Kaschauer Zeitung, April-Juni 1876 (Jahrgang 38, nr. 39-75)

1876-05-20 / nr. 59

5 . Beilage zur „Kaschauer Zeitung“ Nr. 59. — Ungarische Prämienlose. Bei der am 15. b. M. stattgefundenen Ziehung der Ungarischen Prämienlose wurden folgende 18 Serien gezogen: 9­190 1126 1291 1346 1435 1787 2201 2447 2527 2666 3026 3285 4185 4219 4752 5325 5327. Der Haupttreffer mit fl. 150.000 ent­­fiel auf S. 4219 Nr. 50, der zweite Treffer mit fl. 15.000 auf die­ Serie 4219 Nr. 36, der dritte Treffer mit fl. 5000 entfiel auf: Serie 4185 Nr. 26. fl. 1000 gewinnen: Serie 5327 Nr. 27, S. 1787 Nr. 10, S. 190 Nr. 7, S. 3026 Nr. 42. fl. 500 gewinnen: Serie 3285 Nr. 8, S. 4752 Nr. 10, S. 4185 Nr. 37, S. 4219 Nr. 33, S. 4185 Nr. 28, S. 1787 Nr. 19, S. 3026 Nr. 39, S. 2666 Nr. 41, S. 5325 Nr. 25, S. 1126 Nr. 31 und 20, S. 4219 Nr. 35, S. 5327 Nr. 34. Alle übrigen gezogenen Lose werden mit fl. 124 eingelöst. — Ein weiblicher Student. Irma Nagy, ein junges Mädchen aus Esener (Bácser Comitat) ist beim Unterrichts­­ministerium bittlich eingeschritten, es möge ihm gestattet werden, die Maturitätsprüfung ablegen zu dürfen, damit es sodann die Universität besuchen könne. Ein Bescheid ist noch nicht erfolgt. — Unglückk­fall. Aus Kis-Terenne (Neograder Co­mitat) wird uns, von folgendem seltsamen Unglücksfalle Mit­­theilung gemacht : Eine Bauersfrau legte daselbst ihr kaum einjähriges Kind in die Wiege, welche sie, um das Heraus­­fallen des Kleinen zu verhindern, mit Spagat überband. Die Mutter verließ sodann das Zimmer und als sie nach einer Viertelstunde zurükehrte, fand sie das Kind — todt ; es hatte mit der Spagats<nur gespielt, sie dieselbe um den Hals ge­­dreht und war binnen wenigen Minuten erftillt.­­ — Verschwunden. Der 18 Jahre alte, aus Komorn gebürtige Techniker Ákos Nagy, welcher in der Palatingasse im Schiller'sten Hause wohnte, ist seit 10. April spurlos verscwunden. Der Vater des jungen Mannes, ein angesehener Advocat in Komorn, machte der Stadthauptmannschaft die Anzeige, daß der Verschwundene auß nicht in Komorn war und allen Anscheitte nach das Opfer eines amerikanischen Duells" geworden sein dürfte. — Sonntag Abends hat sich der 14 Jahre als Gymnasialschüler Joseph Glükers aus der Wohnung seiner Eltern, Leopoldgasse Nr. 36, entfernt und ist seither nicht mehr zurückgekehrt. Derselbe soll durch einen anderen Burschen verleitet worden sein, aus dem Hause seiner Eltern durchzugehen. — Mißgeburt. In Tüskovär (Veßprimer Comitat) wurde vorige Woche­ ein Mädchen mit zwei Köpfen geboren, verschied aber gleich nach der Geburt. Das Kind war in seiner Constitution so entwickelt, als es sonst Kinder mit 2 Jahren nicht zu sein pflegen. Nachdem die Eltern arme Leute sind, so wurde an die hiesige Universität das Ansuchen gerichtet, den Leichnam„ den Eltern“ abzukaufen. — Eine Rabenmutter. Der „N.-Tr.-Ztg.“ wird aus Ung.-Skalitz vom 10. d. geschrieben: Todt gefunden wurde am 6. b. M. unter der Marchbrücke bei der Tuch­­walkerei auf der Strecke von hier nach Rohatep ein neu­­geborenes Mädchen, dem die Hände und Füße gebrochen waren, und das dann an einen ins Wasser ragenden starken Baumzweig gebunden worden war. Am 7. d. begab sich die städtische Commission dahin.­­­ Diese Bestie in Menschen­­gestalt sollte, wenn es gelingt, sie ausfindig zu machen, eine exemplarische Strafe erleiden. — Verhaftung. Auf Requisition des Wiener Landes­­gerichtes wurde am 15. b. Vormittags der in Budapest etablirt gewesene Kaufmann Otto Juwelier wegen des Verbrechens des Betruges in Wien in Haft genommen. Der genannte Kaufmann kam in den ersten Tagen des laufenden Monats nach Wien und entlegte auf Grund falscher Angaben mehreren dortigen Firmen Waaren im Werthe von nahezu 10.000 fl., die er unverzüglich nach Budapest speckren ließ. Unmittelbar darauf übertrug er sein Geschäft an seine Gattin und meldete seine Insolvenz an. Die betrogenen Kaufleute erstatteten Samstag die Strafanzeige, und das Gericht beschloß, über Juvelier die Untersuchungshaft zu verhängen. Otto Juvelier, welcher aus Eperies gebürtig und 46 Jahre alt ist, soll auf dem Wiener Platze von anderen Firmen Waaren in der Höhe von 100.000 fl. theils gegen Wechsel, theils gegen­ Buchschuld bezogen haben. — Vom ungarischen Hilfsverein in London. Man telegraphirt aus London, 14. Mai: „Botschafter Graf Beust präsidirte dem jährlichen Banker des ungarischen Hilfsvereines, brachte einen Toast auf Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin von Oesterreich aus und theilte bei dieser Gelegenheit mit, daß Ihre Majestäten dem Verein ein Geschenk von fünf­­zig Guineen machten. Graf Beust hob hervor, daß das per­­sönliche Dazwischentreten des Königs von Ungarn den Ausgleich­­ wesentlich förderte. Die­ gesammten, dem Vereine bis jetzt ges machten Schenkungen betragen 700 Pfd. St." — Zum Duell des Markgrafen Palavicini wird aus Wien gemeldet: Die Kopfwunde des im Duell verwundeten Neserve-Lieutenants Alfred Markgrafen von Palavicini geht einer sehr günstigen Heilung entgegen, und es wird deshalb der Patient über sein Verlangen nächstens zum Sommer- Aufenthalt nach Baden übersiedeln. Dessen Gegner, Ober­­lieutenant­­ Hugo Graf Kälnoky, wurde wegen des Duells in Untersuchung gezogen und vorläufig vom Dienste suspendirt. — Neber eine Massen-Vergiftung in Deutsch-Lands­­berg schreibt man aus Graz unterm 13. d.: Kaufmann Rupert Lakatha, der früher im Deutsch-Landsberg das Amt eines Bürgermeisters bekleidete und zu den geachtetsten und wohl­habendsten Persönlichkeiten des Ortes zählte, war durch un­­glück­he Speculationen um sein ganzes Vermögen gekommen und in Concurs gerathen. Am 11. b. reiste er nach Graz,­­ kehrte im Hotel „zum Elephanten“ ein, holte seinen in der Handels-Academie studirenden Sohn ab und fuhr mit diesem in der Nacht nach Deutsch-Landsberg zurück. Am Morgen des 12. zahlte er­ allen in seinem Geschäfte stehenden Dienstleuten den rücständigen Lohn aus, und die Frau vertheilte Kleidungs­­stüce unter sie. Niemandem fiel dies auf, da die Frau auch sonst mildthätig war. Um halb 8 Uhr nahm er gemeinsam mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Schlafzimmer das Frühftüd und schloß die Thür ab. Als die Magd nach einiger Zeit durch eine Nebenthür in das Zimmer trat, erblickte sie im Doppelbette den Herrn, die Frau und die dreizehnjährige Tochter und in einem anderen Bette den Sohn halbentkleidet als Leichen liegen. Sie machte Lärm; zwei Aerzte waren schnell zur Stelle, doch blieben alle Rettungsversuche fruchtlos. Auf dem Tische standen Gläser mit Kaffee, in welchem sich bedeutende­­ Quantitäten Cyankali vorfanden. — Der Unglüc­­k­e hatte sich und seine ganze Familie vergiftet. Man vers­muthet, daß sich seine Frau mit ihm im vollen Einverständ­­nisse befunden habe. Tags zuvor hatte eine Pfändung bei ihm stattgefunden, und dieser Umstand scheint seinen schrecklichen "Entschluß zur Reife gebrac­ht zu haben. Die Theilnahme für die unglücliche Familie ist allgemein. — Ein Leopard entsprungen. Am 5. d. M. ist in der Nähe von Elberfeld aus einer Menagerie ein junger Leopard entsprungen, welches Ereigniß die dortige Bevölkerung in große Aufregung verlegt hat. Seitens der Polizeibehörde sind sofort alle Maßregeln ergriffen worden, welche zur Verhütung von Unglücksfällen“ diensi< erschienen. Von Düsseldorf wurde Mi­­litär requirirt, um den Feldzug gegen den Flüchtling zu begin­­­­nen. An die Landrethsämter der Kreise Barmen, Solingen, Lennep, Mettmann, sowie an die nächstgelegenen größeren Ort­schaften wurde das Ereignis telegraphisch gemeldet und sieht man nun dem weiteren Verlaufe der Angelegenheit mit Span­­nung entgegen. Kurz nach 1 Uhr marschirte eine Anzahl Jäger, unter Führung eines Polizeicommissärs, vom Rathhause ab, um Jagd auf das reißende Thier zu machen. Bis heute ist die Nachricht noch nicht eingetroffen, daß man des Leoparden habhaft geworden sei. 7 — Ein gemüthlicher Wohnort. Aus dem Dorfe Klanec bei Krainburg wird gemeldet, daß gegenwärtig blos ein einziger der dortigen Burschen zu Hause und auf freiem Fuße sei: „alle übrigen sind entweder wegen Todt­­schlags oder anderer Kleinigkeiten entweder in Untersuchungss­chaft, oder siken bereits ihre Strafe ab". Während der letzten Assentirungsperiode erhielt dort ein Bursche mit einer Mist­­gabel einen solchen Hieb über den Kopf, daß er Tags darauf den Geist aufgab. — Sonderbarer Grund zum Selbstmord. Aus Wilna wird geschrieben : Auf dem in unserer Nähe gele­­genen großen Rittergute Wielkidwor ereignete sich vor einigen Tagen ein trauriger Fall. Die junge, bildschöne Gräfin Josephine Jelenska, Gemalin des Besitzers, erschoß sich mittelst eines Revolvers in Gegenwart ihres Gemals, weil derselbe ihren wiederholt geäußerten Wunsch, „mit ihr nach Paris zu gehen und dort ein Haus zu machen", aus finan­­ziellen Gründen erst im nächsten Jahre erfüllen zu können erklärte. Eine bezeichnende Frucht der Erziehungsweise polni­­scher Aristokratie­ — Die Domkirche von Alessandria in Piemont ist am 2. Mai ein Raub der Flammen geworden. Von der mit Diamanten und anderen Edelsteinen gesc­hmückten Statue der Madonna della Salve ist nichts gerettet worden. Die aus massivem Gold verfertigte Krone und den Gürtel aus gleichen Metall fand man geschmolzen, mehr als zwei Millionen Francs. Der Schaden beläuft sich auf Das Feuer war von best­williger Hand gelegt. — Ein ausgiebiger Diebstahl. Man hat nach der Gesammtsumme, welche der Bankdieb T'Kint der Bank von Belgien veruntreute, berechnet, daß er in den neun Jahren, während welcher er den Diebstahl vollbrachte, in der Minute 5 Fres., in der Stunde 300 Fres., in einem Tage 7200 Fres., im Monate 216,000 Fres., im Jahre 2.592.000 Frcs., und somit in den neun Jahren zusammen 23.328.000 Francs gestohlen. — Ein entjeglicher Selbstmord unter ganz eigen­thümlichen Umständen wurde am 29. April zu Chateaubriant in Frankreich ausgeführt. Als die Frau des AYjährigen Grund­ befigers Pierre Lefeuvre gegen Abend vom Felde nac Hause kam, fand sie die Thüre verschlossen und nachdem dieselbe auf­­gesprengt war, den halbverkohlten Leichnam ihres Mannes im Bachofen liegen. Aus den gepflogenen Erhebungen geht hervor, daß sich Lefeuvre schon am frühesten Morgen an die Ausführung seines­ traurigen Vorsatzes gemacht habe. Er legte eine Anzahl Reisigbündel sorgfältig auf die linke Seite des Backofens, stieg dann in denselben und legte sich, nachdem er seinen eigenen Scheiterhaufen angezündet hatte, mit dem Gesichte gegen die entgegengesetzte Seite. Man fand in der Lage des Leichnams nicht das geringste Anzeichen, daß Lefeuvre einen Versuch ge­­macht habe, sich dem so qualvollen Tode zu entziehen. — Embarras des richesses. „Reichthum schän­­det nicht, und Armuth macht nicht glück­lic — ist einer der unbestrittensten Lebenssprüche ; allein Reichthum kann zuweilen nach einer bestimmten Richtung hin auch ver unbequem sein. Da ist vor einiger Zeit Herr v. Tschirs­ky Erbe des kolossalen Vermögens des letzten Grafen v. Renard gewor­­den und gewiß recht gern. Aber eine Testaments-Klausel legt ihm die Bedingung auf, auf sämmtlichen zahllosen Schlössern und Gütern des verstorbenen Grafen in Sclesien, Galizien und Russisch-Polen die Dienerschaft vollzählig, mit ihren reichen Livreen, Beneficien und hohen Gehalten fortbestehen zu lassen, wie zu des Grafen Lebenszeit, nicht nur die alten Diener die Gnadenpension beziehen zu lassen, sondern die Verstorbenen stets durch neue Statisten zu ersetzen, kurz den ganzen großen Train eines Grand Seigneur in alle Ewigkeit beizubehalten. Dieser Heer von Müssiggängern erfordert einen jährlichen Auf­­wand von mehr als 180.000 Mark, und schon wiederholt hat Herr v. Tschirschky den Versuch gemacht, von dieser lästigen Klausel sich zu befreien, allein absolut unmöglich — wo er hinkommt, sich seiner Reichthümer zu erfreuen, ärgert ihn der Anbliß des selbstbewußten und nach Bedientenart intriguanten galenirten Lakaienrudels. — Eine gefährliche Sendung. Seit einigen Tagen befindet man sich auf dem Bahnhofe zu Lille in lebhafter Aufregung. In den legten Tagen kam dort ein an das Museum in Paris adressirtes Kistchen an, als dessen Aufgeber der Director des zoologischen Gartens in Antwerpen genannt war. Dieses sehr kleine, leichte und geheimnißvoll aussehende Kittchen wurde nun der amtlichen Behandlung unterzogen, welche wohl bald beendigt war. Indessen konnten aber mehrere neugierige oder urgewöhnliche Beamte es nicht unterlassen, zu untersuchen, was wohl in dem Kistchen enthalten sein mochte. Sie öffneten dessen Holzdegel und fanden, daß in der hölzernen Umhüllung eine Blechbüchse mit zahllosen kleinen Löchern eingeschlossen war. Ob nun einer oder der andere Beamte heimlich auch diese Büchse öffnete, war nicht zu ermitteln. Jeder derselben leugnet es wenigstens auf das Entschiedenste. Thatsache aber ist, daß, als die Büchse 24 Stunden später dem Director des Pariser Museums in die Hände kam, dieselbe leer war. Er telegraphirte nun an den Absender nach Antwerpen, welcher allsogleich ein Telegramm nach Lille sendete, das die eingangs erwähnte Aufregung hervorrief. Dieses Telegramm lautete nämlich: „Bitte, augenblinlich die sorgfältigsten Nachforschungen zu veranlassen ; in der Büchse befand sich eine der gefährlichsten und giftigsten Arten", eine Cobra-Schlange. Seit dieser Zeit ist man auf dem Bahnhofe von der beständigen Furcht erfüllt, die Schlange von irgendwo hervorschlüpfen zu sehen. Man rangirt die Waarenballen nur mit Schaudern, wagt es kaum die Hand in den Sad zu stehen, schüttelt die Hüte, bevor man sie aufregt und untersucht genau jeden Sig, ehe man sich desselben bedient, aus Furcht, auf die Schlange zu stoßen, und sobald sich etwas in einem düsteren Winkel regt, läuft Alles erschro>en davon. = Practisch für Afrikareisende. Die Franzosen haben etwas ganz Neues erfunden, um auf das barbarische Gemüth Eindruck zu machen. Herr de Braxza, der Führer der Expedi­­tion nach Senegal, trägt in seiner Tasche eine electrische Bat­­terie, welche mit zwei Ringen an seiner Hand und mit anderen, an seiner Person vertheilten Apparaten in Verbindung steht. Wenn er mit einem eingeborenen Häuptling Händebrühe wechselt, wird Letzterer sehr erstaunt sein, denn die electrische Erschütterung wird sich seinem Arm mittheilen und er wird um das Haupt seines Besuchers Blige zu den sehen. . Kaleidostop, Einer, der die Kinder lieht. Hausfrau: „Lieben Sie die Kinder, mein Herz?" — Gast: „O ja, gnädige Frau, ich liebe die Kinder sehr, besonders wenn sie schreien“. — Hausfrau: „Wie, wenn sie schreien ?" — in st: „3a, weil man sie dann­­ aus dem Zimmer hinaus­­ragt”. I Ein Schneidergehilfe für die ungarische Nationalbank. Der Schneidermeister Nämethi in der Trödlergasse in Budapest schi>te seinen Gesellen Johann Bitely ins Postgebäude, um zwei Fünfernoten zu wechseln. Der 18jährige Bursche kam aber nicht zurück und der Meister ents<loß sich endlich nachzusehen, wo der Geselle bleibt. Er fand auch den Burschen in der Einfahrt des Postgebäudes , da stand Vitely, die Fragmente der beiden Fünfer langsam auf winzige Stün­­ken zerfezend. Wüthend fragte ihn der Meister, warum denn das Geld zerrissen habe? „Solange wir keine ungarischen er Banknoten haben, zerreiße ich alles Papiergeld, das mir in die Hände kommt!“ antwortete der patriotische Geselle mit leuch­­tenden Augen. „I< laß’ Dich einsperren, Du Lump !“ rief wüthend der Schneider. „Gut, ich werde dasselbe auch dem Richter sagen“, antwortete der Bursche und folgte dem Meister willig zur Stadthauptmannschaft, wo man ihn vorläufig in Gewahrsam behielt, um sich zu überzeugen, ob man es mit einem Wahnsinnigen zu thun hat. Rothschild's Dankgebet. Die „Estafette“ erzählt in ihrer Localchronik aus Paris: „Der Freiherr Alphons v. Rothschild, welcher in der israelitischen Gemeinde einen her­­vorragenden Plan einnimmt, betete neulich in einer Synagoge vor. Man sah ihn die Arme zum Himmel erheben und hörte ihn inbrünstig ausrufen : „Danken wir dem Herrn, der uns aus dem Lande Egypten befreit hat!" Dann wendete er sich zu einigen Mitgliedern seiner Familie, die hinter ihm standen und fuhr fort: „Und ihr könnt mir danken, daß ich Euch verhindert habe, dahin zurückzukehren". Keiner will anbeißen. Bei der jüngsten Geburts­­tagsfeier des Königs von Sachsen­ waren die zu einem Fest­­mahle in Leipzig versammelten Gäste nicht wenig überrascht, als zum Dessert die Büste des deutschen Kaisers aus köstlichem Eis erschien, um verspeist zu werden. Eine erklärliche Scheu­e schreibt der „Berl. B.­C.“ — hielt die Festtheilnehmer jedoch ab, sich an dem Kunstwerk zu vergreifen und so wurde das Eis unangerührt wieder hinausgeschi>t, während der Er­­finder der genialen Idee anstatt der erwarteten Lobsprüche eine Nase erhielt. Allzu hart bestraft. In dem Hannover’schen Städt­­chen Papenburg scheinen" Ehelustige einem recht erfreulichen Sck­al entgegen zu gehen. Die „Emszeitung“ schreibt nämlich wörtlich: „Heute wurde am hiesigen Magistratsgebäude der schwarze Kasten, worin künftighin die Verlobten, welche zur Ehe übergehen wollen, in gelegmäßiger Weise auf­­gehangen werden müssen, befestigt“.­­ Don Carlos und seine Manichäer. Der edle Don Carlos, der sich, nachdem er großmüthig auf die spanische Krone verzichtet, nach England zurücgezogen hatte, ist vor einigen Tagen aus London geheimnißvoll und plötzlich ver­­schwunden. Jetzt endlich kennt man die Ursache dieses Verschwin­­dens. Der so heldenmäßig durt gebrannte Prätendent wußte wohl, was er that. Die Gläubiger des Königs ohne Land, deren es in Frankreich sehr viele gibt, hatten sich in Bayonne zusammengethan und eine Deputation gewählt, welche sich nach London begeben sollte, um mit dem Prinzen einen billigen Ver­­gleich anzubahnen, dem anderen Prinzen sc wante aber Etwas und er t­at, was sich für Jemanden, der auf eine Krone re­­flectirt, nicht recht schien will, er ging doch. Wohin er sich vor seinen Gläubigern geflüchtet, ist vorläufig unbekannt. Bestechlichkeit. Als sich einst Jemand die Einrich­­tung der Blitzableiter erklären ließ, die bekanntlich in eine gol­­dene Spitze auslaufen, rief er aus: Wie soll man nun von menschlichen Richtern die Unbestechlichkeit fordern, wenn sich der Himmel selbst durch Gold bestimmen läßt, seine Blige von uns abzuwenden ! Wie man sich helfen kann. In Rom saß ein Herr während einer Vorstellung im Theater unruhig auf seinem Sperrsit, denn zwei Damen, die in seiner Nachbarschaft saßen und unausgefett halblaut miteinander plauderten, ließen kein rechtes Vergnügen an der ausgezeichneten Darstellung aufkom­­men. Er blickte nach ihnen hin, rügte ungeduldig auf seinem Site hin und her, räusperte sich, — umsonst, der Strom des Gesc­hwäßes ließ sich nicht eindämmen. Plötzlich wandte er sich mit einer artigen Verbeugung zu ihnen: „Meine Damen, ere­lauben Sie mir, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß wir zwar in Rom sind, das Capitol aber nicht in Gefahr ist". Die Damen mußten die Geschichte ihrer Stadt gut inne­haben, denn sie verstanden das historische Citat, errötheten und == schwiegen.

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