Pester Lloyd, April 1914 (Jahrgang 61, nr. 78-89)
1914-04-01 / nr. 78
. .’Hh01vs9mo.st»»sl sw·aMx-«sMoY,.-ar-.sptsssc .UJIL·MMll-,,MWC"I."" Inland: Ganzjäärig 48 K., halb- 24 K., vierteljährig 12 K., monatlich 4 K. 40 K. Mit separater Postversendung des Abendblattes vierteljährig 4 K. mehr, Für Wien auch durch Ho m. »Goldschmidt. Für das Ausland mit direkter Kreuzbandsendung vierteljährig : Für Deutschland 18 K., für alle übrigen Staaten 21 K. Abonnements wurden auch bei sämtlichen ausländischen Postämtern entgegengenommen. Für Amerika, England, Frankreich, Spanien und Portugal besteht die Vermittlung der Postämter nicht und das Abonnement muss direkt In unserer Administration erfolgen. Vertretung für Deutschland, Frankreich, England und Italien bei der Zeitungsfirma Saarbach,. News Exchange in Mainz. Jährig 61. Jahrang. . " MORGENBLATT Budapest, Alittwoch, 1. April 1914 . . Inseratenaufnahme: In Budapest, in der Administration ' „Pester Lloyd“ und in den Annoncen „ Bureaus : J. Blockner, B Eckatein, Ayiás Isug Nagy, Jaulus , Co., Ant. Mezel, Ru Jul, Toner, Jos, Schwarz. Generalvertretung des„Pester Lloyd" für Oesterreich und das gesamte Ausland M. Dukes Nachfolger A.-Q., Wien, Wollzeile 9. — Auch alle anderen renommierten , Inseratenbureaus in Oesterreich wie im Auslande übernehmen Ankündigungen für den „Pester Lloyd“. 7 « Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Heller, in der Provinz 14 Heller. Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller, Redaktion und Administration: W.,erden in Valéria-utcza 12. — Manuskripte w keinem Falle zurückgestellt, — Unfraserierte Briefe werden nicht angenommen, RE POT ME . | ."· a . N 5 Budapest, 31. März. In der heutigen Skupitinafigung hat Herr Prajics das Geheimnis des Polichinen verraten; er hat den aufhorchenden Vertretern des serbischen Volkes den neuen Balkanbund angekündigt, der, wie man weiß, im verflossenen Winter abermals unter russischer Patronanz anläßlich des gleichzeitigen Aufenthaltes der Ministerpräsidenten Serbiens und Griechenlands in Petersburg besprochen, dann bei dem gemeinsamen Servur der Herren Bafics und Denizelos in Bukarest weiter ausgebaut und schließlich während des Belgrader Aufenthaltes, des griechen Premierministers besiegelt worden ist. Die europäische Presse hat in jenen Tagen den Werdegang dieses neuen Systems von, Balfanbündnissen, mit aller, ‚Ausführlichkeit erörtert. Die Balfandiplomaten, die als Urheber Dieser Bündnisse galten, waren damals Durch ‚Keinerlei Ausfragerfünfte zu irgendwelchen Yeußerungen zu bewegen. Allen Anfragen lebten sie beharrlich und übereinstimmend die Bescheidformel. entgegen: „Wir haben uns das Wort gegeben, keinerlei Auskünfte zu erteilen.“ Dennoch war die Oeffentlichkeit Europas von Anfang an völlig im Zaren darüber, was Hinter den Kalifen fich gutrug. Der Umstand, daß in Petersburg die führenden Baltandiplomaten sich unter dem Vorwande einer Dentmalzenthüllung zusammenfanden, Löste die Erinnerung daran aus, daß auch der erste Baléanbund unter ganz ähnlichen Keußerlichkeiten anıı Newastrande, verabredet und. . — abgeleugnet order, war, Die europatsche . Deffentlichkeit wußte » denn auch in, D diesem Falle: „Daß es ‚sic, um die; Wiederholung es alten Spieles handelt. Fraglich war bloß, ob es der rursihen Diplomatie gelingen würde, Bulgarien zum Wiedereintritt in den Balkanbund zur beswegen, von Dente3 so tief gedemütigt und ‚so entjeßlich‘ verstümmelt juor= den. , Bald. wurde es ruchbar, daß man den Bulgaren als ‚Preis, für ihren» Anschluk die Wiedergabe von Zitip und, Sotichana in Aussich: gestellt hatte. Der Versuch aber, jehlschlug, weil das aus tausend Wunden blutende Bulgarenvolf sie eine hinreichende Dosis von Selben adrkung bewahrt hatte, um auf diesen Handel nichterzugehen. Hete Bafics . hat in seiner heutigen Rede den Antrag auf Abtretung von Stip und Kotschana an Bulk. galten „als ein fremdes Manöver“ bezeichnet. Das Mas nöber war im Der Tat fremd, so fremd wie ein Köder, an dem der Sich nicht anbeißen will. So blieb denn der Politik, die Darauf ausging, auf dem Balkan, einen Staatenbund als Werkzeug russischer Ispirationen zu stiften, ‘kein anderes Auskunftsmittel übrig als das Streben, sich irgendwie ohne Bulgarien zu behelfen und wenigstens die übrigen Balkanländer zusammenzufchmweißen. Auch ohne die heutige amtliche Ankündigung des Hein Bajics bußte man in Europa ganz gut, daß Diesem Streben der, Erfolg nicht vertaat "geblieben ist. An Die Stelle des neuen Balkanbundes ist ein neues System von Balkanbündnissen getreten. Diesem gehören Serbien, . Inland und Montenegro an, und als auswärtiges Mitglied gesellt sich Rumänien zu, das mit" Serbien und mit Griechenland " besondere Verträge abgeschlossen hat. 3 - Here Masics hat es natürlich unterlassen, seiner Ankündigung auch Aufklärungen über Zweckk und Inhalt des Bündnissystems folgen zu lassen, ebenso wie er sich über die Beziehungen ,dieser Gruppierung zu Rußland gründlich, ausgeschmiegen hat. » Dieses Stillschweigen wird aber die Neugierde » der öffentlichen Meinung Europas durchaus nicht reizen. Die bloße Tatsache, daß die Wiege dieser Gruppierung am der Wetersburger Sängerkrüge stand, wird in Verbindung mit den Erinnerungen an das Wirken des ersten Ballanbundes aller Welt lüdenlosen Aufschluß darüber geben, weilen man sich von dieser neuen Gestaltung zu versehen hat. Wenn es sie um einen Zusammenschluß von rein defensivem Charakter handelte, wäre die Geheimtuerei, die dabei aufgetwendet wird, völlig überflüssig. Die Annahme, daß hier wohl weitergehende Bestrebungen mitspielen dürften, erfährt aug durch die Tatsache eine Bekräftigung, daß, Rumänien der neuen Gruppierung nicht förmlich beigetreten ist, sondern ‚es vorgezogen hat, mit Serbien und mit Griechenland für bestimmte Tonfreie Zwede Sonderabmachungen zu treffen. Man darf wohl annehmen, daß diese Sonderabmachungen in Der Tat rein defensiven Ziveden dienen, da das rumänische EkKönigreich an einen weiteren Mufwühlen des Baltans vorerst keinerlei ersichtliches Interesse haben Tanıı. Daß, Rumänien dem engeren Verbande nicht vorbehaltlos beitreten, wollte ‚und sich mit der Rolle eines externen Mitglieds begnügt, läßt die ‚unter zuffischer Patenschaft entstandene Gruppierung von Haus aus in fragwürdigen' Lichte ersjeinen. “Herr Balics hat heute in seiner Rede sich -auc) -über Albanier geäußert. "Er nahne Fich sein Blatt; von den Pund ud: fügte 3 Tipp und Hat heraus, Daß, Serbien mächte“ zählen könne. Abgesehen davon, dass die Zahl jener Großmächte, die das, was Herr Pafiks unter dem Gleichgewicht auf dem Balkan meint, zu unterstoßen Dr bereit, wären, denn Do nicht gar um sein kann, muß der serbische Ministerpräsident daran erinnert werden, ‚daß die „Schaffung de selbständigen albanischen Staatswesens, die ihm jeweilig Sstende bereitet, nicht das Werk einiger, auch nicht da Merk vieler,‘ sondern "das Werk aller Großmächte ist. Nun ist es ja allerdings wahr, daß Albanien noch lange nicht Ton solidiert " ist, und des neuen Fürsten im dieser Sinsicht noch große Aufgaben harren. Aber ist von der olitik des Herrn Bafics, der von dem neuen albanischen Staate in so unwirtschent Tone spricht, zu erwarten, daß sie ihrerseits sie "bereit finden werde, die Konsolidierung Albaniens zu fördern und dem "neuen Fürsten , seine großen Aufgaben 'zu erleichtern? Die psychologischen Boraausjegungen, für eine solche Annahme sind leider in den heutigen Eröffnungen des serbischen Ministerpräsidenten nicht zu finden. Seine Worte über Albanien atmen uns verhüllte Mikgunit. Und darum wird es angebracht sein, die serbischen Politiker, Grobmächte rühmen, wiederholt daran zu erinnern, da der albanische Staat sein Entstehen dem einmütigen Willen aller Großmächte gibt, die alles zu vereiteln entschlossen sind, was Dent. jungen albanischen Staatswesen in seinem Streben nag innerer Konsolidierung Schwierigkeiten bereiten könnte. Auch über die die Fi der Sympathien vieler dankt und daß es"in dem europäischen Konzern zum mindesten ziver Großmächte Frage der Orientbahnen Hat fi Here Basics heute geäußert, aber einigermaßen dunkel in seiner Worte Sim. Man erfuhr von ihm, daß Serbien die Ablösung aller auf serbischem Gebiete befindlichen Eisenbahnen anstrebe und dem französischen,, Pro» jet im Prinzip zugestimmt habe. Diese beidem Mit ‚den ‚französischen 'Projekt den Anspruch erhebt, erufte Fföfıung der Eisenbahnen verzichtet haben, denn, dassran» in einen Atem gesprochen, nehmen sich „einigermßen merkwürdig aus. "Wenn die ‘Jerbische Zustimmung " nommen zu werden, dann müßte Derbien auf die Abstöffiihe Projekt hat nicht die Ablösung, sonder dies eher zum Anhalt. Herr Pajics hat sich Die Gelegenheit Hit entgehen lassen, wieder einmal einen versteckten "Seitentcieb "gegen unsere Monarchie zu führen. Gegenüber dem serbischen Bestreben nach Ablösung der Eisenbahnen betonte er, daß von Seiten Oesterreich-Ungarns andere Wünsche geäußert wurden. Er hat aber verschiegen, Dag an Oesterreich-Ungarn unter gewissen Bedingungen bereit ist, dem französischen Projekt “zuzustimmen, wie er der Stupftina auch die Aufklärung vorbehalten hat, dak auch das französische Projekt einer Ablehnung der Semme | Eröffnungen üben Die Drohung, indem er sagte, Berks Feuilleton, Du. Bon Stefan Barjony. Cs Hat vor kurzem in Budapest ein im übrigen recht belangloses Duell gegeben infolge einer Beleidigung, die darin bestand, das ein Herr dag Du nicht enviderte, miit welchem ein, anderer Here ihn auszeichnete. Das Duell, ging auf erstes Blut und endete für beide Gegner ziemlich harmlos. Leber die Persönlichkeiten und über den Verlauf des Zweikampfes stand in den Zeitungen nichts zu lesen und das war gut so. Dennoch verdient er dieser Ohrenhandel, dass wir wegen seines moralischen Hintergrundes mit einigen Betrachtungen dabei verweilen. Mit dem Duzent wird nämlich nirgend in der Welt so viel Mißbrauc getrieben : wie bei uns, in dem schönen Ungarland. Nirgend an herrscht solche Begriffswertwirrung Darüber... in welcher Gesellshaftsklasse und unter welchen Umständen das Dir angewendet werden soll. Ich betone das Wort Toll, denn wo Menschen duch Sympathie, duch Zuneigung oder ein noch subtileres Gefühl einander verbunden sind, dort it dergleichen überhaupt keine Frage mehr; sie löst ich von selbst, weil in dem hehren, süßen Gefühl der seelischen Verschmelzung das Wie der Anrede überhaupt jede Bedeutung verliert. Es steht aber ‚außer Zweifel, daß inniges Vertrauen und A Zusammengehörigkeiten die beengenden fühleren Formen abstreifen, mit welchen mehr oder weniger Zurückhaltung verbunden zu sein pflegt, ja oft verbunden sein muß. Das Sieht denn Doc; weniger vertraulich “als das Di, um von dem bäuerlichen Ihr zu schweigen, im welchen gerade: das „Konfidente‘ so, unangenehm und, abstoßend wirkt. Während das Lied , wenigstens bei uns — immer: eine gewisse „ehrbare Distanz" zwilen zwei Menschen bedeutet, bringt das Du die nämlichen zwei Menschen mit: einem: schlage einander so nahe, daß die soeben no Fremden plöglic gleichsam, zu Mit: El liedern derselben Familie (allerdings im meiteren Sinne) ‚Hd: über die Schaffung Abaniens nicht freuten Tönne, ' Das Hat men ac) ohne PieferWeichte schon Felihier Ged Und wenn der serbische Ministerpräsident es als eine ‚Erleichterung empfindet, Finen Unmut über die erfolgreiche Schaffung des selbständigen, albanischen Staates vom Herzen herunterzureden, so könnte man sich Höchsstens fragen, ob es von Diesem Hugen Staatsmanne. nicht diplomatischer geiwvesen wäre, auf diese Erleichterung zu verzichten und ich über die unabänderliche Tatsache. Die „albanischer Staat“ heißt, stilliehzweigend Himpegzujegen? Denn daß Diese Tatsache unabänderlich it, wird man Herrn PBafics selbst in Petersburg nicht verhüllt haben. Der serbische Ministerpräsident hat heute mit einer gewissen Emphase betont, dass Serbien für seine Politik des Gleichgewichtes auf dem Balkan auf die Unterjtügung nicht nur seiner Verbündeten, sondern auch „vieler ‚Groß- Das Du ist denn in unserer Gesellschaft ein nicht zu unterihaltender Faktor. Das gilt bei uns noch mehr als bei anderen, ‚großen Nationen, bei welchen 068 Duzen überhaupt nicht so allgemein ‘t und zwei einander schabende und liebende Menschen Freundschaft für das Leben schließen können, ohne daß sie unbedingt Bruderschaft trinken müßten, Die zum Duzen berechtigt. . Cinst, in uralten Zeiten, war das Du die einzige, allgemein übliche Form der Anrede. Sind doch selbst die römisten Kaiser von ihren Eflaven mit Du angesprochen worden. Auch heute noch gibt «3 Bölter, die in ihrer Unfuhue jeder duzen — für unser walachisches Bergvolt zum Beispiel in jedermann nur Du —, aber wir wollen an dieser Stelle nicht von diesem allgemeinen, in seiner Beziehung seine soziale Bedeutung bejibenden Du sprechen. Uns interessiert hier die Psychologie Des Duzens und alles, was in unimferent- gesellschaftlichen Leben damit zusammenhängt Wir wollen zunächst prüfen,wievielerlei Dur es sind, mit denen wir zu rechnen haben, um dann zu gewissen Schlüffen zu gelangen. . Wir haben zunächst das Kamilien-Du. Die Anwendung Desselben it so sehr eine Sache des Geschmads und der Gewohnheit. Da wir da getrost den Spruch gelten lassen können: Zedes Hans hat seinen Brauch. So wäre es beispielsweise fer, sich dabei aufzuhalten, ob Eltern und Kinder si durzen oder ob die Kinder den Eltern jenen höheren Grad von Nejpert bezeigen, Der durch das Duzen allerdings oft einen Abbruch erleidet. Mir mag die Konfidenz zwischen Eltern und Kindern vielleicht unangebracht scheinen, ein anderer hingegen findet gerade das „sehr lieb‘. Ich kan mit ihm darüber nicht streiten, ‚denn unsere Ziele, sind verschieden. Ich bin beispielsweie Der Mitsicht, das das Kind in seinen Eltern Die Vorbilder der höchsten BVBerehrungswürdigkeit verblidhen ' und’ achten soll! "Sie dem Wirbel, der uns 'Menschen schon in frühesten: Alter umtoft und so viel Abstoßendes ‚an die Oberfläche wirft, »soll' das ideale Gefühl des indes : für die Eltern" unberührt in seinen Seelenleben erhalten bleiben, Wir sollen im unseren Eltern solcher Ausnahmewesen ‚empfinden, Die wir bis ans Ende höher achten ‚und »verehren, als jeden zanderen in der Welt. Wo nicht die Eltern selbst dich ihre, Schwäggen and Tehler Diefen Wir haben dann das eigentliche gesellsshhaftliche Du, Dessen zahlreiche Varianten gerade wegen der Berichte»denheit der die ganze Frage bestimmenden Auffassungen und Gebräuche Verwirrungen verursachenp ( wieder Schwankungen, Unsicherheiten, oft Inkartentheiten und im Gefolge derselben Beschwerden entstehen, aus welchen Das gesellschaftliche Du it eigentlich Zweierlet - Art; es ist entweder ein Heichen von Sympathie in Hallen, gegenseitige Zuneigung, und vom Menschen, um ihre Freundschaft zu besiegeln, im Wege des Du einander näher zu „treten suichen; oder es it. Die Folge einer faltenmäßigen Zusammengehörigkeit ohne jeden Inhalt, jedoch nicht unbedingt verpflichtend, und ein vielfach iechselndes, umfertigegndes Gehör eines solchen ‚kaltenmäßigen Zusammenfindens. Eon matürlich, richtig und achtenswert das erstere, Dazit, ebenso hohl amd nictssagend — wenn auch nicht ganz bedeutungslos — it das lechtere.. Im ersteren Falle fonmt das Dir mit seinem jenen Werte, mit seinem tiefsten Inhalt zur Geltung. Es ergibt sich daraus die Verschmelzung von Seelen, Die einander Thäsen, fit , zusammenschließen wollen. Einst Frucht bewährten, seitiger Anziehung. wen ..Dingegern das andere Du? ' eben deshalb Schwanfendes Zur 05 » - e ha Kae 4 7 — » } \