Oedenburger Zeitung, 1883. August (Jahrgang 16, nr. 174-198)

1883-08-02 / nr. 175

ai­rga­edenburgerzeik Ar. 175. 1. (Vormals „Oedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortseritt zur Eher! — Beprn­chten auf Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe.“­­ Administeasion, Dek­an und Interatenaufnahme: Buchbunkerei­­, Nomivalter & Sohn, Grabenrunde 121. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations: Preise: Büe 8oeo: Sanzlährig 9­9 fl., Satejäprig 5­5 fl., Biertelfährig Fir Aufwärts; a­ig 12 an Halbjährig 7 ff., Viertel­­ing 3 Alle für das zu inne­rN mit Ausnahm­e von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, nb an­ die Redaktion portofrei einzusenden. BEI Einzelne Nummern Rotten 5 Breyer. U Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein & Vogler, Walls Piapee 10, U. Oppelit, 1., Stub Rh 3, ein Scalet, olfgeile 12, R. al­s Seilerstätte 2, M. Dut­es, 1, Mies­mergaffe 12. In Bude; eft: Saulus Sp. ‚Dorotheagaffe a1, Leop. Lang, Offelaplag 3, U. 3, Goldberger, Servitenp­aß 3 Infertions: Gebühren: 5 fr. für die eins, 10 fr. für die zweis, 15 kr. fü­r die dreis, 20 tr. file die vierschaltige und 25 tr. für die durälaufende Bet­tzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 Bei mehrmaliger Einschaltung­ee Rabatt, Ungarn und Westerreich. Oedenburg 1. August. 1883. (H. G.) Wir haben bereits vor längerer Zeit einmal an dieser Stelle versucht, zwischen den durch­ Shhidfalsfügung oder wal auch „Schedjalstüde” mit­einander verbundenen, fiamesischen Zwillingen “ politischer Provenienz, nämli­chesterreich und Uns gar, eine kleine Parallele zu ziehen, und es bei forhaner Gelegenheit unternommen nachzu­weisen,­­welche Verwirrungen sich daraus ergeben müssen, wenn zwei so vollkommen verschiedene Elemente, wie die Ränder dies und jenseits der Leitha, deren Bewohner und endlich die den Legieren beschiedenen Verfassungen er unstreitig sind, an einander gefes­­selt erscheinen. Wollte­ man, den­ nun fün diverse Jahre bestehenden und während dieser Zeit sich als eine politische Ungeheuerlichkeit ergeben habenden Dualismus mit einer Ehe vergleichen, man müßte sofort erkennen, daß die betreffenden Gatten durch­­aus nit zu einander paffen, in Folge dessen «­ aber die höchste Zeit ist, die Ehe aufzulösen, um auf diese Art das Glüdk und Wohlbefinden beider Theile nur noch länger in Frage zu stellen. Punkte dieses Wohlbefindens und Glüdes steht es nun einmal unwiderleglich fest­, daß Uns garn von dem Augenblicke an einen ganz anderen Aufschwung nehmen würde, wo er frei seine Flü­­gel zu entfalten Macht und­ Gelegenheit hätte. Aber auch betreffs Oesterreichs würde sich Manches und Vieled ganz anders gestalten, wenn dieser Staat nicht mehr an der dualistischen Kette hän­­gen, sondern, in jeder Hinsicht auf sich selbst ange­­wiesen, dazu förmlich gezwungen würde, aus eige­­ner Kraft jenen Zielen zuzestreben, welche die Kul­­turwölker des Erdballs erst wahrhaft glücklich zu­­ machen im Stande sind, nämlich der höchsten Güter der Menschheit , der Freiheit und Selbstbestimmung der Staatsbürger, theilhaftig zu werden. Die sich vom Chauvinismus­ freigehalten ha­­benden ungarischen Patrioten erkennen, dessen sind wir gewiß, neidlos dem trangleithanischen Oester­­reich die Suprematie in vielen kulturellen Dingen, wie nicht minder in diversen industriellen Fächern zu. Ob Solches in derselben Art und Weise jeitens der Desterreicher betrefft unserer ungarischen Freiheit geschieht, möchten wir zu­ bezweifeln wagen. Und zwar aus dem, so naheliegenden,­ weil rein menschlichen Grunde, daß wenn­ der Neid, an ein no, so großes Laster ist, der unvollkommene Erdbewohner trog alledem und fon an und für sich stets die Neigung verspürt, eine Parallele zwis­­chen feinem Schicsale und dem jedes anderen Staub» gebornen zu­ ziehen. Um unsere ungarische S Gerichtsbarkeit und­ unsere heimischen Sicherheitszustände beneiden und die Defterreicher gewiß nicht, ebenso wenig als wir Cisleithanier die drübigen „Brü­­der“ ihrer Breßfreiheit (!!) und föstlichen Negierungsge­walten wegen hochzufrägen, irgendwie gegründete Ursache hätten. Letzteres ge­­schieht bekanntlich aus ganz anderen Gründen, und vornämlich deshalb, weil das österreichische Volk im Großen und Ganzen, genommen eine ganz andere Ahnung vor den Geseten beweist, als die ungaris­­chen Diensten. Dagegen ist es erklärlich, daß die gebildeten ZXransleithanier eine täglich sich steigernde Begierde empfinden, endlich d­och an einmal in vollen Zügen jenen Freiheit trumm­ zu genießen, der ihnen bis jegt nur als Fata morgana unter Glas und Rahmen gezeigt wurde. Denn in Oesterreich heißt es ja bekanntlich: „Alles ist frei, aber­­ von der Freiheit dürft er nur jenen Gebrauch machen, der den Privilegirten und Hochmögenden genehm ist!“ Dieses „Aber“ ist nun Säule daran, daß die Defterreicher vor lauter Bollwerken die Freiheit gar nicht zu Gesichte be­­kommen und sich, nur zu sehr dem Sciller’schen Ritter Toggenburg ähnlich, im lauter Sehnsucht verzehren. Nicht viel besser geht es den Defterreichern mit ihren parlamentarischen und sonstigen aus den Staatsgrundgelegen sich aufgebaut habenden kon­­stitutionellen Institutionen. Denn während bei ung in Ungarn, gleich wie in England, die Abgeordne­­ten des Volkes den eigentlich gefeß- und maß­­gebenden Faktor bilden, dem Oberhaufe dagegen nur die Rolle des Negulators zugewiesen ist, sind die Defterreicher in der wenig­ beneidenswerthen Lage, so tanzen zu müssen, wie ihre nun gründlich vernewerte erste Kammer von­ Privilegiaten pfeift, und da Diese, Fraft­felder V­ernewerung, in in­­nigster Allianz mit den im Wolfshause im­ über­­schwenglicher Anzahl seßhaften Gesinnungsgenossen stehen, so zeigt si die Abnormität, daß mehr als zwanzig Millionen Steuerzahler von einigen hun­­dert Privilegirten sich Gefege diktiven lassen müs­­sen, die vor den Legieren zum Nuten gereichen, den Millionen aber förmlich den Lebensnert unter­­binden. Daß es in Oesterreich so gefommen, daran sind die verschiedensten Dinge schuld, auf welche des Näheren einzugehen, nicht unsere Sache sein kann. Denn für und muß einzig und allein das Re­­sultat maßgebend sein, und dieses­ lautet: „Der fterreich ist mit feiner Scheinkonstitution auf jenem Punkte angelangt, wo­für ung Ungarn eine ernst­­liche Gefahr aus weiterm Angekettetsein an den transleithanischen Bruder erwachsen muß.“ Nun ist aber eine Freiheit und eine Gleichberechtigung aller Staatsbürger wie in Oesterreich nicht nur in­ Seuilleton. ws LI. MM. Roman von * * (Alle Rechte für den Mutor vorbehalten ) (Bortregung.) Devay schien einen Moment zweifelhaft, ob er dem Verlangen des Grafen entsprechen oder abe­r lehnen und seine musikalische Befähigung verleugnen solle, dann aber rette er si mit einem flüchtigen, kaum bemerkbaren Bli auf Adrienne an das Kla­­vier und sang nach einem kurzen Präludium ein Lied. Die Wirkung auf die Zuhörer war eine ganz ungewöhnliche, außerordentliche. Die Gräfin schien ‚auf das Z Tiefste ergriffen, Adriennen’s Augen ruhten mit Bewunderung und feuchtem Glanze auf dem­­ Sänger und selbst der Graf konnte sich eines eigen­­thümlichen Gefühles nicht erwehren und sprach seine Anerkennung unverholen aus. „Sie haben ja eine prachtvolle, eine Herrliche Stimme, lieber Devay,“ sagte er, „ich glaube, so­­viel ich davon verstehe, Sie könnten sich auf­ den ersten Bühnen Europa’s hören lassen." „Ew. Erlaudt sind sehr gütig und belieben zu schmeicheln,” ermwiderte Devay aufstehend, eine Stimme läpt si im Zimmer niemals richtig be­ urtheilen.“ „Kun idh verstehe nicht viel davon, aber all das Gesinge in der Wiener Oper hat mir nit so gut gefallen.“ „Wollen Sie schon aufhören ?“ fragte Schüchtern Adrienne, „Sie würden uns sehr erfreuen, wenn —“ „Sie I. beu­­ger ich zu fees Stäindettt, info er ©. Herr Graf oder Die rau Bräfin nicht — „Wir bitten gleichfals sehr darum“, sagte mit“ ungewöhnlicher Freundlichkeit die Legiere, „Das Kleine Lied war von Mozart“, wandte Devay sich wieder an Madrienne, „befehlen Sie vielleicht eine größere Arie von demselben oder eine solche von einem italienischen Komponisten ““ „Ganz wie es Ihnen zusagt“, erwiderte sie Schüchtern, „am liebsten erst die eine, dann die andere.“ Devay, der besaß eine jener weichen und doch markigen Tenorstimmen, deren Klangfarbe unsere feinsten Nerven erzittern macht und unser Gefühl in überwältigender Weise erregt. Er regte sich wie­­der an das Instrument und sang noch zwei schtöne, ergreifende Lieder. Für das Weib ist das Gehör der gefährlichste Sinn, und Sprache und Gesang üben auf sie die berühendste Gewalt aus. Auch Adrienne war von dem Gesänge Devay’s fürmlich wie beraus­t; ihre lebhafte Phantasie, ihre leichte und erregbare Empfänghh­eit für alles Schöne und erhabene liegen sie pröglich in ihm den Träger eines beneidenswerthen, herrlichen Talentes, und in Folge­ dessen in ihm auch, den mit höherer Begabung Begnadigten, erblidhen. Von diesem Augenblide an war Devay für sie ein Anderer. Nicht daß irgend­eine zärtliche Neigung für ihn in ihrem Herzen entstanden wäre , nein, sie bewunderte ihn nur, sie blidte zu ihm auf, wie zu d­einem über ihr Stehenden, dem sie um so mehr diese Empfindungen widmen mußte, weil seine große Bescheidenheit und sein abgefäloffenes Wesen ihn Monate lang in ihrer Nähe hatte weilen lassen, ohne daß sie von seinem großen Talente irgend eine „Ahnung gehabt . An jenem Abende schrieb sie den Brief an Sándor, welcher diesen besonders unangenehm bei berührte und den er deshalb weniger zärtlic­her antwortet hatte. Was die holde Mufifa für eine Zäuberge­­walt beritz, weiß Heutzutage jeder auf­ Bildung Anspruch Machende, selbst wenn ihm sein Talent eigen, Mufii zu treiben. In einem weit höhern Oracle als alle anderen schönen Künste wirkt aber gute Mufii auf das zartbesaitete weibliche Gemüt­. DBer­­singt nun ein gebildeter und dabei [­ Hö­ner Mann in fr bie Kunstfertigkeit des ausübenden Musikers mit jener des geschulten und mit einer herrlichen Stimme begabten Sängers, dann möchten wir diejenigen weiblichen Wesen sehen,­ welche dem Ein­­flusse solcher berühenden Eigenschaften auf die Dauer zu widerstehen die Gewalt besigen würden.­­ Alle vorgenannten Vorzüge nannte Arthur von Devay sein eigen. Schon aus diesem Grunde war er ein „äußerst gefährlicher“ Mensch. Da er jedoch förmlich mit Bescheidenheit und Zurückhaltung, vornämlich der Komteffe Szolmoy gegenüber, prunkte, so bedarf er erst seines besondern Nahmeifes, da Devay’s ganzes Wesen die etwas überschwenglich angelegte Adrienne, ihr vielleicht unbem­ußt, reizte, mit fot verkörpertem Spdeale jugendlicher Mädchens­träume einen geistigen Singfampf einzugehen, in welchem selbst ein welterfahreneres weibliches Wesen, als die Komteffe es thalkiählich war, schließlic hätte unterliegen müssen. (entfegung folgt.) - FT .­­weg uni­leh ; eh

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