Pester Lloyd - Abendblatt, Dezember 1855 (Jahrgang 2, nr. 279-301)

1855-12-04 / nr. 281

Abendblattdcspesichoyd. Wienflag,4.9ezemhe«t. Nro. 281. N nrÉZET Def, 1855. N Telegrapbifche Depefchen der „Defterr. Eorrefp.“ maris , 2. Dezember. Der „Moniteur" bringt zahlreiche Verleihungen Des Ehrenlegionsordens an Offiziere der Marine-Passage: 3%Yütige Rente 66,20 — 66,10 — 66,15 Geschäft unbelebt, Schluß fest. Genua, 30. November. Der Herr Graf von Chambord sucht sie ven. ÜBernehmen nach einen Pallast in Jervi, dem Aufenthaltsorte der Königin Amalie zur Miethe zu erhalten, Nizza, 30. November. Jeman Vardja , Sohn des Brzefünigs von Egyp­­ten, ist hier eingetroffen. x Meft, 4. Dezember. MS unmittelbares Resultat der Sendung des Generald Canrobert bezeichnet der Pariser Korrespondent der , A. Allg. 3." — der Verfasser der Pseudo-Wiener-Briefe im „‚Constitutionnel” — die Niederwinterung einer gewissen Anzahl von französischen und britischen Kriegsschiffen in den Häfen von Schweden und Dänemark, so wie die förmz­lich zugesügte aktive Kooperation der schwedischen Marine, für gemisse Eventualitäten bei der Wiederkehr der Schönen Jahreszeit. „Es it also — fügt er hinzu — noch nicht eine unvermeilte, briefte Kriegserklärung gegen Rußland, aber wohl eine Haltung, welche mit den Grundlagen der bishe­­rigen Neutralität von Schweden und Dänemark im schroffen Widerspruche steht, und mithin eine entschiedene Aenderung in der bisherigen Politik jener beiden Staaten begründet, was außer jeden Zweifel stellt, daß die Mission des Generald Canrobert als sollsommen gelungen zu betrachten is.“ Wir bewerken dazu nur, daß eine „förmlich zugesagte aktive Kooperation, die hoch feine Kriegserklärung ist“, über unseren Horizont geht, und Dag­ed zur Ueberwinterungserlaubnig für alliirte Schiffe in flandinasischen Häfen gar seines Vertrages bedurfte. Der Herr Briefsteller brauchte nur den Schwedisch-dänischen Neutralitätsvertrag zur Hand zu nehmen, um zu wissen, daß derselbe — mit Ausnahme weniger, nament­­lich­ aufgeführter Häfen — alle übrigen Häfen bei den kriegführen­­den Parteien öffnete, und zwar aus dem einfachen im Vertrage selber ausgesprochenen Grunde, daß unwerer für Dänemark noch für Schmweren die­ Möglichkeit vorliege, einem derartigen Ansinnen Burglands oder Der West­­mächte mit Waffenge­walt entgegenzutreten. In Pariser diplomatischen Kreisen hält man sich weffen gewiß, was Lord Palmerston Alles aufbieten würde, im bevorstehen­den Parlamente den Beweis zu führen, dag der Friede unter seiner Bedingung zu schließen ist, so lang nicht Rußland fügsam geworden. Ueber die Thronrede, mit der die Berliner Kammern eröffnet wurden, liegt und jett auch eine preußische Stimme vor. Wir seien näm­lich im „Preuß. Wocenbl.”: Die von der Staatsregierung eingeschlagene Politik hat uns dem europäi­­schen Frieden um seinen Schritt näher geführt; mir befinden uns von ihm ferner als je; die Kriegsflamme greift weiter um sich) und hat doch noch nicht entfernt die Höhe erreicht, um alle Die Gegenstände, durch die sie entzündet und genährt wird, rasch verzehren und dann in sich zusammenfinden zu können. Durch die Thronrede wird die schmerzliche Thatsade Fonstatirt, daß wir unser Baterland allerdings ‚heute noch’’ eine Stätte des Friedens nennen können, daß wir aber nicht mehr mit der vorjährigen Eröffnungsrede sagen können, es sei von den Wirrungen des Krieges unberührt geblieben, sie erkennt vielmehr ausdrücklich an, daß die gegenwärtigen Theuerungsverhältnisse zum Theil in den kriegerischen Zeitläufen ihren Grund haben, und verstärkt dadurch Die Bedenken gegen eine Po­­sitir, gegen welche wir uns eben deshalb erklärten, weil sie uns geeignet fehlen, den Krieg in die Länge zu ziehen.‘’ ; In Rußland hat ein farben erschienener Uras des Kaisers die Zigeuner des Gouvernements Taurien von der Nefrutirung befreit. Aus dem russischen Lager vor Kars wird vom 8. November berichtet: Das Lager beginnt das Ansehen einer reinen Stadt anzunehmen. Die sich von allen Seiten erhebenden Erbhütten der Soldaten bilden breite, nach der Schnur gezo­­gene Waffen; die zu Spitälern und Wachposten bestimmten Baraden werden unter den brigen an ihren größeren Dimensionen und ihrer soliden Bauart erkannt; viele Offi­­ziere bewohnen nette, aus Steinen oder Holz aufgeführte, mit Nasen gedeckte Häuschen. Allerlei Arten dramatischer Vorstellungen werden improvisirt . Die Sappeurs har ben eine Oper, das Tula-Regiment gibt akrobatische Vorstellungen, die Soldaten vom Regimente Riazan führen Luft- und Trauerspiele auf; die Militärmusik endlich, die all­­abendlich spielt und die Chöre, von denen rufsische Lieblingsgesänge aufgeführt werden, haffen die Soldaten vergessen, das sie sich fern von ihrem Vaterlande befinden. Ueber die bekanntlich in Nervi bei Genua seit einigen Tagen schwer erfrankte Königin Maria Amalie, Witwe Ludwig Philipp’s, sind bessere Nachrichten eingelaufen. Es ist kein Fieber mehr vorhanden; der Zustand der Königin hat sich nicht verschlimmert, und wäre verhältnismäßig befriedigend. Die unerwartete Ankunft ihrer beiden Söhne, des Prinzen von Soinville und tr Herzogs von Aumale, wird günstig auf ihren Zustand wirken. In­folge der revolutionären Manifeste, welche die römische Polizei jüngst in der Straße Laurina aufgefunden hat, erlieh der Kriegsminister die Kirchenstaantes einen Tagesbefehl an die päpstlichen Truppen, der folgende Maßregeln anordnet: Wenn die Regierung im Fall was immer für einer Bewegung eine Konzentra­­ton der Militärkräfte für nöthig hält, so wird das Zeichen dazu vom Kastell St. Angelo­ mit zehn Kanonenschiffen gegeben werden. Auf dieses Zeichen werden sow­ohl die einheimischen, wie Die französischen Generäle Generalmarsch schlagen Yaffen, und die Truppen werden si in Ihren respektiven Quartieren versammeln. Dann werden die französischen Obersten das Kommando übernehmen, und die päpstlichen Truppen unter ihre Befehle gestellt, und den französischen Regimentern einverleibt, deren Kommando, die Le­he für dieselben, sodann der französische General, überneh­­men wird. Lauten und allgemeinen Beifall erregte in der Sigung der belgischen­­ Repräsentantenkammer am 30. November die Erklärung des Ministers des Auswärtigen, daß die Negierung von seiner Seite her, weder von nah noch, von fern, aufgefordert worden sei, aus der Neutralität herauszutreten, die das internationale und europäische Recht ihr als eine Bedingung der Unab­­hängigkeit Belgiens auferlegt habe. Von Athen her wird der „Tr. 3." die Abberufung des fran­­zösischen Admirals Jacquenet gemeldet, und zwar mit folgenden Details : Man soll in Paris sehr gegen ihn aufgebracht sein, weil er den russischen Gesandten, als er nach Piräus kam und sich auf das amerikanische Admiralsschiff begab, nicht gefangen genommen habe, denn Piräus wird nicht als neutrales Land betrachtet, da englisch-fran­­zösische Truppen denselben belegt hatten. Des amerikanische Memiralschiff hatte, als Der rufsische Gesandte sich näherte, die russische Flagge aufgehißt und mit den üblichen Schüffen begrüßt. Andere glauben, der Admiral werde abberufen, weil er die Einladung zu dem küniglichen Diner mit seinem Generalstabe angenommen hatte, während die französische Gesandtschaft in nicht freundlichen Verhältnissen zu der griechischen Regierung stehe. — Als er nun, nach der legten Ministerialveränderung, vom französischen Gesandten einen Besuch abstatten wollte, wurde ihm von dem Sekretär der Gesandtschaft die Bemerkung gemacht, der Gesandte künne nhn in der Zukunft nicht empfangen, ohne sich zu kompromitteren. Aus Wien hören wir: Die Ernennung des Hrn. Fürst Erzbischofs Othmar Ritter von­ Rauscher zum Kardinal wird in dem Konsistorium, das noch im Dezember stattfindet, erfolgen. Man nennt den E. f. Ministerialrath Herrn 9. Brentang als für den Posten des landesfürst­­­ischen Kommissärs der Kreditanstalt für Handel und Gewerbe designirt. Schwarzes Meer. Der Pariser „Breffe” wird aus Finburn vom 10. November geschrieben : Am 3. b. gegen 1 Uhr Nachmittags, Inmitten eines dicken Nebels, der uns Die Küste verbarg und die Schiffe nicht zu unterscheiden gestattete, wurden Belotonfeuer, ein Kanonenschuß und wiederholte Rufe s zu den Waffen­ vom Fort aus auf den Schiffen in der Meeresbucht vernommen. Sofort hatte sich jedes Schiff in Kampfbereitschaft gefegt. Man glaubte, daß der Feind, sie den Nebel und die Abfahrt der Flotte zu Nugen machend, einen Angriff zu Lande und zur See versuchen würde. Wir missen in der That, daß die Russen in Nikolajeff eine große Zahl Kanonenschaluppen und einige Dampfer haben. Aber der Feind erschien nicht, und was sich ereignet hatte, war Fol­­gendes : Drei Offiziere des Anifodampfers „Bautour”, der Kommissär, der Chirurg und ein Schiffsfähndrich waren mit drei Infanterieoffizieren auf die Jagd gegangen. Sie war­­en nur in geringer Entfernung von den Vorposten, als sie durch eine Schlundron Kosaren, die auf einer Refognoszirung begriffen war, überrascht wurden.­­Sie gaben Allarmzeichen, daher das Schieien der Vorposten und die allgemeine Aufregung. Unglücklicherweise sind die sechs Offiziere gefangen genommen. Ein Kojat und sein Pferd wurden denselben Abend auf dem Plage gefunden. Die drei Marineoffiziere haben ihrem Kommandanten geschrieben, um ihn von ihrer Lage zu unterrichten; sie find­en Nikolajeff, wo sie mit vieler Nachfigt behandelt werden. Man hat ihnen ihre Effekten gefehtet. Ihr Brief ist über Otschafoff eingetroffen. In­f­olge dieser Affaire wird eine Schwadron afrikanischer Lager zum Kommandanten des Etats gefcehdet werden, um ihm die Mittel zu liefern, Refugnositzungen vorzunehmen und die Kosaten zu verhindern, sich vor unsern Vorposten herumzutummeln. Von Seiten der Marine sind die Vorsichtsmaßregeln verdoppelt; genaue und ausführliche Instruktionen sind von dem Oberkommandanten ertheilt worden. Unsere Kanonenbote überwachen fortwährend den Bug und den Dntepr. — Die Kälte ist seit zwei Tagen ziemlich Scharf s, aber in dieser Bucht sind die Schiffe gegen jeden Sturm gefehügt, und man t­ird seine Wie­­derholung des Unfalls von Eupatoria erleben. — Die Arbeiten zur Wiederherstellung des Forts sind sehr weit vorgerűht, Nur ein Bataillon Fampfrt noch unter Zelten, Einem Pariser Briefe der , A. A­­." entnehmen wir Folgendes: Ich meldete Ihnen vor mehreren Wochen daß es in Der Absicht der französischen Regierung Tag, den von den allierten Truppen befegten Theil von Sebastopol in die Luft zu sprengen, bag aber England darauf bestand, vorderhand die dortigen Festungs­­werke und Militärgebäude aufrecht zu­erhalten. Das Kabinet von St. James ging dabei von der Hoffnung aus, daß der innere Hafen von Sebastoyo­ von den versenkten zahlreichen russischen Kriegsschiffen Leicht zu befreien und zu reinigen wäre. Nach mehr­­wöchentlichen genauen Untersuchungen seitens des französischen und britischen Mariner Geniewesens hat man die Ueberzeugung gewonnen, daß die Neinigung des Hafens von Sebastopol mit unüberwindlichen Hindernissen verknüpft ist, weil die russischen Schiffe in dem sandigen Grund des Hafens wie eingemauert erscheinen. In Folge einer solchen Ueberzeugung sind die beiden Westmächte darin übereingenommen, zur sofortigen Zer­­störung Sebastopols zu schreiten. Laut bew Iegten Nachrichten aus der Krimm Mmurde an der Anlegung von Hulverminen zur Sprengung jener Seestadt thätig gearbeitet und noch vor Anbruch des Winters dürfte Fein Stein auf dem andern daselbst mehr bleiben, indem­ die Pulverminen so angelegt werden, daß der Schutt der gesprengten Werke zugleich den Hafen verschütten sol. Es bildet dies ein Anzeichen mehr für den Plan der Altirten, den Hauptschauplan des Krieges im nächsten Frühjahre nach der Ostfree und der Donau zu verlegen.­­ Ueber die Thätigkeit der in Sebastopol niedergesetzten gemischten Kommission macht der Korrespondent der»Times«folgende Mittheilungen: Es waren in der eroberten Stadt folgende Gegenstände gefunden worden:128 Ka­­nonen aus Bronze und 3711 aus Eisen,von diesen werden nachgetroffene 111 Ueberete kommen vom 10.Juli die Hälfte nachankreich,die andere Hälfte nach Englan­d geschickt.2 Bronzegeschütze werden den Sardiniern,mehren­ andere,türkischen Ur­­sprungs,den Türken verehrt,und bleiben alle diese Geschütze bis auf Weiteres theilsicht Sebastopol,theils wo sie verwendet werden können,in den Werken von Balaklawat und Kamiesch.Der Rest der Beute wird nach dem§.4 der Konvention nach der relative­k Stärke der bei der Belagerung verwendeten Heere vertheilt.Nun zählte an 18.Septe 111­­ber die englisch-sardinische Armee 63,715,die französische 126-705 Mann,somntfallen auf Frankreich zwei Drittheile,auf England(das sich mit Sardinien wohlverstärquigt haben wirdJ ein Drittheil folgender Materialien: 407,314 Vollkugeln,101,755 Hohlkugeln,24,080 Kartätschen,525,000 Pfd. Schießpulver,470,000 Patronen in guten rund 160,000 in schadhaftem Zustand,8() Wägen,53ollen,500 Logs von Linum vitae,400 Anker und Haken,902 Anker von verschiedener Größe,50 kleineremt Enterhaken,600 Fuß Ankerketten,104,0­­0 Pfd.Kupferbeschlag,100,000Pfd.alte Taue,300 Wasserfässer,50,000Pfd.treue Stricke,400Pfd.Winden,40 Spanin,300 Werkzeuge,1,460,000Pfd.Eisen1 und Stahlbn Barren,400Pfd.Eisendraht,320Pfd.Klammern,16,000Pfd.sz­lattkneisen, 14,000Pf.Zinnplatten,­120,000Pfd.Rothkupfer,6000Pfd.Nägel-200Fässer Pech und Theer,150 Fässer mittelfarbe,eine große Menge Tannen-und Fichten­­holz,die Reste einer Dampfmaschine von 220 Pferdekraft,große Kupferkesselvksst 100,000Pf.,100,0005pf.altes Kupfer,10,000Pf.Kupferschrauben,160,000Pf. altes Eisen,S große und­ 10 kleine Glocke 350 Hospitalbetten,eine große Menge eiserner Schmieden,außerdem einige Dampfmaschinen,viele Pimniperki,mehrere Marmori­statuen,11.000 Sack schwarzes Brod,370 Sack Mehl­,1300 Sack schwere Gerste u.s.w.Die Brochstoffe waren j­edoch zu schlecht,um für die Armeen der Alliirten Hi, werben zu künnen, und man beschloß sie den Tataren nach Enpatorig zutu­­en,

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