Oedenburger Zeitung, 1880. Februar (Jahrgang 13, nr. 14-26)

1880-02-01 / nr. 14

MI« Sonntag,1.-Februar1880. Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: SürXoco: Ganzjährig 9 fl., Anal He 4 fl. 50 fl., Vierteljährig 2 fl. 25 fl., Monath­ Für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vier­­teljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten ee mit­en von Inseraten, Pränumerations- und Injertions­­gebühren sind an die Nedaction portofrei einzusenden. XII. Jahrgang. _ Fe Bu M (vormals „Oedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirt­schaft, dann für sociale Interesslen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr’ — Betrüd­en zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gasse.“ Administration, Verlag, Expedition: if Grabenrunde Nr. II. |Neugasse Nr. 18, im 1. Stock. Redaktion: Einzelne Nummern offen ( Kı) Kreuzer. Sa­VE Inferate vermitteln: die Herren gutenpehn , Bogler, Wall ff­garte, 10, DWien, Pe U. Oppelis, I., Stubenpartei 2 ien. Heinrich Scales, I. Singerfirafie­s, Wien. 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Die erste für ‚ung überaus ‚peinliche Shatjahe ist die, daß in Budapest­ ein Kontumazplag für den Schweinehandel errichtet wird, wodurch unsere kommer­­ziellem Anteweffen in einer momentan Tauma zu­ ermes­­sendenn Weise bedroht erscheinen, nachdem Dedenburg, das bisher ein bedeutendes Abjaggebiet für den Schweines­handel bildete, und ss eines großen Marktes in Ber­­ug, auf diesen Geschäftszweig zu­ erfreuen­­ hatte, auf alle aus dem wegen Geschäftsverkehr für den Handels­­stand sich ergebenden Vortheile-und Wohlthaten nun­­mehr verzichten müßte. Herr Bürgermeister schlägt dem»­nach die Wahl einer Kommission vor, welche ein bie»­sen­­ Gegenstand erörterndes Diemorandum auszuarbei­­ten hätte. In diese Kommission­­ werden amtlicherseits Herr Magistratsrath Hinz als Präses, und der Herr Stadtphisitus, Stadtingenieur und Thierarzt, und sei­­tens der Repräsentanten, die Herren, Ritter von Flandorffer, Demy, Bauer, und Pfeiffer gewählt.­­ Außerdem­ hält­ er der Vorfigende für angezeigt eine Deputation an das Handelsministerium zu ent­­senden, an welche sich auch die ‚Handelskammer als Vertretung kom­merzieller Interessen anschließen sollte, um zu­ Gunsten des Borstenviehandels in unserer Stadt die Errichtung eines zweiten­ Kontumaz­lages zu er­wirken. — 2 il » Der zweite wichtige Gegenstand ist die Verlesung eines Schriftstückes, aus welchem hervorgeht, daß­ der Verwaltungsausschuß die Auflassung der städt. Ereku­­toren beschloffen habe, und an deren Stelle fünfgl. Erekutoren ernennen zu lassen. Der Herr Bürgermei­­ster sieht in diesem Beschlusfe einen Eingriff in die autonomen Rechte der Kommune, gegen welchen man Protest erheben müsse. Herr Nepräsentant Dr. Kepler fliegt sich der Ansicht des Heren Borfigen­­den­ an. Herr Nepräsentant Dörfler ficht den Ber­chluß aus zweierlei Gründen an, erstend aus Utilitäts­­rücksichten, weil der Kommune doch eine frolde Ber­­fügung die Kontrolle entzogen wird, und zweitens weil die Kommune als Wächter der Autonomie s­iemals zu­ geben dürfe, daß ihre ohnehin spärlich bemessenen Rechte und enggezogenen Grenzen noch mehr bescränkt wer­­den. Er wünscht an die Negierung eine Repräsentation um Aufhebung dieses Beschlusses, welcher Antrag an einstimmig angenommen wird. — Nun gelangt die in jüngster Zeit so viel Staub aufwirbelnde Szigethy-Kossuth- Affaire, von welcher wir bereits in unserem legten Kommunnalberichte No­­tiz genommen, zur Verhandlung, und von welcher der den Gang der Debatte verfolgende, objektive Beur­­theiler unwillführlich ausrufen mußte: „partur­unt montes, et nascitur ridiculus mus.“ Der Herr Bür­­germeister erklärt nämlich, daß er eine Aufforderung an den I. Vizenotar von Szigethy ergehen ließ,­­ um die zu seiner Rechtfertigung dienende schriftliche Ver­­theidigung in der bewegten Affaire einzubringen, und beantragt deren Verlesung, gegen welches Vorgehen Herr Repräsentant Abt v. Poda, als Interpellant sich verwahren muß, da die Beantwortung einer In­terpellation nur von­ einem Beamten, sondern vom Bürgermeister an den sie gerichtet ist, erfolgen muß. Die Versammlung entschied er jedoch für die Berre­­fung der­­ Vertheidigungsk­rift. Herr Vizenotar v. Szigethy ergriff Jonach das Wort, um den vom Herrn­stadtrepräsentanten Abt v. Poda gegen ihn in voriger Sagung gerichteten Ausfällen entgegenzutreten. Zunächst erklärt der Redner, das die ihm zur Last gelegte angebliche Unzukömmlich­­keit des objektiven Thatbestandes­ vollstän­­dig entbehrt, denn nach eigenem Zugeständnis des An­­lägers,­ baffren die Anschuldigungen auf bloßen R­et­­tungsnotizen. Er folge aber muß Herr v. Sy­i­­getichy jede Verantwortung entschieden ablehnen, denn sie fanden ohne sein Zntym­ Eingang in den namhaft gemachten Blättern, er müßte also, wenn wirklich eine Aufrage diesfalls erhoben werden könnte, dieselbe gegen den Einsender der Notizen, oder gegen die betreffenden W­edakteure gerichtet werden. Wenn nun Herr v. Szigethy auch weder leugnen kann, no will, daß er wirfh­ jenen Privat-Brief mitunter f­rieben habe, den die Hiesige Unabhängigk­eitspartei an den Patrioten Ludwig Kossuth gerichtet und da­­rin ihr Bedauern ausgesprochen hat, dag Fraft $. 30 des neu geschaffenen Geieges ficher „Erwerbung des Staatsbürgerrechtes" Kossuth aus der Reihe der un­­garischen Staatsbürger ausgeschlossen worden ist, so habe Szigethy durch seine Namensbeilegung — ohne Hinzufügung seines Charakters als I. städt. Bi­­zenotär — jedenfalls nur als PBPrivatmann und keineswegs als Kommunalbeamter gehandelt. Weder die Generalversammlung noch den Heren Bürgermeister künne der Redner für kompetent zur Intervention in der fragligen Affaire erkennen, die im äußer­sten Falle ein Pre­soelift involvirt, für m welches je­­doch höchtend das Blatt, wo die beanstandete Notiz enthalten war, nie aber Herr von Szigethy (der sie gewiß nicht einschalten ließ) zur Mechenschaft gezogen werden könnte. Am allerwenigsten könne der städt. Beamte einer Auferadhlasfung der Pflichten­ seiner Stellung geziehen werden, denn der Beamte hat mit der ganzen Angelegenheit nicht das Geringste zu schaffen gehabt, sondern einfach nur der Herr v. Szi­­gethy. Er ist übrigens in dem an Kossuth gerichteten Schreiben, der Einsiedler von Kollegno keineswegs „Ö Gouverneur” sondern immer nur „gewes­sener Gouverneur von­ Ungarn“ titulirt worden, ahte Seuilleton. „Befehlt”. Novelle von ©. Mi. . (Bortregung.) .. X Selma verbrachte mehrere Tagen in der größten Aufregung, die sie anfänglich am tiefern­ Nachdenken verhinderte, da nachdem, sich der erste Anfall gelegt hat, 309 sie alles reiflich in Erwägung ; sie sagte si hundertmal, daß sie Max­ nie mehr freundlich entgegen­­kommen » könne, wie­ si­e aber vor ÜBersuchungen be­­wahren ? Wieder wünschte sie sich den ZXod_ herbei — warum an mußte, sie ihrer Mutter das Beisprechen geben ?.Wie schnell wäre sie aller Pein und aller Zwei­­fel Tedig ? Da damit war­ er schon nu­s, und sollte sie denn mit Mar: wirklich ihr ganzes Lebensglüd ver­­scherzt Haben? Da, wenige Tage nachher — als sie eben in Erwägung 309, ob sie doch nit trauv. Dobofis Rath befolgen sollte — trat plöglich Hein­­rich in’s Zimmer. In seiner edlen einfachen Weise sagte er, wie er schon alle Schicsale Selmas ‚fenne, die­ ihm Frau­ v. Dobofi mitgetheilt hätte — der sie ihrer Indiskretion wegen nicht böse sein dürfe, denn er sei­ im der besten Absicht geschehen, und nun erneuere er seine Bitten, sein Leben gänzlich ihr weihen zu dürfen. Selma zögerte — sie machte Dem, Freunde gegen­­über sein’ Hehl daraus, das sie den andern noch immer liebe und » daß sie­­ ihn vielleicht immer lieben werde. „Wir werden­­ diese Liebe Herausreißen, sprach er — und eine andere­ an ihre Stelle jegen“ Sie widertrebte so immer. „Was werden Sie von einem Mädchen denken, welches ihr Herz und ihre Hand mit einem tanne flientt !" „D Selma“ sprach er wie können Sie nur das sagen. Ich kenne Sie ja so gut, wie Sie sich vielleicht selbst nicht kennen. Wären Sie geliebt worden, wie Sie liebten — ich wäre nie mehr mit meinem An­­trage vorgetreten. Aber in diesem Falle dürfen Sie den nie zum Gatten nehmen und Sie brauchen einen Beihügel, num mehr als je. Warum wollen Sie nicht, daß ich derjenige sei, ich, der Sie Liebt, ‚wie Sie nie wahrer und heißer geliebt werden können !". Selma ward gerührt. „Sie sind ein edler Daun“, sagte sie und reichte ihm ihre Hand. Heftig zog er diese an sich : „j0 geben Sie sie mir!" Und die noch immer Wider­­strebende fest an sein Herz berücend, brach er in ein lautes Jubelgeschrei aus :: Nun­ bist Du mein geliebte Selma, angebetetes Mädchen ! Nun sol dich mir sein Mensch­entreigen ! DO mie habe ich diesen Mioment ersehnt und erwartet, ihn mit den schönsten Farben ausgemalt, aber nicht erreicht den Gedanken der Seligkeit, die ich empfinde, da ich Dich jegt in den Armen­ halte. DO, tragen, will ich dich auf den Händen, dach sein Dorn deine zarten Füße verlege, ich will und werde dir glüclich machen." Und no‘ feiter zog er sie an fi und drücte einen heißen Kuß auf ihre Lippen, — Selma late und weinte zugleich : ihr war so frog und doc so bange , wußte sie sich Doch nun geborgen gegen jede Gefahr und nun — konnte sie auch Mar verzeihen. — Frau von Dodoff’d Freude war groß, als sie die Neuigkeit vernahm : sie ließ es sich nicht nehmen, mit Selma zu deren Eltern zu fahren, wo auch Heinrich eintraf, und wo die Verlobung stattfand — zur Freude Selmas Eltern, daß diese eine so gute Wahl getroffen. Die Mutter lebte an Selmas Entschluß und Veitere fühlte daher ihr Leid immer mehr und mehr schwinden. Aber noch stand ihr ein schwerer Kampf bevor. Bei einem der häufigen Besuche Heinrichs bemerkte Selma, daß er ungewöhnlich ernst sei; als sie ihn um die Ursache trug , schien er heftig bewegt zu sein. Endlich regte er sich zu ihr und erzählt dann, Dear sei bei ihm gewesen und habe ihm seine Unschuld­­ betheuert. „Er bat mich — fuhr Heinrich fort — bhr zu sagen wie er dich immer geliebt, und dir biesen Brief zu übergeben, worin du es wahrscheinlich Teten wirft. Zu diesem zweideutigen Benehmen habe ihn damals Bertha verleitet, indem sie ihm sagte, daß du in häufigen Gesprächen mit ihr geäußert, daß du dem Manne, den du liebst, jedes Opfer bringen könntest:: ja du Liebtest ihn erst dann ver, nachdem du ihm viel geopfert haben würdest. Ein solcher Mann dürfte dich betrügen, scheinbar oder all in Wahrheit, du mwürdest ihn unmwandelbar lieben und ihm vergeben. Bertha soll ihm auch eingeredet haben, daß er nur so deine Liebe erproben könne — er, der arme Verblendete, ließ sich bethören, Ließ seine Vernunft schweigen und glaupte ihren schönen aufrichtig singenden Worten — bis er einfach, daß er sein Lebensglüd eingebüßt ! —“ „Sieh, liebe Selma, der Arme dauert mich — er hat gefehlt, es ist wahr — doch wenn er fehlte, war auch das aus Lieb." Henrih Kollar machte wahr­­li einen, beredten Anwalt : mit warmen Worten pilderte er Maxens Leiden und Meue und endlich — wie er sich Gewalt anthun mußte um ruhig zu bleiben — erklärte er ihr — er gäbe sie frei, er trete zurück, wenn sie Mar vorzöge! Statt aller Antwort sah Selma den echlen Mann­ lange an, es wäre unmöglich zu f­ildern, was in­ ihr vorging, endlich umarmte sie ihn und rief: „Ich­ bleibe nur bei dir, hier wächst mir das Süd und die Nube !“ (Schluß folgt.)

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