Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1855 (Jahrgang 2, nr. 103-127)

1855-05-05 / nr. 107

A­bsendblatt des pester-xlyd.· «Samstag,5.gsij1ai. Nro.10s7. CI West-1855. sc- - Telegraphische Depeschender,,Oesterr.Korresponden­z««. Ode«sfa,29.April.Krimmer Nachrichten reichen bis zum 26.April und sind ziemlich unwesentlich.Minenkrieg,Ausfälle,Scharmützel ohne Bedeutung bilden ihren Inhalt.Diejenige Saison,in welcher selbst die Eingeborheit alljährlich an Fiebern lei­­den,hat soeben begonnen­. Turin,3.Mai.Durando verkündete heute dem Senate,der Köttig habe,bei der Unmöglichkeit sich mit dem Episkopate zu verständigen,das aus­getretene Ministeriu­m wieder einberufeie Diskussion über das Klostergesetz wird Sonnabend wieder aufgenommen.­­­­Pest,5.Mai.Die Erim berichten über ein Ultimatum,das Oesterreich bereits an Rußland gestellt habe, und nach dessen Zurücweisung Oester­­reich allsogleich den Feldzug gegen dasselbe beginnen würde; die Anderen wollen von einem österreichischen Vermittlungsporschlage willen, dahin lautend : „Die tuffische Pontusflotte Toll auf der Höfe, wie vor Beginn des Krieges (biet­­ben), nicht höher, bis (9) dieser Stand erreicht ist, sollen die Westmächte halb so viel Kriegsschiffe im Pontus halten, wie Rußland.” Diesen Onsdht’S haben wir die Erklärung Lord Glarendon’s in der gestrigen Parlamentslisung gegenüber zu stellen, nach welcher „die Konferenzen blos suspendirt seien, und Oesterreich Hoffnungspoll erst vor Kurzem neue russische Vorschläge unterbreitet habe, die eben erwogen werden.­­ Wahrscheinlich fürchtete Rußland, die abgeschlossene Militärkonvention könnte ihm herbe Wunden fchlagen ; wahrscheinlich fürchtete er, das österreichische Ulti­­matum könnte nächstens ausgefertigt werden, und um Beiden vorzubeugen, machte eg neue V­orschläge Man täusche sich jedoch nicht­­her die Forderungen . Desterreichte, als könnte dieses Vorschlagen sein Ohr Teihen, welche die Westmächte zurückweisen. Eine Korrespondenz: „Von der Donau, 29. April" im „Hamb­ rei ist geeignet, jeden Zweifel hierüber zu beseitigen. Der S Korrespondent schreibt: „Man kan ale gewiß annehmen, daß Oesterreich mindestens ebenso fest wie die Westmächte darauf bestehen wird und sich in den Konferenzen den russischen Bevoll­­mächtigten gegenüber deutlich dahin ausgesprochen hat, daß nur eine „traftatenmäßige Beschränkung der russischen Flotte im schwarzen Meere oder eine analoge Gegenmaßregel der Pforte und ihrer Verbündeten allen und jeden ferneren Webergriffen abhelfen könne, da eine bedeutende, in den Häfen der Krimm bereit liegende, resp. im Pontus konzentrirte, ruffitische Slotte eine fortwährende Bedrohung der Integrität, Selbständigkeit und Entwickklung des ottomanischen Reic­es, so wie mittelbar­ des europäischen Gleichgewichts und Dded allgemeinen Friedens wäre.“ Da nun der zweite Theil der Alternative, d. t. die permanente Gegenaufstel­­lung einer alliirten Slotte im Schwarzen Meere, Rußland selbst am allerunbequemsten wäre, andererseits aber auch von dem Alliirten, zu dessen Schule man sich verbindet hat, vielleicht anders ausgelegt werden künnte, als man wünigt und als im der Absicht der hohen Mächte siegt, so Hofft man, daß Rußland, um jeden Verdacht nicht zu recht­­fertigender Eroberungsgelüste von sich abzumälzen und um seinerseits den Wunsch nach einem Frieden zu bethätigen, dessen Abschluß ihm seine Machtverringerung, sondern nur eine Verminderung seiner fortwährend am einem — für ganz Europa gefährlichen — Punkte konzentrirter Streitkräfte auferlegt, so hofft man (wiederholen wir), daß Rußland den ersten Theil jener Alternative, nämlich eine Beschränkung seiner Flotte im schwar­­zen Meere, annehme. « Es kann umso eher darauf geopfert,als es seine Seemacht in jenen Gewässern ohnehin selbst zum­ größten Theile deopfert hat,um seine Besitzung zu Landech sichern, und nur sein Friedensschluß,bei welchem jede Partei zum Besten der allgemeinen Wohl­­fahrt etwas von seinen Ansprüchen ausgibt,kann Rußland einen billigen und gemessenen Antheil an einer genügenden Position im schwarzen Meere zurückgeben Daß dieses die Ansichten oder,besser gesagt,die Grundprinzipien der Westmächte,sowie Oesterreich’s im Interesse jedes Einzelnen und aller sind,glauben wir verbürgen zu können­.«« Soweit unsere heutigen,allerdings spärlichen Berichte aus Wien eine Bermuthung gestatten, it noch alle Hoffnung nicht geschwunden, Dag die neuen russischen Vorschläge, in der zwölften Stunde gestellt, die Gefahr noch beseitiger könnten. In der nächsten Woche schon soll eine­ Konferenzfitung statt­­finden; wahrscheinlich werden bis dahin die betreffenden Instruktionen von Seite der Westmächte angelangt sein. Aus London bringen wir die interessanten Auseinandersegungen von Ruffel und Palmerston über den Verlauf der Wiener Konferenzen. Die „Times“ erklären, daß Fürst Czartoriski zur Errichtung einer polnischen Legion autorisirt worden sei. In der Unterhausfisung vom 30. April. Mr. Disraeli: Sir, da der edle Lord der Staatssekretär der Kolonien wieder einmal im Hause ist, so erlaube ich mir die Frage, ob und wann er irgend welche Aftenfuüche in Bezug auf seine neuliche Sendung vorlegen oder dem Haufe einen Bericht­ abstatten will. Und ob es seine Absicht is, dem Hause auf irgend einem andern Wege Auskunft zu verschaffen ü­ber das, was si in den lesten zwei Monaten in Wien begeben hat? (Hört, hört!) Er sollte mich freuen zu erfahren, was die Regierung in dieser Hinsicht beabsichtigt. Lord Pal­merston: Ehe mein edler Freund antwortet, wünsche ich eine Erwiederung zu bezichtigen, Die ich neulich dem ehrenunwerthen Mitglied von M­anchester gab, auf die Frage, ob die rufstischen Bevollmächtigten nach Verwerfung der Vorschläge Englands und Frankreichs der Konferenz etwaige Gegenvorschläge machten. Ich antwortete damals auf Grund einer telegraphischen Bots­chaft, und solche Botschaften sind in der Regel etwas kurz gefaßt (Sachen); aber aus spätern Depeichen geht hervor, das die zuffischen Bevollmägtigten in der That Gegenvorschläge mache­ten; Biereichen dienen aber den Bevollmächtigten Englands, Frankreichs , Oesterreich und der . Aus Paris erfahren wir doch den „Moniteur,­ daß die Gesandten Oesterreichs und Preußens am Donnerstag, eigenhändige Briefe ihrer Souveraine aus Anlaß des Attentats überreicht haben. Der Urheber des Attentats soll Mon­­tags gerichtet werden. Aus Petersburg bringen wir das Testament von Kaiser Nikolaus. In Berlin wurde vorgestern die Kammerfigung geschlossen. Die Lords Nuffell und Palmerston über die Wiener Konferenzen. Zi­rker nicht geeignet einen befriedigenden Ausgleich anzubahnen. Lord 3. Nuffell erhebe sie darauf (unter ziemlich lebhaftem Beifallruf) und sagt: Auf die von dem ehrenmerthen Gent­leman an mich gerichteten Fragen muß ich vor Allem bemerken, daß ich nicht glaube, es stehe mir zu, zu entscheiden, was für Papiere auf den Tisch des Hauses gelegt werden sollen. Ich darf jedoch­ sagen, ich glaube Ihrer Majestät Regierung beabsichtigt in ehr kurzer Zeit die Protokolle über die Konferenzen vorzulegen, welche in Wien gehalten worden sind. Die Protokolle werden dem Hause über den Inhalt der gepflogenen Unterhand­­lungen Belehrung geben. Vieleicht kann ich einige Worte mehr sagen, ohne in das Detail der Unterhandlungen selbst eingehen zu wollen. Der erste Zusammentritt der Konferenz fand am­ 15. März statt. Die Unterhandlungen über die ersten zwei der vier Punkte, welche dem Hause bekannt sind, dauerten bis zum 26. März. An diesem Tage kam der dritte Punkt zur Er­wägung. Die Bevollmächtigten Oesterreichs regten die Idee an, daß die wafftischen Bevollmäch­­tigten selbt einen Vorschlag machen sollten, der geeignet wäre, den E­rfordernissen des Falles zu genügen. Darauf erwiederten die rınfischen Bevollmächtigten, sie hätten seine Weisung dazu, und baten um Zeit sich an ihre Regierung zu wenden. In Folge davon vertagte sich die Kon­­ferenz, und bi zum Eintreffen der Antwort aus Petersburg fand sein Meeting zur­­ Verhand­­lung von Gescaäften statt. Am 17. April wurde wieder eine Konferenz gehalten, in welcher die russischen Bevoll­­mächtigten anzeigten, daß sie von ihrer Negierung die Werfung erhalten hätten, seine Initiative zu ergreifen, daß sie aber bereit wären, jeden der Konferenz unterbreiteten Vorschlag zu hören und zu erörtern... Die Vertreter der alliierten Mächte erbaten sich darauf 48 Stunden Zeit, um die Sorm, die je ihrem Vorschlag geben wollten, zu überlegen, und am 19. April legten die Vertreter Frankreichs und Großbritanniens, unterstüst von den Bevollmäűdtigten Oesterreichs, ihren Vorschlag der Konferenz vor. Nun verlangten die russischen Bevollmächtigten ihrerseits 48 Stunden Zeit zur Vorbereitung ihrer Antwort auf den Borschlag. Demgemäß gaben sie ihre Antwort am 21. und verwarfen vollstä­ndig die von der Konferenz gemachten Vorschläge. Sie erklärten indessen, sie hätten andere Borsdlage von Seiten ihrer Regierung zu bieten, welche ihrer Meinung nach der Forderung entsprechen würden, daß die Türkei in innigem­ Verband mit der Politit des europäischen Gleichgewichts gebracht, und daß der russischen Hebermacht im schwarzen Meere eine geriisse Beschränkung auferlegt werde. Die Bevollmächtigten Oesterreichs, Srankreichs und Großbritanniens fanden diese Vorfehlige Rußlands ganz unannehmbar, und sie weigerten sich, Dieselben einer Detailerörterung zu unterziehen. Der Bevollmächtigte Oester­­reichs sagte darauf, troß der Verwerfung dieser Vorschläge vertraue er, daß alle Mittel zur Ausführung der Kriegführenden dur den Frieden noch nicht erschöpft seien. Hierauf entgeg­­neten die Bevollmächtigten Frankreichs und Großbritanniens, ihre Weisungen seien erschöpft, und sie hätten seine Ermächtigung, etwaige fernere Vorschläge in Erwägung zu ziehen. Ich erachtete es dann fü­r meine Pflicht und fir die beste Art, mich meines Auftrags zu entledigen, mich heimzubegeben und meiner Regierung den ganzen Stand der Dinge hinsichtlich der Unter­­handlungen in Wien und der Art ihrer Gmstellung vorzulegen. ‘Der französische Meinister des Auswärtigen, welcher sich um Berhaltungsbefehle an den Kaiser gewandt hatte, faßte zwei oder drei Tage später einen Ähnlichen Entschluß. Ich glaube, man sah seiner Ankunft in Paris gestern Abends entgegen, und zweifle nicht, daß er seiner Regierung seinen Bericht über die Unterhandlungen abstatten wird. (Hört !) Mr. Disraeli fragt, ob die Regierung, ehe sie die Protokolle vorlegt, nicht gemisse Präliminar-Aktenstücke, z. B. Depefchen unseres Gesandten oder Bevollmächtigten in Wien mit­theilen will, damit man endlich, woran es bis fett fehlt, eine urkundliche und amtliche Bes­­chreibung defsen vor sich habe, was die vier Punkte enthalten, und damit man verstehe, auf welche Daten und Grundlagen hin die Konferenzen begonnen und warum sie beendigt wur­den. Lord Palmerston denkt, die Protokolle selbst würden den Inhalt der vier Punkte deut­­lich genug machen; wo nicht, stünde der Vorlegung irgend eines erklärenden Schriftstiches nichts entgegen. Aftenstücke, die zu den langwierigen, der Konferenz vorhergegangenen Unterhandlun­­gen gehören, eigneten Ich­haun zur Vorlage, aber dafür werde­ er sorgen, Daß das Haus über die vier Punkte vollständige Belehrung erhalte Mr. Disraeli: Vielleicht war meine Frage nicht deutlich genug. Ich habe seinen Zweifel, daß wir der Inhalt der vier P­unkte Bar ver­­stehen werden, wenn mir die Protokolle Haben (Lachen); aber die Regierung hat die Vorlegung in vager Weise versprochen und nicht gesagt wann sie Dieselben vorlegen wird; deshalb wünschte ich vorher einige authentische Belehrung über die viel besprochenen vier Punkte. Ich möchte die Regierung nicht um Privatdeperchen drangen. Wenn sie nur jene einzelne Deperche vorlegte, in welcher der Anhalt der vier Punkte Ihrer Menjestät Regierung mitgetheilt wurde. Das könnte nicht schaden. Lord Palmerston: Was si immer vorlegen läßt, soll sobald als möglich auf den Tisch kommen, und dies wird nicht so lange dauern, als der sehr ehrenmwerthe Gentleman denkt (Lachen). Mr. Disraeli: Jch mwinsche nichts als vollständige Belehrung. Wird der edle Lord außer den Protokollen auch die Korrespondenz zwischen unfern Bevollmächtigten in Wien und Ihrer Majestät Regierung in Bezug auf den Vertrag vom 2. Dezember mittheilen? Das is’ was das Haus wünscht. Lord Palmerster kann nicht sagen, was außer den Protokollen vorgelegt werden wird, aber die Negierung werde Die Sache üiberlegen.. Mr. 3. Duncombe hat gehört, dad Rußland Unterhandlungen mit einigen der Gentlemen angeknüpft hat, die nach der Abreise der Bevollmächtigten in Wien geblieben sind (Lachen). Was wohl daran Wahres sei? Lord Palmerston sagt, seit sein edler Freund Wien verlieh, habe Ruß­­land einen Vorschlag gemacht, aber feiner von den Vertretern der andern Mächte­ glaubte, daß derselbe zu befriedigenden Resultaten führen würde. Mr. Baß fragt, welchen Theil die Türkei an den Konferenzen genommen hat? (Lachen) Lord 3. Ruffell: Ich kann mich nicht auf Details einlaffen, aber die türkischen Bevollmächtigten waren derselben Ansicht wie Die Be­vollmächtigten Großbritanniens, Frankreichs und Oesterreiche. (Hört, hört! und Gelächter.) Das Testament des Kaisers Nikolaus. Petersburg, 25. April. (Nat. 3.) Eine so eben mit kaiserlicher Erlaubniß hier erschienene Broschüre: „die lechten Stunden des Kaisers Nikolaus I." enthält unter andern bemerkenswerthen Beiträgen zur Biographie des Verstorbenen auch Aus­züge aus einem autographischen Testament, welches der Kaiser Nikolaus im 3. 1844 entworfen, und mit der Bemerkung versehen hat, „gelänge es ihm nicht, eine Neinschrift anzufertigen, so wü­nsche er, dieser Entwurf möge als maß­­gebend betrachtet werden". Er hat denselben nicht als „feßten Willen“ bezeichnet, um seinem Nachfolger seine beengenden Schranken zu seßen, sondern nur als „seine legten Winsche“, um deren Erfüllung er „bittet. Der Autor der Brofchü­re nimmt hiervon Anlaß zur Widerlegung der Gerüchte von der Existenz eines politischen Testamentes Peters I., indem er darauf hinweist, haß auch Die Testamenth­­afte des Kaisers Nikolaus I. seine politische Bestimm­ung enthalte. Der $. 1. des Testaments ist Derjenigen gewidmet, die in seinem Herzen „nächst dem Pflichtgefühle des Monarchen Rußlands“ die erste Stelle einnahm. Der Aufzählung des un­­beweglichen Eigenthums der Kaiserin Alexandra Feodoromena fü­gte der Kater die Worte hinzu: Sedo wünsche ich, daß meiner Gemahlin die Bewegung ihrer Gemächer im Winterpalast, auf der Insel Selagin, im neuen Palast und in Tjarskoe- Selo überlassen bleibe. Außerdem, ob­ gleich nach dem Erbfolgrechte das Schloß Nikolajewski (Anitschkow) dem Ältesten meiner Söhne zufasst, so fasfe ich die lebenslängliche Benahung desselben meiner Frau, wenn ihr dies belieben sollte. Als Vermächtniß Hinterlasfe i­, meinen Kindern und Enfeln, daß sie­ ihre Mutter lieben und ehren und fir ihre Gemüthsruhe Sorge tragen, ihren Wünschen zuvorkommen und ihr im Alter durch liebevolle Pflege Freude zu bereiten sich bestreben. Niemals sollen sie etwas Wichtiges in ihrem Leben unternehmen, ohne vorher ihren mütterlichen Nath und Segen ein­geholt zu haben.*.$, 2, 3, 4 und 6 handelt ü­ber Vermächtnisse von Immobilien. Der­­ Kaiser (so wird der damalige Thronfolger, Alexander in der Urkunde überall genannt) erhält Die Waffensam­mlung in Tjarskoe , Selo, Großfürst Konstantin die Marinenmodelle, Teleskope, das Medaillenkabinet und die Handbibliothek in Palast Antischlom §. 5, 7 und 8 bestimmen die Vertheilung des von der Kaiserin Marie Feodorowna Hinterlassenen Kapitald unter die Kin­­der des Kaisers, mit Ausnahme des Großfürsten Thronfolgers, HS. 9, 10 und 11 handeln von Schenkungen in Kapitalien, von deren Prozenten Arme Pensionen erhielten. „Ich bitte, fehrteb_ Darüber Der Verstorbene, Diese Pensionen auf die Staatsfaffe, das Kabinet, oder wie cé

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