Neuer Weg, 1971. január (23. évfolyam, 6736-6760. szám)

1971-01-22 / 6752. szám

Seite 2 Die VAR gibt Bedingungeil für eine Nahost-Regelung bekannt „Al Ahrain“: Neue Ausrichtung der Palästinensischen Widerstandsbewegung Irak zieht Truppen aus Jordanien zurück New York (Agerpres). — Der UNO­­Vertreter der Vereinigten Arabischen Re­publik, Mohammed El Zayat, überreich­te dem UNO-Sonderbeauftragten für Nahost, Botschafter Gunnar Jarring, eine Note mit den Bedingungen seiner Regie­rung für die Regelung der Nahostkrise. Eine Abschrift der ägyptischen Note wurde auch dem Vorsitzenden des Sicher­heitsrates, Sir Coiin Crowe, überreicht. In Kairo berief der ägyptische Aussen­­minister Mahmoud Riad die Botschafter Grossbritanniens und Frankreichs zu sich, um ihnen ebenfalls- Abschriften dieser Note einzuhändigen. Wie aus Tel Aviv verlautet, erklärte der israelische Aussenminister Abba Eban auf einer ausserordentlichen Kabinetts­sitzung, dass „die ägyptische Antwort auf die israelischen Vorschläge die Tür zur Weiterführung der Diskussionen offen­lässt“. Das israelische Kabinett wird — wie France Preşse zu berichten weiss — wahrscheinlich im Laufe dieser Woche neuerlich zu einer ausserordentlichen Ka­binettssitzung zusammentreten,, um die Antwort der VAR zu prüfen. Aussenmi­nister Abba Eban erklärte weiterhin, dass die Jarring-Verhandlungen nur wei-tergeführt werden können, falls die Waf­fenruhe verlängert wird. Der holländische Aussenminister Josef Luns, der in New York von UNO-Gene­­ralsekretär U Thant empfangen wurde und anschliessend eine Aussprache mit Botschafter Gunnar Jarring hatte, erklärte vor Pressevertretern, er teile den' „vor­sichtigen Optimismus“ Jarrings im Zu­sammenhang mit den Nahost-Besprechun­gen. „Es wird für mich keine Überra­schung sein, wenn die Entwicklung der Dinge in den nächsten zwei Wochen eine weitere Verlängerung der Waffenruhe in Nahost ermöglichen sollte“, erklärte Josef Luns abschliessend. Angaben der Kairoer Zeitung „Al Ah­­ram“ zufolge hat das Zentralkomitee der Palästinensischen Widerstandsbewegung einhellig beschlossen. jede politische Initiative der arabischen Länder zwecks Ausschaltung der Folgen des Krieges von Juni 1967 zu unterstützen. Wie das Blatt betont, wurde dieser Beschluss, der „gleichbedeutend mit einer Neuausrich­tung der palästinensischen Widerstands­bewegung ist“, auf Vorschlag der Demo­kratischen Volksfront für die Befreiung Palästinas getroffen. Was die Lage ln Jordanien anbelangt, gab ein Sprecher des Zentralkomitees der Palästinensischen. Widerstandsbewegung bekannt, dass die Angehörigen der palä­stinensischen Kommandos, die im Ver­lauf der jüngsten Zwischenfälle in Jor­danien nach Amman gekommen waren, zu ihren Stützpunkten zurückgekehrt sind. Andererseits meldet die Kairoer Zei­tung „Al Ahram“, dass der Irak den Ab­zug seiner Truppen aus Jordanien be­schleunigt. Wie die Zeitung angibt, soll der Irak die jordanische Regierung ver­ständigt haben, dass er sämtliche in Jor­danien stationierten irakischen Truppen mit Ausnahme eines Bataillons, das im Norden des Landes in der Ortschaft Al Mafrak steht, abziehen wird. Die jorda­nischen Truppenverbände in Jordanien besitzen einen Effektivbestand von 36 000 Mann. Ratifizierungsvorschlag Sofia (Agerpres). — Auf Vorschlag des Präsidiums der Volksversammlung der VR Bulgarien prüfte der Ständige Au­­ssenpolitische Ausschuss der Vollver­sammlung den am 19. November 1970 in Sofia Unterzeichneten und vom Minister­rat der Volksrepublik Bulgarien gebillig­ten Vertrag über Freundschaft, Zusam­menarbeit und gegenseitigen Beistand zwischen der Volksrepublik Bulgarien und der Sozialistischen Republik Rumä­nien. Der Ausschuss beschloss einhellig, dem Präsidium der Volksversammlung die Ratifizierung des Vertrages vorzu­schlagen. Arbeitsbesprechung IVianea SVlănescu— Valéry Giscard d’Estaing Praktische Massnahmen festgelegt / genehmigt Paris (Agerpres). — Genosse Manea Mănescu, Vorsitzender des Wirtschafts­rates, Leiter der rumänischen Delegation auf der dritten Tagung der Gemischten Rumänisch-Französischen. Regierungskom­mission für wirtschaftliche, wissenschaft­liche und technische Kooperation, hatte eine Arbeitsbesprechung mit Valéry Gis­card d’Estaing, Wirtschafts- und Finanz­­minister, Leiter der französischen Delega­tion auf der Tagung der Gemischten Ru­mänisch-Französischen Regierungskom­mission. Bei diesem Anlass setzten die beiden Kopräsidenten die Px-üfung der wichtigsten Massnahmen zur Kooperation fort, die sich aus den Disküssionen mit den Vertretern der französischen Ge­schäftskreise im Bereich von Industrie, Technik, Finanz- und Bankwesen auf der Grundlage des Protokolls ergeben hatten, das auf der dritten Tagung der Gemisch­ten Rumänisch-Hranzösischen Regierungs­kommission unterzeichnet wurde. Über­dies wurden die praktischen Massnahmen festgelegt, die die beiden Seiten im Hin­blick auf die Durchführung von neuen Gemeinsames Kommuniqué Aktionen treffen müssen, die eine Erwei­terung der industriellen, wissenschaft­lichen und technischen Kooperation zwi­schen Rumänien und Frankreich bewir­ken werden. Bei diesem Anlass wurde das gemein­same Kommuniqué über die Arbeiten der dritten Tagung der Gemischten Rumä­nisch-Französischen Regierungskommis­sion für wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Kooperation genehmigt. An der Aussprache beteiligten sich Gheorghe Cioară, Vorsitzender des Lan­desrates für Wissenschaftliche Forschung, und Constantin Fiitan, Botschafter Ru­mäniens in Frankreich. Das Treffen verlief ln einer herzlichen Atmosphäre. Genosse Manea Mănescu hatte ferner eine Arbeitsbesprechung mit Block Laine, Vorsitzender und Generaldirektor der Bank Crédit Lyonais, und mit J. De­­flassieux, Direktor bei der genannten Bank, über Probleme im Zusammenhang mit der rumänisch-französischen Wirt­­schaftskooperation. Versiegelte Briefkästen Postlerstreik dauert an / Private Firmen übernehmen Postzustellung Grossbritannien droht ein Lokführerstreik London (Agerpres). — Der Streik der mehr als 200 000 Postler hat in Grossbri­tannien das ganze Post- und Fernmel­denetz lahmgelegt. Nur äusserst dringen­de Telefonanrufe werden freiwillig von den Postbeamten durchgeführt. Auch die Rentenzahlung durch die Post blieb auf­rechterhalten. Gleich am ersten Tag nach Ausrufung des Streiks blieben Millionen .Briefschaf­ten und andere Postsendungen auf den Postämtern unerledigt liegen. Zahlreiche Briefkästen in den Städten wurden ver­siegelt, um eine weitere Anhäufung der Postsendungen zu verhindern. Vom Postministerium ermutigt, das zeitweilig auf das Staatsmonopol ln die­sem Bereich verzichtete, haben verschie­dene private Firmen die Postzustellung übernommen. Gegen Entrichtung einei Briefgebühr von 2 b's 3 Schillihg werden die Briefe an ihre Bestimmung befördert. Für die Beförderung von Mikrofilmen wurden sogar Brieftauben eingesetzt, und wie aus London verlautet, soll für die Dauer des Streiks ein privates Postschiff täglich die Postsendungen für Frankreich über den Ärmelkanal schaffen. Die Vertreter der Postlergewerks-chaft gaben bekannt, dass die Postbeamten entschlossen sind, den Kampf bis zur Genehmigung ihrer Forderungen weiter­zuführen. Der Minister für Arbeits- und Produktivitätsfragen, Robert Carr, er­klärte im Unterhaus seine Bereitschaft, die Verhandlungen mit den beiden im Konflikt stehenden Seiten wiedei-aufzu­­nehmesn, betonte jedoch, dass nur geringe Aussichten bestehen, zu einem Einver­nehmen zu gelangen. Inzwischen droht in Grossbritannien ein neuer Streik. Die 30 000 Lokführer ga­ben bekannt, dass sie ebenfalls die Arbeit einstellen werden, falls ihre Forderungen innerhalb einer Woche nicht genehmigt werden sollten. Spanische Patrioten im Hungerstreik Juristen fordern Aufhebung des Ausnahmezustands Madrid (Agerpres). — In Coruna ste­hen 18 spanische Patrioten seit drei Ta­gen im Hungerstreik, um dagegen zu protestieren, dass sie ohne gerichtlichen Befehl verhaftet wurden. Es handelt sich um Arbeiter, die den illegalen „Arbei­terkommissionen“ angehören, und um Studenten der Universität Santiago de Compostella. Angaben der in Barcelona erscheinen­den Geheimzeitung der kommunistischen Jugend ..Juventud“ zufolge sind allein in dieser Stadt mehr als 100 Arbeiter und Studenten unter der Beschuldigung eingekerkert, „illegalen“ Organisationen anzugehören. Wie andererseits aus Madrid verlautet, verlangten mehr als 100 Juristen aus der Hauptstadt Spaniens, dass die Regierung den im vorigen Monat angesichts der wuchtigen Protestkundgebungen gegen den Schauprozess von Bufgos verhäng-ten Ausnahmezustand aufheben soll. Be­kanntlich hatte die spanische Regierung am 4. Dezember 1970 den Ausnahmezu­stand für drei Monate in der baski­­schen Provinz Guipuzcoa vexhängt und am 21. Dezember einige verfassungsmä­ssige Bürgerrechte aufgehoben, so dass die Polizei „verdächtige Personen“ ohne weitei-es und auf unbestimmte Zeit ver­haften kann. Seither wurden mehr als 400 Personen inhaftiert, ohne vor Gericht gestellt zu werden. Im Stich gelassen fühlen sich die Um­schüler, die wegen Zechenschliessung oder anderer Veränderungen ihren Beruf wechseln müssen. Mehr als 2000 von ihnen — darunter Arbeitsverletzte auf Roll­stühlen — demonstrierten vor kurzem durch Düsseldorf und forderten, dass ihre Bezüge endlich erhöht werden Harter Winter in den USA New York (Agerpres). — Eine Kälte­welle sucht den nordwestlichen Teil der USA heim, wo Temperaturen bis zu mi­nus 35 Grad gemessen wurden. Die kal­ten Luftmassen drangen auch in die süd­lichen Gebiete des Landes, vor allem an dem Unterlauf des Mississippi und nach Virginia vor. Selbst in New York war ein Frost von minus 20 Grad zu ver­zeichnen. Infolge dichten Nebels mussten im Westen der USA zahlreiche Flughä­fen. darunter die in San Franzisko, Oak­land, San Jósé, Stockton und Sacramento geschlossen werden. Gefängnis für Blutpanscherei Pavia. — Mit längeren Freiheitsstrafen ahndete ein Gericht der italienischen Stadt Pavia Blutpanscherei. Vier Ange­stellte der dortigen Blutbank wurden für schuldig befunden, verwässertes Blut an das Hauptkrankenhaus der Stadt gelie­fert zu haben. Der Hauptangeklagte muss zwei Jahre und fünf Monate ins Gefäng­nis. Suslancî Mit dem Herder-Preis 1971 wurde der Schriftsteller Zaharia Stancu, Vorsitzender des Schrlftstellerverbandes der Sozialistischen Republik Rumänien, ausgezeichnet. Die Her­der-Preise werden alljährlich von einem Ku­ratorium der Wiener Universität an Wissen­schaftler und Kunstschaffende für ihre Ver­dienste und die Förderung der Kulturbeziehun­gen zwischen den europäischen Ländern ver­liehen. Die feierliche Überreichung der Preise findet am 5. Mai in der österreichischen Aka­demie der Wissenschaften statt. Rainer Barzel, Vorsitzender der CDU/CSU­­Parlamentsfraktlon im westdeutschen Bundes­tag, ist zu einem Besuch in Warschau einge­troffen. Der Gast leiste» einer Einladung des Polnischen Instituts für Internationale Pro­bleme Folge. In Dänemark wurde der Diskontsatz von 9 auf 8 Prozent herabgesetzt. Diese Massnahme tritt ab sofort ln Kraft. Jugoslawien und Neuseeland haben be­schlossen, die Freundschaftsbeziehungen zu­einander enger zu gestalten und diplomatische Beziehungen im Botschaftsrang aufzunehmen. In Djakarta wurde die erste internationale Kalenderausstellung eröffnet. Auf dieser Schau ist Rumänien mit einem Stand vertreten, wo Handelskalender mit Erzeugnissen der Aussen­­handelsorganisationen Maşinexport, Romeon­­strucţia und Ilexim aufliegen. Die rumäni­schen Exponate lösten bei den Behörden, der Presse und dem Publikum Indonesiens leb­haftes Interesse aus. Der schweizerische Aussenminister Pierre Gräber ist zu einem dreitägigen offiziellen Be­such in Wien eingetroffen. Er wird mit sei­nem österreichischen Kollegen Rudolf Kirch­schläger Besprechungen über die Beziehungen Österreichs und der Schweiz zur EWG führen. In Helsinki fand eine Zusammenkunft zwi­schen dem ungarischen Ministerpräsidenten Jenö Fock und dem finnischen Premiermini­ster Ahti Karjalainen statt. Die Gesprächspart­ner stellten fest, dass trotz der schwierigen Gegebenheiten, unter denen die Vorbereitun­gen für die gesamteuropäische Sicherheits­konferenz vor sich gehen, günstige Vorausset­zungen für deren Einberufung bestehen. Eine Tagesförderleistung von rund 1 Million Tonnen Rohöl wird die UdSSR Ende Januar 1971 erreichen, gab Valentin Schaschin, Mini­ster für Erdölindustrie der Sowjetunion, be­kannt. Die sowjetische Rohölförderung belief sich 1970 auf 353 Millionen Tonnen. Die Fluglinie Warschau—Frankfurt a. M. wird ab 1. April 1971 auch von Lufthansa-Maschinen beflogen werden. Diese Linie wurde sett 19C5 ausschliesslich von polnischen Lot-Flugzeugen bedient. Welche Stadt ist schöner, Tbilissi oder Jerewan ? Partout wollten Kollegen vom Armenischen Journalistenverband auf diese Frage von mir eine eindeutige Ant­wort haben, nachdem sie erfahren hat­ten, dass ich von Tbilissi zu ihnen ge­kommen war. Eine solche Antwort, wenn man nach einer ausgedehnten Stadtrund­fahrt durch Jerewan auf dem Kanaker- Plateau angelangt ist, von wo sich die im Ararat-Tal auf welligen Hügeln gele­gene, ln rosa Tuff gebaute Stadt mit den vielen Boulevards und Ringstrassen dem Besucher wie eine Blume öffnet, und der Blick weit, bis jenseits der türkischen Grenze, zu den Schneegipfeln des Ara­rats reicht, wo der biblischen Sage nach die Arche Noahs strandete. Eine Geburtsurkunde in Stein Jerewan ist eine der ältesten Städte der Welt, so alt wie Babylon und Ni­nive, älter aber als Athen und Karthago und als Rom. Im staatlichen Museum der Armenischen SSR ist eine Keilschrift aus­gestellt, die als die Geburtsurkunde Je­rewans betrachtet werden kann. Sie be­zeugt, dass Jerewan 782 vor unserer Zeit­rechnung begründet wurde. Unter den zahlreichen Hügeln, die diese Stadt über­ragen, gibt es eine Anhöhe. . die durch ihre Lage und die Ruinen, die sie trägt, stark an die Athener Akropolis erinnert; der Arin-Berd-Hügel. Es sind dies die Ruinen der urartäischen Burg Erebuni, wo Archäologen vor einigen Jahren auch die erwähnte Keilschrift fanden. „Dank der Gnade Gottes Chald“, besagt diese Steintafel, „hat Argitschi, Sohn des Me­­nua, diese herrliche Feste erbaut und ihr dem Lande Biaina zum Ruhme und den Feindesländern zur Furcht den Namen Erebuni (was gleichbedeutend ist mit Eriwan oder Jerewan. Anm. d. Verf.) ge­geben. Auf diesem Berg, zwischen den Ruinen dieser uralten Burg, haben im Jahre 1968 mit erklärlichem Pomp die Feierlichkeiten zum 2750. Geburtstag Je­rewans stattgefunden. Im Herzen der Stadt, hinter dem in schwarzen Granit gehauenen Lenin-Denkmal am Lenin- Platz, einer der schönsten Ringplätze Eu­ropas, dank seiner architektonischen Ge­schlossenheit, befindet sich der Schau­­mian-Prospekt, in dessen Mitte, zwischen einer langgestreckten, von Bäumen und Blumen gesäumten Allee, zu Ehren die­ses denkwürdigen Jubiläums eine aus 2750 Springbrunnen bestehende Wasseror­gel errichtet wurde. Die geglückte Symbiose Und trotz seines Alters ist Jerewan eine so sehr neue und moderne Stadt. Gleich nach dem ersten Weltkrieg be­stand es aus einer Anhäufung von Lehm­hütten und hatte knapp 30 000 Einwoh­ner. Heute aber ist die Hauptstadt der Armenischen SSR eine grosszügig ange­legte moderne, dynamische Weltstadt mit fast 800 000 Einwohnern. Was aber Je­rewan von anderen ähnlich schnell ge­wachsenen Gressstädten wesentlich un­terscheidet ist sein nationaler, sein spe­zifisch armenischer Charakter. Auf Schritt und Tritt drängt sich dem Besu­cher die Frage auf : Wie wurde dieses Werk vollbracht ? Wie ist es gelungen, über Jahrtausende einen solchen Bogen zwischen Altertum und Sozialismus zu spannen ? In Jerewan wird Ihnen im Zusammenhang damit jeder Bewohner der Stadt vom genialen Architekten Alexander Tamanian erzählen, der be­reits im Jahre 1924 den Generalplan der armenischen Hauptstadt entworfen und vorgelegt hat. Tamanian war vor dem ersten Weltkrieg Vizepräsident der Pe­­trograder Akademie der Künste, zur Zeit der Oktoberrevolution flüchtete er nach Teheran. 1920 kehrte er aber in die So­wjetunion zurück, diesmal jedoch in die alte Heimat, nach Jerewan, dessen Auf­bau zu seinem Lebenswerk und Lebens­zweck wurde. Nach seinen Entwürfen, nach seinen Plänen wurde das neue Jerewan gebaut und gestaltet. Dabei spielten u. a. drei Momente eine beson­dere Rolle : der Tuff, vor allem der rosa Tuff als einheimisches Baumaterial, die tektonischen Besonderheiten, die es nicht zuliessen. dass man zu hoch baut (die Ansicht hat sich inzwischen überholt, in der letzten Zeit entstehen eine ganze Menge sogenannter Punkthochhäuser mit über zehn Stockwerken) und die eigenen . nationalen Traditionen, an denen dieses Land so reich ist. Im 6. bis 7. Jahrhun­dert hat eine bedeutende bodenständige armenische Architektur Fuss gefasst, de­ren Höhepunkt mit der Herrschaft der Bagratiden (861—1045) zusammenfiel, ei­ne Glanzperiode, die von dem Mongo­leneinfall (1236) unterbrochen wurde. Ta­manian hat diese Besonderheiten berück­sichtigt, und das Ergebnis ist eine sehr schöne, sehr harmonisch gegliederte Stadt mit vielen Plätzen, Prospekten, Ringstra­ssen mit zahlreichen geglückten Monu­menten und monumentalen Bauten, mit sehr viel Grün, eine .Stadt, . die noch dazu das Glück hat. dass sie fast das ganze Jahr hindurch in hellsten Sonnen­schein getaucht ist. Ein symptomatisches Beispiel Der Fall Tamanian ist irgendwo sym­ptomatisch für die Einstellung, für die Gedanken- und Gefühlswelt vieler Söh­ne dieses von der Geschichte so schwer geprüften Volkes» Bekanntlich hörte der selbständige armenische Staat bereits im 14. Jahrhundert auf zu existieren. Jahr­hundertelang war das armenische Volk ein Spielball der Geschichte ; in der Zeit des ersten Weltkrieges stand es buch­stäblich vor seiner völligen physischen Vernichtung. Kürzlich ist Franz Werfels ,,Die 40 Tage des Musa-Dagh“ in rumä­nischer Übersetzung erschienen. Darin wird die ganze Tragödie dieses Volkes unter der Herrschaft der türkischen Sul­tane geschildert; 600 000 Armenier wur­den 1914—1915 ihres christlichen Glau­bens wegen gemordet. Weitere Hundert­tausende flüchteten in alle Himmelsrich­tungen. Im sowjetischen Teil Armeniens sind etwa 700 000 Armenier verblieben. In der heutigen Armenischen SSR leben annähernd 2,5 Millionen Armenier, dar­unter etwa 225 000, die in den letzten Jahren aus rund 127 Ländern in die alte Heimat zurückgekehrt sind. Übrigens befinden sich in Jerewan und im ganzen Land ständig Tausende Aus­lands-Armenier aus aller Herren Län­dern, die ihre alte Heimat besuchen. Im Hotel „Armenia“, wo ich während meines Aufenthaltes in Jerewan wohnte, habe ich einen alten Mann kennengelernt, der heute in den USA lebt und der nach 57 Jahren zum erstenmal seine Heimatstadt besuchte. Es war eindrucksvoll, dem al­ten Mann zuzuhören, mit wieviel Wärme er über die alte Geschichte seiner Hei­mat sprach. Er war es auch, der mich auf Etschmiadsin und Gegard aufmerk­sam machte, die ich dann auch später besuchte. Etschmiadsin, eine '2000 Jahre alte Siedlung, liegt knappe 20 Kilometer von Jerewan entfernt. Armenien war der erste Staat in der Geschichte, der den christ­lichen Glauben annahm, und hier, in Etschmiadsin, gibt es die älteste aller christlichen Kirchen der Welt, in denen noch Gottesdienste zelebriert werden. Etschmiadsin 1st übrigens auch der Sit* des Katholikos aller armenischen Chri­sten der Welt. Der gegenwärtige Katholi- ■ kos Vasgan, eine in der ganzen Sowjet­union bekannte und angesehene Person- , lichkeit des öffentlichen Lebens, ist der gewesene Pfarrer der armenischen Kir­che von Bukarest. In Etschmiadsin befinden sich einige eindrucksvolle Zeugen armenischer Ar­chitektur, darunter der Ripsime-Tempel und die Ruinen des dreistufigen Swart­­noz-Tempels, beide aus dem 7. Jahrhun­dert, und natürlich, und nicht zuletzt, die Etschmiadsin-Kathedrale selbst, die im Zuge def Christianisierung in. den Jak- , ren 301—303 errichtet wurde. .* Geheimnis der Langlebigkeit Das Kloster Gegard bei Gami liegt in • einer anderen Richtung, zwar auch in ' der Nähe von Jerewan, doch in einer wilden Landschaft von Bergen _ und ; Schluchten. Die Kirche von Garni ist ein . unikaler Bau, der aus einem riesigen Felsblock herauswächst. In der Nähe des • Klosters, am Rande einer 100 Meter tief- • abfallenden Felswand über dem Asat- Fluss, befinden sich die Ruinen der Fe- 1 stung Garni, deren Ursprung bis auf die Bronzezeit zurückreicht. Garni selbst ist heute eine stattliche Gemeinde mit etwa - 500 Tuffsteinhäusern, deren Bewohner in der Hauptsache im Sowchos Gami. als Obst- und Weinbauer arbeiten oder die Kühe und Schafe der Wirtschaft betreuen. ; Mit Bewohnern dieser Gemeinde hatte ich ein . interessantes Gespräch. Es war u. a. die Rede von dem hohen Alter, das viele Gebirgsbewohner im Kaukasus er­reichen. Man erzählte mir damit im Zu- . sammenhang, dass die Menschen in Garni . selbst im Durchschnitt 80 Jahre alt wer­den, dass die Dorfälteste, eine 115jährige Frau, kurz vorher gestorben sei. In den wenigen Tagen, die ich in Grusinien und Armenien verbrachte, konnte ich eine , meiner Meinung nach interessante Beob­achtung machen, die sich auf die Longe­­vität dieser Menschen bezieht. Neben physischer Arbeit in der frischen Ge­­birgsluft muss die Art der Ernährung eine nicht geringe Holle spielen. Das Fleisch wird durchwegs am Spiess ge­grillt, zu jeder Mahlzeit gehört Joghurt, Obst, Tee und die verschiedensten Kräu­ter, die man während der Mahlzeit in rohem Zustand zu sich nimmt; sie sollen der Verdauung sehr zuträglich sein. Der klassische Braten, die Schnitzel, die ge­bratenen Kartoffeln, Einbrennsauce schei­nen sich hierzulande nicht eingebürgert zu haben. überzeugendes aus der Gegenwart In Armenien wird man an jeder Ecke dazu verleitet, in der Geschichte zu ver­weilen, obwohl die Gegenwart dieses Landes auf der Höhe der grossen Ver­gangenheit steht. Ich besuchte Jerewan am Vorabend des 50. Jahrestages der Ausrufung der Armenischen SSR. Man machte mich verschiedentlich darauf auf­merksam, dass die Industrieproduktion das 180fache der Vorkriegszeit erreichte. Offen gestanden wusste ich mit dieser Ziffer nicht viel anzufangen, zumal es bekannt ist, dass das frühere Armenien in puncto Produktion höchstens durch seinen Kognak berühmt war. Es gehört zu den Paradoxa der Ge­schichte, dass die Armenier, die bereits im 5. Jahrhundert ihre eigene Schrift be­­sassen, am Vorabend der Oktoberrevolu­tion zu 90 Prozent weder schreiben noch lesen konnten. Wenn man erfährt, dass im heutigen Armenien mehr als 120 For­schungsinstitute tätig sind, dass sich das weltbekannte astrophysische Observato­rium Viktor Ambarzumians in Bjurakan, in Armenien, befindet, dass es in Jere­wan 30 000 Studenten gibt, dass im heu­tigen Armenien Werkzeugmaschinen, Ge­neratoren, Elektrostationen, hochwertige Ei'zeugnisse der Chemie produziert und in rund 70 Länder der Welt ausgeführt wer­den, dass die bloss 28 000 qkm grosse Ar­menische SSR fast soviel Sti-om erzeugt wie die 767 000 qkm grosse Türkei, so hört sich das schon anders an. ★ Ich könnte auch jetzt nicht auf die Frage antworten, ob Tbilissi oder Jere­wan die schönere Stadt ist. Sie gehören aber beide zu den Städten, die man nie vergisst und die man gerne Wiedersehen möchte. Jerewan oder Tbilissi? Eine verfängliche Frage / Auf Besuch in einer der ältesten Städte der Welt Von Ernst Breitenstein Leninplatz in Jerewan Die Wüste wandert nach Süden Mali nimmt Aufforstung und systematische Bodennutzung in Angriff New York. — Mit Hilfe von Wissen­schaftlern der Vereinten Nationen be­kämpft die westafrikanische Republik Mali die grösste Bedrohung für ihre Wirt­schaft : Das unaufhaltsame Vordringen der Sahara nach Süden um etwa einen Meter im Jahr. Warnend erklärte kürzlich Josef Parkan, ein Experte der UN-Kul­­turorganlsation UNESCO, die Situation werde in 15 bis 20 Jahren „kritisch", weil immer mehr Bauern aus dem Norden ab­­wandem und die Städte im Süden des Landes übervölkem. Obgleich die meisten der 4,6 Millionen Einwohner Malis (eineinhalb Millionen Quadratkilometer Fläche) es nicht wahr­haben wollen, wird das Land schliesslich vor der Gefahr der Überbevölkerung ste­hen. Tropenwald-Spezialist Parkan stellte fest, dass die Menschen im gleichen Masse davonziehen wie die Sahara auf ihrer 4000 Kilometer breiten Front „vor­rückt“. Eine dringende Aufgabe sei es daher, das Vordringen der Sandwüste aufzuhalten. Dies wird mit Aufforstung versucht, mit einem Wechsel der Anbau­früchte, der die einseitige Ausnutzung des Bodens vermeiden soll, und mit sy­stematischer Viehfüttenmg durch den Landwirt anstelle der bisher dem Vieh überlassenen Futtersuche. Die Sahara, so Parkan, entstand durch die Nachlässigkeit des Menschen, so wie auch beispielsweise weite Teile Spaniens durch Bodenerosion verödeten, weü der Wald auf der Suche nach Holz für den Schiffsbau zu Beginn der Neuzeit radikal gerodet wurde. Er wies darauf hin, dass mitten in der Wüste Höhlenzeichnungen von schwimmenden und jagenden Men­schen gefunden wurden, „die klar bewei­sen, dass vor 6000 bis 3000 Jahren, oder sogar noch später, die Wüste, wie wir sie heute kennen, grosse Wasserreservoirs besass und jene Art von Vegetation, für die wir heute, wenn wir sie finden wol­len, weit nach Süden gehen müssen“. Der UNESCO-Archäologe Cyr Descamps von der Pariser Sorbonne hatte vor kur­zem im Norden Malis einen Angelhaken aus Knochen und die Wirbelsäule eines riesigen Fisches gefunden. In einem Wettrennen mit dem Vorrük­­ken der Sahara unterrichtet das polytech­nische Institut in Mali die einheimischen Schüler in der Anwendung moderner Me­thoden zur Erhaltung von Vegetation und landwirtschaftlichen Nutzflächen. Etwa 20 Prozent der Schüler kommen auch aus den ebenso bedrohten Nachbarstaa­ten Dahomey, Togo, Obervolta, Niger und Mauretanien. Zeitkapsel vergraben Tokio (Agerpres). — Im Zentrum von Osaka wurde in 15 Meter Tiefe eine so­genannte „Zeitkapsel“ vergraben. Diese Kapsel, die von den Organisatoren der Weltausstellung von Osaka „Expo 70“ gemeinsam mit der Zeitung „Mainichi“ zusammengestellt wurde, ist ein Behäl­ter, der 2980 für den gegenwärtigen Ent­wicklungsstand der Menschheit reprä­sentative Gegenstände enthält, und der im Jahre 6971 wiedergeöffnet werden soll. Der Behälter mit der Inschrift ,,Time capsule Expo 70 Nr. 1“ wurde ln einen Zylinder aus rostfreiem Stahl unterge­bracht und dieser wieder mit einer Dop­pelhülle aus Stahlbeton umgeben. Die im Behälter befindlichen Gegenstände wur­den mittels Sonderverfahren gegen even­tuelle Beschädigungen in den nächsten 5000 Jahren abgesichert. Eine ähnliche Kapsel soll an der glei­chen Stelle am 28. Januar 1071 vergra­ben werden. Diese Kapsel soll vom Jah­re 2000 an alle 100 Jahre geöffnet wer­den. NEUER WEG / 22. Januar 197!

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