Neuer Weg, 1959. december (11. évfolyam, 3296-3322. szám)

1959-12-09 / 3303. szám

Jleß&täcke tmgen Qoídmedaiííen Rumänische Weine im Ausland gefragt / Neun Auszeichnungen in Frankreich errungen / Seiden konkurriert mit Montpellier Wie wir bereits berichteten, wurden beim Wettbewerb der Weine In Montpellier, dem Zentrum des bekannten französischen Weinbau­­grebiets, nicht weniger als neun rumänische Weinbausorten mit Gold­medaillen ausgezeichnet. Nach den Erfolgen, die unsere Weine sowohl ln Budapest als auch in Ljubljana errungen haben, ist dies eine neue Anerkennung, die die internationale Fachwelt unserem Weinbau aus­spricht. Um Näheres darüber zu erfahren, besuchten zwei Mitarbeiter unserer Zeitung die Aussenhandelsgesellschaft „Prodexport", die sich mit der Weinausfuhr beschäftigt, und die siebenbürgische Gemeinde Seiden, die mit ihren Sortenweinen sogar die berühmten französischen Weine von Montpellier an Güte übertraf. r »Die glänzenden Zensuren, die Unsere Weine erhalten haben, ha­tyen uns alle gefreut“, erklärt Ing. Mircea Bădica, Weinsachverständi­ger der „Prodexport“. „Denn — vergessen wir nicht — das südfran­zösische Städtchen Montpellier ist ein weltbekanntes Zentrum für Forschungen auf dem .Gebiet des Weinbaus und hat bisher das gro­sse Wort auf internationalen Wett­bewerben geführt.“ Insgesamt 15 Sorten, Lese 1956— 1958, schickte die „Prodexport“ durch unsere Handelsvertretung in Paris zu diesem Wettbewerb; da­von wurden — wie bekannt — 9 mit goldenen Medaillen ausgezeich­net. „Allerdings“ meint Ing. Bădica, „waren wir selbst sehr anspruchs­voll und wählten diese 15 Sorten unter nicht weniger als 200 Weinen aus.“ Als beste rumänische Weine auf diesem Wettbewerb wurden ein Muskat-Ottonel des Staatsgutes Seiden und die Sorte „Tämiioasa Rominaascä“ von der Kelterei Pie­troasa des Forschungsinstituts für Wein- und Gartenbau bezeichnet, die neben der Goldmedaille auch noch eine besondere Belobigung der Jury erhielten. Wieso eben diese Weine so bevorzugt wurden ? Ing. Bădica erklärt, die Muskat-Weine würden sonst nur noch in Grie­chenland und Frankreich gezogen, wobei es sich dort um allzu schwe­re Weine handelt, während unsere Muskait-Weine ein bedeutend dis­kreteres und darum feineres Aro­ma haben. Weiter wurden ausgezeichnet: Traminer aus Crăciunel, Pinot- Chardonnay aus Murfatlar, Kokel­­taler Sauvignon, Mädchentraube aus Cotnari, Grasa aus Cotnari und Pietroasa sowie Tämiioasa Romi­neascä aus Drăgăşani. Es gab auch Überraschungen: die Sorte Mer­­lott aus Nicoreşti, die 1957 in Lju­bljana eine Goldmedaille erhielt, fand diesmal keine Beachtung. Auch fällt auf, dass es vor allem Weissweine waren, die einen Preis erhielten, während unsere Rotweine — ausser zwei oder drei Sorten — diesmal schon daheim ausgeschie­den wurden. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass im Süden Weissweine mehr gefragt sind. Das Geheimnis des Erfolgs un­serer Weine im Ausland ? Ing. Bä~ di-cä antwortete mit vier Buchsta­ben darauf .: ICHV. Es ist die Ab­kürzung für „Institut für Wein­­und Gartenbau“. Neben modernen Keltereien, die eine industrielle Weinbereitung ermöglichen, bedurf­te es auch wissenschaftlicher Me­thoden, um die Weine denkbar gut pufzubereiten. Der Weinsachver­ständige der „Prodexport" führte als Beispiel den Muskatwein an. bei dem es auf Stunden ankommt, wann er vom Treber abgezogen wird. Die wirtschaftliche Bedeutung des Erfolges liegt klar auf der Hand. Bis zu einem Drittel der Weinproduktion unseres Landes könnte exportiert werden. Grösster Abnehmer bisher war — so un­glaublich es klingt — Frankreich, gefolgt von der DDR und der CSR. Frankreich bezieht im allgemeinen Tischweine, die DDR Mädchentrau­be, verschiedene Rieslingarten — wie den Banater Grün-Silvaner — sowie Traminer, hauptsächlich auf Flaschen gezogen. Für die Sowjet­union wurden grössere Mengen Dessertweine — in der Art der Portweine — geliefert, für Polen trockene und Dessertsorten. In letzterer Zeit ist auch West­deutschland als Interessent für Ca­bernet Sauvignon, Riesling und Pi­­not noir aufgetreten; rumänische Rotweine gelangen auch schon in die skandinavischen Länder. Nun aber eröffnet sich die Perspektive, bedeutend grössere Exportaufträge dieses unseres wertvollen Ausfuhr­gutes zu erhalten, von dem wir be­sonders nach den aussergewöhnli­­chen Ernten von 1958 und 1959 fast mehr vorrätig haben, als un­sere Keller fassen können. Bester Naturwein Von Tirnäveni nach Seiden fuh­ren wir mit einem angehenden Weinbauingenieur, der während der halbstündigen Fahrt nur von den Qualitäten der Seidener Weine sprach. „Wo gedeiht der beste Naturwein der Welt ?“, fragte er und blickte mich triumphierend an. „Ja, diese Frage kann wohl schwer jemand beantworten“, ga­ben wir vorsichtig zurück. „Im Gegenteil. Einer der besten 7/einfachleute der zwanziger Jah­re, Prof. Wortmann von der Uni­versität Hohenheim, hat den Sei­dener Rebensaft als den besten Naturwein der Welt beurteilt,“ „Na, erlauben Sie. Die weltbe­rühmten starken griechischen, spa­nischen und italienischen Weine sind ja auch nicht Limonade.. „Einen Augenblick“, unterbricht uns der junge Mann. „Wissen Sie, dass berühmte Weine, wie z. B. .Lacrimae Christi’, nur durch den Eingriff des Menschen zu dem wer­den, was sie sind ? Nehmen wir den Tokaier. Es werden die schön­sten Weintrauben gepflückt, über die dann alter Wein dieser Sorte gegossen wird. Der Gärungsprozess bringt den edlen Tokaier hervor. Bei den Seidener Weinen ist es anders. Die wunderbare Säure lm Unterton, der hochgradige Zucker­gehalt und der Nektargehalt 1st einzig und allein nur der Rebe zu verdanken und keinem menschli­chen Eingriff.“ „Nim, wie dem auch sei: einer der besten Weine der Welt 1st je­denfalls der Seidener Rebensaft," mischte sich einer der Mitfahren­den ins Gespräch und beschloss so­mit den Weindisput. Stottertirade des Kaisers Schon seit vielen Jahrhunderten gedeihen in Seiden diie Reben. Den Anfang machten Einwanderer im 12. Jahrhundert. Sie brachten die sogenannte „Fränkische Trau­be“ mit. Später wurden die Traju­­bensorten „Schmieger“ ynd „Gor­­wisch“ aus Italien nach Sieben­bürgen gebracht. Seidener Weine fehlten auf keiner fürstlichen oder königlichen Tafel der ungarischen Herrscher. Um diesen Rebensaft wurden hundert­jährige Prozesse und Streitigkeiten ausgetragen. Auf seinem Sterbe­bette vermachte Johann Hunyadi die Hälfte der Abgaben an Wein dieser Gemeinde dem Bischof von Karlsburg, während Kaiser Sigis­mund die andere Hälfte der Her­mannstädter Marien-Kirche schenk­te. Jahrhunderte später, gegen Ende des 18. Jahrhunderts, kaufte Graf Bethlen die Einnahmen um 10 000 Goldgulden. Die Einwohner der Gemeinde Seiden waren Leibeigene, die zwar nicht Frondienste verrich­teten, aber abgabepflichtig waren. Graf Bethlen trachtete danach, die besten Weinberge des Seidener Hatterts seinem ohnehin schon rie­sigen Grundbesitz einzuverleiben. Die Dorfbewohner setzten sich zur Wehr. Eine Abordnung der Dorfäl­testen machte sich auf den Weg nach Wien. „I.. . I... Ihr ... sei.., seid ,,, Sie ... Sie... Siebenbürger S... Sachsen. I... I... Ich erkenne euch a... an, äh, eu ... eu ... ren, äh, Pel... Pelzen, äh“, stotterte der dämliche Habsburger blaurot im Gesicht vor Anstrengung. Als die Männer ihr Anliegen vorbrachten, liess das gekrönte Haupt eine ellenlange Stottertirade vom Stapel, dass die Bauern aus dem Gestammel nicht klug wurden und unerledigter Dinge abzogen. Eigentlich hätte dieses Dorf sich zu einer wohlhabenden, stattlichen Gemeinde entwickeln müssen. Dies geschah aber nicht. Gewissenlose Händler nisteten sich in Seiden ein und kauften in je­dem Herbst den neuen Wein zu Schleuderpreisen auf. Obwohl der Rebensaft dieses Dorfes bis nach Norwegen und Schweden ging, blieb der Winzer arm. Endlich änderten sich die Zeiten. Die Volksmacht schuf den werktä­tigen Bauern der Ortschaft Bedin­gungen für eine bessere Bewirt­schaftung der Weinberge; das Staatsgut wurde gegründet, dann eine Kollektivwirtschaft ; gemein­sam ging man daran, den Reich­tum der Hügel zu pflegen, einen Reichtum, der nun allen zugute kommt. Grosslieferant : Staatsgut Wie ein Grönlandfahrer war der Chefingenieur des Staatsguts Sei­den, Ilde Sutén, gekleidet. Er trug einen dicken, bis an die Füsse reichenden Schafpelz und sonstige warme Winterkleidung. „Der Arzt hat mir strengste Bettruhe verordnet mit heissem Tee, damit ich die Grippe los­werde. Aber es hält mich nicht im Bett, wo ich weiss, dass gerade jetzt in der Lese alle Mann an Bord sein müssen“ sagt der Chef­ingenieur wie zu seiner eigenen Entschuldigung. „Ein Stein fiel mir vom Herzen“, fuhr unser Gesprächspartner fort, „als mir gemeldet wurde, dass am neuen Weinkeller in Bulkesch die letzten Handgriffe getan wurden- Er ist in einen Berg hineingebaut und fasst 127 Waggon Wein. Auch' wurde inmitten der Weinberge ein Wohnungskomplex mit Kantine, Klub und anderen sozial-kulturel­len Bauten errichtet, der etwa 200 Winzern Unterkunft gewährt. Un­sere Wirtschaft wird eine richtige .Weinfabrik’. Als das Staatsgut gegründet wurde, übernahmen wir jahrhun­dertealte Weinberge, die mit ei­nem alten Baum verglichen wer­den können, der von Jahr zu Jahr immer weniger Früchte trägt. 1949 begann eine grossangelegte Neuan­pflanzung. Insgesamt wurden 240 Hektar mit Reben bepflanzt. 1955 wurden von den Stöcken die er­sten Früchte geerntet. Es geht hier im Dorf eine Redensart um, dass an diesen Rebstöcken Trauben und Goldmedaillen wachsen. Und ist es nicht so ? Zehn Goldmedaillen sind ja bereits .gewachsen’. Die zwei letzten Auszeichnungen wur­den uns bekanntlich in Montpellier (Frankreich) verliehen.“ Wir standen bei den Kelter­­pressen. Seit Tagen schon spru­delte goldener Rebensaft, füllte Hunderte Fässer. „Für jeden einzelnen Tropfen die­ses Rebensaftstromes wurde sehr fleissig gearbeitet. Wohl hat unser Dorf für Weinbau eine aus­gezeichnete Lage, aber ebenso wichtig wie die sonnigen Hänflje und die südliche Sonne, gedämpft durch die von Waldiredchtum be­dingte Feuchtigkeit, ist die Arbeit des Winzers. Und in Seiden gibt es Winzer, die Künstler in ihrem Beruf sind. Jahrhunderte hindurch hat sich ja dieser Beruf vom Va­ter auf den Sohn und' von Mutter auf . dip,, Tochter vererbt. Ja, auch die Frauen sind unübertreffliche Meister, sie stehen ihren Männern in nichts nach. Weinbaubrigadier Meier weiss darüber mehr zu be­richten. In seiner 40 Hektar gro­ssen Parzelle, wo viele Frauen ar­beiten, wie Suzanne Ungar, Sara Gross und Sinica Florean, wuchs der berühmte Muskat-Ottonel, der grosses Aufsehen beim letzten in­ternationalen Weinwettbewerb • in Frankreich erregte und preis­gekrönt wurde. Wertvolles Arbeits­­material und eine fortgeschrittene Agrartechnik — das ist das Ge­heimnis unseres Erfolges. Wir sind von der Versuchsstation für Wein­bau Crăciunel nur einen .Katzen­sprung’ entfernt. Wir halten die Augen offen und haben uns das Abgucken ziur Parole gemacht. Übrigens unterstützt uns die Ver­suchsstation tatkräftig mit ,Rat und Tat’.“ „Und Pläne für die Zukunft ?“ „Deren haben wir viele. Wei­terer Ausbau unserer Wirtschaft und noch bessere Arbeit, damit noch viele Goldmedaillen an unse­ren Rebstöcken wachsen." Piauderstunde im Weinkeller der KW Das Gespräch mit einigen Sei­dener Kollektivbauern findet im Weinkeller statt. Er liegt auf dem Wirtschaftshof der KW. „Ist der Vorsitzende hier?“ fragten wir einige Männer, die im Halbdunkel standen. „Na, zuerst kosten Sie einen diesjährigen .Seidener’ und dann sehen wir weiter“, sagte Brigadier Johann Schöppner, ein stattlicher Fünfziger mit roten Backen wie ein jungs Mädchen, und füllte ei­nige Gläser. Der Brigadier nahm unsere Lo­besworte mit sichtlicher Freude auf. Nun, den Seidener Wein muss man gekostet haben. Süss, man könnte fast mit dem Schöpflöffel ins Fass fahren. „Wir haben nur etliche Parzellen mit Rebstöcken. Die Ernte ist nicht schlecht ausgefallen. 200 Gramm Wein wird je Tagwerk ausgefolgt. Unsere KW wird den Weinbau zu ihrer Hauptbeschäftigung machen. Drei Hektar Weinanpflanzung in diesem, ebensoviel im nächsten Jahr usw. Unser Ziel: Es dem Staatsgut gleichzutun, was Quali­tät der Weine anbelangt“, meinte Schöppner im Brustton der Über­zeugung. Bestimmt werden die Seidener Kollektivbauern ihr Vorhaben ver­wirklichen, denn sie können tüch­tig zupacken, was sie übrigens schon unter Beweis gestellt haben. 1954 wurde die KW gegründet. Heute ist die Mitgliederzahl auf das Vierfache angewachsen. Wenn der Boden für Weinbau äusserst gün­stig ist, so sind die Hänge für Ge­treideanbau nicht gerade von idea­ler Beschaffenheit. Trotzdem lie­gen die Erträge hach. Einen Haupt­treffer haben die Kollektivbauern bei Zuckerrüben gemacht. Dabei ist zu bemerken, dass diese Kultur erst seit einigen Jahren angebaut wird. Von 25 Hektar wurden im Durchschnitt um die 30 000 Kilo­gramm Zuckerrüben je Hektar eingebracht. Hauptwirtschaftszweig bleibt jedoch für die Zukunft der Weinbau. Denn wie ein alter Win­zer mit zwinkernden Augen sagte — auf den Seidener Hügeln wach­sen Goldmedaillen, und die will man sich nicht so leicht weg­schnappen lassen.“ Helmut K a m i 11 i Bert M i 11 i t z Heute sind die Trauben, die hier gepflückt werden, schon zum grickelnden Rebensaft geworden. Ort der Handlung : Gaststätte Sachsenhaus in Leipzig. Kenner prüfen die Qualität rumänischer Weine. STEFAN HEYM Der Zug hielt an. Ein Lautspre­cher verkündete blechern, dass dies der letzte Bahnhof in der Republik sei und dass die Reisenden gebe­ten würden, auf ihren Plätzen zu verbleiben. Nach einer Weile wur­de die Abteiltür aufgeschoben, und ein Grenzpolizist trat ein. Der Zoll- Wachtmeister, der unmittelbar hin­ter ihm kam, liess seine Augen über die beiden Reisenden gleiten, den alten Mann und den jungen, und über die leeren Plätze und das Gepäcknetz. , „Was 1st das?“ fragte er, auf ei­nen unförmigen Gegenstand wei­send, der in Leinwand eingewickelt und mit einer grauen Schnur fest zugebunden war. „Ein Präsentkorb“, sagte der jun­ge Mann; ein Schatten von Ver­druss färbte seine Stimme „Reichlich gross für einen Prä­sentkorb“, sagte der Zollwachtmei­ster. Der alte Mann griff in seine Brusttasche und holte einen Brief hervor. Der Grenzpolizist machte den Brief auf und las ihn lang­sam durch. Dann, auf den verhüll­ten Korb zeigend, sagte er zu sei­nem Kameraden: „Delegationsge­päck.“ „Sie sind eine Delegation?“ frag­te der Zollwachtmeister stirnrun­zelnd. „Eine Arbeiterdelegation“, bestä­tigte der andere. „Und Sie fahren nach drüben?“ „Nach drüben!“ „Nun dann“, sagte der Zollwacht­­xne:ster, „viel Glück!“ „Viel Glück!“ wiederholte der Grenzpolizist, gab den Brief und die Personalausweise zurück und grüsste. Die Abteiltür fiel hinter ihnen ins Schloss. Der alte Mann schob die Brille wieder auf die Nase und griff nach seiner Zeitung. Der jun­ge Mann liess das Fenster herunter und sah hinaus. Die Lokomotive stiess eine Wolke weissen Dampfes aus, pfiff zum letztenmal auf so­zialistischem Boden und begann sich dann unmerklich in Bewegung zu setzen, auf die unsichtbare Li­nie zu, die das Land teilte. Der junge Mann schloss das Fen­ster und kehrte auf seinen Platz zurück. „Kollege Scholz?“ fragte er. Der alte Mann nickte. „Den Brief werden Sie aber drü­ben nicht vorzeigen, was?“ „Nein“, sagte der alte Mann, ohne aufzublicken. „Er würde uns auch kaum nützen.“ „Dann werden wir womöglich das Ding aufpackan müssen?“ Der Alte zuckte die Achseln. Der junge Mann musterte den Korb mit einiger Besorgnis. Nicht nur sein Umfang ging über das Übliche hinaus, auch sein Inhalt. Er enthielt mehr als nur Kuchen und Konfekt, Früchte, Kognak und Wein, die dartun sollten, dass die Spender nicht gerade am Verhun­gern waren. Es waren Spielsachen darin, mit! viel Liebe und Corgfalt ausgewählt: ein Traktor, dem man einen kleinen Pflug anhängen konnte oder eine ebenso winzige Egge; ein Spielzeugkran, dessen Greifer durch eine automatische Vorrichtung herabgelassen oder hochgezogen werden konnte; und Puppen, deren Kleider die Arbeite­rinnen in dem volkseigenen Kon­fektionsbetrieb „Neues Leber, au­sserhalb der Arbeitszeit genäht hat­ten?' Das Prunkstück aber war ein Luxusschlafwagen, komplett einge­richtet bis in die letzte Einzelheit und genam massstabgerecht; jeder Sitz liess sich in ein Bett verwan­deln, und der Schrank im Schaff­nerabteil enthielt die nötige An­zahl an winzigen Laken, Decken und Kopfkissenbezügen. Der Wagen stand auf zwei stählernen Schienen, die wiederum auf einer schwarz­polierten hölzernen Unterlage be­festigt waren, und genau unter der Mitte des Wagens war eine Mes­sing-Plakette mit den eingravierten Worten: Die Arbeiter der Karl- Marx-Giesserei- und Waggon-Wer­ke ihren jungen westdeutschen Ge­werkschaftskollegen. Der junge Mann fragte sich, wie das wohl den Grenz- und Zoll­beamten von drüben schmecken würde. „Kollege Scholz?“ fragte er wieder. Kollege Scholz blickte über den Rand seiner Brille. Der junge Mann zeigte vage in Fahrtrichtung. „Waren Sie schon mal drüben?“ „Mehr als einmal.“ Der junge Männ fand es durch­aus natürlich, dass sein Mit-Dele­­gierter mehr als einmal drüben ge­wesen war. Kollege Scholz stamm­te noch aus der Zeit, da drüben und hier lediglich geographische Begriffe waren. Der Alte schien sich wieder seiner Zeitung zuweD- den zu wollen. „Wie ist es dort drüben?“ sagte der junge Mann hastig. „Ich war noch nie dort. In Westberlin ja. aber noch nie in Westdeutschland...“ Er war nervös. YielKLht war er absichtlich für diese Reise ausge­sucht worden — aus einem Grunde, den er nicht zu erkennen vermoch­te. Er wäre fast auf den Rücken gefallen, als in der Versammlung plötzlich sein Name vorgeschlagen wurde. „Alfred Krakowiak“, hatte jemand gesagt. „Warum de­legieren wir nicht den Kolle­gen Krakowiak ?“ Und ein ande­rer hatte gesagt: „Zu jung!“ Wo­rauf die erste Stimme entgegnete, dass man doch mindestens einen Mann unter dreissig zu einem Kon­gress junger Gewerkschaftler schicken müsste; Kollege Krako­wiak habe sich in seiner Arbeit als zuverlässig erwiesen und die Kampfgruppen-Übungen regelmä­ssiger mitgemacht als so mancher andere. Sie vergassen zu fragen, ob er auch einverstanden sei, aber der Vorschlag war schon einstimmig angenommen; und von da an be­gann die Maschine zu arbeiten — Genehmigungen und Papiere und Fahrkarten, und -ine Besprechung mit dem Sekretär, der ihm sagte, was ratsam sei und was nicht, und der sich schliesslich erkundigte, ob er noch irgendwelche Fragen hätte. Er hatte keine. Wenigstens keine, die sich so ein­fach fragen Hessen, keine, die er auf der Stelle formulieren konnte. „Wie es dort ist ? ...“ wiederhol­te der alte Mann Krakowiaks Fra­ge. „Warum warten Sie nicht ein paar Minuten ab? Dann werden Sie schon selber sehen.“ Krakowiak war viel zu gespannt, um sich so leicht abweisen zu las­sen. „Ich meine nur“, sagte er, „weil so viele Leute einem so ver­schiedene Dinge erzählen.“ Scholz setzte die Brille ab. „Das hängt davon ab“, sagte er., „Hängt davon ab ?“ „Was das für Leute sind, und was sie bezwecken.“ Er schwieg. Den Alten zum Reden zu bringen, war schon immer wie Zähneziehen gewesen; es machte Krakowiak ganz kribbelig. Doch manchmal re­dete der Alte wie ein Buch, wenn es um ein Thema ging, das ihn in­teressiert. Die Attraktionen des Westens waren kein solches Thema. Krakowiak kam sich vor wie ein dummer Junge. „Aber die Autos zum Beispiel“, sagte er. Im Westen gab es viel mehr Autos als im Osten. Sollte der Alte mal versu­­chep, das abzuleugnen! „Ich habe einen Freund, und der hat mir geschrieben, dass er jetzt einen Wa­gen hat. Dabei ist er bloss Schwei­sser!“ Er liess ungesagt, dass der Brief seines Freundes in seiner Tasche steckte, und dass dieser Freund bis vor einem Jahr im Osten gelebt hatte. Der Brief war vollkommen harmlos, er berichtete nur von dem Leben im Westen und von den Möglichkeiten, die man dort hatte: aber der Kollege Scholz könnte das missverstehen. „Einen Volkswagen hat er“ fügte er lahm hinzu. „Sie haben also Freunde im We­sten?“ fragte der alte Mann. Krakowiak bereute fast, davon angefangen zu haben. „Ich habe eben Freunde“, kapselte er sich ab. „Ist vielleicht etwas dabei?“ „Nein. Es ist ja ein Land. Ausser­dem kommt es darauf an, was für Freunde das sind.“ „Mein Freund ist in Ordnung!“ Bestimmt war Bosse in Ordnung. Ehe er nach dem Westen ging, hatte er an der Maschine neben ihm gestanden; man lernt einen Menschen kennen, wenn man Seite an Seite mit ihm arbeitet und in tausend Dingen auf ihn ange­wiesen ist, die da während der Schicht auftauchen. „Die Zeiten haben sich geän­dert“, sagte der alte Mann philo­sophisch. „Früher hat man die Ar­beiter mit einer Zigarre an der Strippe gehalten, heute ist es ein Volkswagen...“ „Möchten Sie denn nicht gern ein Auto haben?“ „Ob ich möchte!... Wer möchte nicht! Warum sollte ich nicht den Wunsch haben, die Frau in den Wagen steigen zu lassen, Kollege Krakowiak, um sie spazierenzufah­ren, vom Meeresstrand bis an die Berge?“ „Na also!“ triumphierte der junge Mann. „Aber das alles hinge davon ab, wie ich zu meinem Wagen käme und von wem ich ihn kriege und wofür.“ (Fortsetzung folgt) Hallenhandball Überraschungen in Sfalinstadt Auch ln der sechsten und siebenten Etappe der Männer und de« vierten und fünften Etappe der Frauen kam es zu schönen und dra­matischen Begegnungen. Die seit Beginn der Regionsmeisterschaft nicht wegzudenkenden Überraschungen fehlten auch nicht. In der Wertung der Männer sind keine besonderen Änderungen «u verzeich­nen, hingegen übernahm bei den Frauen, nach der überraschenden Niederlage von Gloria Schässburg durch Măgura Zeiden (2:8), Trac­torul Stalinstadt die Führung. Nun die einzelnen Spiele. MANNER t Recolta Heldsdorf-Tractorul Stalinstadt 28:40 (14:23) Die Heldsdorier Sieben musste eine empfindlichere Niederlage hin­nehmen als vorauszusehen war. Tractorul gab ihrem Gegner keine Chancen und zog schon nach den ersten Spielminuten auf und davon. Dennoch war es ein dynamisches Spiel. Voinţa Hermannstadt - Chimia Fogarasch 19:16 (10:6) Voinţa erzielte Sonnabend einen überraschenden Sieg über Chimia Fogarasch. Obwohl Chimia zu Be­ginn führte, glich Voinţa bei 5:5 aus und übernahm die Führung, die sie in der zweiten Halbzeit ausbaute. Schiedsrichter M. Binder amtierte nicht immer einwandfrei. Voinţa Schässburg - Dinamo Stalinstadt 12:22 (5:6) Dinamo musste in der ersten Halbzeit nach dem 5:3 für Voinţa schwer um den Ausgleich und die Führung kämpfen. Dabei wurde lei­der nicht sauber, sondern sehr grob gespielt. In der zweiten Spielhälfte vergrösserte Dinamo ihren Vor­sprung. Victoria Kleinkopisch - Colorom Zeiden 0:6 (forfight) Victoria Kleinkopisch - Voinţa Hermannsiadt 12:26 (4:7) Die Kleinkopischer Sieben kämpf­te hartnäckig um ein ehrenvolleres Ergebnis. Während der ersten Halb­zeit kam sie bis 4:5 mit. Darm bau­ten die Hermannstädter ihren Vor­sprung aus. Dinamo Stalinstadt - Colorom Zeiden 27:18 (10:11) Überraschend war die Halbzeit­führung der Zeidner. Nach Wieder­aufnahme glichen die Stalinstädter jedoch durch Donca aus und über­nahmen kurz darauf die Führung. Wohl gelangen den Zeidnern noch einige gute Kombinationen, doch es reichte bloss zu einer ehrenvollen Niederlage. Chimia Fogarasch — Recolta Heidsdorf 31:21 (14:12) Nach einer ausgeglichenen Halb­zeit holte Chimia mächtig auf und konnte den knappen Vorsprung si­cher ausbauen. Es war eines der schönsten und vor allem sauber­sten Spiele der beiden letzten Etap­pen, in denen Chimia wieder ein­mal trotz der bisherigen Niederla­gen seine technischen und takti­schen Fähigkeiten bewies. Tractorul Stalinstadt - Voinţa Schässburg 16:7, (8:3) Verdient erobert» sich Tractorul, die besonders ln der Verteidigung glänzte, die zu vergebenden zwei Punkte. Schässburg, nicht schusssi­cher, verlor schon in den ersten Spielminuten den Anschluss. FRAUEN I Măgura Zeiden - Gloria Schässburg 8:2 (6:1) Măgura Zeiden errang einen über-» raschenden, doch verdienten Sieg über Gloria Schässburg, die damit den ersten Platz ln der Tabelld einbüsste. Die Zeidner glänzten, be­sonders ln der Verteidigung, Tractorul Stalinstadt - ASK Hermannstadt 9:5 (6:1) ASK (Steaua Roşie) Hermann­stadt, die im ersten Spiel Innerhaiti der diesjährigen Meisterschaft ge­gen Luceafărul verlor, konnte auch gegen Tractorul nicht aufkommen. Die Stalinstädterinnen, taktisch klü­ger, sicherten sich verdienterweise die zwei zu vergebenden Punkte, ASK Hermannstadt - Măgura Zeiden 11:5 (8:3) ASK Hermannstadt beherrschte das Treffen und errang die ersten zwei Punkte. Obwohl die Zeidnerin­­nein nach der ersten Halbzeit das gegnerische Tor stark bedrängten, konnten sie den Vorsprung der Hermannstädterinnen nicht mehr wettmachen. Luceafărul Stalinstadt - Tractorul Stalinstadt 6:7 Ein Unentschieden hätte das Kräfteverhältnis besser wiedergege­ben. Beide Mannschaften kämpften verbissen um den Sieg, und nur der Routine der Tractorul-Spiele­­rinnen, die nach dem 4:2 füjr Lu­ceafărul durch Tampa bei 4:4. und 6:6 ausglichen, ist der Sieg zu ver­danken. Die Wertung sieht folgendermassen aus : Männer 1. Dinamo Stalmstadt 2. Tractorul Stalinstadt 3. Voinţa Hermannst' 4. Chimia Fogarasch 5. Voinţa Schässburg 6. Recolta Heldsdorf 7. Colorom Zeiden 8. Victoria Kleinkopisch 6600 167: 94 12 6600 124: 79 12 6222 112:103 6 6303 109:105 6 6222 104:112 6 6114 136:168 3 6015 101:133 l 6 0 0 6 38:107 0 Frauen 1. Tractorul Stalmstadt 2. Gloria Schässburg 3. Luceafărul Stalinstadt 4. ASK Hermannstadt 5. Măgura Zeiden 4 3 0 1 29:23 6 3201 22:21 4 3102 25:27 2 3102 24:26 2 3102 17:20 2 Hans Schuller Auftakt auch im Banat Ştiinţa bestvorbereitetes Team / Haushoher Sieg der Tehnometal Nach einem dramatischen Quali­fizierungsturnier der Regionsmann­schaften, das die drei Teilnehmer — CFR Temesvár, Timpuri Noi Jahrmarkt und Dacia Gertj anosch — an der Hallenhandballmeisterschaft ermittelte, gelangten am Sonnabend und Sonntag in der Temesvarer Sporthalle die ersten Spiele zur Austragung. Leider muss gleich zu Regjnn die Feststellung gemacht werden, dass die ersten Spiele vor allem bei den Frauen technisch weit un­ter dem Durchschnitt lagen, und dies wohl nicht zuletzt, weil zwi­schen den einzelnen Mannschaften ein zu grosser Kräfteunterschied besteht. Auch bei den Männern scheinen einzig und allein Ştiinţa und Teh­nometal besser vorbereitet zu sein. Obwohl die Studenten auch diesmal zu einem übertrieben individuellen Spiel neigten und zeitweise nicht ausgeglichen spielten, war der Sieg über ASK Reschitza vollauf ver­dient. Gesagt soll jedoch sein, dass sich bei den A-Liga-Mannschaften ASK Reschitza und Victoria Hatz­feld das Fehlen einer entsprechen­den Tradningsmöglichkeit bemerk­bar macht. Erfreulich ist, dass sämtliche Treffen betont sportlich und fair verliefen. Die Ergebnisse : Frauen : Constructorul Temesvár — Mureşul Perjamosch 20:1 (9:1) ; Ştiinţa — ASV Lugosch 15:3 (7:0) ; ASK Reschitza — Wollindustrie 13:5 (6:1). Männer : CFR Temesvár — Tim-' puri Nod Jahrmarkt 25:20 (12:120 ;­­ICA — Victoria Hatzfeld 24:15 (12:7) ; Tehnometal — Dacia Gert­­j anosch 39:12 (20:3); Ştiinţa — ASK Reschitza 24:22 (19:8). Nikolaus Berwangei I NEUER WEG (Nr. 3303) 9. Dezember 1959 STAS 5452-52. Druck: întreprinderea Poligrafică Nr. 2, Strada Bre­­zoianu 23—25. X

Next