Banater Deutsche Zeitung, Juli 1928 (Jahrgang 10, nr. 144-169)
1928-07-01 / nr. 144
- Vaxapiatii im “umerar aprobare Dir. Gen. P. T. T. ‚Na. 43504, — 1827. MY066 soulatium ® et Preis 5 Lei Bezugspreis bei Vorauszahlung: ganzjährig 980, Halbjährig 500, vierteljährig 260, monatlich 90 Lei. — Zustellung in Temeswar 10 Lei monatlic. — Ausland monatlich 150 Lei. — Bei Zahlung im Nachhinein wird der monatliche Bezugspreis berechnet. — Einzelpr.: 4. Sonntag 5 Lei 10. Jahrgang Schriftleitung und Verwaltung: Temeswar, Staat, Deutsches Haus. Fernsprecher: Schriftleitung Nr. 14—18, Verwaltung Nr. 466. Erscheint täglic 4 Uhr nachmittags. Timisovara-Temeswar EINE IREEN r, Sonntag, den 1. Juli 1928. Nr. 144 Die National-Zaranisten rechten wieder mit der Möglichkeit einer Kabinettskrise Ein Kommunique bezüglich der verfehlten Wirtschafts Finanzpolitik Bintila Bratianus Bukarest, 30. Juni. Die gestrige „Dreptatea“ veröffentlichten Blättern ein Kommunique, das auch den übrizugesetzt wurde. Die national-zaranistische Parteileitung nimmt darin gegen einen vorgestern erschienenen Artikel in der „Independance Roumpaine“ Stellung, der einen Appell an sämtliche politische Gruppen zur gemeinsamen Zusammenarbeit in den großen Fragen der höheren Staatsinteressen enthält. In diesem ungewöhnlich langen Kommunique wird unter Anderem betont, die verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik Vintila Bratianus zeitige fest ihre traurigen Ergebnisse. Die National-Zaranisten seien im Prinzipe ganz und gar nicht gegen eine Anleihe und man nur gegen Stabilisierung unserer Währung, die ganz unzulässige Art und eine Stellung, wie die" RLWe ERROR " Die nächste Liberalen dieselben vertrirf,da sich bis Dienstag oder Mittwoch ,das Schifsal der Anleihe- und Stabilisierungsverhandlungen endgültig entscheiden dürfte. Hiebei kommen nur drei Möglichkeiten in Betracht: Entweder die Anleihe- und Stabilisierungsfrage wird abgeschlossen, auf den Herbst verschoben oder definitiv als mißlungen von der Tagesordnung genommen. In den beiden letzteren Fällen aber wird die Regierung die sich ergebenden Konsequenzen in Erwägung ziehen müssen. In diesem Sinne schreiben sämtliche Hauptstadtblätter mit Ausnahme der rein liberalen Presse. Es wird die bedeutsame Frage gestellt, ob die Regierung im Falle eines Aufschubes der Verhandlungen bis zum Herbst imstande sein wird, den Ausbruch einer Kabinettskrise zu verhindern. Infolge all dieser Umstände und Möglichkeiten herrscht seit gestern in sämtlichen politischen Lagern eine erhöhte Tätigkeit. Die Opposition richtet sich in erste die Berson Vintila Braiianu 83, der Wirtschaftspolitik dem Auslande gegenüber in seiner derartige Fehler gemacht habe, daß dieselben jetzt sogar um den Preis der weitgehendsten Zugeständnisse und der größten Opfer für das Land von ihm nicht wieder gut gemacht werden sinten, . .. Das erwähnte Femminque National: hei erswifte x besüftigt‘ PB: u 7it Fi 4] er Außennpolitik, Dieses für gut und ven Interessen des andes entsprechend ansieht; dies sei Verdienst der Liberalen Partei, sondern ausschließlich dasjenige Dieser letzte Sas Hat begreiflicherweise Titulesens, in politischen Kreisen das größte Aussehen hervorgerufen und gibt reichlich Stoff für politische Zukunftskombinationen. Der heutige „Viitorul“ erklärt zu diesem Kommuniqque, daß die Opposition die wirkliche Lage wieder einmal gänzlich mißverstanden habe und umständlicherweise auf einen Appell antwortete, der ergangen worden sei. in Wirklichkeit gar nicht an die > hk und Linie gegen aber nicht das Die neue deutsche Reichsregierung Eine große Koalition ohne Bindung der Parteien Berlin, 30. Juni. Die neue Reichsregierung ist endlich gebildet. Abgeordneter Hermann Mülller-Fransen legte vom Reichspräsidenten Hindenburg die Ministerliste vor, die von dem Reichspräsidenten gebilligt wurde. Die neue deutsche Regierung hat folgende Zusammensetzung: Reichskanzler — Hermann Müller-Franken (Sozialdemokrat), Inneres — Severing (Sozialdemokrat), Finanzen — Dr. Hilferoding (Sozialdemokrat), Arbeitsministerium — Wisselfrat Aeußeres( Dr. Volkspartei), Stresemann (deutsche Wirtschaft — Dr. Curtius Justiz — Ernährung -- Dietrich Reichswehr — General Groener (parteilos), Reichspost- Spätel (bayrische Volkspartei), Verkehr und besetzte Gebietev. Guerard (Zentrum). Das neue Reichskabinett wird sich am kommenden Dienstag dem Reichstag vorstellen.Der Rebellenausschuß hat für Dienstag den Reichstag einberufen. Auf der Tagesordnung steht als einziger Punkt: Entgegennahme einer Negierungserklärung. * Das Kabinett Müller-Fransen seines Namens und das Siebzehnte das zweite in der deutschen Republik überhaupt. Die neuen Männer haben mit Ausnahme von Guerard alle schon einem Reichskabinett oder einer Länderregierung angehört. Müller- Franken war vom März bis Juni 1920 schon einmal Reichskanzler. Er steht im dreiundfüngfzigsten Lebensjahre, war ursprünglich Handlungsgehilfe und später Redakteur. Im parlamentarischen Leben steht er seit 1916. Innenminister Severing war preußischer Minister des Innern in den Jahren 1920 bis 1926. Dr. Stresemann ist in dem neuen Kabinett der dienstälteste Minister und wird infolgedessen auch die Stellvertretung des Reichskanzlers innehaben. Während seines jegigen Urlaubes wird er vom Reichskanzler vertreten werden. Dr. Hilferding ist von Beruf Arzt und war schon einmal Reichsminister, und zwar im Jahre 1923 im Kabinett Stresemann. Dr. Koch-Weser, der Führer der Demokraten, ist von Beruf Rechtsanwalt Er war im Kabinett Bauer Innenminister und blieb dann auch solcher in den Kabinetten Müller-Franken und Fehrenbach. V. Guerard ist erst als Siebenundfünfzigjähriger in das Parlament gekommen, dem er seit 1920 angehört. Seit einem Jahre ist er Fraktionsvorsitender des Zentrums. Dietrich-Baden ist als Neunundvierzigjähriger das jüngste Kabinettsmitglied. Er war badischer Minister des Auswärtigen im Jahre 1918 und ist seit 1919 Mitglied des Reichstages. Rudolf Wisse!, der neue Arbeitsminister, war nach dem Umsturz bereits Volksbeauftragter und, als eine parlamentarische Regierung gebildet wurde, in den ersten Kabinetten Scheidemann und Bauer Wirtschaftsminister. Er war ursprünglich Maschinenbauer und dann Gewerkschaftssekretär. Seit 1924 war er Schlichter für den Bezirk Groß-Berlin. Reichswirtschaftsminister Curtius und Reichswehrminister Groener waren bekanntlich im letzten Kabinett in gleicher Eigenschaft tätig. (Sozialdemo (Volkspartei), Ko<-Weser (Demokrat), (Demokrat), ist ; 4507} Se 4 I / Glossen Von Germanicus zwei Fälle von verweigerter Auslieferung. In dem einen handelt sichs um einen Wegelagerer gemeinsten Formats, dem es auf ein zwei oder drei Menschenleben nicht ankommt. Ungarn fordert diesen Stefan Hegedüs für sich, um ihn wegen Dort begangener Verbrechen zu bestrafen. Der Galgen wäre ihm sicher gewesen. Um ihm zu entgehen, mordete der Unmensch etliche Menschen, da er es wußte, daß er wegen der in Rumänien begangenen Verbrechen zuerst abgestraft werden müsse und erst dann an Ungarn ausgeliefert werde. Und nachdem das 2xumänische Geset im Höchstausmaße lebenslängliches Gefängnis vorsieht, entrinnt Hegedüs dem Galgen nur deshalb, weil er um zwei Menschenleben mehr vernichtete, um sein eigenes zu retten. Hätte er ich kein Verbrechen begangen, hätte Rumänien ihn ausgeliefert, und er wäre in Ungarn, trog dem sein Gewissen um zwei Menschenleben weniger belastet gewesen wäre, gehenft worden. &3 ist am Gesetze nichts zu deuteln. Der starre Buchstabe läßt keine andere Auslegung zu: Stefan Hegedüs, der aus Ungarn hieher geflüchtete Mörder darf nicht an sein Stammland ausgeliefert werden, das ihn hängen würde, nur weil er zwei rumänische Staatsbürger ermordete. Das nennt man juridische Auffassung. Wir Laien würden da einen anderen Standpunkt einnehmen. Wir würden das Prioritätsrecht gelten lassen. Der Verbrecher sollte in der Zeitfolge seiner Verbrechen verurteilt werden. In diesem Falle könnte Ungarn diesen Stefan Henedüs zuerst hängen und dann könnte ihn Rumänien noch immer in contumaciam zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilen. Wesentlich anders liegt der zweite Fall. Ungarn hat die Auslieferung des Kommunisten Bela Kun verlangt. Nachdem im Sinne zwischenstaatlicher Vereinbarungen Täter, die Verbrechen aus schen Gründen begehen, nicht auszuliefern sind politisnd weil besonders Oesterreich eine Schußstätte für kommunistisch Gestrandete zu sein scheint, hat die ungarische Justizbehörde die Auslieferung Bela Kuns bloß auf die von ihm persönlich begangenen zwei Fälle von gemeinen Verbrechen verlangt. In einem Falle soll der gewesene Diktator Ungarns seinen Leuten den Befehl erteilt haben, zwei ukrainische Offiziere ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zu ermorden. Dem Befehl wurde in Anwesenheit Kuns Folge geleistet. Im zweiten Falle hat Kun den ungarischen Hauptmann Mildner zu Tode foltern lassen. Der österreichische Oberlandesgerichtshof hat dem Ansuchen Ungarns Folge geleistet und Bela Kun, den Henker von vielen tausenden unschuldigen Menschen hätte sein verdientes Schnal ereilt, er wäre dem Henker verfallen gewesen, wenn der österreichische Justizminister nicht im Gegenzug zum Oberlandesgerichtshof die Auslieferung verweigert haben würde. Amtlich begründet wird dieses Verhalten des österreichischen Justizministers damit, daß die Schuld Bela Kung in den ihm zur Last gelegten zwei Straffällen nicht erwiesen erscheint. Man sollte meinen, daß ein Justizminister ein Minister für Gerechtigkeit sein soll. Dieser Minister fällt aber der Gerechtigkeit in den Arm und indem Bestrafung eines raschlosen Banditen verhindert, er die begeht er gleichsam einen Justizmord an der Justiz. Daß der Justizminister, wie seine Verteidiger verkünden, aus Furcht vor der Rache Sowjetrußlands zum Retter Bela Kun3 geworden ist, kann nicht gelten, denn wenn Oesterreich auch wehrlos ist, darf es dem Unrecht keinen Vorschub leisten. Selbst die Partei des Justizministers hat ihn darum fallen gelassen und er sah sich gezwungen, von seiner Vertrauensstelle als Justizminister zurückzutreten. Dem schweren Verdachte Nahrung bietend, daß er als Minister der Gerechtigkeit der Ungerechtigkeit mit offenen Augen und vielleicht geöffneten Händen freien Lauf gelassen hat. x Zwei Fälle! Grundverschieden zwar und doch - -