Der Spiegel, 1840. január-június (13. évfolyam, 1-52. szám)

1840-01-15 / 5. szám

34 Me ich gedankenlos hingelebt, Buße thun soll. Nirgends aber ist eS einsamer, als in freier Natur. Eine Stube, sei sie auch noch so groß, sei es selbst eine stille, große, hochgewölbte Kirche, erregt nicht das Gefühl einer so auf der Seele lastenden Einsamkeit, als ein freies Feld in stiller Nacht, von Schnee bedekt und vom Mond trüb erhellt. Das Auge blikt in die Nebel der Ferne und ihre gchcimnißvollen Schatten rüken immer dichter und näher an uns heran. Wir sehen vor uns die Pfade und Pläze, die der menschliche Fuß am Tag be­tritt, und auf denen jezt Niemand wandelt. Immer glauben wir, es werde hinter dem Stamm der Meiden am Bache Jemand hervortreren und uns grü­ßen; aber es bleibt still und das Mondlicht glimmt und siimmert auf den schwar­zen Wellen des Wassers. Wir stehen still und lauschen, aber im weiten Umkreis der Schöpfung rührt sch kein Laut; geräuschlos fallen die Floken vom Himmel und ebenso geräuschlos sezen sie sich an die nakten Zweige der Bäume oder ver­dichten die weiße Deke zu unfern Füßen. Es zieht kein Lüftchen daher, kein Vo­gel kreischt, kein Hund bellt. Ich stand eine Weile still und blikte, unbekümmert um die weichen Flößen, die sich mir an Haar und Wimpern sezten, hinaus ins Weite. Wie gesagt, Trauer beschlich meine Seele. Ich dachte der Tage meiner Jugend, ich dachte der frohen Gesellen, die mich einst umgeben hatten, und die jezt nicht mehr meinen Schritten folgten. Ich hatte nicht immer in diesem verlassenen Win­kel der Erde gelebt, ich hatte große Städte gesehen, in manigfaltigem Ver­kehr mit umgetrieben, prachtvolle Feste geschaut und heitere, ausgelassene Ge­lage mitgemacht — Alles das war jezt dahin. Mein Wirkungskreis war, ob­gleich ehrenvoll, dennoch enge und beschränkt. Das Glük hatte meinem Ehrgeiz geschmeichelt und mein Herz war zu großen Hoffnungen, zu glüklichen Aussich­ten geschwellt; ich war geliebt, gesucht, mit Auszeichnung überhäuft — Alles das war nicht mehr. Ich war nicht mehr jung, ich war nicht mehr reich; die Menschen fanden es nicht mehr der Mühe werth mir zu schmeicheln, und Viele, die sich meine Freunde nannten, gingen von mir, ohne mir Lebewohl zu sagen. Dennoch blieb ich heiter. Mein Gewissen war nicht belastet, kein Unrecht drükte meine Seele, ich konnte an die Tage des Glanzes und meiner Jugend ohne Vorwurf zurükdenken. Dieses erhielt mir die innere Fröhlichkeit, die man nicht wie die äußere erheuche n kann, und die die Welt nicht schäzt, weil sie sie nicht erkennt. So konnte ich denn auch in einer so stillen, traurigen Nacht innerlich hei­ter sein, obgleich mein Auge sich mir Thranen füllte und meine Rechte, die sich auf den Stab stüzte, zitterte. „Immerhin!" rief ich bei mir selbst; „magst du auch jezt allein stehen, mag die Erde um dich wie ein weites Grab ausse­­hen: einmal muß sie doch wieder blühen, einmal werden sie doch erkennen, daß du zu lieben verstandst." Ich mochte diese Worte unwillkürlich laut ausgespro­chen haben, denn ich sah mich um, in der Meinung, eine Stimme neben mir zu hören; allein es blieb todtenstille, wie zuvor. Die Floken sielen reichlicher herab und der Mond blikte trübe durch den Nebel. Ich ging weiter, indem ich mit dem Stabe den Schnee, der sich an die Füße angesezt, abklopste. Als ich den Blik erhob, den ich rüstig fortschreitend zu Boden gesenkt, merkte ich, daß ich vom Wege abgekommen war und mich zu nahe den herrschaftlichen Gebäuden des „Schwedenhofes" befand, anstatt daß ich an den Meiden des Flusses mich

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