Die neue Zeitung, Juli-September 1930 (Jahrgang 1, nr. 6-31)

1930-07-02 / nr. 6

‘ . all JA allmählich langweilig geworden oder stirebt Mussolinis Tatendrang nach einem neuen­­ Felde der Betätigung. Neuwahlen in Deutschland. In deutschen Regierungskreisen rechnet man mit einer Auflösung des Reichstages im Juli und mit den Neuwahlen im September. Die neue Zeitung Formen anzunehmen, als man anfänglic in politischen reisen zu glauben geneigt war. Reisende, die aus La Paz, der Hauptstadt Boliviens, in Antofagasta eintrafen, berichteten, das bei den Un­­ruhen 34 Studenten, Frauen und Kinder getötet und mehrere hundert Personen verlegt wurden. Tornado in J. S. A. Der Staat Nebraska wurde­­ am 27. Juni von einem Tornado heimgesucht. Besonders gelitten haben die Orte Golhenburg und Cozad. Bisher wurden drei Tote und 50 Berichte festgeftellt. Die Arader Zeitung veröffentlicht einen Brief, der ihr von einem nach Kanada ausgewanderten Banater Schwaben zugegangen ist. Da Kanada sehr häufig als das Ziel auch unserer Auswanderer genannt wird, bringen auch wir den Brief, der in einfacher, ungeschminkter Art die dortigen Verhält­­nisse schildert: Tagesneuigkeiten. Die Konfessionsfeier in Augsburg. Festalt in der Barfüker-Kirche. In der Barfüher Kirche in der Jacober­­vorstadt wurde am 25. Juni die Ueberreichung der Augs­­burger Konfession gefeiert. Kopf an Kopf drängte sich die Menge. Die Festrede hielt Geheimer Kirchenrat D. Dr. Rendtorff. Das Augsburger Bekenntnis sei das Bekenntnis der Kirchen der Reformation. Es bedeute eine Zusammen­­fassung des göttlichen Heilwillens und gehöre dem Pro­­testantentum in seiner Gesamtheit. Die Botschaft von der neuen evangelischen Frömmigkeit sei nicht veraltet. Sie solle von der Augsburger Geier erneut hinausgehen in das Land und die Welt, an die ganze kirchliche Gemeinschaft der Reformation. Dann folgte die Heberreihung der vom Deutsch-Evan­­gelischen Kirchenausschuk veranstalteten Neuausgabe des Augsburger Bekenntnisses d­urch den Borfigenden der Ge­­lehrtenkommission, Professor D. Dr. Sigmann, an den Präsidenten des Deutsch-Evangelischen Kircenausschusses. Das Luther-Lied „Ein feste Burg it unser Gott" beschloß die eindrucksvolle Feier. Der Begrüßungsabend des Kir­­chentages fand im Lichthof des Balafthotels „Drei Mohren“ Statt. Reichsjustizminister Dr. Bredt eitbot den Gästen den Gruß des Reichspräsidenten er betonte in seiner Rede, daß die evangelische Kirche Deutschlands bei der neutralen Reichsverfassung es selbst, in der Hand habe, sich im friedli­­chen Sinne Geltung zu verschaffen, um die Gabe des Luthertums und der Reformation überhaupt h­ochzuhalten. Der bayerische Kultusminister, Holdenberger überbrachte die Wünsche des bayerischen Ministerpräsidenten und der bayerisjchen Regierung. Vertreten der befreundeten aus­­ländischen Kirchen würdigten mit beredten Worten die 400-Jahr-Feier. Am Abend gelangte im Stadttheater als Festvorstellung „Luther und Thomas Münzer“ von Liffauer zur Aufführung und wurde mit stürmischenm Beifall aufgenommen. Henfbreden-Schwärme bei Wien. Die Südbahn­­strede bei Wiener­ Neufstadt wurde am 25. Juni von riesigen­­ Steufchredenschwärmen heimgesucht, die besonders in den Abendstunden in derartigen Mengen auftraten, daß sie den Zugverkehr behinderten. In kurze Zeit hatten sie einige K­artoffel- und Kleefelder völlig kahl getrosfen. Der Haupt­­schwarm zeigte sich erst abends. Die Schwärme verbreiteten si. stellenweise in einer Länge von 30 Meter und bedrohten Geleise und Eisenbahnschienen. Von zwei Lastzügen mußte einer zurückirigiert werden, während der zweite infolge der kiebrigen Maffe, mit der die getöteten Heuschreden die Schienen bedecken, nicht weiter sonnte. Gegen 10 Uhr abends rücte die Feuerwehr aus und steclte die trockene Wiesenfläche in Brand. Sturung der Elbe-Schiffahrt. Infolge des katastro­­phalen Wasserstandes der Elbe oberhalb Hamburgs, sind bei Boizenburg neue große Schiffahrtsstodungen eingetreten, die zu schweren wirtschaftlichen Schäden zu führen drohen. Die Regulierungsarbeiten der Behörden sollen absolut unzulänglich sein, zumal sie viel zu spät in diesem Jahre eingefegt worden seien. Vorausschtlic werden umfangreiche Maffenentlaffjungen in der nächsten Zeit bei den haupt­­sächlich betroffenen Schiffahrtsgesellsccchaften durchgeführt werden müssen. 5 Millionen Mark Geldstrafe. In dem seit mehreren Wochen vor dem Hamburger Schöffengericht verhandelten Spritzämuggelprozeß gegen den Kaufmann Schramm aus Mietermünde und Genoffsen, wurde vorige Woche das Urteil gefällt. Schramm und seine beiden Mitangeklagten wurden zu Geldstrafen von insgesammt 5.238.456 Reichs­­mark, erlagweise Gefängnisstrafen, verurteilt. Der Antrag das­­ Staatanwalts lautete auf die Rekormhöhe von über 21 Millionen Reichsmark. Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen. Die Gesamtkosten der Rheinlandbejegung. Auf Grund einer amtlichen Zusammenstellung ergibt sich, daß die Kosten der Rheinlandbejegung vom Inkrafttreten des Massenstillstandes bis zum 30. Juni 1930 sich auf rund 6,6 Milliarden Mark belaufen. In diese Summe sind nicht eingerechnet die persönlichen und fraglichen Auf­­wendungen des N Reiches für die durch die Belaßung­ bes­dingten N Reichsbehörden und sünftige Zuwendungen des Reiches für das beseßte Gebiet, wie sie in den Haushalts­­plänen des laufenden und der vergangenen Jahre für Kulturelle Fürsorge, Saargänger,Unterffüßungen, Wert­­programm usw. vorgesehen sind. Mit dem D-Zug um die Wette. Der Bertund der beiden Berliner Journalisten Orte und von Szenary, im Automobil von Berlin über Frankfurt a. WM. nach Paris schneller als der gewöhnliche D-Zug auf dieser Strecke zu fahren, ist geglückt. Mit ihrem 10-PS­-Mercedes­elang es, die 1100 Kilometer lange Strecke in 18 Stunden 5 Minuten zu bewältigen, also vier Stunden 55 Minuten früher einzutreffen als die Eisenbahn. Die ausgezeichnete Reih­ung dieser beiden Herrenfahrer, die ohne Unterbrechung eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 62 Kilometern in der Stunde erzielten, wird sicherlich weitere Rekordversuche auf dieser Basis zur Folge haben. Die Revolution in Bolivien scheint doc eriniere Das Sarmerleben in Kanada. Kanada hat sich in den legten Jahrzehnten auf eine führende Stelle der Betreide erzeugenden Länder empor­­geschwungen. Es ist interessant, den Weg dieses Empor­­wachsens zu verfolgen. Bei Jahrzehnten gab es in Ka­nada Sarmen, die sich nur mit eriensiver Landwirtschaft befaßten. Das Hauptziel der Farmer war, nur soviel An­­baufläche zu haben, um die zur Nahrung nötigen Re­­bensmittel zu erzeugen. Das rauhe Klima, die schweren Arbeitsmöglichkeiten bedingten bieses Ackerbausytem ! Das Schwergewicht der Farmerwirtschaft lag in der Forstausnüßung und Viehzucht. Das war die Zeit der Cowboys. Auf endlosen Flächen weidete das Rindvieh und Horden von Pferden hauften in den Steppen. Um Ackerbau im richtigen Maße zu betreiben, dazu fehlten die einwohnerreichen Städte und die Transportmöglich­­keiten: die Eisenbahn. Mit einem Schlag änderte sich das Bild, als zwei große Gesellschaften C. N. R. (Ca­­nadien National Railng) und C. B­. A. (Canadian Par­­ific Railny) quer über das ganze Land von Ozean zu Ozean Eisenbahnen zu bauen begannen. Ein nie dage­­wesenes Geschäft bot sich dadurch den bereits anfälligen Farmern! Die beiden Eisenbahnen brauchten Millionen von Eisenbahnschwellen und die Farmer lieferten diese ! Mandy geschickter Farmer brachte es in diesen Jahren des Eisenbahnbaues zu Reichtum. In einigen Jahren waren die Eisenbahngegenden ausgerodet und ein ertragsfähiger Boden Sand da, der nur auf den Pflug wartete. Mit der Eisenbahn wurden auch die Gegenden besser besiedelt, daher die Abnehmer der landwirtschaftlichen Produkte eine günstigere wurde und Durch die Bahn war die gute Transportmöglichkeit gesichert. Es war also alles vor­­handen, um die Landwirtschaft günstig zu gestalten. Der kanadische Winter ist jedoch zu lang und der Sommer zu kurz — so hieß es ein dem biesigen Klima entsprechenden Weizen zu züchten. Dies gelang auch voll­­ändig in den staatlichen Vierjuchs-Farmen — durch Kreuzung sibirischer Weizensorten mit hier schon einheim mischen und das Ergebnis der langjährigen Bersuche war der „Manitoba“- Weizen, der sich dem harten Alina febr auf anpaßte. Der Manitoba-Weizen reift in 98 Ta­­gen und ist auch restfrei. Dies waren die ersten Tage­­ der Entwicklung. Alles ging nach Wunsch. Das Eisen­­bahnneß breitete sich aus, die Zahl der Abnehmer wuchs und die bebaute Fläche wurde immer größer! In anderen Rändern, überhaupt in Europa, gibt der Boden schon nichts mehr her ohne gehörige Düngung, hier in Ka­­nada auf den neu aufgebrochenen Boden gab es eine Rez­kordernte nach der anderen, ohne Dünger und ohne all­zu gute Bearbeitung. Diese Entwicklung der Ackerbau­­wirtschaft wurde durch den Weltkrieg ins Zehnfache ge­­steigert. Kanada machte infolge der großen Nachfrage nach Weizen seitens der Kriegsführenden Staaten die besten Geschäfte, se if damals in Kanada das Farmer­­wesen zur Blüte gekommen. Tausende und überlaufende Barmen wuchsen wie Pilze nach dem Regen aus der Erde. Die Hiesigen Maschinenfabriken stellten sich ein auf Massenfabrikationen von Motoren und kombinierten Mäh- und Dreschmaschinen, da hier die bebauten Flä­­chen allzu groß waren und die Arbeitshände allzu rar. En Sarmer und seine Frau bearbeiteten leicht 500 Jod­elle. Die Armut in ganz Europa und die Unterdrückung in manchen Ländern verursachten es, daß Sundernfaufende ihre neue Heimat in Kanada juhten und fanden. 60 kam es, daß die Eisenbahngegenden und sogar Gebiete, 100 Meilen von den Eisenbahnen, schon unter Kultur sind. Allerdings haben die neu eingewanderten farmer nicht eine so leichte age als die ersten Pioniere. Neuerdings ist ein großer Sarmer-Andrang nach der East Peace River-Gegend, wo eine neue Eisenbahnlinie eröffnet wurde und noch unbebaute Gebiete sich befinden, in der Größe von halb N Rumänien. Die Regierung hilft den Sarmern in aller Weise! Regierungsfelder werden 160 Acre (ca. 90 Soc) um 10 Dollar pro Acre gegeben­e sogenannte Heimstätte. Aber es ist eine harte Arbeit, aus­ dieser Heimstätte eine richtige Heimat zu machen und es bedingt auch einiges Kapital, wenigstens 800 Dollar. Es muß ein Brunnen gegraben werden, dann ein Block­­haus zum wohnen und ein Stall für die Tiere gebaut werden. Auch die zur Arbeit nötigen Maschinen müssen gekauft werden, wie auch die erste Kuh und Pferde. Zehn Jahre harte Arbeit erfordert solch eine Heimstätte, s Dr. 6 bis es eine Heimat wird und dem Farmer ein ruhiges Dasein gewährt! Die goldenen Seiten des Farmers sind vorüber. Es kommen die harten Seiten. Allerdings it immer noch eine Zukunft hier für be­­herzte Männer. Nur sollen die Leute sich keine goldene Berge wünschen, sondern sollen gewillt sein, harte Broben zu bestehen. Kanada ist sehr schwach bevölkert und so groß, daß es noch viele Millionen beherbergen und ihnen eine Zukunft geben kann, nur sollen es die richtigen Beute sein! . Die Dollars müssen hier sauer verdient werden. Darin ist das ganze Leben eben auch eine Glückssache und nicht jeden betrifft das Glück in Kanada. Theatetzgauist und Literatur. „Biermal Hochzeit“ ein Schwan unseres Mitarbeiters Anton Maly, hat schon eine ganze Reihe erfolgreicher Aufführungen auf ver­­schiedenen deutschen Bühnen hinter fi. Gestern erhielt Maly von seinem Verleger die Verständigung, daß der Sch­wanz noch an folgenden Theatern in nächster Zeit zur Aufführung gelangt: Am 3. Juli im Schauspielhaus in Pforzheim, am 19. Juli im städtischen Schauspielhaus in Baden-Baden, am 22. Juli im Apollo-Theater in Saar­­brücken und am 2. August im Komödienhaus (Battenberg­­theater) in Leipzig. " Herr ©. Onggert aus ronstadt hat unserer­­ Schriftleitung eine Erwiderung auf den Theaterartikel in Nr. 4 zugeschicht, die wir leider nicht veröffentlichen können. Wir wollen wohl ein Sprachrohr der öffentlichen Meinung, nicht aber ein solches der per­­sönlichen Reklame sein. Es steht gewiß jedem Theaterunternehmer frei, pro­­minente und nicht prominente Künstler zu importieren. Doch hat er darum noch nicht im Geringsten das Red, von den Zeitungen, Propaganda für sein Geschäft zu fordern. Es it nicht völkisch, noch wirtschaftlich unserem Bub-­stum mit teuren Eintrittstarten das sauer verdiente Geld abzunehmen — und nach dem Ausland zu exportieren. Wir haben durch unsere Vereine viele gute Auf­­führungen, die, selbst objektiv betrachtet, auch höher ge­­stellten , Erwartungen entsprechen. So können wir ruhig auf die „Hohe Kunst“ verzichten, bis wir wieder Geld dafür haben. . Lokalnachrichten er Die zehnte Aufführung der Lutherspiele ging am vergangenen Sonntag als Leitvorstellung vor fh. Dass Haus war bis zum letten Pläßchen gefüllt und in man­­nh­en faßen oft 8 bis 10 Bersónen zusammenge­­hängt­. Foyer und Theatersaal waren festlich dekoriert und im vierten Zwischenakt wurde, von den Klängen der Stadtkapelle begleitet, von allen Anwesenden stehend das Lutherlied gesungen. Es war ein Augenblick der Erhebung der allen die mit dabei waren, unvergeßlich bleiben wird. Der Vorstellung wohnten Bischof Teutsch, Stadtpfarrer Müller sowie sämtliche Teilnehmer der Landeskirchenver­­sammlung bei. Die 33. Landeskirchenversammlung wurde Sonntag, den 29. Juni der Bischof Teutich feierlich eröffnet. Hoffentlich zeitigen die im Rahmen dieser Versamm­­lung stattfindenden Beratungen auch einen positiven Erfolg. Ein Hermannstädter Ausflügler, der am vergan­­genem Sonntag im Staubecken der elektrischen Kraftanlage in 3000 ein Bad nahm, verschwand plößlich hilferufend in den dunklen Fluten. Einige andere Badegäste fischten ihn mit Mühe heraus und brachten ihn ans Ufer, wo es dann ihren Bemühungen gelang, den V­erunglückten, der fon tief bewußtlos war, wieder ins eben­ zurückzurufen. Mit einer Kugel im Herzen tot aufgefunden wurde in der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag in der Nähe des Eisenbahnüberganges in der Laftenstraße der Neppen­­dorfer Maurer Foan Parau. Den Gerüchten, die vor einigen Tagen die Stadt durch­­liefen, daß in der Wallmühlgasse zwei Ermordete aufge­­funden worden seien, ist nun die Wirklichkeit auf den Fuß gefolgt. Eine unangenehme Wahrnehmung machte die neun­­zehnjährige Verkäuferin Fräulein 2., als sie gestern von einem Spaziergang durch das Goldthal nachhaufe kam. Ein junger, elegant gekleideter Mann hatte sie angesprochen und sie hatte sich seine Begleitung gefallen lassen. Leider — denn als sie nachhaufe kam, bemerkte sie zu ihrem Schrecen, daß ihr nicht nur das Portemonnaie aus dem Handtäfc­­h­en, sondern auch noch ein Brillantring — der einzige, den sie besaß — vom Finger fehlte. Das kommt davon, wenn sich­­ unbekannten Kavalieren begleiten lassen. Das tote Kind im Keller. Am vergangenen Montag ging der Hausbesorger des Hauses Quergasse 38 in den ge Mädchen von Keller und sein Jagdhund folgte ihm. Plößlich begann der Hund zu scharren und förderte den vollkommen ver­­westen Leichnam eines neugeborenen Kindes zutage, der etwa 6 bis 8 Wochen vergraben gewesen sein dürfte. Die behördliche Untersuchung ist im Gange. Moderne Bücherei, Sporergasse Nr. 3. In den Monaten Juli und August im Mittwoch und Sonnabend keine Bücherausgabe. R

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