Oedenburger Zeitung, Juli 1914 (Jahrgang 46, nr. 147-173)
1914-07-01 / nr. 147
Juli 1914. « Oedenburger Beitung. ,Die Rede des Obergespans. Ich finde kaum Worte für den tiefen KumI,für die bitterten Gefühle,welche uns alle ihrenVann schlugen,auf die Kunde,wele uns in eiligem Flug bekanntgab, daß der Anwärter der Krone, Erzherzog Franz Ferdinand und seine hohe Frau einem infamen Anschlag zum Opfer gefallen, eben dann, als auf Allerhöchsten Befehl der Generalislimus der Armee seine schwerste Pflicht erfüllte. Die Geschichte it ein beredter Zeuge, da es schon zahllose Attentate gegeben hatte, aber so von allem Adelbares, infame Verbrecher, wie dieses Attentat, dem der hochsinnige Erzherzog und seine Gemahlin zum Opfer gefallen sind, steht ohne Beispiel da, und es gebe Gott, daß ein solches nie und nimmer wiederfehre. Ich bin fest überzeugt,daß die Bevölkerung dieser Stadt,welche stets von untertäniger Huld gegenüber dem Throne"erfühlt war,und welche vielleicht—wenn manm Superlativen sprechen könnte——noch mehr Anrecht besitzen würde,zur Offenbarung ihrer Pietät,denn der Thronfolger war ja mehrere Jahre hindurch Bewohner dieser Stadt und wir hatten Gelegenheit, ihn, den zukünftigen König, den schneidigen Anwärter des Thrones zu sehen und auer konnte sein treues Wolf in dieser Stadt seinen Ternen — fi eins in der Trauer fühle. (Der Vorsigende erhebt sich und auchh die Mitglieder des Munizipalausschusses folgen seinem Beispiel.) Aber in unserer marternden Bein dürfen wir unser Gelbstvertrauen nicht verlieren. Mit unserem gebetartigen Stehen bliden wir zum Throne empor, zu unserem geliebten Herrscher, der vom Schicsal so unermeklich rauh heimgesuchte, und der an seinem Lebensabend inmitten der grausamsten Schmerzen und Sorgen, das Beispiel derchwantenlosen Biligterfüllung uns vorzeichnet. Lassen wir das inbrünstige Gebet gen Himmel emporheben, daß unser geliebter Herrscher auch diesen Schicsalsichlag überwinden und sein Vertrauen für seine Wölfer behalten könne. · · Nun brachte der Bürgermeister Dr.Töpfler die Depesche des Ministersdagnnern an die Stadt, in welcher er die Trauerfunde den Munizipien mitteilt, zur VVerlesung. Sodann hielt unser erster Bürger folgende Rede, an welche er seine Anträge knüpfte. Die Rede des Bürgermeisters. Löblicher Munizipalausschuß! In Leib und Seele erschüttert, versammelten wir uns heute auf die grauenhafte, die Phantasie weit überholende Nachricht jenes tollwütenden Mordes, welcher unseren’ viel heimgesuchten greisen König, unser geliebtes Vaterland und sämtliche Länder der Monarchie in die menschlich-tiefste Trauer verlegte und in ihrer entjeglichen Wirkung die Empörung und Anteilnahme der ganzen gebildeten Welt hervorrief. Es gibt keinen menschlichen Beistand, der den grausamen Ausfluß dieses ruchlosen Irrganges nicht am schärfsten verurteilen würde. Bor kaum einigen Monaten war es, daß wir von dieser Stelle mit freudigen Subel unseren zu solch hohen Erwartungen berechtigten. Ihronfolger gelegentlich seines 50. Geburtstages beglückwünschten. Heute liegt de fünigliche Hoheit mit der Hoheitlichen Gemahlin auf der Bahre, von verbrecherischer Hand ermordet. Ich spreche nicht von den vertrauensinnigen Hoffnungen der Völler der Monarchie, welche sie in die Person des Thronfolgers jegten, und welche nun vernichtet worden sind. In diesem Augenblick erfüllt unsere Herzen der tiefste Schmerz und in unserer Verzweiflung und in unserem Bewußtsein der Größe des Verlustes sehen wir besorgnisschwanger der unsicheren Zukunft entgegen. Nur jet können wir vollwertig den beruhigenden Trost der Beziehung einschägen und für diese danken, daß unser greifer König die schwere Krankheit überwindend mit seiner Weisheit und Erfahrung in unserer niederschmetternden Trauer über seine. Böster Se. Majestät wird in ihrem beispiellosen Pflichtbewuhrsein den Weg zeigen, wie dieser entjegliche Schichsalsschlag zu ertragen sei. Se. Majestät, die so viel zu erdulden hatten, hatten ihre Seelengefaßtheit nicht verloren, als ihre Majestät die Hoffnung Ihrer Völfer, den einzigen Sohn und Anwärter des Thrones in den Staub fallen sah. Mit seinem Verhalten war er beispielzeigend, wie die unermeklichen Wunden zu ertragen waren, welche die grausame Ermordung seiner heißgeliebten, von uns abgöttlsch verehrten Lebensgefährtin, Königin Elisabeth, an unser aller Herzen, geschlagen hat. Und fest, wo auch der zur Uebernahme der Regierungspflichten berufene Anwärter des Thrones zur legten Ruhe beigeseßt wird, erflehen wir in gebetartigem Seufzer, daß Se. Majetät auch die durch Diesen entjeglichen Schicsalschhlag vrursachte tiefe Erschütterung in seelischer und körperlicher Unversehrtheit überstehe und das Wehlergehen der Völker wo lange hinaus seiner weisen Leitung anvertraut werden möge. Ich beantrage, daß wir aus dem Umlasse des tragischen Ablebens St. Jün. Hoheit des Erzherzog - Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner hohen Gemahlin Herzogin Sophie unserem tiefsten und aufrichtigsten Schmerz Ausdruck geben, das Angedenken St. Hoheiten protofollarisch verewigen, unsere tiefste Trauer zu dem Schemmel des Thrones unseres abgöttlsch geliebten Königs mit tiefer Huld ablegen und Se. Majestät von unserer unverbrühlichen Anhänglichkeit versichernd, auf ihn den reichen Segen der Gnade des Allmächtigen herabflehen. Franz Ferdinand-Gassle. Gleichzeitig beantragte der Bürgermeister, die Theatergasse nach dem Graherzog- Thronfolger Franz Ferdinand zu benennen. Mit dieser Benennung werden wir gleichzeitig dessen Andenken verewigen, daß Sehen. Hoheit als Kommandant des 9. Hußarenregimentes, während seinem Aufenthalte in Sopron diese Gasse bewohnte. Der Bürgermeister beantragte noch, den Kranz der Stadt mittelst einer Deputation, bestehend unter seiner Führung,aus den Repräsentantenkön..Rat Laehne,Hofratl Dr. v. Szilvary, Propst Dr. Dr. Zehetbauer, Dr. Sandor Schwarz und Mel-cior So35a, auf der Bahre des Thronfolgerpaares nie verlegen zu lassen. Mit allen weiteren Verfügungen aber, namentlich mit dem Arrangement von Trauerfeierlichkeiten den Magistrat zu betrauen. Obernotär Dr. Napratil unterbreitete sodann den Text der Beileidsadresse an Se. Majestät den König, welche ebenfalls, wie sämtliche Anträge des Bürgermeisters Dr. Töpfer, einstimmig, in wehmutsvoller Stille angenommen wurden. Hierauf schlug Obergespan Dr. v. Baan die der rührenden Trauer gewidmete außerordentliche Generalversammlung. 3 Tagesweuigkeiten. Sopren, 30. Juni. * Die Deputation der Stadt am Leichenbegängnisse des Thronfolgerpaares wird Freitag früh 7 Uhr 11 Minuten von hier mittelst Südbahn abgehen. Die Trauergottesdienste in sämtlichen Kirchen und Gotteshäusern finden am 4. d. Samstag statt. .* Dispositionen im Benediktinerorden. Erzabt Dr. Tibor Hajdu hat folgende Dispositionen getroffen. Adolf Kronats wurde nach Sopron, Nikolaus Tihanyi ‚aus Sopron nac Győr tranferiert. ' « * Militärisches. Laut Verordnungsblatt Sohann v. Artner und Milivoj Ritter v. Mihailic die höhere Gagengebühr bewilligt. — Das Militärdienstzeichen zweiter Klasse erhielt der Rittmeister des 9. Hußa- würde den Majorendngnf.-Neg.Nr.76. ‚renregiments Stefan Harmos de Hihalom, we ..........* Der Komitatszentralausslug hält berufs Konstituierung Donnerstag den 2. Juli vormittags 10 Uhr im großen Saale des Komitats eine Lituing. Die Mitglieder werden mit Hinweis auf die Wichtigkeit des Gegenstandes ersucht, zahlreich zu erscheinen. * Außerordentliche Generalversammlung des Komitates. Obergespan Dr. v. Bada hat die Mitglieder des Komitatsmunizipiums für Donnerstag vormittags 11 Uhr zu außerordentlicher Generalkongregation einberufen. . Die Separatausgabe der „Ved. Big.“ Sleichme in der ganzen österreichischungarischen Monarchie wirkte die Hiobapost aus Sarajevo auch auf unsere Bevölkerung tief erschütternd. Im Gasino, wo die Meldung um halb 5 Uhr einlief, verlas der Präsident Hofrat Dr.v. Szilváfy im Casinogarten Die Depesche und Hunderte Offiziere, und Zivilisten waren sprachlos über die grauenhafte Tragödie. In den Straßen hatte sich die Schwedensbotschaft rasch verbreitet, überall bildeten sich Gruppen. Die Trauerfahnen erschienen bald auf allen Häusern, nicht nur die öffentlichen, sondern unzähligenBrivatgebäude legten Trauer an. In den Cafes wurde das Musizieren polizeilich verboten. Die Ertraausgabe der „Oedenburger Zeitung“ wurde mit Nachsicht auf die tieftraurige Ursache noch in den Nachtstunden von Sonntag auf Montag fertiggestellt und erfuhr das Publikum aus der um 5 Uhr früh zur Ausgabe gelangten Nummer die näheren Details der furchtbaren Tragödie. «Die Schwefelquellen des Kurbades Balff und von unerreichter Heilwirkungsbei Rheumatignuum,Gicht und Frauenleiden; bei Nierenleiden und Lungenkatarrhen«wird das Balfer Lithion-Sauerwasser mit bestem Erfolge angewendet. Aufklärungen erteilt die Direktion des Rurbades Balf oder der Eigentümer: Erblicher römischer Graf Dr. Stefan Mosinsky. « «Ein Student imGisenhahnkupee gestorben.Der Schüler der fünften Klasse am"ev. Lyceum Joferargaaug Csänig Gomitat Vag"wurde im Mai infolge schwerer Erskrankung nach Wien ing Diakonissenheim gebracht.Auch dort erkannte man,daß der Student unrettbar verloren sei.Der Vater ersuchte den Arzt Dr.Julius Szilväfi,den Knaben nach Sopron und von hier nach seiner Heimat zu bringen. Die Wiener Aerzte lieferten den Schüler nur deshalb aus, weil der Arzt ihn begleitete.Auch Dr Szilvasi hatte dem Vater mit Hinweis auf das schwerleidende Kind von dem Transporte abgeraten.Allein der Vater bestand darauf. Esz wurde nun das Auto des Gustav Kopitein gemietet Bei der Heimkehrshaus Wien fuhr zwischen Ebreichsdorf und Weitersdorf das Auto,auf welchem man es ihnen saßen, auf einen Schotterhaufen, stürzte und brachte dem Arzt, sowie dem mitgenom menen Mediziner Alfred Engel (Sohn des Soproner Kaufmannes Lazar Engel) Ber: legungen bei. Dr. Szilonyi erlitt am Schenkel Risse, die der rasch an der Unglückkstätte erschienene Gemeindearzt von Ebreichsdorf Dr. Adolf Epstein vernähte. Der Vater des Studenten, dieser selbst und der Chauffeur Klopstein blieben wie durch ein Wunder unverlegt. Sodann wurde der Schwerfranfe mittelst Rettungswagens nach Ebenfurt gebracht, dort in ein Kupee der C Sopron - Ebenfurter Bahn einwaggoniert. Auf der Fahrt nach Sopron starb der Student. Die Leiche wurde nach Csänig überführt und am dortigen Friedhof beigejekt. Ein Luftschiff, in welchem drei Offiziere leben, hat vorgestern in Borisfalva nädjt der Kapelle glatt gelandet. Wie man uns schreibt, wurde auf Anordnung eines Hauptmannes der Ballon mittelst Wagens nach der Bahnstation Sopronnget und von dort nach Fishamend gebracht.. * Aus dem Matkizelamte. Geburten: Johann Horvath Postaushilfsdiener und Wilhelmine Kovács, Mädchen. Michael Siedler M Weingärtner und Theresia Wolfbeiß, Anabe. Christin Simon Telegrapfen aufieberpraftifant amd Elifaboth Man L "— Ä "