Literarische Berichte aus Ungarn 1. (Budapest, 1877)

1. szám - I. Einleitung

EINLEITUNG. D ie Geschichte erzählt uns, dass am 6. Julius 1436 zu Iglau in Mähren die Compactaten, d. h. die Vereinbarungspunkte, welche das Concil von Basel den Hussiten zugestanden hatte, lateinisch, böhmisch, deutsch und ungarisch verkündet wurden. Wir haben auch eine ungarische Uebersetzung der vier Evange­lien, welche 1466 zu Tatros in der Moldau abgeschrieben, wenn nicht verfertigt worden ist, und mehrere Bücher des Alten Testa­mentes aus derselben Zeit. Von Mähren bis in die Moldau war also damals die ungarische Zunge hörbar. Dies ist aber nur ein Moment jener Zeit; das zweite und wichtigere Moment war und ist, dass das Christenthum und seine Ideen überall in der Lan­dessprache zum Volke reden mussten, wenn sie in sein Inneres eindringen wollten. Wie gross auch die Herrschaft der lateinischen Sprache durch das ganze Mittelalter in dem zur occidentalischen Kirche gehörenden Europa war, diese Herrschaft hatte sich doch nur des äusseren politischen und kirchlichen Lebens bemächtigt; auch die lateinische Wissenschaft, als ein Schmuck des äusser­­lichen Lebens, blieb den Völkern ziemlich fremd. Sowohl Leid als Freude, sowohl die Trauer um die Vergangenheit, als auch die Hoff­nung auf eine bessere Zukunft konnten überall nur in der Sprache des Volkes singen. Lateinische Dichter, wie Janus Pannonius (t 1472) oder Joannes Bocatius (circa 1590-1612) konnten auf das Volk selbst keinen Eindruck machen. Trotzdem war die Herr­schaft des Lateinischen in Ungarn ausschliesslicher, als irgendwo in Europa, so dassGALEOTi, der Hofgelehrte des Matthias Corvinus, sagen konnte : Die Deutschen, Böhmen, Polen schreiben wohl

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