Oedenburger Zeitung, 1885. November (Jahrgang 18, nr. 251-275)
1885-11-08 / nr. 257
Sonntag, 8. Mai 1885. XVII. "Lofegaenk - Ar. 357. Ölenburger Beikun 3 (vormals „Bedenburger Nachricten“.) Organ für Dolitik, Landel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fertiegritt zur Ehr? — Behrüchten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ se ine Blatter täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonnd oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: gür Loco: a 9fl., Bee aig 5 fl, Bierteljährig onatlich gür Auswärts: Ganzjährig 5 fl., ERNE 7 fl., Bierteljähri Alle für das Blatt Bfmnmte &e Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Prämmerations- und Infertionsgebühren, sind tu die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, Verlag und Inferatenaufnahme: Buhdrukeri ©, Nomtvalter & Sohn, Grabenrumde 121. MI Einzelne Nummern Rotten 5 Kreyger. u — Inferate vermitteln: Im Wien: Hafenstein , Vogler, Wale Naffe 10, A. Oppelit, ı., Etubenbastei 2, Heinrich Schalek, ollgeite 12, RR. Diofie,Seilerstätte 2, M. Dules, ı., Riesmergafie 12. 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Endlich sind also doch einmal die Botschafter der Großmächte in Konstantinopel wirklich zu einer Konferenz zusammen getreten, die einst die Sachlage in Berathung zog und somit hinaus ging über die früheren nichtssagenden wechselseitigen Kourtoisieen und leeren Normalitäten, womit die Diplomaten bei ihren ersten zwei Zusammenkünften ganz unnötlohig die Zeit versplitterten, ohne in das Wesen der so hohmwhtigen, ihrer Entsceidung anheim gestellten Dinge einzugehen, indeß ganz Europa in leichtbegreiflicher Außerster Spannung der Resultate harrte, welche diese Konferenzen zu Tage fördern sollte. Zu Top=-Hang, wohin der Sig der Konferenz verlegt worden ist, weil der Sultan ausdrücklich wünschte, daß sie möglichst bequem installirt werde, begannen um 11 Uhr Vormittags des legten Donnerstags die Berathungen. Said Pascha ist Präsident, Server Pasda der eigentliche Delegirte der Pforte. Trotz der absoluten Geheimhaltung wird als ganz bestimmt versiert, tag ein Einverständniß der drei Kaisermächte für alle Eventualitäten erzielt ist und daß England bisher offiziell seine Verschiedenheit der Stellungsnahme bezeichnet hat. Der Vertreter Oesterreich-Ungarns ist Herr von Calice. Derselbe ist eine hohe, Breitschulterige Gestalt mit martialischer Haltung. Auf breitem Naden ruht ein mächtiger Kopf, dessen glattrafites, scharfgeschnittenes Gesicht einen energischen, gebieterischen Charakter befindet ; man glaubt mehr einen militärischen Befehlshaber, als einen Diplomaten vor sich zu haben. Nur das ausdrucksvolle, ruhig bildende Auge zeugt von einem durchdringenden Beistand und großer Menschenkenntnis. Bei den Zürfen ist er wegen seiner Rücksichtslosigkeit mehr gefürstet als beliebt. Bei em bekannten Bottrummel im vorigen Jahre genügte seine Bemerkung, „daß er in dieser Angelegenheit seinen Spaß verstehe,“ um die Türken von jedem weiteren Vorgehen in dieser Angelegenheit abzuhalten. Frankfreid wird durch Herrn Marquis von Noailles repräsentirt, ein glatter, überaus Karmanter Hofmann, aber undurchdringlich wie ein wasserdichter Pergamentverschluß, was er wirfli denkt, wad wirtlich in seiner Seele vorgeht, ist schlechterdings aus seinen Mesonen gar nicht, aus seinen Worten äußerst Schwer zu erforsten. Herr von White, das englische Konferenzmitglied, ist ein alter, hagerer Herr mit schneezweigem Bart, er übertrifft womöglich noch Die diplomatische Verschlagenheit Noailles, befigt aber nit dessen einschmeichelndes Wesen. Conte Borti, der italienische Botschafter ist der offenste Charakter. Er ist redselig, lebhaft und geräth leicht in Feuer, im übrigen ist er klein und unansehnlich, nachlässig gekleidet und sieht eher einem biedern Vorstädter, als dem hohen Würdenträsger gleich, der berufen ist, Italien zu repräsentiren. Wir gehen nun auf die Schilderung der Persönlichkeit des russischen Konferenz Bevollmächtigten Herrn dr. Nelidoff über. Er gehört einer angesehenen rufsigen Adelsfamilie an und ist ein Duzfreund des Kaisers Alexander III. Beim Ausbruch des türkischerusfischen Krieges war er unter Agnatieff in Konstantinopel erster Botschaftsrath und übergab in dieser Eigenschaft die russische Kriegserklärung. Später wurde er dem Hauptquartier als diplomatischer Beirath beigegeben und wirkte beim Abschlusse des Friedens von San Stefano mit, zu dessen Mitunterzeichnern er gehört; dann wurde er Gesandter in Dresden und übernahm vor etwa einem Jahre den türkischen Botschafterposten. Er ist eifrig bestrebt, sich Einflug im Balais zu verschaffen, was ihm erst in abferlegter Zeit gelungen zu sein scheint. Der türkische Delegirte ist, wie erwähnt, der Borfigende Said Pasha. Derselbe ist gegenwärtig ps BUER 50 Jahre alt, feinem Yeu, gern nach würde man ihn aber für viel älter halten. Er ist ein ziemlich fettleibiger mittelgroßer Mann mit weißem Haupt- und Barthaar und ziemlich alltäglicher orientalifer Physiognomie. Einer furdischen Familie entslammend, ihmwang er sich allmälig zum Vizegouverneur auf und bekleidete diesen Bosten in Bare, Zypern und Barıa. An diese legtere Stadt an Bulgarien abgetreten worden war, kam er nach Konstantinopel in Disponibilität und wurde kurze Zeit darauf als Miister des Yreußenn in’s Kabinet berufen. Seine Bildung in eine ziemlich beschränkte, aber ein Greift ein Scharfbliesender und hochdringender. hin zur Linken figt der zweite türkische Doge Server Bajda. Er ist ein Mann von statte lcher Gestalt, eleganten und lebhaften Bewegungen, und wiewohl er schon nahe an 60 Jahre alt ist, zeigt doch sein ausdrucksvolles Gesicht und sein lebhaft blldendes Auge, daß er einst nicht mit Unrecht als ein schöner Mann gegolten hat. Einer angesehenen türkischen Familie entstammend, genog er eine ausgezeichnete europäisge Bildung; er widmete sich frühzeitig der diplomatisgen Laufbahn. Uns erübrigt nur noch, des Vertreters des Deutschen KReides zu gedenken, nämlig der Berson des Herrn v. Radomig. Er ist eine mittelgroße, elegante Erscheinung mit glattrafitem Gesichte, einem schwarzen, wohlgepflegten Schnurrbart und einem glänzenden, flugbildenden Augenpaar. Herr v. Radomig ist die mächtigste Persönlichkeit in Konstantinopel, nicht nur, weil er der Vertreter des in Europa nunmehr mächtigsten Staatsmannes, des Fürsten Bismard, ist, sondern hauptsächlich deshalb, weil er den größten Einfluß auf den Sultan ausübt. Was feiner unter den Botschaftern beim Sultan durchfegen konnte, das vermochte Herr v. Radomwig, dessen Nederredungsgabe es allein gelungen ist, den Sultan für die Konferenzdee zu gewinnen. Was beschloffen werden wird ? Wer kann e8 wissen! Zweifellos ist Sultan Ypdul Hamid Schwerzen, Siezu ein halber Bogen Beilage und das Sluftrirte BPOORE REES BER Seuilleton. Die Tandenpost Eine Erinnerung aus dem deutscsfranzösischen Kriege. (Schluß) Sch las also das Schreiben. 8, war der Knotenpunkt eines Liebesromans, eine rührende und traurige Geschichte, welcher die Liaison einer verheiratheten Frau zugrunde lag. Ein Kind war eben geboren worden und die Dame zeigte Die Geburt ihrem Geliebten an, diesen zugleich beschwörend, klug zu sein, in seiner Gefahr auszufegen, sein Leben zu schonen um ihres und ihres Söhnes seins willen. „Bist Du erst nach Bordeaux zurückgekehrt, will ich Mittel und Wege ersinnen, um das Kind undgeheim zu Dir bringen zu lassen. Du wirst sehen, wie es sehen ist und ganz wie Du.“ So schlug das Schreiben. — Armer Junge! rief D. ganz gerührt aus. Hätte er den Brief nur zwei Zage früher erhalten, er wäre vielleicht nicht umgelommen,. Er würde sich geschont Haben um seines Kindes willen. Nein, erwiderte Montlaudry, er war ein tapferer Held gewesen. Er würde sich nit geschont haben und wäre nur in größerer Verzweiflung gestorben. — Nichts, mein Freund, ermiderte sie mit nervösem Lächeln ; die frische Luft wird mir unwohl — Um Fan — fügte einer der Gäste Hinzu — war ja dem Finde ein zweiter Vater geblieben und der legitime Bater noch dazu, der Vater quem justae nuptiae demonstrant. Die ganze Tafelrunde stimmte ein helles Gelächter an und D. lachte recht Herzlich mit. — Über der Brief? — fragte er pröglich. Haben Sie ihm endlich der bedauernswerthen Absenderin zurückkteilen können ? — Leider vermochte ich das nicht, sprach Montlaudry. Das Schreiben war nur mit dem Vornamen gezeichnet und enthielt nichts, was die Adresse an nur im Geringsten angedeutet hätte. — Also Sie haben den Brief no. Wollen Sie mir ihn zeigen. Ich kenne ganz Bordeauf fo» zusagen. Vielleicht kann ich Ahnen behilflich sein, die Dame ausfindig zu machen. Montlaudry 309 eine Brieftasche hervor, öffnet sie und fehlen darin etwas zu sugen. An diesem Augenblick erhob ich Frau D., deren Antlig Leichenbläffe bedecte, plöglich vom Tishe. Was hast Du, Genoveva ? Du siehst ich leidend aus, fragte Herr D. in besorgtem, zärtligern Zone. thun, mir die Note in Gold umzumenteln? Als er den Namen Genoveva hörte, biebte Montlaudry leicht zusammen. Er zog eine Banknote aus der Brieftasce: und reiht sie D. mit verbindlichem Lächeln. — Möchten Sie nicht die Liebenswürdigkeit haben, fragte er ihm ruhigsten Tone der Welt. — Aber ja, mit Berguügen, antwortete der Bankier, und er beeilte sich, die entsprechende Anzahl von Goldfuüden aus seiner Börse zu holen. Und der Brief fügte er Hinzu. — Den Brief, sprach Meonntlaudry in nachäffigem Tone, den Brief habe ich ja ion die längste Zeit verbrannt. — Sehen Sie, meinte D., das ist ja all das Beste, wad Sie thun konnten . Eine Stunde später nahmen wir Abschied von unseren Gastgebern. Ich sah, wie Montlaudry sich, der Frau von Hause, die si von ihrem Uns mahlsein gänzlich erholt hatte, näherte und wie sie ihm nach energischer Art die Hand zum Gruge reißte. Montlaudry hielt die autte Hand eine Weile in der feinen. Zugleich überflog eine lebenhafte Nöthe das Antlig der schönen Frau und ich sab, wie ihre Hand mit einer jähen Geberde etwas in die Taschen ihres Kleides gleiten Tick, BR | RE - cizHMxW«« en RE ee rn EEE SEEN Fe 1 alba 2 Deerkbasael. aa 4 Buell „ur 2 u he RS Bee HI., ee 2 5 El I -"«» - Ki De