Kirchliche Blätter, 1915 (Jahrgang 7, nr. 1-53)

1915-01-02 / nr. 1

dag wir alle unsern innigsten Dank sagen!"Und wag soll man dazu sage ich daß sie nach dem Gottes­­dienst für vertriebene Glaubensgenossen in Suliin 138 Kronen 50 Heller sammeln. Das Büchlein hat Glück gehabt auch bei den Nicht-Sachsen.Deutsche besonders aus Ungarn,die es bei den sächsischen Kameraden gesehn,haben um Exemplare gebeten und rührend war der Dank,den sie dafü­r sagten.Auch Nichts Evangelische haben vielfach darin Trost gefunden. Es hat seinencickerfüll. Es soll ihn aber auch weiter erfüllen. Wenn einmal der Friede einkehrt,dann soll’s als Friedensbüchlein jedenso Rekruten mitgegeben werden,wenn er ins Heer einrü­ckt,und soll mithelfen, daß er dort tüchtig bleibt und dem Vaterland und sein K Kirche treu! Es hat das Band z­­ischen dan liedern der Kirche und der Kirche in ernster Zeit fester geschlun­­gen.Es soll das gleiche weitertun und die Quellen auch unserer Kraft immer mehr aufs neue stärkern den frommen Glauben und die Liebe zur Heimat. Der Kriegstod. Der Wortbote kommt und bringt einen s­chwarz­­umrandeten Brief. Ein Todesfall! Wer wird es sein? Wer ist an die Reihe genommen ? Eine Dame geht und klingelt an der Haustür, macht sich ernst und gütig mit der Frau bekannt und fängt dann an, ihr schnend zu jagen, was Die Kriegsbehörde erfahren hat. Ein älteres Ehepaar fibt und schweigt,­­ er hat so­gar seinen HYired, etwas zu reden. Ein Musikfotps bläft: „Was Gott tut, das ist wohlgetan ; es bleibt gerecht sein Wille; wie er fängt meine Sachen an, will­ ich ihm halten stille.“ Dazwischen s­chreien die Kleinen Sehsjährigen: „delt Steht und treu die Wacht, die Wacht am NicHein !“ Und das alles sind nur Swischenspiele im großen Singen mit dem Tode. Wir alle willen, daß wir einmal sterben müssen. Täglich sterben in Deutschland 3200 Personen. Das betrübt die Angehörigen und Freunde, macht aber sonst keinen besonderen Eindruck, weil es schon immer so war. Früher wurde sogar verhältnismäßig noch viel mehr gestorben, als er die Seuchen und Hungerk­­nöte noch gab und das Volk noch ärmer und weniger gepflegt war als heute. Auch jet während des Krieges wird ganz in der Stille ruhig in alter Weise weiter gestorben. Der Tod figt eben alle Tage am Wasser des Lebens und fängt sich feine Fische, kleine und große, alte und junge, wie sie ihm gerade in die Hand kommen. Neben­­ diesem alten, guten Tode, der am Wasser ist und fängt, gibt es nun aber den anderen Tod, der aus den Tötungsinstrumenten herausfährt. Der gewöhnliche Tod, auf den wir alle heimlich­ warten, erscheint als ein Bote Gottes oder Zwang der Natur, als Folge von Krankheit oder als Ausatmen von Schwachheit, der andere Tod aber ist von Menschen hergestellt, wird von unseren und fremden Soldaten versendet; er wurde in den Militärwerkstätten zu­­rechtgemacht. Das gibt ihm seine besondere Härte, aber auch seine Hohe sittliche Eigenart, denn während der Mensch sie vor dem alten, gewöhnlichen Tode zu verstelen sucht, solange er irgend­wan, geht er dem Kriegstode mit Willen entgegen: Sich, ob du mich bekommst! Die angreifende Truppe weiß, daß drüben Hinter den Wällen und zwischen den Garten­­zäunen der Tod lauert, und zwar der ganz unper­­sönliche, mechanische Tod, trogdem aber steigt sie ihm entgegen, das Gewehr in der Hand: Tod gegen Tod! Daß Menschen überhaupt in dieser Weise dem Tod entgegengehen können, ist etwas Ueberwältigendes und wirft alle rein materialistische Weltanschauung beiseite. Vereinzelt kommt so etwas auch im Frieden vor, jeßt aber wird die Todesverachtung Massener­­scheinung. Auch schwache Menschen, die in ihren Friedensstellungen nie besonders mutig sein durften, bringen es fertig, den Kriegstod wie etwas längst Vertrautes anzusehen. Sie erleben ihre eigenen größten Augenblicke, indem sie aus ihrer gewöhnlichen Rein­­heit herausgehoben werden und mit dem Tode spielen wie er mit ihnen. Wie er in den Seelen derer aussieht, die einen vom Feinde befegten Berg hinaufklimmen müssen und dabei wie im Fluge merken, daß es ihre Neben­­menschen bereits nicht mehr gibt, wird sich nicht be­­schreiben lassen, weil das­­ Selbstbewußtsein derer, die e3 Ddurchgemacht haben, seine Eingelerlebnisse mehr genau kennt. Der Rausch, das Fieber, der Lärm, die Geschoffe beschäftigen die Stürmenden. Auch die­­jenigen, die nicht im Rausche sterben, sondern ruhig an einem Feldrand geschaffen werden, können nicht sagen, wie der Tod kommt. Aber das willen wir ja auch beim alten guten gewöhnlichen Tode nicht. Er hat seine Geheimnisse und behält sie. Sicherlich findet sich in jeder Seele ein Rest von Scheu vor dem Tode und vielleicht noch mehr Scheu davor, vom Tode nur halb erfaßt zu werden. Der halbe Kriegstod kann schlimmer sein, als der ganze, kleine Verwundungen schaden wenig, größere müssen ertragen werden, aber lange vom Kriegstode hin- und hergezogen zu werden, zerschoffen dazuliegen und doch nicht zu Sterben, das macht Bangen bis in den Grund der Seele hinein. E3 kehrt mancher sehr ersb­rochen heim. Das zu jagen, ist seine Unehre. Eine Ehre aber ist es, ein wunderbarer Beweis von Willen und Gesundheit, daß die meisten Verwundeten wieder in den Kampf hinaus wollen. Der Krieg hat ihr Herz gewonnen Groß des Todes, der in ihm herumschwirrt. Sie haben etiwach, was stärker ist als das Bangen. Dieses bei so vielen Volksgenossen zu erleben, das ist die tiefste Erhebung dieser Zeit. Den Tod nicht fürchten, das heißt ganz lebendig sein. Auch Naturvölter gehen in den Tod. Da ihr Leben weniger wert ist, verlieren sie es leichter. Um was für Kleinigkeiten schlagen sie die Wilden ! Aber gegenüber den Sprenggeschossen der Artillerie und unheimlichen Wirkungen der Maschinengewehre reicht

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