NEIN: Die Richter seien auch Männer, die diesen Zustand außerordentlicher Erregung verstehen würden, wenn... ! Die Vertreter der Gerechtigkeit verbaten sich diesen „Vergleich“ und fällten dann ihr wahrhaft salomonisches Urteil,indem sie Mario wohl schuldig spra<en und ihn pro forma mit zwei Tagen Gefängnis bestraften. In Anbetracht der mildernden Umstände jedoch (die Herren Richter waren also doch Männer, die „verstanden!“) wurde dem Schwerenöter Bewährungsfrist bewilligt. So braucht der verkappte Don Juan die achtundvierzig Stunden vorläufig nicht abzusäten. Frau Anita war nun der Meinung, daß es überhaupt seine Gerechtigkeit auf Erden gäbe, und äußerte diese ihre Ansicht unvorsichtigerweise etwas laut. Sehr zu ihrem Schaden, denn sie wurde wegen Beleidigung des hohen Gerichtshofes an Ort und Stelle „zu einer Geldstrafe“ von hundert Lire verurteilt. In Anbetracht der, NL er Umstände ohne Bewährungsfrist . ' |