Neues Pester Journal, Oktober 1877 (Jahrgang 6, nr. 272-302)
1877-10-19 / nr. 290
, \ . Beiter a erscheint täglich auch an Mot. | _ Nevation und Nominitration: Einzelne Nummern 4198 « Inserate und aufliegendem Barif, oplds. Kirchenplatz Nr.2. exegezre zwei Seisen Heimge. Krieg und Mediation. Die Mediationswahliaten sind abermals versummt und können kaum mehr Anspruch auf aktuelles Interesse erheben. Dennoch ist es mit ohne Interesse, dieselben einer retrospektiven Besprechung zu hinterziehen und insbesondere ihrem Ursprunge nachzugehen. Aus diesem Grunde nehmen wir seinen Anstand, der nachstehenden Ausführung eines Londoner Korrespondenten Raum zu geben, zumal hier selbe, anküpfend an die jüngsten Reden Sir Northcote’s und Lord Salióburbe, auch Die Anschauungen wiederspiegelt, welche sich über die Mediationsfrage in dem englischen Negierungsfreien geltend wacht. Diese Anschauung it aber um so beachten?werther, als die Frage der Mediation, welche heute als überwundener Standpunkt erscheint , morgen leicht wieder akut werden kann Die Mitteilung unseres Londoner Korrespondenten lautet: London, 14. Oktober. Die jüngsten Gnunziationen der leitenden Staatsmänner Englands haben, auf dem Kontinente die Frage einer diplomatischen Friedensvermittlung zwischen den kriegführenden Mächten neuerdings angeregt. Siege und Niederlagen mehrt famitine Zwischenfälle — denn auch „Verschleppungen“ Der Aktion gehören zu den kündigen Merkmalen eines Orientkrieges mögen. Diese Frage zeitweilig in den Hintergrund drängen, doch immer und immer wird sie von Neuem wieder auftauchen, und dies stete unter Mitwirkung des englischen Kabinetts. 63 dürfte daher gut sein, Shre Xeter, über den Ansgangspunkt: dieser Stillen, akademischen, doch bei Weiten nicht unbemerkten Friedens-Mktion, sowie über Die Bedeutung, welche man ihr in England beimibt, zu unterrichten. Die Sektezeit, kurz gesagt, äußerst gering. Der Kanzler des Exchequer, Sir Stafford Northcote, war bekanntlich der Grite, welcher Dieses Thema in seiner Nede ter Ereter’ Handelskammer berührte. Er mußte den selbstbewußten Kaufleuten als Führer der Majorität des Unterhauses über die Orientkrise Neies zum Besten geben und doch hatte er nichts zu sagen und sagte auch nichts, aber feine_farblose. Sprache eröffnete virblich in allgemeinen Süßen die, Aussicht auf diplomatische Verhandlungen, für eine, Friedensvereinbarung. 63 it Hier allgemein be fannt, daß der Minister Hiemit bIo3 seiner theoretischen Spekulation Anspruch gab, und daß der einstige Zivweg derselben darin bestehen konnte, etwaige, versöhnliche Anwandlungen, der krieg führenden Mächte zu fördern: die Ankündigung einer englisiegen Kabinet3:Action bedeutete diese Rede gewiß nit. Sir Stafford beglückwünschte sowohl die Türken, wie die Nuffen ob der Tapferkeit, welche sie auf den Schlachtfelde bewiesen und meinte, daß sie Beide Dent Kriege ganz gut ein Ende nahen künnten, ohne ihre militärische Gloire zu kompromittiren. Men Sir Stafford wirklich irgendwelche positive und spezielle Kenntniß in Dieter Nichtung besäße, dann Hätte er geschwiegen. Die ersten Eröffnungen über Die Friedensfrage inmitten eines Krieges sind immer delikat und erfolgen geheim. Die Oeffentlichkeit könnte ja eine Verhandlung zu nite machen oder mindestend unterbrechen. Die „direniliche Meinung” in Sudland, wenn man von einer solchen überhaupt sprechen kann, würde jede Entscheidung des Laiserlihen Kabinett ergebenst annehmen (D.Ned.) — darüber kan man außer Zweifel sein. Doch so lange eine Aktion offen disfutint wird, vermag die zuffische Breife und die politisirende Salon -Aristokratie noch immerhin Schwierigkeiten zu machen — jener bedeutsamen Faktoren Der emwpäischenBolitis gar nicht zu erwähnen, die behutsam angetastet sein wollen und die man nicht mit der großen Studie zu alarmiren pflegt. Die ein gewisses Aufsehen erregende Ansprache, welche Lord Salisbury an die Konservativen zu Bradford richtete, enthielt nur wenige Anklänge an diese Friedensvermittlung. Wohl sprach er vom Frieden, Dodd nur für England, für das neutrale England, welches die Weisheit seiner Minister vor, den Opfern und Schreden einer Kriegsintervention bewacht hat. Hinsichtliches Friedens zwischen Rußland und der Türkei lobt Sich selbst er, der | | schottische Friedensapostel,skeptisch vernehmen.Daß zxvet·große Nationen,deren jede für ihre Existenz, für»ihre engagirte Ehre kämpft,nicht so leicht zu versöhnen sein würden, liegt auf der Hand. Denn auch Rukland kämpft für seine politische Existenz, für seine politische Machtstellung in Europa. Geht leßtere einmal verloren, soll auch Alles verloren, worauf sich die russische Autokratie im eigenen Lande stüßt. Rußland, als eine Horde geschlagener Barbaren, ausgeschlosfen aus dem Nathe der europäischen Völker, in etwas so ganz Verschiedenes von jenem Grafen, reiche, für welches die Nuffen reht fümpfen und verbluten, daß es für sie überhaupt nicht mehr Nußland wäre. Lord Salisbury erklärt abermals mit empha= then Bathos, daß das gefanmmte Kabinet vom ersten Tage seit dem Ausbruche der Orientkrise bis zur gegenwärtigen Stunde unerschütterlich an dem Entwlusse festhielt, England von Frieden zur erhalten und weder ven Turfen, noch dem Puffer beizits stehen. Daß der edle Bord unter Anderen auch einen Kollegen, Namen, Beaconsfield, Gefäße und daß‘ Leterer eine sehr verschiedene Sprache geführt Hatte, dessen scheint er nicht mehr eingedenk zu sein. Auch ist es unlernbar, daß die eigene Partei des Kabinets im Unterhause ebenfalls in Gesinnung war und eine Kriegserklärung zu Gunsten der Türkeiuit leidenschaftlicher Freude mit Genugthuung bewillkommt und unterstützt hätte.Ob die Furcht vor der Opposition Seiten II der Liberalen die Regierung von einer türkenfreundlichen Aktion abhielt und in ihrer Neutralitäts-Politik bestrickte? Um diese Frage beantworten zu können,müßte man die Gedanken des schweigsamen Premiers genauer kennen.Doch ist es unzweifelhaft,daß,wenn die Whigs in der auswärtigen Politik mit den Tories diesenen Wege gegangen wären,der Krieg Englands gegen Rußland längst eine Thatsache geworden wäre- Doch,um auf die Vermittlungsfrage und Nußland zurückzukommen,die Thatsachen sprechen nicht zu Gunsten einer Ausdehnung der englischen Friedenspolitik auf die Kriegführenden.Im Gegentheile weisen alle Anzeichen darauf hin,daß die Russen das Kriegsglück in einem zweiten Feldzuge zu erringen streben.Große Lieferungsverträge wurden abgeschlossen für Artikel,welche eine überwinternde Armee benöthigt Bamcken und Winterkleider,dann verschiedene Instrumente zum Brechen des die Brücken gefährdendannse S sindInit großen Kosten theils angeschafft,theils bestellt worden.Die Türkei1 ihrerseits haben ebenfalls eine Lieferung aus Winterkleidungsstücke für 600,si 0YJiann,also für die Doppelzahl des gegenwärtigen Armeestandes ausgeschrieben.In den russischen Provinzen soll eine neue Militäraukstiebcng stattfinden und die hartnäckige Fortsetzung der Operatio gegen Plevua kann blos aus dequus dhe der russischen Feldherren erklärt werden, während des Winters von der Nähe einer feindlichen Armee befreit zur sein. Aber die politischen Gründe, welche gegen die Wahrseinlichkeit eines Friedensschlusses von russischer Seite her geltend gemacht werden, sind überzeugender und gewichtiger, als diese Vorbereitungen und die remisch-militärischen Nachsichten. Die russische Armee hat ihren Muth und ihre Ausdauer thatsächlich erwiesen . 000 hängt der militärische Ruf einer Armee, einer Nation nicht von den Eigenschaften des gemeinen Soldaten ab, sondern von dem Machterfolge. Nach der allgemeinen Uebereinstimung der vollkommen parteilosen militärischen Männer Europas haben sich die rufsischen Generäle, mit wenigen Ausnahmen, jeder Geschiclichkeit und Tichtigkeit bar erwiesen. Sie haben seinen einzigen jener vielfachen Erfolge errungen, welche sie beim Ausbrrsche des Krieges antizipirten. Außer der rer Yativ unbenentenden Einnahme von Nikopolis zu Beginn des Feldzuges haben sie seine einzige europäische Festung eingenommen, noch die türkischen Armeen in offener Schlacht jemals besiegt. Würde aber der Graf au) von den Anforderungen der militärischen Ehre absehen, so kann er nunmehr in sein Reich nicht zurückkehren, ohne Gebietseroberung, Ländererwerb oder einen sonstigen endgültigen politischen Erfolg. In ganz Emoya weiß man es, daß er mit seiner eigenen Person für sein Programm eingestanden, und daß jenes gewaltige Kriegämter an der Donau gleichzeitig ein Zweikampf ist auf Tod und Leben, in welchem auf einer Seite der weiße Graf steht, und doch hat sich seine Herrlichkeit bis zur Stunde nicht weiter ausgedehnt, als auf die politische Unterwerfung Numäniens, welcheschon nun an als wmifischer Vasallenstaat angesehen werden mll. Selbst der arınselige serbische Klient mäfelt an den Bedingungen, unter welchen er seine gewaltigen Patrone zu Diensten stehen will, und Griechenland hält zur Stunde no) immer Frieder mit der Türkei. Vor Allem aber steht die Masie der Bulgaren, zu deren Gunsten der Krieg angeblich unternommen wurde, noch immer unbefreit da. Die Pforte würde erträglichen Friedensbedingungen wahrscheinlich gern zustimmen, vieleicht sogar der rafsischen lotte Die Durchfahrt durch die Meerengen gestatten (wozu jedoch Englanda Beizstimmmeng minder sicher scheint). Sie würde bereits willig günstige Versprechungen Hinsichtlic der fünfzigen Behandlung der Najah Leiten. Doc würde sie jede Zumuthung einer Einmischung in ihre internen Angelegenheiten, wie sie auf der Konferenz gestellt wurde, heute ebenso energisch zurücweisen wie amals. Die Cinvilligung in die türkischen Bedingungen wäre daher für Norkland gleichbedeutend mit der Anerkennung seiner vollständigen Niederlage. Dazu braucht es aber noch immer eines großen, entscheidenden , überwältigenden Sieges der Türkei. Am Tage dieses Sieges werden wir Die Mediations- Frage als eine ernste behandeln; Die dahin nicht. Zudapest, 18. Oktober. Heute it der italienische Kammerpräsident Herr Gripp im unserer Hauptstaat eingetroffen, um auch hier seine politischen Studien und Informationen fortzulegen ; denn diese persönlichen Veotive werden als der eigentliche Zivec der Rundfahrt des italienischen Staatsmannes bezeichnet. Nichtsweitem weniger liegt es flat zu Tage, daß Herr Sköpt, den man als den Nachfolger des jebigen Ministers des Auswärtigen in Italien bezeichnet, seine Besuche in den verschiedenen Hauptstädten Europa’s ohne Zweifel auch zur Anknüpfung von Beziehungen mit den leitenden Staatsmännern genügen und über die herrschenden Strömungen in den Negierungssreifen, wie über die Stimmungen in den politischen Schichten der betreffenden Länder Orientirung gewinnen will. Und erscheint Diese Absicht des Herrn Grispi als ebenso richtig, wie nachahmenswerth, weil jamm auf solche Weise der freundschaftliche nationale IBerfehr aufrechterhalten und gefördert werden kann. Wir heißen das hervorragende Mitglied der s italienischen Nationalpartei,den Präsidenten der italienischen Kantner in1nserer Hauptstadt willkommen.Ungarn hat zu keiner Zeit,selbst nicht in schwierigen Tagen aus seinen Sympathien für die Herstellung der staatlichen Einheit Italiens ein Hehlgemachtlinsere besten Wünsche begleiteten die Italiener bei ihren nationalen Bestrebungen und diese Gesinnung ist bis heute hier zu Lande vorheuschend geblieben.Die unversehrte Aufrechthaltung und innere Konsolidirung des italienischen Königreiches gilt uns als eine starke Bürgschaft des semopäischen Friedens und der freiheitlichen Entwicklung. Denn die Gegner des transalpinischen Reiches sind zugleich Feinde der rde in Europa;sie sind Bundesgenossen jener Partei,deren Tendenz die Knechtschaft des Geistes und des Gewissens anstrebt.In diesem Kampfekant haben stets der wärmsten Sympathien ungarussisch erseizs. Diese unsere Gesinnnungen,welchen unser verehrter Gast auch allenthalben in unseren maßgebenden Kreisen begegnen wird,dürsten aber demselben« zugleich eine andere Ueberzeugung zuführen-Bei aller Sympathie für Italien kann es nicht determinischesten Zweifel unterliegen,daßssngar n unerschütterlich fest und treu an dem unversehrten Bestande der österreichisch-ungarischen Monarchie hält.Die heute im Ruder befindliche italienische·kj·’cational-partei und ihr hochgeschätzter Führer mimen dieser ’Tlatsache in ihren politischen Absickten und Plänerrezipteoener| p _