Oedenburger Zeitung, 1920. September (Jahrgang 52, nr. 199-223)
1920-09-21 / nr. 215
af- I .«,k--x(sfk.s.;v»«k.-« = ar | % e AN ar F ” RER Seite 2. — Nr. 215 Der polnische Frontbericht. _ (Brabhibericht der „Oedenburger Zeitung“.) . Warihan, 20. Sept. Die polnische Telegraphenagentur meldet: In weiterer Verfolgung des Feindes belegten wir unteren Lauf des Zbrutsch sowie die Ortschaften Husiatyn, Tremboiwk, Olechow, Tarnopol und Brody. Nach hartnädigen Kämpfen eroberten wir Dubno. In der Richtung auf Roiwno warfen wir die bolschewistischen Truppen aus Jewar, DER S - Bolen und Litauen. (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) Warschau, 20. Sept. Die polnische Telegraphenagentur meldet: In Calvaria fand am 17. d. M. die erste Zusammenkunft der polnischen und Iranischen Delegationen statt. Die tschechischen Kommunisten. (Strahlbericht der „Oedenburger Zeitung”.) Brag, 20. Sept. Das Sozialistenblatt „Brapu Tidu“, das von den Amtssozialisten enteignet wurde, teilt mit, daß ihm über Einschreibten der Parteileitung gerichtlich verboten wurde, den Titel „Stare Pranu Lidu“, Zentralorgan der tschechoslowakischen sozialdemokratiischen Arbeiterpartei, zu führen und daß es deshalb von morgen an unter dem Namen „Rude Pravu“ erscheinen wird. Die Redaktion bemerkt, dab alle Schwierigkeiten die Entschiedenheit aller, die hinter ihr stehen, nur wo mehr steigern werden. Immer fester, immer fühner, immer mehr rot At die Richtung, in der wir gehen. Das Alt der Milte der großen Mehrheit, der organisierten Parteigenossen. D as Hletor Mitihure. (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) Prag, 20. Sept. Die Regierung der tschechoslowakischen Republik hat dem Minister Dr. Martin Mitihura auf Grund des Geleges vom 14. Dezember 1918 mit Beschluß vom 17. September 1920 die Bolmacht erteilt, Verordnungen zu erlassen und alles zur Erhaltung der Ordnung, zur Konsolidierung der Verhältnisse und zur Sicherung des ordentlichen staatlichen Bebens in der Slowakei vorzuführen. Für den Anschlus an Deutschland. (Drahtbeirät der „Oedenburger Zeitung“.) "... Wien, 20. Sept. Die deutschnationalen Vereine Wiend veranstalteten gestern vor dem Rathause eine Kundgebung für dieBereinigung aller Deutschen mit . Deutschland. Die Deutschen MWiend verlangen von den Staatslentern Hilfe gegen die Unterdrückung der Vollgenossen und die Durchführung des Selbstbestimmungsrechtes auch für das deutsche Volk und al Folge davon den Zusammenflg aller Deutschen in ein einiges großes Deutschland. Oedenburger Zeitung 900 nöttte 7. Das unbarmherzige Schiesal teilt seine grausamen Streiche selten einzeln aus.. Die göttliche Weisheit behält die Beweggründe des Geschehens stets für ih. Die Menschen stehen erschüttert vor der Wucht der Tatsachen und finden nur in der Gottergebenheit Trost und Halt fürs Unbegreifliche, Unfaßbare. Gestern trug man den Vater zu Grabe, heute schied der Sohn von seinem arbeitsreichen Leben, um dem Vater zu folgen, von desssem Tod er mit Rüdficht auf seinen Zustand gar mit verständigt wurde, den er vielmehr bei seinem Avantenlager anwesend glaubte. „Geh alle aus dem Zimmer; ich will nich, daß Ihr mich sterben seht“ — waren die Tekten Worte des sie in I Todesqualen windenden kräsligen, Lebensfrohen Mannes. Einige Minuten später hatte er ausgerungen. Ddo Röttig wurde vor drei Wochen von einer jüdischen influenzaartigen Krankheit befallen, zu welcher dann Paratyphus, Lungen und Rippenfellentzündung trat. Das Herz war den mächtigen Fieberanfällen nicht gewachhsen und verjagte heute früh um 5 Uhr endgültig den Dienst. Den Schmerz der Angehörigen schildern zu wollen, wäre vergebliches Beginnen, trösten zu wollen, hieße die tiefe Ergriffenheit zu profanieren. Im schweigender, tiefer Ergriffenheit fühlen wir mit den am schwersten "Betroffenen, mit der Mutter, der seit Freitag verwitweten Frau Gustav Röttig, geb. Betty Göbel, und der Witwe von heute,rau Ddo K Röttig, Aida Makio. Ddo Röttig erblichte am 25. Februar 1883 das Rebenslicht. Seine erste Tugend verlebte er in Wien, wo es sie als fleißiger Schüler das Lob seiner Lehrer redht verdiente. Als Bater Röttig dann nach Dedenburg kam und eine bescheidene Bruderei übernahm, stellte er seinem 15jährigen Sohn als Lehrling zum Lebhaften, teilte ihn dann bei den Maschinen ein und sorgte auf jede Weise dafür, daß Odo im Druffereifache von der Pike auf alle Arbeiten nicht nur kennen lerne, sondern sie auf selbst bestens ausführen künne. Dabei wurde aber die geistige Fortbildung seineswegs vernachlässigt und als Odo Röttig 1913 aus Wien, wo er die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt absolvierte, nach Oedenburg zurückkam, war er ein fertiger Yachmann auf dem gesamten Gebiete der Graphif. Voll jugendlichem Schaffensdrange ging er nun an die Arbeit und nahm seinem vielbeschäftigten Vater , jemande Lat von der Schulter. Damals war aus der kleinen Druderei schon eines der größten Provinzunternehmen seiner Yıd geworden, in welchem Odo Knöttig sein ganzes Können und seine vielseitigen Fähigkeiten voll zur Geltung bringen konnte. Bald begann erst mit dem Plane eines eigenen Brudereigebäudes zu beschäftigen und bereits 1914 war der ansehnliche Bau am Deätplage unter seiner Leitung und zwar in eigener Regie fertiggestellt. Im neuen Hause wurde er Mitchef der Firma und übernahm 1915 auf noch die verantwortliche Schriftleitung des „Soproni Naple“. Dabei war er jedoch im Drufferei- und Reframefad fortwährend tätig und seiner Unermüdlichkeit verdankte das Unternehmen je manchen glänzenden Erfolg. Als der gesamte Betrieb in die Hände der Aktiengesellschaft überging, bekleidete er die Stelle eines Direktors und half dem Unternehmen auch über die schwere Zeit der Rätediktatur hinweg. Er war ein eifriger Förderer des Deutschtums in Westungarn und gab an seit 1919 eine belletritische Halbmonatsschrift „Vier- Burgenland“ heraus, an deren literarischer und technischer Vollendung er eifrig arbeitete. Durch die im Mai laufenden Schrei erfolgte, neuerliche Umwandlung der Röttig Rommwalter Druserer-W.-G. erwuchs ihm gerade in seinen Lieblingsgebieten ein noch reicheres Betätigungsfeld, welchem er sich mit gewohnten Seuereifer hingab. Den Keim zu seiner tödlichen Erkrankung dürfte sich Odo Röttig anläglich eines Jagdausfluges zugezogen haben. Als leidenschaftlicher Nimrod bewußte er die wenigen freien Stunden am liebsten zur Ausübung des Maidwerkes. Sehnsfühlig zählte er die Tage bis zum Beginne der heurigen Jagdsaison, welche für ihn nur sehr kurz sein sollte, denn schon nach der dritten Sagd erlahmte seine eifrige Tätigkeit, sein Weißeres verriet bald ein Schleichendes Uebel, das ihn rasch auf das Krantenbettt warf. Bald brachen dann die verschiedenen Krankheiten aus, deren eine schon genügt hätte, um einen gewöhnlichen Menschen zu töten. Seine ungewöhnliche Willenskraft, seine energische Lebensbejahung kämpften jedoch wader gegen die heimtüdischen Belagerer. Bergebens.Wie die Tide des Shidjals mutet es an, da Menschen, die so lebensfroh und arbeitsfreudig der Zukunft entgegenbliden, am ehesten vom Tode, den so viele vergeblich herbeisehnen, aus ihrem Staffen gerissen werden. Vor Diesem tragischen Ende stehen wir, die ihn gefannt, geliebt und hohgeschäßt haben, stehen alle, die mit seiner energischen Persönlichkeit in Berührung kamen, mit entblößtem Haupte. Möge ihm nach einem Leben der Talt und der Liebe die wohlverdiente Ruhe beschieden sein und sein mannigfaltiger Geist das Werk des Verstehens, das er hienieden begonnen, in anderen Welten vollenden. · II Trauung Gestern um halb 1 Uhr nachmittags fand in der Domkirche die Trauung Fräulein Manci Topsitas mit derrn Bürgerschulprofessor Dezlö Nemeth statt. Den Trauungsakt vollzog der Titularbischof Dr. jet Ioth, als Trauzeugen fungierten Advokat Dr. Johann Friwaldäfy und Johann Szaatslmeier. Todesfall. Wirtschaftsbürger Georg Scharfy ist heute im Alter von 77 Jahren gestorben. (*) Odo Röttig T. Heute 5 Uhr früh verschied nach einem zweiwöchentlichen heftigen schmerzvollem Leiden der tellvertretende Direktor der N Röttig-Romwalter Druderei-N.G. Odo Röttig im 38. Lebensjahre. Seiner Mutter, geb. Betty Göbel und seiner Gemahlin, geb. Aida Mato, die erst gestern seinen Vater, Hustav Röttig, zum Grabe geleiteten, wird aus dem weitesten Kreisen die innigste Teilnahme entgegen gebracht. Die irdische Hülle des Verstorbenen wird am Mittwoch, den 22. M., um 4 Uhr nachmittags, von der Varenaktionshalle des katholischen Friedhofes zur ewigen Ruhe beigeseßt. Der Oedenburger Ortsausiguß Des „RANSZ“ verständigt die Mitglieder der Präsidialkommillion und des AuslHusses, daß die MWochensigungen von nun ab im Gerichtsgebäude, im Beratungssaal für Ziviljahem (erster Stod, Tür Nr. 55) zur gewohnten Zeit abgehalten werden. Der Oedenburger ungarische „Ferfidalkör“ veranstaltet am Dienstag den 21.8. M., um 4 Uhr nachmittags im Bofale des evangelischen Jüglingsvereines (St. Georgengasse 14, I. Stod) eine Situng der Hauptarrangierungsmomitees, in welcher das endgültige Programm des Sangedfestes am 26. d. M. gesprochen wird und auch die Einzelheiten desselben festgelegt werden. Die Hiesige Ortsgruppe des Landes- MWirtschaftsvereines Der Eisenbahner veranstaltet am 2. Oktober, 8 Uhr abends, im Kasinosaale eine Tanzunterhaltung zu wohltätigen Zwecken. Stipendien für die Kinder der Gefallenen und Invaliden werden auch für das Schuljahr 1920 ausgeteilt. Die Mädchen- und Knabenschüler der ungariischen Mittel- und Hochschulen erhalten die Stipendien nur dann, wenn sie nach Ungarn zuständig und fleißig sind, tadelloses sittiches Betragen zeigen und das 24. Sahı noch nicht erreicht haben. Nähere Aufklärungen erteilt allen Interessenten bereitwilligst das Dedenburder städtische Kriegsfürsorgeamt, Rathaus, zweiter Stad, Tür Nr. 28. ° Ab Dienstag, den 24. September, gelangt im Elektro-Biottop aus der allseits beliebten „Gaumont“ Produktion der Sensations-Serienschlager „Bartrabas“, vier Episoden, 25 Akte, zur Vorführung Karten im Barverlauf ab 10 Uhr vormittags. Nachdruch verboten‘ „Bergib!“ "D Originalroman von St. Bourihs-Mahler. (67. Fortlegung.) Der Chauffeur war ein verwegener Mensch, der etwas riskierte. Wie im Sluge schoß der Wagen auf der langen, glatten Straße dahin. Tebt kam eine Biegung Des Weges. Die Schnelligkeit hätte unbedingt vermindert werden müssen.Aber den Chauffeur hatte der Ehrgeiz gepackt. Er wollte die scharfe Kurve in voller Geschwindigkeit nehmen. Ein jäher Ruf am Steuer sollte . Den Wagen herumbringen — aber das Steuer, verjagte plöglich. Haltaufbäumend fuhr das Auto mit furchtbarem Krach gegen den eisernen Fuß einer elektrischen Bogenlampe — überschlug ihn und stürzte Frahend zustammen. Ehe in die Insassen der Gefahr bewußt wurden, war das Unglück geshehen. Einige Fußgänger eilten herbei, gleich darauf hielten auch mehrere Wagen an der Unfallstelle. Ein furchtbarer Anblick bot fi den hilfsbereiten , unter mmern lagen die beiden a und hiscüihankinint Dam Dort rief die Unglückkbotschaft eine furchtbare Aufregung hervor. Man war zunächst fallungslos. Die Damen bekamen Weintrümpfe, Hildes Bater un Chauffeur war in hohem Bogen auf einen N Rasenplat geschleudert worden. Er stöhnte und gab noch Lebenszeichen von ihh. Auch die junge Frau schien no am Leben zu sein, aber die alte Kunte lag stark und bleib — sie war ot. — — ’ Schulleute eilten herbei. Zufällig befand si ein junger Arzt unter den Sahıgästen einer vorüberfahrenden Elettrisken. Er eilte herbei und bot seine Hilfe an. Da Frau von Landwik tot war, stellte er sofort Fett. Traute und der Chauffeur wurden so schnell als möglich in das nächste Hospital transportiert. An Traute mußte sofort eine schwere Operation vorgenommen werden. Die Werzte bezweifelten jedoch, daß sie mit dem Leben davonfommen würde. Der Chauffeur hatte einen Doppelten Beinbruch und verschiedene Steifhohwunden erlitten. Er war so imstande, den Namen und die Adresse seiner Herrschaft anzugeben. Ein Polizeibeamter übernahm es, Herrn von Herder den Unglücksfall persönlic zu melden, konnte nur mit zitternden Händen eine ihrer, Freundin, vor dem frähliche Ra Tamaname magr ee Adrefien depefchiert werden Dann fuhr er in das Hospital, um ih Gewißheit über ITrautes Befinden zu verschaffen. Aber er durfte weder Zraute, noch seinen Chauffeur sehen, — nur an Frau von Lankwiz Leiche wurde er geführt. ‚Schweren Herzens und furchtbar erschästert fuhr Herrn von Herderau in die Wohnung des Herrn von Grasenapp um Lene schonend vorzubereiten. * Auf Hohenstein und in Lankwiz schlugen die Telegramme von dem Uns glüd wie eine Bombe ein. Hans-Georg, Herr von Lankwit und Leo machten ihrofort auf die Fahrt nach Berlin. In Berlin wurden sie von Herrn von Herder und Hilde empfangen. Das junge Mädchen warf sich weinend an Leos Brust und berichtete ihm fassungslos, was sie über das Unalük wußte. Herr von Herder gab indessen Herrn von Lantwig und Hans-Georg Bericht. Dann bestiegen sie alle zusammen ein gemietetes Auto. Hilde schmiegte sie leiferdauernd an Leos Seite, sie mußte immerzu daran denken, daß sie nur dur die überraschende Ankunft eifte. Sie begaben sie sofort in das Hospital. Herr von Herder hatte dafür gesorgt, daß man sie dort verlieh. Lena befand sich bereits bei ihrer Schwester; ihr Gatte hatte es durchgejebt, daß man sie zu ihr ließ. Auf der Fahrt berichtete Herr von Herder alle Einzelheiten, die ihm bekannt waren. Frau von Lankwit war bereits aufgebahrt worden. Trautes Ableben war jeden Augenblick zu befürchten. Die Herzte hatten die Hoffnung, sie am Leben erhalten zu können, aufgegeben. Und sie hatten Herrn von Herder nicht verhehlt, daß man der jungen Frau lieber den Tod wünschen müsse, als ein langes, qualvolles Siechtum, das ihr sicher bevorstehe, wenn sie am Leben bliebe, da das Rüdenmart verlebt war. So vorbereitet, betraten die Herren das Hospital. Nachdem sie einige Worte mit dem Chefarzt gesprochen hatten, wurden sie zu Iraute geführt. Ein erschütternder Anblick bot ei ihnen dar. Traute lag mit wächsernem Antlik auf ihrem Lager. Mit den geschlossenen Augen gliffie einer Toten. Das schöne Blondhaar Hatte geopfert werden müssten « " IVYTMYUIOMWHH- — _