Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. március (81. évfolyam, 48-72. szám)
1934-03-01 / 48. szám
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PESTER LLOYD MORGEJÍBLATT B Inseratenaufnahme: in Budapest, in der Administration des Pester Lloyd und in den Annoncen- Bureaus: Balogh Sándor, J.BIookner, J.BIau, Boros, Braun, Josef Erdős, Győri & Nagy, Harsányi, Haasensteln & Vogler, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdetőiroda, Blosse Rudolf A.-Q., Julius Tenzer, Uray. Generalvertretung des Pester Lloyd lür Oesterreich: M. Dukes Nachf. A.-G., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer lür Budapest und lür die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 3» Heller, Abendblatt 10 Heller. — Für Oesterreloh: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt »0 Gr. Redaktionu.Adm.: V., MáriaValérla-uooalíí. Telephone: Redaktion: 848-20 Adminiitr. 849-00 81. Jahrgang-Budapest, Donnerstag, 1. März 1934. Nr. 48 „Deutschlands Abfall von der Revisionsfront.“ Von Dr. ALBERT v. BERZEVICZV, Minister a. D. Budapest, 28. Februar. Unter obigem Titel erschienen bereits zwei Leitartikel im Pester Lloyd; ein Redaktionsartikel in der 26. Nummer dieses Jahrganges, der den am 26. Januar zwischen Deutschland und Polen mit zehnjähriger Geltung zustande gekommenen Nichtangriffspakt als einen Abfall von der Revisionsfront bezeichnefe, und eine in Nr. 42 veröffentlichte, aus Berlin datierte „Deutsche Stellungnahme“, die dieser Auffassung entgegentritt und zu beweisen trachtet, daß der in Rede stehende Pakt nur eine Änderung der Methode bedeutet, in der für die Dauer von zehn Jahren und sicherlich auch noch darüber hinaus die von Deutschland nicht aufgegebene Revisionspolitik zu entwickeln ist. Aufgabe dieser Zeilen ist nicht, zwischen diesen beiden Auffassungen zu rechten, sondern lediglich den Beweis zu erbringen, daß wir in unseren Revisionsbestrebungen das Beispiel Deutschlands, möge nun diese Änderung eine bloß methodische odereine meri torische sein, nicht befolgen können, und obgleich wir niemals an eine gewaltsame Änderung der territorialen Verhältnisse gedacht haben und an eine solche auch nicht denken können, wir dennoch unseren Nachbarn von der Kleinen Entente gegenüber, besonders solange dort in der Behandlung der uns stammverwandten nationalen Minderheiten keine wesentliche Änderung eintritt, die politische Streitaxt selbst provisorisch nicht begraben können. Die Lage Deutschlands ist in der Frage der Revision der Friedensverträge grundverschieden von der unseren. Erstens liat Deutschland relativ viel weniger von seinen nationalen Zugehörigen verloren als wir. Ich denke dabei nur an die durch die Friedensverträge geschaffene Lage, die ja den Gegenstand jder Revisionsbestrebungen bildet, an den Zustand vor und nach dem Kriege. Wenn Deutschland jetzt auch Anspruch auf die Einverleibung Österreichs erstrebt, so ist das nicht die Frage einer Restitution, wie sie der Revisionismus anstrebt, sondern eine Forderung neueren Ursprungs. Zweitens ist das deutsche Volk — über siebzig Millionen stark — in der Lage, das Schicksal seiner entrissenen oder abgetrennten Stammesgenossen viel ruhiger und kaltblütiger zu betrachten und zu « -I——i------ ■■■—......... ii —behandeln als wir unsere Verluste. Wir, ein kleingewordenes Volk, haben zwei Drittel der Bevölkerung, die vor dem Kriege uns gehörte, verloren und darunter mehr als drei Millionen — also beinahe die Hälfte unserer jetzigen Seelenzahl — vom Bestände unserer ungarischen Stammesbrüder. Das deutsche Volk wird immer mächtig genug sein, den Forderungen seiner Reintegrierung in einem geeigneten Zeitpunkte Geltung zu verschaffen, auch wenn es diese Forderung zeitweilig ruhen läßt. Und andererseits bietet eben diese Machtstellung des deutschen Volkes eine Gewähr dafür, daß die der Volksgemeinschaft heute entlassenen Elemente das Rewußtsein der Zugehörigkeit zu einer so großen Nation nicht verlieren und Entnationalisierungsbestrebungen andauernd Widerstand leisten werden. Dieser Vorteil der Zugehörigkeit zu einer überwiegenden Volksgemeinschaft macht sich ja schon jetzt in der besseren Behandlung der deutschen Minoritäten, gegenüber beispielsweise den ungarischen, in den sogenannten Sukzessionsstaaten geltend. Wie anders ist unsere Lage und unser Verhältnis uns stammverwandten nationalen Minderheiten der Nachfolgestaaten gegenüber! Dies müssen wir klären, weil wir ja ohnehin immer angeeifert werden, uns mit unseren Nachbarn besser zu vertragen, und jene, die so denken, können jetzt, scheinbar mit vollem Recht, auf das deutsche Beispiel hinweisen, das uns belehren sollte, unsere Gravaminalpolitik in der Minderheiten- und Revisionsfrage aktuelleren Interessen unterzuordnen. Nein! Uns kann leider nicht einmal das deutsche Beispiel dazu bewegen, in unserer Revisionskampagne auch nur für zehn Jahre einen Waffenstillstand eintreten zu lassen. Wir würden — allen Ernstes — Gefahr laufen, in diesen zehn Jahren das zu verlieren, was den Gegenstand unserer Bestrebung bildet: wenigstens einen großen Teil jener nationalen Minderheiten zurückzugewinnen, die, wenn wir sie für zehn Jahre wortlos ihrem Schicksal überlassen, vielleicht weniger den gewaltsamen als vielmehr den verlockenden, Vorteile bietenden Assimilierungsbestrebungen zum Opfer fallen würden. Ob dieses unser Ausharren bei der Revisionspolitik unserem politischen Verhältnis zu den Nachbarstaaten nützlich oder schädlich ist, erscheint als ein Gesichtspunkt von untergeordneter Bedeutung gegenüber den in Rede stehenden vitalen Interessen. Diese Nachbarvölker würden es uns ohnehin niemals glauben, daß wir auf unsere Ansprüche wirklich verzichtet haben, und würden demgemäß auch weiterhin, wie bisher, eine Wirtschaftspolitik betreiben, die hauptsächlich darauf gerichtet ist, uns wirtschaftlich zu schaden, dadurch auch politisch zu schwächen und weniger gefährlich zu machen. Und so müssen wir denn unbeirrt und unerschütterlich bei unserer Revisionspolitik ausharren und uns in zwei Richtungen betätigen. Die eine Richtung ist die Aufklärungsarbeit, die Gewinnung immer weiterer Kreise der öffentlichen Meinung der Welt für die Erkenntnis der Gerechtigkeit unserer Sache, der Notwendigkeit der Revision, ohne die nicht nur die wirkliche Befriedung Mittel- und Osteuropas, sondern auch die Behebung der Ursachen der auf der Welt lastenden schweren Wirtschaftskrise unmöglich ist. ln dieser Richtung sind die Erfolge der letzten Jahre befriedigend genug, um trotz des Starrsinns, der der Revisionsidee heute noch vom offiziellen Frankreich und seinen „Freunden“ entgegegesteflt wird, an das nicht zu ferne Aufrollen der Revisionsfrage glauben zu können. Die andere Richtung unserer niemals erlahmenden Bemühung muß der unablässigen Kontrolle der Behandlung der Minderheiten und der Durchführung der auf sie bezüglichen Verfügungen der Friedensverlräge gewidmet sein. Die unterdrückten nationalen Minderheiten müssen es wissen, daß keine unrechtmäßige Schmälerung ihrer Rechte und ihrer Interessen unbemerkt und der Weltöffentlichkeit entzogen bleibt; und ihre Untertlrücker müssen es wissen, daß mau immer hinter ihre Schliche kommt und sie ihr Vorgehen mit Mitteln der Weltbetörung nicht mehr lange zu schützen imstande sein werden. Es war ihnen in die Hand gegeben, durch eine gewissenhafte, loyale, wahlwollende Behandlung der nationalen Minoritäten viele Härten der Friedensverträge erträglich erscheinen zu lassen, ja sogar vielleicht vergessen zu machen. Ihr nationaler Chauvinismus liat sie jedoch nicht diesen Weg beschreiten lassen; er hat sie zu einer Minöritätenpolitik verführt, die mit den brutalsten Mitteln einer Entnationaliserung der Minderheiten zustrebt und eine in Wirklichkeit niemals erreichbare nationale Einheit schaffen will. Dadurch haben sie selbst den Widersinn der durch die Friedens vertrage geschaffenen Zustände enthüllt und eigentlich die besten Waffen für den Kampf um die Revision geliefert. Eben weil auf Grund der Friedensverträge und im Rahmen des Völkerbundes für die Sanierung der berechtigten Minderheitsbeschwerden sozusagen nichts erreicht werden konnte, bleibt nichts anderes übrig, als die Revision nach Möglichkeit zu beschleunigen, um endlich einmal gründliche Abhilfe zu schaffen. Feuilleton. Die Welt der Maske. Von ILSE SCHNEIDER-LENGYEL. lau Verlag Piper u. Komp., München, erschien soeben ein überaus interessantes Werk: „Die Welt der Maske“ von Ilse Sch nei de r-Lengyel, aus dem wir das folgende Kapitel veröffentlichen, um die Aufmerksamkeit auf das neue Buch zu lenken. Wir erwähnen noch, daß das Werk zalil- , reiche Abbildungen (80 große Tafeln) enthält, die in künstlerischen Aufnahmen u. a. die Tanzmasken afrikanischer Negerstämme, die Satyrmasken antiker Schauspieler und sogar die Masken der Eskimos zeigen. Für Freunde der Kulturgeschichte ist das Buch ebenso wertvoll, wie für alle Theaterfreunde. Das starre Maskengesicht, einstmals die bildnerische Ausdrucksmöglichkeit des Übersinnlichen, begleitete die Völker aus ihrem Urdasein in den hellichten Tag der Zivilisation. Dabei wandelte sich der magische Zauber allmählich zum Aberglauben; der Maskenglaube verflüchtigte sich, um noch einige prachtvolle Blüten in dem von der Großstadtatmosphäre unberührten Winkel der deutschen Alpenländer zu treiben, wo Fastnachtssitten, Perchtenhüpfen und Rauhnächte die Jahrhunderte überlebten, kirchlichen und weltlichen Verboten zum Trotz. Dort spürt man noch etwas vom endlosen Kampf des Menschen mit den heidnischem Gottheiten. Viele unserer Volksbräuche sind undenkbar ohne die Erinnerung an das große vorreligiöse Erlebnis, die Maske. Ihr ursprünglicher Sinn lag nicht in der Unkenntlichmachung des Gesichts, sondern in einer yorsprachlichen Formung des Ausdrucks, In ihr fand der Urmensch die Möglichkeit, ein neues Wesen zu schauen. Während er sich aus der Natur löste und sich der Pflanzen- und Tierwelt gegenüber als ein besonderes Wesen erkannte, fand er in der Maske eine Steigerungsfähigkeit seines unvollkommenen, noch unbestimmten „Ichs“ zum Überpersönlichen. Gleichzeitig mit der Ichvorstellung erwuchs die Gottvorstellung: hierin war die Maske zum ersten vorliterarischen Versuch ausersehen, die Ahnung vom Höheren zu gestalten. Durch ihre Erfindung konnte der Mensch Lebloses belebt erscheinen lassen, indem die tote Maske durch Bewegung ihre Starrheit verlor und eine Steigerung bis zur Ekstase erreichbar war. Im Vordringen z.u den unbegreiflichen Mächten des Werdens und Vergehens wollte er den geheimnisvollen Urheber, den Wesentlich-Andern, gestalten und beeinflussen. Bestimmte Erscheinungen der Natur und Vorgänge des Lebens, die auf dämonisches Wirken zurückgeführt wurden, ahmte er in magischen Handlungen nach, um diese Erscheinungen und Vorgänge hervorzurufen. Durch solche zauberische Nachahmung des Dämonischen fühlt sich der primitive Geist tatsächlich in den Dämon verwandelt, glaubt das Naturgeschehen zu beherrschen und selbst den Tod zu überwinden. Der Analogiezäüber braucht die Begleitung des Opfers. In der Selbsthingabe und der vertieften Freude des Opferns überschreitet der Mensch sein begrenztes Dasein, um die im Orgiasmus erfaßte Totalität des Göttlichen zu schauen; und erst in der unheimlichen Sphäre des Opferkults wird das Wunder des Übergangs in den Dämon greifbare Tatsache. Bei diesen Zeremonien spielt die Maske eine entscheidende Rolle, denn sie verwandelt sich in ihnen zum Gott. So wurde sie die erste vortechnische Leistung, die Natur zu meistern, ihr Keimen und. ihre Fruchtbarkeit wieder und wieder zu erzwingen. Im Drang nach dem Göttlichen nähert sich der Mensch diesem mit seiner gottnahesten Eigenschaft, mit der schöpferisch-bildnerischen Kraft. In jenes Dunkel kulturell-zivilisatorischen Ringens der Menschheit leuchtet die ethnologische Forschung und die Schwesterwissenschaft der Kulturmorphologie mit ihren zwingenden Schlußfolgerungen und Parallelismus der Entwicklung hinein, uns jeweils zu den Naturvölkern verweisend, so oft wir in der Enge der eigenen Vorzeit erfolglos nach den Grundlagen unserer Gegenwart suchen. Wenn man der tiefen Bedeutung nachspüren wollte, die der Maske im kollektiven Raum der Vorgeschichte zukommt, müßte man einerseits vom letzten entarteten Glied der Entwick 1 ungskette, unserer Karnevalsmaske, andererseits von den noch greifbaren kultischen Voraussetzungen der Naturvölker ausgehen. Wer am übermütigen Faschingstreiben teilnimmt und sich von der aufschäumenden Woge der Lebensfreude mitreißen läßt, der nimmt etwas vom faszinierenden Wesen der Maske in sich auf. Zu dem Reiz, sich — hinter der Maske verborgen — so geben zu können, wie man sein möchte, tritt die Wirkung, die von den übrigen Maskierten ausgeht, hinzu, Die Karnevalsmasken sind phantastische Fratzen mit starren Gesichtern, die uns erheitern und erschrecken, gleich fleischgewordenen Wesen aus einer Fabelwelt; es ist die mystische Wirkung „bewegter Starrheit“; ihr ist die Seele des Primitiven ausgeliefert. Sie erkennt nicht den Zusammenhang mit der Wirklichkeit, das menschenfremde Ereignis berührt sie als Offenbarung. Sie wirft sich mit der Kraft ihrer Phantasie in diese von Masken erfüllte Zauberwelt und stattet sie mit den wildesten Farben ihres Erlebens aus. Die vollkommene Einswerdung von Maske und Dämon geht aus einer eigentümlichen seelischen Haltung des Primitiven hervor, die zwischen der trunkenen Ohnmacht der Lebensfreude und dem