Hermannstädter Zeitung, 1996 (29. évfolyam, 1455-1505. szám)

1996-03-08 / 1464. szám

Am phantasiereich gedeckten Tisch (Seite 6) Hermannstädter Zeitung Deutsches Wochenblatt Erscheint jeden Freitag in Sibiu/Hermannstadt, Rumänien Nr. 1464 / 29. Jahrgang 8. März 1996 8 Seiten, Preis 150 Lei Am letzten Samstag wurde im Deutschen Forum das Erinnerungs­buch „Die Todeswaggons" von loan Mărginean vorgestellt. Der Autor be­richtet von der Aushebung der Sie­benbürger Sachsen im Januar 1945 und beschreibt Einzelschicksale von Deportierten. Das in deutscher und in rumänischer Sprache erschienene Buch enthält auch Briefe und Gedich­te von Lagerinsassen. Der in der rumänischen Ausgabe 75 und in der deutschen 95 Seiten starke Band wurde von Adrian Popescu (Graphik) und Reinhold Gutt (Fotos) illustriert. Für die Übersetzungen aus dem Deutschen und ins Deutsche zeichnet Wolfgang Fuchs. Das Buch kostet 2.000 Lei. io.v> I&P! inilyk «a jTKAh* 2 Tfţ l UI Stabilisierung - ein leeres Wort? In Deutschland ist wieder eine Aussiedlerdiskussion entbrannt In der Bundesrepublik Deutschland ist erneut eine Aussiedlerdebatte ausgebro­chen. Die Nachrichten davon, soweit sie in Rumänien eingetroffen sind, sind zu­fällig und lückenhaft. Die SPD fordere, den Zuzug von Spätaussiedlern von etwa 200.000 auf 100.000 im Jahr zu halbieren, heißt es zum einen. Und zum anderen: Pensionsberechtigte Spätaussiedler hätten kein Recht auf eine deutsche Rente, denn sie hätten nicht zum Aufbau der Bundesrepublik beigetragen. Darüber wird vorläufig nur geredet, beschlossen sind die Dinge (noch) nicht. Die neue Aussiedlerdiskussion begann, als zu Februarbeginn der Alarmruf er­schallte, die deutschen Rentenkassen sei­en leer. Vor allem die SPD will die Bun­desrepublik vor dem Ansturm der Aus­siedler (zu 96 Prozent GUS-Deutsche) verbarrikadieren, was ihr die Kritik der Grünen und die (indirekte) Zustimmung der CSU eingebracht hat. CSU-General­­sekretär Bernd R. Protzner forderte in der „Süddeutschen Zeitung" eine „sorgsa­mere Verwendung" der staatlichen Gel­der „bei der Unterstützung von Asylbe­werbern, Aussiedlern und Bürgerkriegs­flüchtlingen". Die Grünen hingegen war­fen der SPD vor, einen Fehler zu bege­hen: Im Wahlkampf vor vier Jahren habe die CDU das Asylthema benutzt, aber die Ernte hätten die rechtsextremen Republi­kaner eingefahren. Jetzt spiele auch die SPD „mit dem Feuer, an dem die Repu­blikaner ihr Süppchen wärmen". Es steht zu erwarten, daß die bundes­deutschen Politiker der panischen Angst der Bevölkerung, das Boot sei übervoll, Rechnung tragen werden und es in der Aussiedlerproblematik erneut zu einem Kompromiß kommen wird (der letzte war die Begrenzung der jährlichen Aus­siedlerzahl auf etwa 200.000). Das be­fürchten auch die Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen, der Banater Schwaben und der Sathmarschwaben in Deutschland, die eine gemeinsame Er­klärung verfaßt haben, worin sie vor der aktuellen Aussiedlerdiskussion warnen: „Die unqualifizierten Äußerungen zur Überbelastung der deutschen Gesell­schaft durch die Spätaussiedler beunru­higen die Deutschen in den früheren Ost­blockländern und bergen in sich die aku­te Gefahr einer neuen panikartigen Aus­siedlerwelle. Dadurch wäre auch die zwischen Ost und West wirkende Brückenfunktion der noch dort lebenden Deutschen und der Aussiedler ernsthaft gefährdet." Die Landsmannschaften wis­sen, wovon sie sprechen, hatte doch 1990 die damals geführte Aussiedlerdebatte zu einem sintflutartigen Exodus der Rumäniendeutschen geführt: 111.000 Aussiedler in einem einzigen Jahr! Und wenn 1996 mangels Masse die Sachsen und Schwaben sich nicht wieder in hel­len Scharen aus Rumänien absetzen wer­den - die Frage nach Bonn ist wohl er­laubt, ob die vielen Millionen Mark, die - (Fortsetzung auf Seite 2) Es wird Zeit, daß Sie Ihr HZ-Abonne­­ment erneuern! Was Sie tun müssen, steht auf Seite 7 im Impressum. Auf Moses' Spuren Hermannstadt. - Montag, den 11. März, 17 Uhr wird im kleinen Saal des Deutschen Forums der Videofilm „Auf den Spuren Moses' durch die Wüste" vorgeführt. Rumänienfilm via Satellit Hermannstadt. - Der deutsche Regio­nalsender Südwest 3 strahlt am Mitt­woch, dem 13. April, 21.15 Uhr in der Reihe „Länder, Menschen, Abenteuer" den in Nordrumänien gedrehten Doku­mentarfilm „Im Tal der Maramurescher" aus. Die Sendung wird um 0.30 Uhr wie­derholt. „Divertis im Wahlkampf" Hermannstadt. - Die Bukarester Sati­regruppe „Divertis" unter der Leitung von Tony Grecu bietet heute, 17 und 20 Uhr im Gewerkschaftskulturhaus eine Show zum Thema Wahlkampf 1996: Zwölf angeblichen Parlamentarier kan­didieren gemeinsam für das Amt des Staatspräsidenten! Was Frauen bewegt und was sie bewegen Eine Presseaktion zum 8. März: Die Hermannstädter Medien nominieren die Frauen des Jahres 1995 Heute, am 8. März, wird der Interna­tionale Frauentag gefeiert. 1st das nicht ein kommunistischer Feiertag? wird sich der eine oder die andere fragen. Falsch! Der 8. März ist so wenig „kommuni­stisch", wie der 1. Mai. Beider Wurzeln reichen tief in die Arbeiterbewegung und in den Sozialismus des 19. Jahrhunderts zurück. Bereits 1910 beschlossen 100 De­legierte aus 17 Ländern auf einem inter­nationalen Frauenkongreß, daß jedes Jahr an einem Tag im März der Interna­tionale Frauentag organisiert werde, und zwar mit dem Ziel, das Frauenstimm­recht durchzusetzen. Erst später einigte man sich auf den 8. März, der dann vor allem in den kommunistischen Staaten gefeiert wurde, offiziell als Tag der ge­sellschaftlichen Befreiung der Frau. Tatsächlich wurde der 8. März - zumin­dest in Rumänien - aber zu einem völlig entpolitisierten Fest des „schönen Ge­schlechts". Unmengen von Blumen wer­den an diesem Tag verschenkt, und die Restaurants sind ausgebucht von 9 Uhr früh bis spät nach Mitternacht, weil jede Firma, die etwas auf sich hält, an diesem Tag ein Betriebsfest feiert. An dieser, nun tatsächlich kommunistischen Tradition nimmt heute niemand auch nur den ge­ringsten Anstoß, doch wird frau als „Kommunistin" scheel angeschaut oder als „Feministin" belächelt, wenn sie an diesem Tag an die ursprüngliche, politi­sche Bedeutung des Tages erinnert. Ist die Gleichbe­rechtigung Schnee von gestern? Mit­nichten. In Schei­dungsprozessen wird sie für schul­dig erklärt, weil sie sich weigerte, seine Socken zu waschen und für ihn zu kochen. E r muß das al­les nicht tun, und das gilt als selbstver­ständlich, ebenso, daß Vergewaltiger straffrei bleiben, wenn sie versprechen, ihr Opfer zu heiraten. Das waren nur zwei Beispiele von „Gleichberechti­gung", es könnten auch andere, z. B. vom Arbeitsmarkt, aufgezählt werden. Welche Mittel stehen den Frauen heute zur Verfügung, ihre Rechte einzufor­dern? Ein wichtiges Instrument ist das Assozierungsabkommen mit der EU, das nur unlängst die rumänische Regierung gezwungen hat, im Arbeitsministerium ein Departement zur rechtlichen Gleich­stellung der Frau einzurichten. Freilich wird uns die Demokratisierung von oben wenig nützen, wenn die Gesell­schaft in ihrer scheinbar apoliti­schen, dumpfen Lethargie verharrt. Frauen bewegen wirtschaftlich, gei­stig, sozial eine ganze Menge in unserem Land, und sie könnten auch politisch mehr bewegen, wenn mehr von ihnen den Mut zur Kon­frontation mit der Öffentlichkeit hätten. Die Öffentlichkeit ist kein Privileg pol­ternder Politiker, sie kann von Frauen mit Witz und Phantasie gestaltet werden. Das beweisen nicht zuletzt seit drei Jah­ren die Aktionen des Hermannstädter Frauenforums am 8. März. Ein kaputter Schuh, der 1994 dem Bürgermeister über­reicht wurde, hat zwar die Qualität unse­rer Gehsteige und Straßen nicht verbes­sert, hat aber auf fröhlich-freche Weise gezeigt, wie leicht die mächtige Obrig­keit von ein paar schwachen Frauen vom Sockel gestürzt werden kann. Heuer entstand im Frauenforum die Idee, kurz vor den Lokalwahlen mög­lichst viele Frauen ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu rücken, und wer könnte das besser tun als die Medien. Deshalb wurden die Hermannstädter Zeitungen und Sender (etwa zehn an der Zahl) ge­beten, ihre „zehn Frauen des Jahres 1995" auszuwählen: Frauen, die 1995 das öf­fentliche Leben mitgeprägt und einen Beitrag zur Entwicklung der zivilen Ge­sellschaft geleistet haben. Da etwa 100.000 Frauen im Raum Hermannstadt leben und voraussichtlich etwa hundert Namen nominiert werden würden, wur­de die Aktion „100 von 100.000" ge­nannt. Welche Frauen die „Hermannstädter Zeitung" ausgewählt hat, sehen Sie im Innenteil des Blattes. Annemarie WEBER 10 von 100 von 100.000 Die Frauen-Topliste der HZ (Seite 3)

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