Pester Lloyd - Abendblatt, Dezember 1855 (Jahrgang 2, nr. 279-301)
1855-12-03 / nr. 280
in Die a Abendblatt des dr fie Montag, 3. Dezember, Nro. EEE TIESHN?N 568 SMZELIEN, ji 280. | Eoftet 00. p c. Me. Vett, 1855. sk Weft, 3. Dezember. Die Mission Canroberto und die Reise des Königs von Sardinien bilden auch heute noch den Mittelspunkt der Tagespolitik. In Bezug auf erstere meldet ung unter Wiener R-Korrespondent: dag schon in nächster Zeit von Seiten des Stocholmer Kabinetes eine Zirkularnote an Die Agenten Schwepen’s im Auslande abgeschidtm werden/mird, welche die Billigung der westmächtlichen Politik flar und deutlich aussprechen und die versciebenen Gesandten anwerfen wird, in diesem Sinne an ihren respektiven Häfen thätig zu sein. Es ist dies eine Bestätigung der Nachrichten, welche uns derselbe Korrespondent schon früher über diese Mission zusommen ließ, und welche fest auch Cefena im „Constitutionnel“ bekräftigt. In lebterem, telegraphisch schon erwähnten Artikel seien wir: Offenbar handelte es sich um etwas mehr, als dies darum, dem Könige von Schweden im Namen des Kaisers der Franzosen einen Orden zu wiberreichen, und gerade in Bezug auf diesen anderen Punkt ist der Erfolg der Mission Canroberts ein so vollständiger, daß er selbst die Hoffnungen der Westmächte übertrifft. Von einem Vertrage irgendwelcher Art ist nicht die Mode. Gibt es aber nicht vor dem Abschlusse einer zu sofortigem gemeinsamen Handeln führenden Militärkonvention eine Art von diplomatischem Anschluß, welcher ein moralisches Band bildet und ein Schul- und Flughänding für den Tag vorbereitet, wo es näglich und ersprießlich werden kann? Wir glauben, das die glücklichen Wirkungen der Sendung des Generals Lanrobert bald dem gesammten Europa Mar sein werden. Wenn der Krieg im Frühling kommenden Jahres noch fortdauert, so unterliegt es seinem Zweifel, daß die Westmächte seinen Kreis ausdehnen und ihn nachdrücklicher in jener Ostsee führen werden, wo ihre Slotten ihre Kräfte bisher blos versucht haben. Es ist daher ganz natürlich und selbstverständlich, dag sie im Asa darauf Die Zahl ihrer Bundesgenossen zu vergrößern suchen und an Schmweden denfen. Ueber die Abreise des Generals aus Kopenhagen am 29. Nov. wird telegraphisch noch Folgendes gemeldet: General Canrobert ist diesen Mittag mit dem Boftdampfschiff „Stesiwig“ nach tel abgereist. Bei der Zollbude waren versammelt der Generaladjutant des Königs, der Militärkommandant der hiesigen Garnison und der Hofmarschall, sowie das diptomatische Korps und eine große Anzahl Offiziere aller Waffengattungen, um dem General Lebewohl zu sagen. Enthusiastischer Beifall und donnernder Hurrahruf des zahlreich versammelten Volks gaben dem General Kanroberi einen deutlichen Beweis, wie er bei demselben populär geworden ist. Mit Schließen viefen Theil unserer Revue mit dem in norddeutschen Blättern erwähnten Gerüchte, das Edernörpe befestigt und ©lüdstapt in einen auch für Kriegsschiffe geeigneten Kriegshafen umgewandelt werden solle. Der König von Sardinien wohnte am 29., vom NKaffer bergleitet, dem von der Stadt Paris gegebenen Balle bis Mitternacht bei. Er verlieh sorann, — nachdem er dem Prinzen Napoleon die Halsfette beg Ann und atenordend verliehen — die französische Hauptstadt noch an demselben Tage in der Schon bezeichneten Weise. In London kam er am 30. Mittags auf dem Bindlayersarmd » Eisenbahnhof an, und warb von dem Prinzen Albert empfangen. Beide Härften durcfuhren die Straßen der Hauptstadt unter dem Säbelruf des Publifume. Der „Slobe” bringt bes rertő die Anzeige von der bevorstehenden Aufnahme des Königs In den Hofenbanborven. Bei der Revue in Paris sol Napoleon seine eigene Mililitärmedaille Ins geneftelt und sie dem Kürsten angesteht haben. Noch viel bezeichnender für die Stellung Ritter Emanuels zum Kaiser ist aber folgende Notiz aus einem Briefe der „Deut. Allg. Ztg.” über die Verhandelungen mit dem päpstlichen Nuntius, der sich anfänglich für die Zeit der Anwesenheit des Königs aus Paris entfernen wollte. Der Kaiser sprach sich dagegen aus mit dem 3ufpe, daß er eine Beleidigung, die seinem geehrten Gatte HANME würde, als eine ihm selbst angethane betrachten werde. Der Vertreter des römischen Stuhles wagte nit, auf seine eigeneerantwortung hin im dieser wichtigen Angelegenheit einen Entschluß zu fassen. Er fragte in Rom an und erhielt von dort die dringende Aufforderung, auf seinem Bosten zu bleiben und sich überhaupt in der ganzen Sache dem Begehren des Kaisers der Brangofen zu fügen. Auf dem Gebiete der haute-politique vernehmen wir sonst noch die geradezu unglaubliche Runde norddeutscher Journale, man behaupte zu Parts in sehr wohlunterrichteten Kreisen, dag Desterreich auf Dem Punkte stehe, einen definitiven Alliangvertrag mit den Westmächten abzuschliegen. Staatsmänner versichern, es würden 518 dahin nicht acht Tage vergehen. Von anderer Seite wird erzählt, das Baron Hübner darauf dringe, die Westmächte mögen sich, für die vier Garantien erklären, da Rußland geneigt sei, dieselben anzunehemen. Im dieselbe Kategorie gehört auch eine Wiener Korrespondenz der " A. Allg. 3.", welche Oesterreich in eigenem Familieninteresse auf eine Bereinigung der Donaufürstenthümer in ein erbliches Königreich hinarbeiten legt. Herr v. Profefch is vorgestern nach Konstantinopel abgereist, auch die preußischen Gesandten in Paris und London begeben sich auf ihre Posten zurück. Diese Bewegungen in der diplomatischen Welt deuten allerdings auf erneuerte Thätigkeit während des Winters, und da ist zur Orientirung folgender Kommentar zu ziver Reden gefrönter Häupter wohl nicht unangebracht. Gutzot nannte Die Rede zum Schlase der Ausstellung das „auf die Diplomatie angewandte allgemeine Stimms recht”: die Stelle der preußischen Thronrede, die sie gegen das Eingehen unbestimmter Verpflichtungen ausspricht, deutet man allgemein so, als sei sie wider die Anträge gerichtet, die Oesterreich neuerdings bei dem Bunde beabsichtigen soll. An Paris sprach man von Vorbereitungen zu einer neuen Ansteibe. Aus Marseille schreibt man: Das Schliff des bekannten Magnan wurde, wie unsere Leser totften, kürzlich Durch ein Pakettschiff des ‚‚Österreichischen Loyds‘’, die „„Imperatrice“‘, in den Grund gefahren. Das Faktum ist durch eine aus österreichisschen, englisch-Französischen und türkischen Schiffsoffizieren bestehende Kommission konstativt worden. Magnan verlangt, sagt man, nicht weniger als 5 Millionen Entschädigung, weil seine Operationen nun um sechs Monate er feien. Oesterreich habe, Behauptet man, mit Bedauern eine Unternehmung gelingen sehen, welche 60 französische Dampfschiffe in die Donau geführt hätte. Die Operation ist jedoch nicht aufgegeben, nur müssen 40-60 Rhoneschiffe mit doppelter Bekleidung versehen werden, Auch in London soll die Regierung zur krostigen Fortführung des Krieges eine neue Anleihe von 25.000,000 8. beabsichtigen, um die Steuerlast nicht erschmweren zu müssen. So, heißt es, ist am Mittwoch in einem vierthalbstündigen Kabinettfonfeil beschlossen worden. Von dem Fonfergatinen Theile der Srrebenspartei ist eine Brochlire in Zirkulation gerecht worden, aus einer Reihe von Privatbriefen bestehend, wie ein wohlhabender Privatmann, Grant Upnor, an einen hervorragenden Staatsmann dieser Partei, dessen Namen leicht zu errathen, gerichtet hat. Sie bestehen vorzüglich aus Anklagen, welche, som Standpunkte des altenglischen Konservatismus aus, gegen die Allianz mit dem Napoleonischen Frankreich, erhoben werden. Die Schreibart ist sehr heftig und kraftvoll. Aus Italien liegen folgende Neuigkeiten vor: Die Ernennung Brenter’s zum Gesandten in Neapel ist Ferdinand II. nicht angeneh: seine Minister rteiben dem Könige, den Baron nicht zu empfangen, welcher Vorschlag denn aber doch verworfen ward. Die Konzession zum Baue einer Eisenbahn von Apulien nach Salerno unt ertheilt. In Genua wurden 300 politische Emigranten nach Australien eingeschifft. Die Auflehnung der Salzträger zur Erzwingung höheren Lohnes in Sampierdarena wurde dur Verhaftungen beseitigt. Die Königin Amalie in Rerst war lebend , befindet sich jedoch Thon besser. In Rom wurden zwei Kalschmünzer von Zwetpaolis und halben Scudifiliden eingezogen. Bei Turin ist am 29. ein Brand im Schlosse Racconigi entstanden und hat von Abends um 10 Uhr bis Früh 6 Uhr gedauert. Der dadurch bewirkte Schaden ist beträchtlich. Dem „Nord“ wird geschrieben, bei Prinz Louis Lucian Bonaparte, der Prinz von Canino, The bei der päpstlichen Curie Saritte, um sich scheiden zu lassen. In Madrid war am 24. eine interessante Verfestigung : Außer Espartero waren fünstliche Minister anmwesend und eine Flush von Neugierigen überschwenmte Die Triblinen. Der Abgeordnete Guelle Rente (Gemahl der SInfantin Sosepha v. Bourbon, Schwester des Königs) machte sich das Vergnügen, dem Ministerium eine unbeschreibliche Menge von Grobheiten zu sügen, namentlich über die Eilfertigkeit, mit welcher dasselbe eine Menge von alten verdienten Beamten abgelegt habe, um Stellen für junge Advokaten zu gewinnen. Der Juffizminister vertheibigte si sehr Schwach und sagte dann mit beinahe kindlicher Naivetät, er wünsche die Unabregbarkeit der richterlichen Beamten einzuführen, Bueno griff einen Artikel des Desamortisationsgefeges an, Brutl und Madoz vertheidigten ihr, Garcia Ruiz griff das Kriegsministerium an und zwar in so demokratischen Tone, daß Marshall O’Donnel sich Diesen Ton verbat s; darauf antwortete Nutz dura) Injurten und ein unwirhender Zumult, der wohl eine Viertelstunde dauerte, machte die Fortlegung der Diskussion unmöglich. Endlich erklärte der Demokrat Bigueras dem Kriegsminister , Krieg bis aufs Messer“, denn , er und seine Freunde hielten ihn für einen Sein der Freiheit und würden den Kampf nie ausfegen, die Geschichte aber werde richten, ob sie ihn mit Recht oder Unrecht für einen Feind der Freiheit gehalten.“ Drozaga hat ein künigliches Handschreiben erhalten, worin feiner Beruteníte aufs Schmeichelhafteste gedacht wird. Nach der bald erwarteten Beendigung der Behaffungsdebatten wird Olozaga auf seinen Posten in Paris unverzüglich zurückkehren. Die KRarlisten beginnen sich nach Frankreich, zu flüchten oder sich zu unterwerfen. In Barceloona werden Maulesel nach der Krimm eingeschifft. Die Differenz der Regierung mit England i im Wachen. Lord Howden hat dem Kabinet eine energische Senugthuungsforderung überreicht, weil ein spanisches Wachtschiff an der afrikanischen Küste auf das von Gibraltar gekommene englische Handelsschiff „Balkant” , ohne bag dieses dazu irgendwie Anlag gab, geschaffen und versucht hat, dasselbe unter die Kanonen des Forts zu raden. " Aus den bagfischen Provinzen vernimmt man, daß der Zivilgouverneur von Vittoria mehrere angesehene Einwohner zusammen berufen hatte, um die Kommission für den Verkauf der Nationalgüter zu bilden; sein Einziger aber habe sich eingefunden. Die Regierung wird genemigt sein, die Homemission aus nicht eingebornen Beamten zusammen zu geben, da sein Eins beimischer sich brett over Indirett bei Vollziehung des Güterverlaufsgefeges betheiligen will. Die Sundzollkonferenz scheint, den neuesten Nachrichten aus Kopenhagen zufolge, wegen der Weigerung Nordamerikas, sich auf Transartionen einzulassen, nicht zu Stande zu kommen. Nach der "Berl. B.3." fände man fest am Varabende von Separatverhandlungen Dänemarks mit den Ostseestaaten. Die Prozedur gegen die angekragten Minister in Dänemark ist auf den 15. Dezember vertagt. Die durch Kierfegaard’s Schriften und Tod mächtig angeregte religiöse Bewegung scheint immer mehr anzuschwellen. Im „Hacdreland“ fegt Kierfegaard’s Neffe, Kandidat Lund, die aphoristischen Angriffe seines Oheims auf das „offizielle Christenthum" fort und außerdem sind so eben zwei auf diese Bewegung bezügliche Broschüren erschienen. "Aus Berlin lesen wir in norddeutschen Blättern: Es verlautet jept mit Bestimmtheit, daß Die gerichtliche Untersuchung über die an der Degesehenmanpe des Königl. Kabinets begangenen Entwendungen und Veruntreuungen niedergeschlagen worden ist, und auch keine weiteren Nachforschungen in dieser Angelegenheit stattfinden sollen. Wie man versummt, hat der hiesige französische ‚Gesandte, Marquis v. Moustier, beim Ministerium des Auswärtigen nachbrüchiich gegen die Unterstellung demonstrirt, als ob von Seiten der französischen Legation et Gebrand) derartiger Mittheilungen gesucht oder gemacht worden sei. Dagegen hat der Polizeipräsident von Hindeldey in diesen Tagen einen ehemaligen schleswig-holsteinischen Offizier aus Berlin ausweisen lassen, der in dem Verdacht stand, die hiesige englische Gesandtschaft auf eine unerlaubte Weise mit Nachrichten und Mittheilungen bedient zu haben. Die demnächst wieder aufzunehmenden Unterhandlungen mit Oesterreich wegen einer Münzkonvention werden diesmal in Berlin und, Stiebte, Kreuzrettung" hört, noch vor Ablauf dieses Monats stattfinden. Dem Frankfurter Katholischen Journal „Deutschland“ sind wegen verschiedener Artifel, die als aufreizend befunden wurden, jüngst polizeiliche Verwarnungen zu Theil Ahr . Die „Kronstädter Ztg.” bringt aus Kronstadt 27. November forwichtige Nachricht gende und auch dort die Klagen Über Theusrung verfegivínden müssen. » » Die Ausfuhr von Mehl und Früchten nach der Walachei hat plötzlich aufgehört und jede Besorgniß,es könnte eine große Theuerung dadurch hierortg entstehen,ist somit auf eimmal verschwindt.An mehrere Handelshäuser,welche mit dem Einkauf von Mehl und Früchten beauftragt waren,ist gestellt von ihren KomitPnten die Werbung ergangen,jeden Einkauf einzusteklen,weil die Preise nicht konveniren und Früchte und Mehl in der Walachei viel billiger sind,als hier der Ankauf ohne Transport ist.Auch ist das Heer in derhimm hinlänglich bis zur nächsten Ernte mit Früchten und Mehl versorgt,sodaß selbst in den Donaufürstenthümernder Export eingestellt werden wird,