Pannonia, 1892 (nr. 1-103)
1892-10-09 / nr. 80
Erscheint jeden „Donnerstag u. Sonntag Inserate werden bei Der “Administration des * Blattes und bei allen Annoncen - Expeditionen des In- und Auslandes jederzeit entgegengenommen. Nr. 80. Zeitschrift für locale, soziale und industrielle Interessen Oberungarns. Kaschau, Sonntag, den 9. October Pränumerationspreise. Für Kaschau: Ganzjährig fl. 5.— Halbjährig“ ,, 2.50 Vierteljährig,, 1.25 Mit Postversendung : Ganzjährig fl. 6— Halbjährig ,, 3— Vierteljährig ,, 150 1892. Vorzeitige, unsolide Etablirungen. Die vielen vorzeitigen Etablirungen im Kaufmannsstande werden in der Hauptsache vielfac mit hervorgerufen durch den Mißstand zunehmender Stellenlosigkeit unter den jungen Kaufleuten. Diese treibt gar manchen jungen Kaufmann zu vorzeitiger Etablirung und da er alsdann für gewöhnlich, mit ungenügenden Mitteln ausgestattet ist, so drängt es ihn im weiteren Verfolg gar oftmals zu jenen sinnlosen Geschäfts-Operationen, die das Geschäftsinteresse des soliden Handelsmannesn viel empfindlicherem pecuniärem Maße schädigen, als die vermeintlichen Opfer, die dem Geschäftsmanne im Allgemeinen daraus erwachsen könnten, daß er sich eine bessere Ausbildung der ihm anvertrauten Lehrlinge angelegen sein ließe, und verzöge, statt der oftmals vielen billigen Lehrlinge sich eine etwas besser bezahlte Arbeitskraft in brauchbaren Commis anzunehmen. Namentlich muß aber bei dieser Gelegenheit besonder darauf hingewiesen werden, daß mit der Etablirung neuer Geschäfte in fast allen Branchen im letzten Jahrzehnte in einer Weise vorgegangen wurde, die keineswegs annähernd im richtigen Verhältnisse zur Nachfrage und zum Bedürfnisse des consumirenden Publicums, sei es in welchen Artikeln immer, steht. Die gleichzeitig sich überall breitmachende unsolide Concurrenz trägt noch ein Uebriges dazu bei, die Erwerbsverhältnisse für die Detailgeschäfte, wie nicht minder für das Kleingewerbe, zu den dankbar schwierigsten zu gestalten. Ist auch der Concurrenzkampf schon an und für sich in der Gegenwart bei der Ueberfülle an allen kaufmännischen und gewerblichen Unternehmungen nicht gerade leicht, so liegt doch immerhin in dem ehrlichen Wettstreite die kleinere Gefahr für die Prosperität eines Geschäftes ; die bei weitem größere entsprießt den vielfachen, von vornherein auf ungesunder Grundlage basisrten Etablirungen, die dem ehrlichen, wirklich strebsamen Geschäftsmanne das größte Hemmnis besteiten. An geradezu massenhaften Gründungen, Detailgeschäften aller Art ist unsere Zeit nicht arm, vielmehr überreichlich gesegnet , aber wie viele dieser Etablirungen sind nicht von vornherein schwindelhafte oder unlebensfähige Unternehmungen. Bleibt es doch undenkbar, daß solce Geschäfte, falls sie richtig angelegt und geleitet wurden, so oftmals bereits nach Verlauf weniger Monate, mit nicht im Verhältnisse zu dem kurzen Zeitraume ihres Bestehens sich , ergebenden bedeutenden Passiven gegenüber geringfügigen Activen, ihren Concurs ausmelden oder auch so ganz ohne weiters, ein Chaos hinterlassend, von wieder verschwinden können, der Bildfläche nachdem, wie es dann regelmäßig ergibt, der größte Theil des Waarenlagers zu Schleuderpreisen realisirt worden ist. So frühzeitig, wie auch für gewöhnlich, dieser unausbleibliche Krach eintritt, so verläßt das Unternehmen doch selten den Kampfplatz, ohne der ehrlichen Concurrenz die empfindlichsten Schäden zugefügt zu haben. Hier sollte in der That der Staat durch eine strengere Gesettgebung eingreifen, um zu verhüten, das dem redlichen vorwärtsstrebenden Geschäftsmanne ein oftmals völlig unverschuldeter Untergang bereitet wird. Auf welche Art und Weise sie aber derartige Geschäftsleute oftmals die Mittel oder den Credit für ihre Etablirung zu beschaffen wissen, ist geradezu staunenswerth. Es gibt da z. B. Leute, die in Aftermiethe ziehen, Ladeneinrichtungen miethen, um immer auf dem Sprunge zu sein. Durch großsprecherische Reden suchen sie einen künstlichen Credit. Durch das Versprechen großer Aufträge die ordentlich niedrigsten Fabrikpreise zu erlangen, sind sie erreicht, so wird dann noch ein großer, sonst gür nicht üblicher Rabatt, der erst nach Ertheilung der Factura durch die ärgste Chicane erpreßt wird, zugestanden. Nach einer freundlichen Mahnung des Fabrikanten, wo die versprochene Waffe bleibt, erhält er womöglich erst ein Accept auf 90 Tage, die bereits verflossene Zeit natürlich ausgeschlossen. Jetzt wird mit allen erdenklichen Reclame-Mitteln unter Hochdruck gearbeitet, er ist ja im Stande, billiger als seine Concurrenten abzugeben, auf Grund cicanöser Manöver und falscher Vorspiegelungen. Dann geht es oftmals noch einen Schritt weiter, das Geschäft gewinnt den Anschein, gut zu gehen, jett wird der Verkauf des ganzen Geschäftes annoncirt. Ein Liebhaber stellt sich, daß das Geschäft geht; die Waaren sind erstaunlich billig, die Factoren zeigen es ja, troß des darauf wohlweislich nicht gekürzten Rabattes. Zumeist gehen die Leute in die Falle und merken erst bei Nachbestellungen regulärer Waaren, daß sie höhere Preise zu bezahlen haben, sowie, Doch zu spät, das Wegbleiben des Durc die Schundwaare angeführten Publicums. Einen großen Theil der Schuld an dem Uebelstande. Der“ vorzeitigen und unsoliden Etablirungen tragen aber jedenfalls auch die Creditgeber selbst, sowohl Fabrikanten, wie Grossisten, und zwar durch zu weitgehende Bereitwilligkeit im Creditgeben und Durý zu weitgehende Nachsicht beim Nichteinhalten verabredeter Zahlungsbedingungen. E38 ist wirklich stauenswerth, wenn man hört, wie einzelnen Leuten, die durch wiederholten Concur38 bewiesen haben, daß sie unfähig sind, ein Geschäft zu immer und immer wieder von Neuem leiten, geholfen wird. Ebensowenig ist es zu begreifen, in welch" unverantworlicher leichter Weise von den Fabrikanten oftmals Credit gegeben wird, nur um der scharfen Concurrenz Nichts zu begegnen, führt den geschäftlichen Ruin eher und leichter herbei, als die Verbindung, mit unsoliden oder von vornherein insolventen Geschäftshäusern. Aber hiermit allein ist die Sache überhaupt noch nicht abgethan. Die Möglichkeit, sich leicht Credit zu verschaffen, veranlaßt nur allzuviel mittellose junge Kaufleute, namentlich, bei längerer Stellenlosigkeit, zu vorzeitigen Etablirungen , tritt dann später der unausbleibliche Radschlag ein, verkaufen sie zu Schleuderpreisen, dadurch nicht nur den anvertrauten Credit der Lieferanten gefährdend, sondern in ebenso hohem Grade die soliden Concurrenten schädigend. .. Die, .indem sie nicht auf gleicher Bahn zu folgen vermögen, durch die sich schnell bemerkbar machende Stagnation im Waarenumsatz den ärgsten Schaden erleiden, der nur zu leicht zu unverschuldetem Geschäft3rumn LUNE führen“ AJ 0 IE D9 ár DRS In offizielsen Kreisen in Budapest bildet Die Krise in der Regierung die brennende Frage.. Darnach soll der demnächst zu erfolgende Aü>tritt Szapäry's mit der Frage der Civilehe in Verbindung stehen. Die Mehrheit der Minister ist für die Einführung der Zivilehe, während Graf Szapäry obligatorischen dagegen ist und nur für die auch in Oesterreich bestehende sogenannte Nothzivilehe eintreten würde. Nachdem diese Differenzen im Ministerrathe nicht geebnet wurden, soll Szapáry seine Demission bereits angekündigt und Graf Albert Apponyi zu seinem Nachfolger vorgeschlagen haben. Ein zweiter Szilágyi's und Fall hat wieder eine Anbtretung Csaky's mit Wekerle in der Wegtaufungsfrage zum Gegenstande und erklärte C3aky sowohl Szilägyi ebenfalls zurücktreten zu wollen. Szilägyi reist Sonntag nach Bleddile zum Monarchen, woselbst die Angelegenheiten entschieden werden. Die Cholera. Cs erfüllt uns mit aufrichtiger Genugethuung, nunmehr berichten zu können, daß der Magistrat ernstlich daran geht, Schulmaßregeln gegen die Cholera zu treffen , daß man nicht mehr nur beschließt, sondern nunmehr auch Der die That walten läßt, gute Wille, die Brhätigung dieses guten Willens wird gewiß viel zur Beruhigung der Bevölkerung beitragen und hoffentlich wird in Folge all dessen, nicht nur unsere Stadt von der Epidemie verschont bleiben, sondern auch nicht derart an den Pranger gestellt werde, wie unsere Landeshaupt und Residenzstadt Budapest, wo nur die erbärmlichste Lotterwirthschaft das Auftreten der Cholera verschuldet hat. ;