Banater Deutsche Zeitung, September 1929 (Jahrgang 11, nr. 197-221)

1929-09-01 / nr. 197

5 SE ZIN Banater Deutsche Zeitung, 3 U­yon ' . u. (EEE EEE EEE ESTER EEE BETTER EST SEEN ENTE FETT EEE RER TEE WARBEN UHER SEHEN . In der letzten Zeit ist es zu einem schweren Blut­­vergießen in dem Gebiete gekommen, das seit urbib­­lischen Zeiten das „gelobte Land“ heißt. Man hat das Kriegsrecht ausgesprochen und die englische Re­­gierung schi>fe Flugzeuge und Kriegsschiffe. Sie al­­lein muß schließlich auch die Verantwortung für ein Gebiet tragen, mit dessen Verwaltung und Mandats­­recht sie gleichzeitig eine ungeheure Verantwortung übernommen hat. Palästina ist heute noch derselbe brodelnde „Balkan der Levante“, der es schon unter der Türkenherrschaft war. Und wenn sich die Franzosen nach der Niederlage der Tür­­kei Syrien genommen haben und England das Man­­dat über Palästina, Transjordanien und den Irak erhielt, so ist­­ das schwierige Problem des seltsamen Völker­­und Konfessions­gemisches noch lange nicht gelöst, wenn man den Widerstreit politischer Interessen, den eine mißtrauische und leicht erregbare Voltefeele entfacht, mit Kanonendon­­ner und Fliegerbomben beantwortet. .. Jaffa, die Hafenstadt, heißt „die Schöne“. Sie ist das Eingangstor für alle die vielen Reisenden, die alljährlich nach Palästina kommen. Palästina ist Mode seit sich die Siedler aus der Zionistenbewe­­gung hier niederlassen. Und es war einmal der In­­­­begriff alles Gefährlichen, als ein kühner Normanne Saewulf im Jahre 1102 mit dreißig Schiffen nach Palästina fuhr. Dreiundzwanzig kamen im Sturm der Küste um. Es war vor Jaffa. Die Jahre sind vor­­bei, in denen alljährlich 50.000 Pilger aus Rußland hierher kamen und nach Jerusalem wanderten. Die Sowjetunion läßt die Russenkirche in Jaffa zerfallen. Und niemand kommt mehr aus Moskau oder Petro­­grad zu diesem südlichen Bollwerk der griechisch­­orientalischen Kirche, das mitten im blühenden Wip­­felmeer der Apfelsinen und schlanken Dattelpalmen­ zur Ruine wird. Palästina ist heute wieder eine jüdische Heimstätte, deren verantwortungsvolle Verwaltung in Englands Händen­ liegt. Die lezte Zählung ergab unter den 850.000 Einwohnern des Landes einen Anteil von 100.000 Juden und 75.000 Christen, einige tausend Anhänger verschiedener Sekten. Alle anderen sind Mohammedaner. Und rings um die ungeschützten Grenzen wohnen Mohammedaner . Seit 1920 wandern dauernd Juden in Palästina ein, deren Zu­­kunft durch die berühmte Balfour-Deklaration von 1917 gesichert sein soll. Und trotzdem steigt die Ziffer der Araber, die sich durch natürliche Bevölkerungs­­­zunahme vermehren, in gleichem Maße. Trotz der arabischen Mehrheit will sich die eingewanderte jü­­dische Minderheit ihr angestammtes Erbrecht auf das Land nicht schmälern lassen. Und man muß es vers­­tehen, daß diese Menschen, die alle europäischen Annehm­­lichkeiten zurückließen, um den Boden ihrer Urväter in zähem Fleiß zurückzugewinnen, noch größerer Opfer fähig sind, um ihren An­­spruch auf eine ungehemmte Entfaltung ihrer wirtschaftlichen Kraft und kulturellen Eigen­­art durchzusetzen. Tel-Aviv, diese Hochburg des Zionismus, ist ein Gemeinwesen, das aus den Erfahrungen der Tradi­­­tion und den Errungenschaften der modernsten Selbstverwaltung errichtet ist. Es zählt heute unge­­fähr 40.000 Einwohner. Außer ein paar Straßenschildern und Inschriften findet man englischen nichts Curopäisches. Alle Schriftzeichen sind hebräisch.­ ­ Da gibt es eine große Synagoge, ein neues modernes Opernhaus, das allerdings noch nicht beendet ist.. Dort findet man Kliniken, Häuser für Liehe und Alte. Ein reichgewordener Schlosser aus den Verei­­nigten Staaten ließ inmitten dieser seltsamen Stadt einen Wolkenkratzer errichten, dort gibt es ein Sies­benfamilienhaus, das von Juden aus Kasan erbaut wurde und zu den Sehenswürdigkeiten Tel-AvivZ3 ge­­hört. Aus diesen trostlosen Dünen haben Menschen in wenigen Jahren eine neue Stadt voll fri­­schen, pulsierenden Lebens hervorgezaubert. Und man hat hier Jugend. Es kommen junge Menschen aus Europa, die alles hinter sich ließen, was ihnen lieb und teuer war. Er gehört viel Opfer­­mut und guter Wille dazu, sich in diesem tropischen­ Klima an die harte Arbeit gewöhnen zu können, Die­ das Siedlerland verlangt. Doch die Jugend, die hier Stück für Stück dieses Bodens erkämpfen muß, weiß, den späteren Lohn zu schätzen.­­ Eine Eisenbahn verbindet Tel-Aviv mit Jerusa­­­lem. Und der Weg nach der heiligen Stadt, in der: “sich alle Völker und Religionen seit über 2000 Jahren eine Wohnstätte geschaffen haben, führt durch Die­ uferlosen Orangenhaine, durch die Weinberge Zion, deren riesige Kellereien auch das Abendland mit den­ berühmten Palästinaweinen versorgt. Dennoch steht dieser Vorposten, der seit einer­ Reihe von Jahren fest im Erdreich verankert schien, auf heißem Boden. Meldungen von Araber-Angrif­­­fen auf Tel-Aviv und Haifa erhellen die bittere­ Feindschaft zwischen den jüdischen Ansiedlern und­ den arabischen Einwohnern. Furchtbare Greuel ha­­­ben stattgefunden, und die Kämpfe dauern an . . .' was das für­ die europäischen Bewohner heißt, kann: nur der ermessen, der !­­ .: die mörderische Hitze, die Trockenheit und die Gefahr des Hungers kennt, die den Bewohnern von Haifa und dem Hin­­terland drohen. Wenn heute europäische Juden, unter denen ein großer Prozentsatz von Deutschen ist, den Kugeln der Araber zum Opfer fallen, die dauernd frische Munition aus Tranz3jordanien erhalten und auch durch die Tradition vieler Generationen für­ den ungleichen Kampf auf dem Boden Pal­ästinas' besser gerüstet sind, so würde man den Verlust solcher Menschenwerte nicht verantworten können. Denn jene ersten Pioniere, die auch deutsche Maschinen und Arbeitsmethoden nach Palästina brachten und an der Seite der christlichen Nachbarn zwischen Tel- Aviv und Sarona das erste Reis in den friedlich wiedererkämpften Boden senkten, haben aus einer Wüste ein Paradies gezaubert, der verloren gehe oder mit den Und daß ihnen die­­untragbaren Ofern des Menschenlebens bezahlt werde, sollte man in dem Land zu verhüten wissen, das schon seit Urzeiten das „gelobte Land“ heißt. Karl R. Hobrecht. Das gelobte Land affa, die „Schöne...“ - Nach der Türkenherrschaft die Franzosen und Engländer - Im eich der Christen, Fuden und en - Die Neuhebräerstadt Tel-Aviv, das Gemeinwesen der Intellektuellen 4­­­4 .­­ SET; ; Oben: Die Klagemauer in Jerusalem, daneben Tel Aviv, die modernste jüdische Siedlung, Unten: Der jetzige englische Ober­­kommissar von Palästina Chancellor, die Jaffastraße in Jerusalem ;­­ Herbert Sammel, der voraussichtlich wieder Oberfommiflär wird, vielleicht als Schriftsteller einen großen Namen er­­werben können und mußte als Kleinbauer oder Fabriks­arbeiter sein karges Leben fristen. 18 Man sagt zwar, und es gibt in aller Herren Länder viele Beispiele dafür, daß das wirkliche Ta­­lent auch durch die stiefmütterlichsten Verhältnisse durchdringt und zur Geltung gelangt, es ist aber den­­noch nicht immer ganz so. Talente werden geboren. Künstler oder Schriftsteller zu werden, kann man nicht erlernen. Aber zur Entwickelung der Talente, zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten müssen günstige Vor- und Grundbedingungen vorhanden sein. Er muß vor allem ein geistig aufnahmfähiges Volk da sein, das nach Kunst und Kultur durstet. Weshalb wir in der geistigen Kultur zurückgeblieben sind, er­ Härt sich aus unserer Vergangenheit, wo unseren Kindern die deutsche Kultur fast völlig verschlossen blieb. In Oesterreich und im Reiche erreichte deut­­sches Schrifttum, deutsche Kunst wohl eine ungeahnte Höhe, es fehlte uns Schwaben aber die Kulturge­­meinschaft mit dem Deutschtum über unseren Landes­­grenzen. Und jene wirklich hervorragenden Talente fremder Nationen, die sich aus den untersten Tiefen emporzuringen wußten, lebten im Rahmen ihrer gr­o­­ßen Nationen und nicht auf so einer verlassenen und entlegenen Sprachinsel, welche von unseren auswär­­tigen Volksbrüdern erst vor kurzer Zeit entdeckt we­r­­den mußte. Unsere schwäbischen Talente waren also eben von jenem Gebiete abgesperrt, wo sie zur Gel­­tung hätten gelangen können. Kein Wunder, daß sie bei diesem Stand der Dinge verschollen und als un­­bekannte Namenlose untergehen mußten. Wie ist diesem Uebel für die Zukunft abzuhel­­fen? Vor allem müßte da in den breitesten Kreisen unseres Volkes eine rege Kulturpropaganda ein­= seven Unserem Volke müßte es beigebracht werden, daß Kitsch und Kunst zwei grundverschiedene Dinge sind. Daß wirkliche Literatur unseren Geist bereichert und unsere Seele veredelt. Daß Reichtum vergänglich ist, Wissen aber ewige Lebenswerte darstellt. Daß die Künstler und Schriftsteller als Repräsentanten des geistigen Wesens unseres Volkes in größter Ehre und Achtung gehalten werden und wir alle auf sie stolz sein müssen usw. Dann will ich es nochmals unterstreichen, daß die Talente geboren werden. Nicht immer in Pracht­­wohnungen der Reichen, sondern gar oft in der Miet­­stube eines Taglöhners oder im schlichten Zimmer eines Kleinhäuslers. Als Söhne armer, ganz armer Leute, die nicht über Mitteln verfügen, ihre talentier­­ten Kinder ausbilden zu lassen. Denn einer gründli­­chen Vor- und Ausbildung bedarf auch das größte Talent. Was aber der einfache, der arme Mann nicht vermag, dazu ist eine ganze Gemeinde gewiß fähig. Wie wäre es, wenn talentierten Söhnen armer Leute durch ihre Geburtsgemeinden die nötigen Mittel zu ihrer Ausbildung geboten werden würden? Da müßten wir von den so viel beschimpften Juden ler­­nen. Wird da ein wirkliches Talent entdeckt, greift alles zusammen, weil sie sich klugerweise dessen be­­wußt sind, daß, wenn so ein Talent aus ihrem Volke zur Geltung gelangt, dessen Ruhm und Glanz auf­ das ganze Judentum herniederstrahlt. Die schöne und reiche Heidegemeinde Lo­wrin feiert Sonntag das 150jährige Jubiläum ihres Be­­standes. Den damit verbundenen Feierlichkeiten würde Lowrin gewiß die Krone aufregen, wenn der Gemeinderat diesen merkwürdiger Tag dadurch verewigen würde, daß er einen Beschluß erbringt, laut welchem die Gemeinde künftighin in ihren Kostenvoransc­hlag jedes Jahr eine Summe aufnimmt, welche je­der Au­s­bildung eines armen aber talentier­­ten Lohnesder Gemeinde widmet. Und wie schön wäre es, wenn all unsere — we­­nigstens wohlhabenden = Gemeinden diesem herzer­­hebendem Beispiele folgen würden. Dann, dann hät­­ten wir uns bald nicht mehr über verschollene schwä­­bische Talente­ zu beklagen, | | pi­nn­en a Seite Henerliche Zusammenstöße in Jerusalem Jerusalem, 31. August. V+... ÖOtraßen Jerusalems patrouillieren engli­­sche Soldaten, denen es bisher gelungen ist, die Ord­­nung aufrechtzuerhalten. Die Spannung ist trozdem groß und der amerikanische Konsul gab seinen Landsleuten den Rat, aus Palästina zu flüchten. Demzufolge sind alle nach Aegypten abgehende Züge mit amerikanischen Bürgern vollgepfercht. Die Araber stürmten gestern die Stadt Safied. Bei dem Kampfe wurden 9 Juden getötet und 30 verwundet. Viele Juden wurden verschleppt. Die Verluste der Araber sind nicht bekannt. Den letzten Nachrichten zufolge kam es in den Vorstädten Jerusalems trotz dem englischen Militär zu erneuten Zusammenstößen. Die Lage in Palästina ist äußerst kritisch. Die Araber richteten gegen die Kolonialartillerie einen Angriff. Englische Bombenflugzeuge kreuzen über , Palästina,

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