Banater Deutsche Zeitung, September 1935 (Jahrgang 17, nr. 195-219)

1935-09-01 / nr. 195

Seite 2 Banater Deutsche Zeitung der Habsburger trifft und nicht als eine interne Frage des einen oder des anderen Staates be­­trachten, weil sie die lebenswichtigen Interessen ihrer Staaten den Frieden Europas bedrohen kann. Jeder Versuch einer Restaurierung der Habsbur­­ger gefährdet das nationale Leben, die territoriale Integrität um das innenpolitische Regime der Staaten der Kleinen Entente. Dabei sind diese Staaten von jed­­wedem Vorurteil, jedwedem feindseligen Gefühle ge­­genüber den anderen Staaten Mitteleuropas frei. Im Gegenteil, sie wünschen es aufrichtig, mit diesen Staaten in freundschaftlicher und friedlicher Zusam­­menarbeit zu leben. Sie tun in ihrer Stellungnahme in der Habsburgfrage nichts anderes, als die rea­­len politischen Tatsachen festzustellen, Tatsachen, über die auch die Völker der drei Länder der Kleinen Entente vollkommen klar im Bilde sind. Und da die Dinge nun einmal so stehen, müßte eine Wiederkehr der Habs­­burger auf den Thron naturgemäß endgültig alle Aussichten einer freundschaftlichen Zeit all jener Staaten, Zusammener­­die dereinst­­ sollte. Die Kleine Entente ist davon überzeugt, daß diese ihre Auffassung niemals als ein Hindernis für eine Verständigung mit ihren Nachbarn angesehen wird und wünschet aufrichtig sowohl in dieser Frage, wie auch in allen anderen, die Würfer des Donau­­raumes interessierenden Fragen je eher ein endgül­­tiges und bindendes Uebereinkommen abgeschlossen zu sehen. Ein Uebereinkommen, das bei Wahrung der politischen Unabhängigkeit und Respektierung der territorialen Integrität ein ersprießliches politi­­sches und wirtschaftliches Zusammenarbeiten im Donauraum sichert. Die Haltung bei der Genfer Tagung 6. Der Rat der Kleinen Entente hat sodann all­­jene Fragen durchbesprochen, die bei der bevorstehen­­den Völkerbundsratstagung auf der Tagesordnung sein werden. Es wurde beschlossen, die Entwicklung der Dinge mit größter Aufmerksamkeit zu verfolgen und in Genf, sowie die Umstände es erfordern wer­­den, zur Festlegung eines gemeinsamen Stand­­punktes zusammenzukommen. Bei der Durchbera­­tung der in Genf zur Verhandlung kommenden Fra­­gen hat es sich ergeben, daß die Außenminister der Kleinen Entente, was die große Linie der in Genf einzunehmenden Haltung betrifft, vollkommen mit­­einander übereinstimmen. 7. Im­ bezug auf die allgemeine politische Lage ist zum Schluß beschlossen worden, daß die Außen­­minister der Kleinen Entente im Laufe der nächsten Wochen in ständiger Verbindung miteinander blei­­ben werden, zu der Habsburger-Monarchie hört haben, für alle Zukunft stören. Diese Staaten immer Diese werden unter ge­ zer­­­mmer Gegner Feinde einer Restaurierung sein Kräften dagegen einsetzen, Restaurierung und und sich mit allen welcher Form werden vorbereitet Sonntag, 1. September 1935 Der Kampf um die Einheit „Was glänzt ist für den Augenblick geboren, Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren“. Der Nationalismus­ hat in der Jetztzeit eine besondere Stärkung und wohl auch als Rückwirkung auf die Ideen des Marxismus eine politische Durch­­­schlagkraft bewiesen, wie er wohl in der Weltges­­chichte einzig dasteht. Es gab wohl zu verschiedenen Zeiten in den einzelnen Ländern verschiedene mehr oder minder national ausgerichtete Strömungen. Aber heute liegt die ganze Welt im Banne der Bes­­innung auf das eigene Volkstum. Das sich diese3 nationale Selbstbesinnen in verschiedenen politischen Strömungen verschieden äußert, liegt in der Natur der Sache. Für uns als Minderheiten ergibt sich aus­ diesen Gegebenheiten eine zweifache Stellung­­nahme. Einmal haben wir uns mit der nationalen­ Welle des uns umgebenden Mehrheitsvolkes abzu­­finden und die Stellungnahme zu beziehen, die un­­seren Lebensgeseten Rechnung trägt und zweitens haben wir unsere nationale Erneuerung in Bahnen, zu leiten, aus denen für uns als Volk das Beste ent­­sprießt. Um den Lebensgesteben eines Minderheiten­­volkes zu entsprechen, ergibt sich als erstes die Grund­­forderung der Einheit nach innen. Mangel einer nun zur Verfügung stehenden Polizeimacht, die unsere Gemeinschaft gegen „Nahestörer” und „Beit­räter”, gegen „nationale Disziplinlosigkeit“ schützen könnte, kann sich ein Minderheitenvolk nur auf sittli­­che Faktoren der Erziehung der Einzelmenschen zur­ Gemeinschaft stützen. Die große Aufgabe, die sich unsere Organisa­­tionsform (Deutschschwäbische­ Volksgemeinschaft) seit ihrer Gründung gestellt hat, war eben diese sitt­­liche Erziehung unseres Volkes zur Gemeinschaft. Und diese große Linie, die sowohl die bestehenden NENNEN JN­KERLITOTIRIKKUNILKRRNLARUHAALHGALITING ELTERN Uniformstoffe und jede Art Schnittware noch billiger in der TUNER Der ärmste Acheter „Rote Wirtschaft und weißer Wohlstand“ — Erschütternde Feststellungen Rinderboders über den Lebensstandard in Sowjetrußland Der bekannte amerikanische Schriftsteller H. R. Kinderboder veröffentlicht ist dem Titel „Rote Wirtschaft und weißer Wohl­­stand“ eine im Verlag Rohwolf (Berlin) erschiene­­ne Studie über die Lage des Arbeiters in Sotvie­­­rußland. Das Buch Kinderboderz, das keine Urteile enthält, in dem nur Tatsachen aus eigener Anschau­­ung berichtet werden, ein furchtbares Anklagedokument gegen die Bolschewisten, bei denen man es scon als ein Nachlassen des Terrors ansehen muß, wenn in sechs Monaten nicht viel mehr als 50 Personen er­­schoffen worden sind. Es ist zugleich eine ernste War­­nung vor der Sefahr, die einst für die westliche Zivi­­lisation ein Land von 170 Millionen Menschen bilden wird, denen es nur mehr schlechter gehen kann, Denen­ man alles zu tin muß und die völlig einer skrupel­­losen Diktatur ausgeliefert sind. Denn die Waffe die­­ser riesigen Nation mit ihren unerschöpflichen mensch­­lichen und materiell­en Hilfsquellen liegt in der Hand von Leuten, die die Weltrevolution auf ihre Fahnen geschrieben haben . ; ; Im Bestreben, Tatsachen über die Sowjetunion zu sammeln und sie 63­ d warnend, bald beruhigend in den westlichen Ländern zu verbreiten, dot er auf den Gedanken gekommen, heute, ist Knicker 2 Jahre nach der bolschewistischen Revolution, achtzehn den Lebensstandard des Volkes in der Sowjet­­union mit dem Lebensstandard in den nach dem Kriege vom Zarenjoch abgetrennten und kapitali­­stisch gebliebenen Ländern, Estland, Lettland, Li­­tauen und Polen zu vergleichen. Das gesammelte Material ist geeignet, viele Be­­hauptungen über die Lage der russischen Arbeiterschaft gründlich zu widerlegen. Nach sorgfältigen direkten Untersuchungen an Ort und Stelle wird das 95 bis 98 Prozent der Bevölkerung festgestellt, in vielen kapitalistischen Ländern heute materiell besser Daran sind als die 168 Millionen Russen die achtzehn Jahre lang unter der Flagge des Kommunismus schwer ge­­arbeitet haben. „Das eigentliche Kriterium ist in den Massen zu finden,“ sagt Knierbocker, „v21. den Arbei­­tern und Bauern, für die die Revolution gemacht wurde. Ich habe in all diesen Ländern dreißig Bauernhäuser , vom­ schlecesten 615 zum besten Textilgrosswarenhalle , Timișoara, 1. Bezirk, Piața Unirüi,­­ besucht. Die schlechtesten sah in Polen. Sie waren sehr schlecht. Aber auch noch in den Dreidörfern Süd­­ost-Polens waren die Bauern ebenso gut gekleidet, behaust und genährt, wie auf den besten Kollektivgü­­tern, die ich in Rußland gesehen habe. Selbst die pol­­nischen Landarbeiter waren materiell nachweislich besser gestellt als die russischen En Mehrzahl der Bauern in diesen Kollektivbauern. fünf Länder w­ar nicht nur materiell, sondern auch kulturell in einer unvergleichlich besseren Lage. ' Es bleibt also noch der Arbeiter, der Hauptför­­derer des Bolschewismus. Ich habe mindestens fünf­­zig Arbeiterheime in diesen Rußland vorgelagerten Ländern und etwa zwanzig Nur die allerärmsten in diesen in Moskau aufgesucht. Kapitalistischen Län­­dern ließen sich mit den besten Arbeiterheimen in der Nähe von Moskaus besten Fabriken vergleichen. Was Wohnungsverhältnisse, Ernährung, Kleidung und so­­gar Vergnügen betrifft, waren die kapitalistischen Ar­­beiter sichtlich im Vorteil.“ Ainderbyder hat sich da­­mit nicht begnügt, Statistiken zu sammeln, er ha sie ausgewertet, um zu klaren Ergebnissen zu kommen. So hat er durch eigene Ermittl­ iungen den Reallohn der Sowjetarbeit er im Vergleich zu dem der anderen Arbeiter untersucht und festgestellt, daß der Sowjetarbeiter jede Woche sieben Stunden mehr arbeiten muß als der Finne oder Pole, sechs Stunden mehr als der Leite oder der­­ Li­­tauer, und fünf Stunden mehr als der Este, um sich das gleiche Essen zu verdienen. Knk­erbroder glaubt damit nachgewiesen zu ha­­ben, daß die Bolschewisten ihr Versprechen, die kapi­­talistischen Länder einzuholen und zu übertreffen, bisher in keiner Weise erfüllt haben. Eine andere Frage ist es, ob das sozialistische Aus­­land überhaupt Fortschritte macht. Sm­idderboder ver­­gleicht die Sowjetunion mit einem riesigen Kapitali­­sten, der mehr Arbeiter beschäftigt als irgendein an­­derer und absolute diktatorische Gewalt über sie aus­­übt. Er habe sich daran gemacht, Rußland groß zu hungern und zu diesem Zivweg im ersten Fünfjahrs­­plan der Bevölkerung alle Ersparnisse weggenommen, um damit Maschinen zu bauen, ihr Opfer auferlegt, die sich kein anderes Volk der Welt gefallen gelassen­­ hätte. Nachdem viele Millionen Menschen dabei ge= Satzungen, als auch die ins Leben gerufenen Kul­­­­turanstalten beweisen, ist niemals preisgegeben wor­­­­den. Die stürmische Entwicklung, die unser junges Volk in der Nachkriegszeit mitgemacht hat, war na­­türlich auch nicht von Rückschlägen frei. Aber ge­­schichtliche Leistungen verlangen eine Allgemeinschaft und nicht ein „Sich-Stoßen“ an kleinen alltäglichen Unzulänglichkeiten. Niemals wurde von der alten Volkösgemeinschaft die große Linie — der Grundsatz der parteilosen, alle aufbauwilligen Volksgenossen umfassenden Volks­gemeinschaft preisgegeben. Auch in den letzten zwei unglückkichen Jahren des härtesten Bruderkampfes, wo alles in Parteizer­­rüttung zu zerreißen drohte, war die alte Deutsch­­schwäbische Volksgemeinschaft die einzige, die fort­­während zur Sammlung und zur Einigkeit rief: „Großes wird ein Volk nur dann schaffen wenn es hart und einig ist. Deshalb brauchen können, wir eine festgefüg­te, einheitliche, deutsche Volksfront. Deshalb verkünden wir stets und­ immerdar die UE AO BOER ISSING FREE RER ERBE TEE ERUERTTEEEET FERN ERFURTER sterben, hingerichtet und geopfert worden seien, Hät­­ten die Sowjet3 sehr genügend Maschinen, um den Industrialisierungsprozeß aus eigener Kraft fortzu­ seen, und die So­wjetmachthaber könnten nunmehr, nach dem zweiten Jahr des zweiten Fünfjahresplans daran gehen, der Bevölkerung einen Teil des Lohnes fließen zu lassen. Dieser Lohn ist nach den Ein­­drücken Knickerbo>ers minimal im Vergleich zu dem, was­ westliche Völker gewöhnt sind. Er werde aber von der russischen Bevölkerung selbst als Werbeffes­tung empfunden. Durch das unbeschreibliche Elend der letzten achtzehn Jahre ist das russische Volk so hart gemacht worden, daß es mit dem geringsten Zug­frieden ist. Knickerbo>er erhielt bei seinen Besuchen auf landwirtschaftlichen Kollektivfarmen den Ein­­druck, daß die russische Jugend keinerlei Begriff mehr davon hat, daß es ihr besser gehen könnte. Es fehlt ihr jeder Kontakt mit dem Ausland und die Erin­­nerung an frühere Zeiten ist mit den hingemor­­deten älteren Kulaken ausgestorben. Darum kann der übergroße Kapitalist Sowjet­­union es sich leisten, dem Bauern für eine Tonne Weizen 100 Rubel zu zahlen, und sie leist für 1100 und 2000 Rubel an die Bevölkerung weiterzuverkau­­fen. Er kann es sich leisten, gewaltige Gewinne aus der Bevölkerung herauszuhungern, ohne deshalb ir­­gendwelche Opposition fürchten zu müssen. Der Bauer, der täglich nur 10 Lei­ verdient, empfindet es schon als Luxus, wenn er nicht mehr auf dem Ofen zu schla­­fen braucht, sondern als besondere Vergünstigung vielleicht ein Bett für die ganze Familie erhält, unter

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