Die neue Zeitung, Juli 1942 (Jahrgang 13, nr. 1613-1614)

1942-07-05 / nr. 1613

- Eingetragen in das Register der Veröffentlichungen dem Hermannstädter Gerichtshof unter Zahl 51-1938 Bei Sonntag, den 5. Juli 194 Eigentümer und Direktor: Wilhelm v. Hannerheim Verantwortlicher Schriftleiter: Edmund Holy 13. Jahrgang Sternsaphir 101 Ceylon Vom Sternsaphir geht im Auflicht eine sechs­­teilige Strahlung aus, die Lichtbrechung zaubert einen beweglichen Stern in den Stern. Nur auf Ceylon gibt es diese Sternsaphire. Sie gleichen dem Bild der ganzen Insel, funkelnd und nicht zu greifen. Wohl kein Land der Erde uebertrifft Ceylon im Reichtum an Edel- und Halbedelsteinen, sie werden alle in dem Geroell der Fluesse gefunden, die Ru­­bine, die blauen und gelben Saphi­re, die Amethyste und Topase, der Alexandrit, der bei Tage bronce­­gruen bei kuenstlischem Licht tiefrot leuchtet. Nur der Morgenstern wird aus dem festen Fels gebro­­chen, sein silbriger, bisweilen bla­ulicher Schimmer scheint das harte Mineral in lebendige Tropfen zu verwandeln. Auf Ceylon liegt in starken Adern und Nestern wie sonst nirgendwo reiner Graphit. Zuweilen gibt es merkw­erdige Verwenderungen auf Ceylon; es ist dann, als seien da verhaengte Tore aufgetan, hinter denen etwas quer immer ent­­schwindet. Jahrhunderte lang haben Griechen Araber, Portugiesen, Hollaender die Perlenkueste im Nord­­westen der Insel angefahren und die Schnelze der Tiefe verhandelt. Man weiss heute noch nicht warum, im Jahre­­ 1907 sind“ pl­etzlich die Perlenmuscheln verschwunden. Als die Vestern Sarasin, denen man die grundlegenden Forschungen ueber die Urein­­wohner Ceylons verdankt, 1883 den Boden Ceylons betraten, fanden sie die Kaffeepflanzer in schlimm­­stem Kummer. Ein Pilz, die Hemileia vastatrix, hatte die Kaffeesträucher befallen und vernichtete die Ernte. Die meisten Pflanzungen sind damals aufge­­geben worden. Die Western Sarasin waren auf der Suche nach entschwundenen Welten, denen die scheuen Waldbe­­wohner die Wedda, lebten im Dschungel wie in einer unvorstellbar fernen Vergangenheit. Wie durch Indien selbst, so sind ueber die Insel die Vo­lker gezogen, eroberten, herrschten und gerieten in Ver­­gessenheit. Die Sage blieb Im Hochland des Su­d­­westens steigt in reiner Pyramide der berüehmteste Berg der Insel empor, sein bewaldeter Gipfel wirft bei Sonnenaufgang ein ungeheures Schatten-Dreieck als ein ueberirdisches Zeichen in die bla­ulichen Taeler. Hierhin habe der Engel nach der Vertreibung aus dem Paradies den trauernden Adam getragen.­­ „Glaenzend wie Kupfer“ so wird die Insel nach ihrer roten Erde von je genannt, auch die Griechen, die seit dem Zuge Alexanders von ihr wussten, spra­­chen Ceylon als Kupferferben an. Damals waren schon seit zwei Jahrhunderten arische Eroberer, die vom Norden, vom Festland anrueckten, Herren der Insel. Sie seien unter ihrem Fuehrer Singha (der Loewe) eingebrochen und Singhala hiess hinfort das Land, welches Wort die Europäer in Ceylon umge­­formt haben. Die Singhalesen grüendeten ihr Reich im Tiefland des Nordens, die geschichtliche Ueber­­lieferung beginnt mit dem 3. Jahrhundert vor Christi Geburt. Damals hat der singhalesische Koenig De­­vanampiya Tissa den Buddhismus angenommen. hnd Die Singhalesen zogen mit ihrem gl­enzenden Inselreich die Habgier ihrer Nachbarn vom Festland auf sich. Aus Suedindien draengten die Tamilen nach, die Singhalesen zogen in Abstaenden immer weiter die Insel suedwaer­s. Die dritte Etappe wurde 1500 in Kandy, im Hochland, aufgeschlagen; es war ein dauerndes Einschrumpfen. 1815 haben die Eng­­laender in Kandy die letzte singhalesische Koenigs­­gewalt beseitigt. Damals waren schon laengst die Palaeste im alten Singhalesenreich vom Dschungel­­ ueberwachsen, die kunstreichen Wasseranlager, die „Tanks“, das heisst die Staubecken, im Tiefland zer­­fallen, die Ebene wurde Einoede, fieberverpestet­­Heute ragen die Spuren des Vergangenen raetselhaft und schweigend wie der blaugrü­ne­ U­rwald selbst in unseren Tag.­­ * Die singhalesische Geschichte ruht auf Chro­­niken­ aus der ersten buddhistischen Zeit. Sie waren mit Griffel in die lederharten Blaetter der Talipot­­palme — auf Ceylon wachsen Palmen bis zu tausend Meter Hoehe­­ eingeritzt. Mit diesen Chroniken sind die Singhalesen das aelteste Kulturvolk der Insel. Aber in den Waeldern im Su­dosten Ceylons lebte bis vor kurzem verborgen, in der ungeheuren Einsamkeit des Primitiven der Rest eines ganz an­­deren Volkes, von dem keine Ueberlieferung mehr berichtet. Sie zeugen von einer Zeit, ehe der arische­­ Einbruch erfolgte. Die Gelehrten, die ihre Schaedel massen, ihren Totentaenzen zusahen, ihr Geraet be­­staunten, erschracken fast vor dem Anblick der Wedda. Zwischen ihren gerunzelten Brauen verbirgt sich etwas wie Zorn, in ihren Augen flackert es wie Angst der Gejagten. Sie haben ihre eigene Sprache vergessen, nur in den Eigennamen von Tieren sind ,davon Ueberbleibsel herauszuheeren, sie verstaendi­­gen sich in einer zertru­mmerten Mundart des Singha­­lesischen. Die Wedda, glaubten an Geister, niemlich an die fortlebenden Toten, der Begriff eines Gottes war ihnen fremd. * Meilen, bevor die roten Leuchtfeuer von Co­­lon­bo aufblitzen, weht der Geruch­­ Ceylons neber See zu dem von Westen anfahrenden Schi­ff. Der Europäer, der nie die Zeile aus der Odyssee vers gessen hat, wie der Held nur einmal noch den Rauch aus den Hueiten der Heimat wiedersehen möchhte, erlebt in der tropischen Nacht dicht ueber dem Aequator einen ganz anderen, nie geahnten Sin­­neneindruck von brennendem Holz Der Geruch trägt ihm die Fremde zu: in den Rauch des Holzfeuers mischt sich der Brand von Kuhdung, Zimt- und Vanilleduetten. Wie eine riesenhafte Bluete Asiens weht Ceylons unerfassliche Natur durch das Dunkel. R. NT u 2 220 me] Semumene est fi Der Teppich der Teja Ein M­ärchen von Waldemar Bonsels In einer alten Stadt im Reich der Perser in Asien lebte vor mehr als zweitausend Jahren, zu der Zeit, als der grosse König Alexander von Ma­­zedonien das Land eroberte, ein armer Teppich­­knüpfer. Obgleich man seine schönen Gewebe überall bewunderte, gelang es ihm nicht, zu Wohlstand zu kommen, denn er brauchte sehr lange Zeit, bevor er eines seiner prachtvollen farbigen Werke vollen­­den konnte. Dann erwies sich selbst ein guter Preis als gering, bemessen auf die lange Zeit der mühe­­vollen Arbeit. Seine Frau war gestorben, so dass sein klei­­nes Töchterchen Teja die einzige Gefährtin seines stillen und arbetsamen Lebens wurde. Er dachte oft mit schmerzender Sorge an sein Kind, das er sehr liebte, und an dessen Zukunft, zumal das Land in furchtbarem Krieg lag und er dem kleinen Mäd­­chen nicht Geld noch Gut hinterlassen konnte. Mit der ganzen Güte seines Herzens arbeitete er an dem Teppich, der jetzt unter seinen Händen entstand Er ahnte, dass es der letzte seines Lebens sein sollte, und wollte ihn dem Kind als sein Ver­­mächtnis zurücklassen. So webte er in lichten Farben die Bilder einer glücklichen Kindheit hinein, so fröhlich und strah­­lend, wie er sich die Kindheit für sein Töchterchen erträumt hatte, und wie er so ihr im Leben nie­­mals hatte bieten können. Teja spielte in diesen Bildern in hellen Kleidern mit lieblichen Gefährtinnen sarglos in blühenden Gärten am Ufer des Flusses, der durch Wiesen floss, und die Frühlingssonne schien in die vornehmen Gemächer, die sie bewoh­­nen durfte. Niemals litt sie Hunger oder Durst, und keine Angst stoerte ihren Schlaf. Er webte in Gold und Seide die Bilder ihrer Jugend. Nun war sie zu einer Jungfrau herange­­wachsen, schoener und lieblicher als alle Mädchen des Landes. Dienerinnen trugen auf silbernen Schüsseln die Früchte und Speisen herbei, sie ging in kostbaren seidenen Kleidern und Schuhen ein­­her und die Freundlichkeit der Menschen fiel wie Sonnenschein in ihre Tage. Mit den üppig prangenden, begrünten Bäumen und den farbigen Voegeln des Sommers­­ trat nun, im Bild des Teppichs, ein Koenigssohn in die Mar­­morhalle ihres Hauses. Der Meister wählte funkeln­­de Seide, Gold und Purpurfarben für dieses Bild. Der Steinbrunnen plätscherte im Hof, und über die Mauern des Gartens, der die offene Halle umgab, brachen rankende Blumen in grosser Fülle und Pracht. In solchem Rahmen erschien die schoene Gastaıtj das Jünglings wie der Gott des Fruehlings selbst, ernst und liebevoll. Er ergriff die Hand des Mädchens und wies hinaus in die Weite der schim­­mernden Welt, schlang seinen Arm um die vor Glueck Erstrahlende, und sie folgte ihm gern als sein Weib in den Palast. Dann webte der Vater bei Tag und oft auch bei Nacht, während sein Kind im Winkel der arm­­seligen Huel­e spielte oder ihr kärgliches Mahl vers­zehrte, sein schoenstes Bild und seinen liebsten Traum. Er erschuf aus gluehenden Farben und lichtem Gold die Gestalt einer jungen Mutter, die ein Knäblein an ihr Herz drueckte, derweil aus still­em Himmelsblau die reifenden Früch­te aus den Baumkronen leuchteten und weisse Pfauen aus dem Dunkel des Parkes schimmerten. Zuletzt erschuf er in seinem Teppich eine wei­­te Landschaft im Meer, ueber der die Sonne unter­­ging. Man sah Inseln im tiefen Blau des Wassers im Abendlicht, und am Gestade erhob sich eine einsame Säule. So­ dachte er sich, sollte sein Kind einst von Glueck und Leid und Seligkeit nach einem erfuellten Leben ausruhen. Als nun der Koenig Alexander nach langer Belagerung die Stadt stuermen liess, in der der arme Weber mit seinem Kind lebte, war der Teppich vollendet. Der Vater wurde mit vielen anderen Ma­nnern zur Verteidigung der Heimat auf die Stadtmauern gerufen. Es kam ihm schwer genug an, dass er noch auf seine alten Tage seinen Ar­­beitskittel mit dem Rock des Kriegers vertauschen sollte, aber die Vaterstadt rief ihn zu ihrem Schutz, und er entzog sich dieser Pflicht nicht. Mit bluten­­dem Herzen nahm er Abschied von seinem Kind, das er allein, arm und schutzlos, zurü­cklassen musste. Er kannte die furchtbare Macht und Kriegs­­gewalt des grossen Koenigs Alexander und die

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