Der Spiegel, 1844. január-december (17. évfolyam, 1-104. szám)

1844-12-04 / 97. szám

DER SPIEGEL für Kunst, Eleganz und Mode. -iebzehntrr Jahrgang. —#$!*— Redakteur: Sam. Rofenthal. Verleger: Fr. Wiesen'S Wittwe und S. Rofenthal. ÉS44. Pesth und Ofen, Mittwoch, 4. Denember. 9V* Das Debüt. Novellette von Ludwig Köhler. er seinen Kindern jeden Wunsch erfüllen wollte, den ihre erhizte Einbildungskraft erschafft, müßte eS mit ihrem Glüke nicht wohl mei­nen !" sagte Lesage, der bekannte französische Schriftsteller, der Ver­fasser deS Gil-BlaS, zu einem Freunde, nach einer langen, eben gepflogenen Unterredung. »Ich kann mir wohl denken, daß mein Sohn mit Bitten Sie so lange bestürmt, Ihnen seine phantastischen Pläne mit so lebhaften, gewinnenden Farben geschildert hat, bi- Sie ihm versprachen, einen Angriff auf das unerbittliche väterliche Herz zu wagen. Aber standhaft schlage ich diesen Angriff zurük; denn selbst der Freund kann mich nicht überreden, einen Schritt zu billigen, der daS Glük meines Sohnes niemals begründen würde. Sie selbst glauben vielleicht nicht daran und nur Ihr Wohlwollen gegen meinen Sohn bestimmte Sie, die Rolle deS Ver­mittlers zu übernehmen. George kennt meine Gesinnung über diesen Gegenstand und wagt selbst nicht mehr den Versuch, diese Gesinnung zu erschüttern. Sagen Sie ihm, daß er nie meine Billigung zu einem Schritte zu erwarten habe, den ich unvereinbar mit seinem Glüke halte. Die Laufbahn, die er sich einst selbst gewählt und auf der ich ihn gern wandeln sah, sichert ihm eine ehrenvolle Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft, und ich fordere, daß er sie mit unerschütterlichem Ernst verfolge. Dies sei das lezte Wort in dieser Angelegenheit!" — »Aber, Theurer," entgegnete Monsieur Legrand, »der Gedanke, Schauspieler zu werden/ist so fest in daS Herz Ihres George gewachsen, daß ich eS für unmöglich halte, ihn daraus zu rei­ßen. Sie selbst wissen nur zu gut, wie heilig die Verpflichtungen der Eltern gegen ihre Kin­der sind. Die Neigung deS Sohnes hat das unveräußerliche Recht, in der Wahl feines Le­­benSberufeS mitzusprechen. Unterdrüken Sie diese Neigung, so wird er entweder den Gehor­sam auS den Augen fezen, oder, wenn dieser stärker ist, als seine Neigung, in der Laufbahn die Sie ihm anweisen, eine mittelmäßige, wenn nicht traurige Rolle spielen." — »Und kön­nen Sie mir verbürgen, waS er als Schauspieler leisten wird ?" antwortete Lesage. »Ich glaube nicht an seine Befähigung für diesen Stand, den ich übrigens achte, wie jeden andern. Nur wenn ich die Ueberzeugung hätte, daß er Ausgezeichnetes darin leistete, würde ich sein Verlan­gen für mehr als eine Laune halten. Wir haben der mittelmäßigen Talente genug, mein.Sohn soll nicht ihre Zahl vermehren. Ist eS der ächte heilige Kunsttrieb, der ihn begeistert? Nein, ich weiß eS zu gut, daß eS nur eine flüchtige LiebeSflamme ist, die ihm ein Talent vorspiegelt, daS er nicht bestzt. Darum kein Wort mehr davon!" Legrand verabschiedete sich von dem Unbeugsamen, ärgerlich und doch die Ansichten deS Freundes ehrend; er ging zu George, und ihm den trostlosen Erfolg seiner Sendung mitzu­­theilen. Ungeduldig hatte ihn dieser erwartet und eilte ihm mit den Worten entgegen: »Nun? Bringen Sie mir sein Jawort?" Er hätte schon aus Legrand'S Miene lesen können, daß jede Hoffnung verschwunden sei, hätte er sich die Mühe dazu gegeben. »Denken Sie nicht mehr daran, mein junger Freund," antwortete Legrand, »das ist mein einziger, wohlgemeinter Rath. Ihr Vater hat einen festen Willen und im Vertrauen, ich glaube, er hat Recht." Er theilte ihm

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