Neuer Weg, 1991. április (43. évfolyam, 12952-12971. szám)
1991-04-16 / 12961. szám
4 Die Zeitung erscheint täglich ausser sonntags und montags. Abonnements kosten für einen Monat 75 Lei, für drei Monate 225 Lei, für sechs Monate 450 Lei, für ein Jahr 900 Lei. Die Post erhebt für die Heimzustellung eine zusätzliche Gebühr von 25 Bani je Ausgabe. Einzelpreise: Vierseitenausgabe — 3 Lei, Sechsseitenausgabe — 4 Lei, Achtseitenausgabe — 5 Lei. 43. Jahrgang / Nr. 12 961 isgiflttsir rra j: TAGESZEITUNG FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT, GESELLSCHAFT UND KULTUR Bukarest, Dienstag, 16. April 1991 Redaktion und Verwaltung: 79777 Bukarest Piaţa Presei Libere 1, Telefon: 18 17 23 (Chefredaktion), 18 18 30 (Sekretariat), 17 21 41 (Lokalreihe); Telex: 11618; Fax: 18 37 58. — Redaktionsvertretungen in Hermannstadt (Telefon: 924/11162, Telex: 69230, Fax: 924/15444), Hunedoara, (Telefon: 957/12514), Kronstadt (Telefon : 921/41835), Reschitza (Telefon : 964/ 10346 ; Telex : 74205) und Temeswar (Telefon und Fax : 961/32843, Telex : 71262). Einzelpreis: 3 Lei Kabinettsumbildung angekündigt Regierung will keine weiteren Lohnverhandlungen mit Bergleuten führen Bukarest (Rompres/ADN/NW). — Premierminister Petre Roman wird bis Monatsende eine „weitgehende Umbildung der Regierung“ vornehmen, teilte am Wochenende das Exekutivbüro der Front zur Nationalen Rettung mit. Dabei denke man auch an die Beteiligung von Vertretern einiger Oppositionsparteien. Die Grundlage allerdings müsse die Beschleunigung des Reformprogramms der FNR bilden. Die fünf grösseren Oppositionsparteien hingegen hegen die Vorstellung, dass dieses Kabinett nicht von einem FNR-Vertreter geführt werden dürfe. Eine Kabinettsitzung war Samstag den erneuten Lohnforderungen der Bergbaugewerkschaften und der Krise im Bergbau gewidmet. Die Regierung lehnte es ab, in Verhandlungen um höhere Löhne zu treten und kündigte zudem die' Stillegung unrentabler Bergbaubetriebe an. In der diesbezüglichen Regierungserklärung wird betont, dass wegen der drastisch gesunkenen Arbeitsproduktivität im Bergbau mehr als eine Milliarde Dollar zustäzlich für Energie- und Rohstoffimporte aufgewendet werden mussten. Obwohl die Löhne der Kumpel verdoppelt wurden, sank die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit gegenüber 1989 von 160 auf 120 Stunden. Die Förderung von Steinkohle fiel von 8,3 auf 4,4 Millionen Tonnen im Jahr. Bei Braunkohle verringerte sich die Produktion von 53 auf 34 Millionen Tonnen. Die Regierung wies ferner darauf hin, dass künftig Tarifverhandlungen ausschliesslich zwischen Gewerkschaften und Vertretern der Direktionen der staatlichen Unternehmen und Aktiengesellschaften des Bergbaus geführt werden. Staatliche Subventionen für die Löhne werde es nicht mehr geben. Hingegen wurden langfristige Kredite für jene Betriebe in Aussicht gestellt, die die Gewähr für ein rentables Wirtschaften bier ten. Die Gelder sollen für die Erneuerung der Technologie, die Verbesserung des Arbeitsschutzes und der Arbeitsbedingungen aufgewendet werden. Ebenso sind Programme für die Umschulung der Bergleute jener Betriebe auszuarbeiten, deren Tätigkeit eingestellt wird, Ion Iliescu nimmt an EBWE-Eröffninig teil London (Rompres/dpa). — Mit einer Sitzung ihrer Direktoren hat die neue Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), die den Übergang zur Marktwirtschaft in Osteuropa unterstützen soll, am Montag in London ihre Arbeit aufgenommen. Zu der anschliessenden Gründungszeremonie sind 30 Staatsund Regierungschefs nach London gekommen. Die Delegation Rumäniens wird von Präsident Ion Iliescu geführt. Sonntag abend traf Ion Iliescu in London, mit Vertretern der rumänischen Gemeinschaft in Grossbritannien zusammen. Ion Iliescu sprach vor den Anwesenden über die Situation im Land, die angestrengten Bemühungen, die unternommen werden, um Lösungen für die zahlreichen politischen, ökonomischen und sozialen Probleme zu finden, über die Sicherung eines unumkehrbaren Kurses auf Demo-Während dieser Zusammenkunft demonstrierten vor dem Gebäude einige Dutzend britischer Staatsbürger rumänischer Abstammung gegen die Machthaber in Bükarest. Unter ihnen befand sich auch der Sohn des rumänischen Parlamentariers Ion Rafiu. Stiftung Media MfiR wurde gegründet Bukarest (NW). — „Media MGR“ ist die Bezeichnung der Stiftung, deren Hauptanliegen die Unterstützung der audio-visuellen Kommunikationsmittel sein soll, die die Kultur und die Traditionen der Ungarn und der Deutschen in Rumänien fördern. Gegründet wurde die Stiftung von Mitgliedern der’Ungarischen wie der deutschen Fernsehredaktionen aus der Hauptstadt, von Redakteuren verschiedener Lokalsender soŢyie von Privatpersonen. Die Stiftung will in Zukunft ein audio-visuelles Studio eini ichten und die Lizenz für ein eigenes Übertragungsnetz erwerben» Fernsehprogramme in ungarischer und in deutscher Sprache sollen finanziert werden, uro den Interessen und Bedürfnissen dieser ethnischen Gruppen besser gerecht zu werden, sowie uro damit zum besseren Kennenlernen und zum gegenseitigen. Verständnis mit der rumänischen Mehrheitsbevölkerung beizutragen. Zu den Vorhaben der Stiftung, die sich als kulturelle, nichtstaatliche, unpolitische und nichtgewinnbringende Organisation begreift, zählen auch die Veranstaltung von Ausbildungskursen im In- und Ausland, die Zusammenarbeit mit anderen Kommunikationsmitteln' und kulturellen Vereinigungen, Preisverleihungen und insbesondere die Förderung von Produktionen, die das Gedankengut der Demokratie, des Humanismus und des Einvernehmens zwischen den Nationen und Nationalitäten verbreiten. Abkommen über B'iinenschiffahrt Bukarest (NW). — Heute wird im Verkehrsministeriüm ein Binnenschiffahrtsabkommen zwischen Rumänien und der Bundesrepublik Deutschland paraphiert, teilt die Botschaft der BRD mit. Die deutsche Delegation, der Heinz Contzen und Johannes Sengspiel angehören, war am Samstag in der Hauptstadt eingetroffen. MEETINGS UND DEMONSTRATIONEN prägte' das Wochenende: Die Bürgerallianz hatte bereits seit Tagen zu solchen Protest-Veranstaltungen im ganzen Land unter dem Motto „Reform und Wahrheit" aufgerufen. In der Hauptstadt waren es mehrere zehntausend Teilnehmer, die sich am Freitag nachmittag auf dem Platz der Revolution einfanden. Gefordert wurde u.a. die Demission des Präsidenten, die Auflösung des Parlaments und die Bildung einer Ubergangsregierung, die Neuwahlen vorbereiten soll. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Sowohl Organisatoren als auch der Einsatz zahlreicher Polizisten sorgten dafür. Vom Platz der Revolution, wo von einer improvisierten Tribüne Redner sich für eine echte Reform aussprachen, da die Roman-Reform das Land verarme und ins Chaos stürze, zoaen die Demonstranten vor das Regierungsgebäude, dann zum Fernsehen. Hier forderte man die Absetzung der gegenwärtigen Leitung: vor dem Sitz des Fernsehens versammelten sich dann auch am Samstag und Sonntag Demonstranten und és wurde beschlossen, ständige „Wachposten" einzuführen. Versammlungen und Märsche- der oppositionellen Bürgerallianz fandem am Freitag im ganzen Lande statt: in Konstanza, Kronstadt, Klausenburg, Grosswardein, Turnu Severin, Craiova, Jassy, Suceava, Botoşani, Brăila, Hermannstadt, Alba lulia, Baia Mare, Bacău, Galatz, Temeswar, Deva. Auch andere Demos wurden am Wochenende verzeichnet: Samstag protestierte der Verband der Behinderte auf dem Victoriei-Platz, Vertreter aus dem ganzen Land waren anwesend und verlangten die Verabschiedung - der beiden Gesetze über den Schutz der Behinderten. Ebenfalls am Wochenende gab es in Bukarest eine Protestaktion derjenigen, die — trotzdem sie bis zur ersten Preiserhöhung sich für den Ankauf eines Pkw eingeschrieben hatten — nun den doppelten Preis für einen Wagen bezahlen müssen Foto: ValeriaPans vv : •• Rückzug aus dem Parlament? Einigung der parlamentarischen und ausserparlamentarischen Opposition auf III. Konvent des Demokratischen Antitotalitären Forums Bukarest (Rompres/ADN). — Auf kratischen Antitotalitären Forums (DAF), stattfand, wurde eine Einigung der wich Radu Câmpeanu erklärt hatte, die denken mehr, einigte man sich, bei den Liste anzutreten bzw. die unabhängigen allem der Bürgerallianz, zu unterstützen, einen Appell an die Nation, den DAF-Sp rumänischen Opposition bezeichncte. Dem DAF gehören die wichtigsten Op- tei, Ungarischer Demokratischer Verband Positionsparteien an (Nationale christlich- in Rumänien, Rumänische ökologische demokratische Bauernspartei, National- Partei u.a.) sowie eine Reihe landesweiter Liberale Partei, Sozialdemokratische Par- Vereinigungen und Gesellschaften, die dom dritten Nationalkonvent des Demoder am Wochenende in der Hauptstadt tigsten Oppositionskräfte erzielt. Nachdem National-Liberale Partei habe keine Benächsten Wahlen mit einer gemeinsamen Kandidaten anderer Organisationen, vor Der Nationalkonvent verabschiedete recher Adrian Marino als Plattform der sich die demokratische Umgestaltung des Landes zum Ziel gesetzt haben,:, wie die Liga für die Verteidigung der.: Menschenrechte und die Vereinigung der ehemaligen politischen Häftlinge. Die Leader 'dieser Organisationen wurden, zu Vizepräsidenten des DAF1, Sein Präsident ist loan Mänucu, dér ' gegenwärtig auch amtierender Vorsitzender der .Bürgerallianz ist, Generalsekretär Frau Mariana Berinde und Sprecher der Klausenburger Literäturwissenschaffler ; Adrian Marino., Im Appell an die Nation heisst es zum Abschluss, falls keine Antwort, seitens der Staatsmacht erfolge, werde das DAF alle legalen Mittel einsetzen, einschliesslich den Rückzug der Oppositionsabgeordneten aus beiden Kammern des-Parlaments. Auf einer Pressekonferenz bezogen die Führer der „historischen“ Parteien allerdings unterschiedliche Positionen gegenüber einer solchen spektakulären Aktion.. Corneli-u Coposu (Bauernpartei) erklärte, seine Partei hätte , diesen Entschluss bereits gefasst, die Parteiführung müsse nur noch' über7denZeitpunkt befinden. Radu Câmpeanu (NLP) sagte, die Parteiführung werde darüber entscheiden, wenn die Situation einen, solchen Schritt als -letzte politische 'Waffe' erfordere. Sergiu Cunescu (SDP) erklärte sich nur im Prinzip damit einverstanden und meinte, seine Partei halte die Zeit für einen solchen Schritt noch nicht für gekommen. Einig waren sich die Chefs der drei „historischen" Parteien, dass die Entscheidung über die Staatsform' Rumäniens vom Volk- getroffen werden,‘muş«,r- Für Corneliu Coposu war die Abdankung des Königs ein Willkürakt und ist deshalb ,..null und nichtig: Radu Cânpeanu. sagte,.,die Republik sei in Rumänien unter dem Kommunismus enstanden und ' trage dessen Brandmal; Sergiu Cunescu erklärte, unter der Monarchie wären-die Sozialdemokraten . im Parlament vertreten . gewesen, in der Republik hingegen- hätten sie in den Gefängnissen gesessen. Protest gegen Prozessverlegung Bürgeraüianz-Meeting in Temeswar / Variante zur Wirtschafisreform wj. Temeswar. — Auch auf dem in Temeswar organisierten Meeting der Bürgerallianz versuchte man eine Alternative zur Reform der Regierung, eine Reform, die von der Bürgerallianz erarbeitet wurde, den Anwesenden bekannt und glaubhaft zu machen. Die Redner sprachen sich in ihren Stellungnahmen eindeutig Und überaus kritisch gegen die Regierungsformation und die Front im' allgemeinen aus. Ihrer Meinung nach sei die Regierung nicht nur „unfähig“ sondern auch „kommunistisch“. Die von der Bürgerallianz angebotene Alternative kam auch als Antwort auf die Stellungnahme der Front, die einen Tag vorher im Fernsehen von einem Front-Vertreter verlesen wurde und in der die Reform-Variante’ der Allianz als nichtrealisierbar und demagogisch abgetan wurde. Auf .dem Meeting wurde nachdrücklich die Demission, der Regierung -gefordert, die von einer Übergangsregierung abgelöst werden solle,: Eine der Aufgaben dieser ü bergangsregi eru n g şei die Vorbereitung vorgezogener Wahlen., ' Weitere Kritiken richteten sich gegen Präsident Ion Iliescu. In diesem Zusammenhang wurde gefordert, dass beim Abschluss von Verträgen, wie es der kürzlich Unterzeichnete Vertrag., mit dar Sowjetunion war, Volksbefragungen durchgeführt werden sollen und nur nach dem ■ Ergebnis eines solchen Referendums könne eine Unterzeichnung vorgenommen werden. Ein weiteres Referendum wurde für die Staatsform Rumäniens gefordért. Nach dem Meeting auf dem Vereinigungsplatz unternahm eine Gruppe der Demonstranten einen Marsch durch Teme.swar. Die Trasse führte vom Vereinigungsplatz über die Bastion zur Militärstaatsanwaltschaft und über den Platz der Revolution zur Kathedrale. Beim Sitz der Militärstaatsanwaltschaft überreichte George S.erban, , Vorsitzender der „Societatea Timisoara“, und Mitglied im Leitungskomitee der. Bürgerallianz, án Oberstleutnant ’ Petre Izdrescu den Text eines Protestes gegen die Verlegung des Prozesses von Temeswar nach Bukarest. Die Gruppe war bei der Kathedrale auf einige hundert Teilnehmer zurückgegangen. Von einer Fortsetzung des Marsches zur Präfektur nahm man bis zum Schluss Abstand. EtaEiens Regierung verhängt Notstand über Raum Genua Rom (ADN). — Der vor der italienischen Hafenstadt Genua in Brand geratene Öltanker „Haven“ ist Sonntag nach einer weiteren starken Explosion gesunken, aber nicht auseinandergebrochen.. Experten befürchten, dass der, nordita- Henis-chen Küste eine Umweltkatastrophe unabsehbaren Äusmasses droht. Bereits in den vergangenen Tagen waren 40 000 bis 60 000 Tonnen Rohöl ins Meer gelangt, ein Teil davon .brannte ab. Im Tanket befanden sich zum Zeitpunkt seines Untergangs noch schätzungsweise 80 000 Tonnen öl. „Jetzt können wir nur noch beten und hoffen, dass das öl nicht austritt“, zitierte die Nachrichtenagentur AP aus einer Erklärung des italienisch Zivilschutz- und des Umweltministeriums. Nach Angaben von Vertretern der Umweltschutzorganisation Greenpeace, dis d!e Unglücksstelle überflogen, hat sich ein 25 Kilometer langer und drei bis fünf Kilometer breiter Ölteppich gebildet. Die italienische Regierung hat den Notstand über den Raum Genua verhängt. (Lesen Sie auf Seite 2) Heute: Unbeständig und vorwiegend bewölkt, insbesondere im Osten und Südosten, hier ist mit Regen und Gewittern zu rechnen: in den anderen Landesteilen veränderlich, meist bewölkt nachmittags, kurze Regenschauer; schwacher bis massiger Wind. Nachttiefstwerte 2 bis 8 Grad, Tageshöchstwerte 14 bis 22 Grad, niedriger an der Schwarzmeerküste. Morgen: Leichter Temperaturrückgang beginnend im Nordwesten des Landesterritoriums, betonte Bewölkung insbesondere im Westen, Norden und in Siebenbürgen, es ist Regen, Schneeregen und Schnee zu erwarten, wobei örtlich die Niederschlagsmengen 15 Liter pro Quadratmeter überschreiten können; schwacher bis massiger Wind, auffrischend in der Moldau und im Gebirge. Die Nacbttiefsiwerte werden im allgemeinen zwischen null und 6 Grad liegen, die Tageshöchstwerte zwischen 5 und 13 Grad, leicht höher im Süden und SUdosten. Spektakulärer Kunstraub Amsterdam (dpa). — Die am Sonntag morgen von zwei unbekannten Tätern im Amsterdamer: Van-Gogh-Museum gestoh lenen Gemälde des niederländischen- Meisters Vincent van Gogh sind alle wieder gefunden worden. Insgesamt waren . 20 Gemälde eptwendet. worden, - darunter so klassische Werke wie „Kornfeid mit Krähen“, „Stilleben mit Iris“, „Stilleben mit Zitronen“ und „Die Brücke von Arles“. Drei der wiedergefundenen Gemälde sind nach Angaben der Museumsdirek ton schwer beschädigt. Sie seien aber wiederherstellbar. Von den Tätern fehlt noch jede SpuT. In dem Rijksmuseum zu Amsterdam war anlässlich des 100. Todestages Vin cent van Goghs im Frühjahr 1990 die weltweit bislang umfangreichste . Ausstel lung von Werken des Künstlers gezeigt worden Sie hatte mit der Rekordversuche rungssumme von umgerechnet 5,5 Mil Harden DM für Superlätive gesorgt' An lässlich der einzigartigen Schau war das Museum mit hochmodernter elektronischer Sicherungstechnik ausgestättet worden und gilt seither als eines der - bestgesi cherten der Niederlande. Schöne Aussichten! ln diesem Monat wird jeder Arbeitnehmer in seiner Lohntüte um 4 Prozent weniger Geld finden, als sein Bruttogehalt ausmacht. Diese Summe wird künftig jedem Lohnempfänger für die Bildung des Fonds zur Arbeitslosenunterstützung abgezogen. Das ist normal, denn von irgendwo müssen die Gelder dafür ja kommen, und im Vergleich zu den westlichen Ländern ist der Prozentsatz eher gering. Wir haben ja auch noch nicht so viele Arbeitslose wie die. Noch nicht, aber wir werden sie voraussichtlich bald haben. Angaben aus dem letzten Fernseh-lnterview von Präsident Iliescu zufolge, könnte die Zahl noch in diesem Jahr die halbe Million erreichen. Wäre man zynisch, so könnte man sagen: Na endlich! Denn Arbeitslosigkeit ist eine unvermeidliche Begleiterscheinung der Marktwirtschaft, wo die Arbeitskraft eine Ware wie jede andere ist, die nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage gehandelt wird. Eine hohe Arbeitslosenrate wäre demnach ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir eine funktionierende Marktwirtschaft haben. Doch über so ernste Dinge soll man keine Witze reissen. Tatsache ist, dass es in manchen westlichen Ländern •— z. B. in den USA — so gut wie kein soziales Netz zur Absicherung gegen Arbeitslosigkeit gibt, andere wieder — z. B. Deutschland — gelten in dieser Beziehung als vorbildlich. So gesehen wäre Rumänien also auf dem Wege, ein Sozialstaat zu werden. Doch mit der Bildung des Fonds zur Arbeitslosenunterstützung allein ist es nicht getan. Aus ihm sollen ja nicht nur die Stempelgelder bezahlt, sondern auch die Kosten für die Aus- und Umbildung der frei gewordenen Arbeitskräfte gedeckt werden. Und da beginnen die Probleme. Niemand weiss so recht, in welche Richtung es gehen soll, weil die Entscheidungen über die fällige Umstrukturierung der Wirtschaft noch nicht gefallen sind. In Regierungskrisen gibt man sich gerne der llliision hin, dass die Landwirtschaft einen Teil der Industriearbeiter aufnehmen wird. Das wäre fatal, denn nach der Durchführung des Bodengesetzes werden wir voraussichtlich viel zu viele Bauern haben, als dass wirklich wirtschaflich produziert werden könnte. Gelegentlich hört man auch die Hoffnung, Tourismus und Dienstleistungen würden sich entwickeln, aber konkrete Anzeichen dafür sind nicht auszumachen. Womöglich steht uns — ebenfalls laut Aiigaben aus dem Iliescu-lnterview — auch eine Akademikerschwemme ins Haus. Es ist eine grosse Frage, wie viele Hochschulabsolventen, die im Sommer ins Berufsleben entlassen werden, auch tatsächlich einen Arbeitsplatz finden werden. Und däs wäre doppelt schade, denn sowieso sucht die Jugend in hellen Scharen das Weite, und gerade diese im Denken noch relativ unverformten Jungakademiker hätte das Land dringend nötig. *. r. Neue Zollbestimmungen? Von Werner Kremm E in halbes Jahr lang hatten sie schlechte Zeiten, unsere Zöllner an der westlichen Grenze, als zollfrei einund ausgeführt wurde und man ungehindert reisen konnte. UngeWndért durch das Spektrum eines selbstherrlichen Zöllners, der Interesse zeigt an allem Gepäck, solange, bis für ihr} ebén auch was abfällt. Die Hilfsorganisationen, die mit einiger Regelmässigkeit ins Land kamen, wussten das und trotz zollfrei und so, hatten sie ihre Päckchen, Kartons oder. Zigarettenstangen und Flaschen vorbereitet, um réibunglos über die Grenze zu kommen und ihre humanitäre Mission zu erfüllen. Man ist hait im Balkan, sagte man sich und liess es gut sein. Dass es natürlich auch solche gab, Ein* wie Ausreisende, die die Zollfreiheit als Freiheit überhaupt auffassten und die skrupellos alles ein-, vor allem aber ausführten, was sie als absatzkräftig und profitabel kannten, das muss auch gesagt sein. Da ist der Fall jenes Franzosen bekannt, der kurz nach der Revolution mit einer Ladung Altkleider kam und mit alten Autos wegfuhr, die er kurz auf polieren Hess und mit denen er binnen kurzem zum Millionär wurde. Oder die Unzahl der „Händler", die Jugoslawien überschwemmten und die alle Geschäfte diesseits der Grenzen bis in die Moldau hin ausgeräumt haben und die den jugoslawischen Schwarzmarkt versorgten. Die Profis unter ihnen haben dies ohnehin schon seit Jahren gemacht, haben drüben ihre Zwischenhändler und -lager und stellen sich nicht selbst auf den Markt oder die Stellen, wo eben „gekupezt" wird. Sie hatten auch „ihre" Zöllner und fuhren nur dann, wenn sie wussten, dass diese im Dienst waren. So haben sich mit der Zeit Symbiosestrukturen zwischen Zöllnern und Schwarzhändlern herausgebildet, die selbst der zeitweiligen Zollfreiheit standhielten. Jetzt noch sieht man (genauer hört man) Immer wieder von Leuten, die die Grenze mit massiven Ladungen passieren und mit harten Mark zurückkommen. Bis zu 300 kg Eisenketten beispielsweise gehen bei einem Transport über die Grenze oder tonnenweise Nüsse. An der Donau unten hat man mal zum Exempel in einer Nacht die Boote kontrolliert, die „zum Fischen“ ausgefahren waren und hat in einem einzigen Boot über 500 kg Nüsse beschlagnahmt. Und einige hundert Kilo „Makramé"-Garn in einem anderen. Aber das ist sicher nur die Spitze vom Eisberg. Profis gingen eh nicht in die Netze und der Schwarzhandel geht munter weiter. Inzwischen sind auch einige Zöllner vom Dienst geflogen und durch andere ersetzt worden, doch Berichten zufolge, die man sich ab und an anhören darf, hält , ihr Diensteifer: und ihre Standhaftigkeit nicht lange an. Im Banat sieht man die Kombination der Effekte von Teuerung ■. und Zöllnerwechsel meist: dadurch, dass Pkw mit jugoslawischen Kennzeichen in den Städten auftauchen und ihre alten Verbindungen mit den Verkäuferinnen wieder auffrischen... Seit Jahresanfang hat man verschärfte Zollbestimmungen dürchgesetzt. Wie diese genau aussehen, ist zwar anscheinend nicht veröffentlicht worden — zumindest konnte man während des Herumfragens für diesen Beitrag nichts Konkretes darüber erfahren—, aber der Eifer mancher Zöllner war anfangs so gross, dass man Ausländern nicht einmal gestattete, die traditionelle Schnapsflasche — den „Banater Seelentröster", wie er von alten „Rumänienfahrern“ der Hilfsorganisationen getauft wurde — oder das geschliffene Rublinglas — eine bescheidene Vase oder so als Gegenschenk — mitzunehmen. Dann lockerte es sich wieder ein bisschen, und man gewann den Eindruck, dass es sich um Übergriffe handelte. Obwohl die gehässigen Aussagen der Zöllner — etwa: Wir wissen schon, weshalb ihr kommt, ihr habt unser Land inzwischen ausgeraubt, ihr spioniert, ihr seid es, die uns ruinieren und ähnliches — auf eine gewisse Linie in der Zöllnerausbildung und -bildung hinweisen, die uns von den Aussagen von Miliz und Secu noch hinreichend in den Ohren klingen. Tatsache ist, dass man, um Hilfsbereitschalt, wie Rumänien sie ein Jahr lang erfahren hat und z.T. noch erfährt, verstehen zu können, einen gewissen Kulturstandart (Fortsetzung auf Seite 4) Eine Philosophie des Lernens Finanziellen Selbstregelungsmechanismus in Lyzeen einführen Soll die 5-Tage-Schulwoche beibehalten werden? Bukarest (NW). — Alle staatlichen und privaten Hochschulen werden in nächster Zukunft von einer unabhängigen Konmmission geprüft, um sie zu akkreditieren. Die Liste der 43 Hochschulen, die dem Ministerium für Unterricht und Wissenschaft untergeordnet sind, liegt bereits auf, war auf einer Pressekonferenz beim Ministerium für Unterricht und Wissenschaft zu erfahren. Wer sich für eine private Hochschule entschliesst, geht ein gewisses Risiko ein, weil nicht vorauszusehen ist, ob und wann diese Hochschulen wirklich zugelassen werden. Wie hoch die Taxen für die Hochschulaufnahmeprüfungen sein werden, ist noch ungewiss. Auf jeden Fall bleibt der verpflichtende Unterricht (I—IX Klasse) kostenlos. Die Schultaxen für die Lyzeen werden anfangs nicht sehr hoch sein. Das Unterrichtsministerium will durch diese Taxen einen Selbstregelungsmechanismus einführen: Ein Teil der finanziellen Kosten werden weiterhin vom Staatsbudget getragen, ein Teil wird aus diesen Taxen stammen. Je nach der Tradition, dem Lehrerkollektiv, der Lage der Lyzeen können diese Taxen verschieden ausfallen, so dass eine Konkurrenz zwischen ihnen auftritt. Die besseren Lyzeen werden mehr Schüler anziehen. Ein Gesetz über die finanzielle Unterstützung der Schüler , und Lehranstalten durch Wirtschafteinheiten oder Privatspersonen wird gegenwärtig ausgearbeitet. Die Leitidee, die auch unser Wirtschaftsleben beherrschen sollte, ist die Kreditierung des Verbrauchers und nicht die Subventionierung eines bankrotten Unternehmers, erklärte der Minister für Unterricht und Wissenschaft Oheorghe Ştefan auf der Presskonferenz. Abgewandelt würde das für das Schulwesen bedeuten, dass die Schüler und Studenten mehr Stipendien , erhalten die Lehranstalten aber nur soviel Geld vom Staat bekommen, um sich über Wasser zu halten. Das hiesse nun nicht, dass der Staat nichts mehr, sondern däss er anders ins Schulwesen investieren wird. Staatssekretär Lazär Vläsceanu unterstrich, dass das Projekt des Unterrichtsgesetzes eine „neue Philosophie- des Lernens“ beinhaltet. Dieses Gesetz steckt nur den allgemeinen Rahmen des Unterrichtswesens ab, eine Reihe anderer Gesetze werden folgen. Erst in 10—15 Jahren wird die Reform des Schulwesens abgeschlossen sein. Bis dahin wird es eine Übergangsetappe geben, in der die, Folgen und Reaktionen auf die Neuerungen geprüft werden. Die Bevölkerung kann Bemerkungen, die sich konkret auf Artikel beziehen, an das Unterrichtsministerium richten, damit dem Parlament eine verbesserte Variante vorgelegt werden kann. In der Presse wurde fast ausschliesslich die Auflösung der pädagogischen und Sanitätslyzeen kommentiert. Durch die dreijährigen Kollegien für die Ausbildung der (Fortsetzung auf Seite 4)