Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1938. október (85. évfolyam, 221-246. szám)

1938-10-01 / 221. szám

I — Hier ist das Dokument, welches die Unter-S chrift des deutschen Kanzlers ebenso wie die feine trägt. — Ich 'will nur zwei Dinge sagen. Während fieser angstvollen Zeiten haben meine Frau und ich ungezählte Briefe erhalten. Die Briefe sind voll von Unterstützung, Zustimmung und Dankbarkeit, und ich kann Ihnen nicht sagen, welche Ermutigung sie für mich gewesen sind. Ich möchte dem englischen Volk danken für alles, was es getan hat. Ferner möchte ich sagen, daß die Regelung der tschechoslo­wakischen Frage, die jetzt erreicht worden ist, nach meiner Ansicht nur ein Vorspiel ist für eine größere Regelung, durch die ganz Europa den Frieden finden wird, Bei diesen Worten des Ministerpräsidenten stei­gerte sich der Beifall der Menge zu anhaltenden stürmischen Zurufen. — Ich hatte heute morgen eine weitere Unter­redung mit Adolf Hitler, fuhr Chamberlain fort, paohdem sich der Jubel der Menge gelegt hatte, und íjijer ist das Schriftstück, das seinen Namen neben dem meinigen trägt. Bei diesen Worten erhoben sich . erneut Stürme der Begeisterung. Chamberlain er­klärte, er werde, obgleich viele der Anwesenden den Inhalt schon kennten, das Dokument Wort für Wort verlesen. Der Jubel der Menge begann erneut und nielt an, bis Chamberlain seinen Wagen bestieg, p'aehdem ihm der deutsche Geschäftsträger, den Chamberlain besonders herzlich begrüßte, seine herzlichsten Glückwünsche zu dem Ergebnis der Münchener Besprechung ausgesprochen hatte. Unter immer erneutem Jubel der Massen bestieg Her Ministerpräsident kurz vor 18 Uhr seinen Wa­gen. Kaum hatte dieser ungefähr 100 Meter zurück­­belegt, als die Menschenmasse die polizeilichen Ab­sperrungen durchbrach und ihn zum Stehen brachte. Minutenlang drängten sich begeisterte Männer und Frauen um den Wagen, klopften an die Fenster und brachten jubelnde Hochrufe auf Chamberlain aus: Spontan sang die Menge das alte englische Lied mit dem Kehrreim: „Denn er ist ein feiner, netter Kerl.“ Schließlich gelang es der Polizei, dem Wagen des Ministerpräsidenten eine Gasse durch die Menschen­menge zu bahnen und Chamberlain konnte seine Triumphfahrt durch die von froh bewegten Men- SObenmassen erfüllten Straßen beginnen. 20 Minuten vor 19 Uhr traf der Wagen Cham­berlains nor dem Buckingham-Palast nach fast ein­­$tündiger Fahrt durch die Straßen von London ein. Der Ministerpräsident wurde von den Kammerherren am Eingang empfangen und sofort in die Privatge­­tnächer der königlichen Familie geführt. Schon eine halbe Stunde vorher war Frau Chamberlain auf Ein-, laduing des Königs von Downing Street nach dem Buckingham-Palast gefahren, um dort ihren Gatten Zu begrüßen. Auf der ganzen Fahrt war der Premier von Hunderttausenden von Londonéra, die sich auch durch den plötzlich einsetzenden schweren Regen picht hatten v^schcuchen lassen, mR stürmischen Hochrufen als „unser guter alter Chamberlain“ be­grüßt worden. Vor dein Buckingham-Palast warteten Tausende und aber Tausende im strömenden Regen auf Chamberlain, um bei seiner Abfahrt noch einmal Ihrer tief gefühlten Dankbarkeit Ausdruck zu geben. Durch die anhaltenden Hochrufe ließ sich der König und die Königin in Begleitung von Chamberlain samt Gemahlin bewogen, auf dem Balkon des Palastes zu erscheinen. Die Menge, die sich mit Zeitungen gegen den Regen notdürftig schützte, brach immer wieder in stürmischem Jubel aus. Nach einem AufenDlialt von 20 Minuten verließ Chamberlain in Begleitung seiner Gattin den Buckingham-Palast. Wie bei der Anfahrt, war der Wagen des Ministerpräsidenten auch bei der Abfahrt Gegenstand starker Beifallskundgebungen. Obwohl in der Zwischenzeit berittene Polizei eingesetzt wor­den war, gelang es doch nicht sofort, den Weg für den Wagen des Ministerpräsidenten frei zu machen. Die begeisterten Szenen wiederholten sich bei der An­fahrt in Downing Street, die inzwischen von der Po­lizei teilweise geräumt worden war. Nachdem der Premier seine Amtswohnung betreten hatte, wurde Downing Street frei gegeben. So groß war der An­sturm der Menge, daß sich Chamberlain schließlich gezwungen sah, von einem Fenster des ersten Stock­werkes eine kurze Ansprache zu halten: — Es ist das zweitemal in Englands Ge­schichte, sagte er, daß ein Ministerpräsident aus Deutschland mit einem ehrenvollen Frieden nach Downing Street zurückgekehrt ist. Hier wurde Chamberlain wieder von den jubelnden Zurufen der Menge unterbrochen. Es dauerte mehrere Minuten, ehe er sich wieder ver­ständlich machen konnte. — Ich bin überzeugt, daß dieser Friede unsere Zeit überdauern wird. Ich danke Ihnen für Ihren Empfang. „Wir danken Ihnen,“ rief hierauf die Menge. Chamberlain beendete seine Worte mit dem Rat an die Menge, nach Hause zu gehen und nun wieder ruMg in ihren Betten zu schlafen, worauf er sieh mit einer Verbeugung verabschiedete. Nach einer halben Stupde, während sich der Ministerpräsident trotz neuer Zurufe nicht wieder gezeigt hatte, hatte sich die Menge zerstreut. Wie amtlich mitgeteilt wird, findet heute abend eine Kabinettssitzung statt, die unmittelbar nach der Rückkehr des Ministerpräsidenten von séiner Audienz beim König in Downing Street beginnen soll. Chamberlain wird in dieser Sitzung seinen Ministerkollegen einen Bericht über die Reise nach München und die dortigen Verhandlungen er­statten. kirgisischen Volkes waren, beschworen sie, ihre Frau zu werden, legten ihr Reichtum, Ruhm, Ehre, alles zu Füßen. Aber auf alle Anträge und Versprechun­gen hatte sie nur eine Antwort: „Ich liebe einen an­deren.“ Wer war der Glückliche, Äuserwählte? Niemand ■wußte es, ja sie selbst wußte es nicht. Sie erinnerte sich nur. daß eines Frühlingsniorgens, als der erste warme Sonnenhauch dep Schnee von den Bergen leckte und tausende Vogelstimmen mit ihrem trium­phierenden Gezwitscher die duftgeschwängerte Luft erfüllten, plötzlich ein schöner junger Mann in einem gold- und purpurbestickten Mantel auf einem edlen weißen Roß herangesprengt gekommen war. Er hatte sie schnell in seine Arme genommen und aufs Pferd gehoben, sie geküßt, seine Braut genannt und ihr einen Ring an den Finger gesteckt mit den Worten: „Ich komme bald. Diesen Ring sollst du nie vom Finger nehmen, denn solange du ihn trägst, solange wird dir nichts geschehen.“ Sie war glück­lich und wartete. Tagaus, tagein, am frühen Mor­gen suchte sie ihren Geliebten in den Wäldern, auf den Höhen, sie suchte ihn am hellblauen Firmament und sie suchte ihn im Dunstkreise der Sphären, die von tausend Farben widerstrahlten. Auch an dem Morgen, als die Abgesandten des Khan kamen, um sie zu holen, und, goldene Schmuckstücke, Brillanten, Teppiche und Pelze vor ihr ausbreitend, sie baten, die Frau des Khan zu werden, wies sie die wertvollen Geschenke zurück, schloß die Augen, wie immer, wenn man ihr uner­wünschte Anträge machte, und sagte wieder: „Ich liebe einen anderen, und nur seine Frau werde ich.“ Sie lief io die Berge hinauf und suchte ihren Bräu­tigam, um bei ihm Schutz zu suchen. Sie rief hinaus in die Unendlichkeit und rief und weinte. Aber alles war vergebens, nur die toten Felswände warfen den Schall ihrer Stimme zurück. Der Ersehnte war fern, er hörte nicht ihre Rufe und ihre Klagen erreichten Ihn mieht. Spätnacbts kam sie heim, doch als sie eben ihren Aoul betreten wollte, überfielen sie bewaffnete Reiter und schleppten sie mit fort. Man brachte sie in den Palast, umgab sie mit Prunk und Luxus, aber ihre Freiheit war dahin, und die Hoffnung, die wieder und wieder ent­täuschte, doch stets neu sich regende, neu sie be­glückende Hoffnung war nun mit ihr hinter die Git­ter gesperrt, durch die der Despot sie von der Außen­welt abschloß. Sie konnte jeden Morgen hinaus­sehen in die Weite, jene endlose Weite, in der irgendwo ihr Geliebter war. Aber sie wußte, daß eine Menge von Eunuchen und Soldaten in glänzen­den Uniformen das Schloß bewachten. Sie war ent­schlossen, lieber zu sterben, als dem Drucke zu weichen und die Frau des Khan zu werden. Dabei war der Khan, der harte, grausame Khan, der nie die Liebe gekannt hatte, bezaubert von ihrer beseel­ten Schönheit, die alle Schönheit der Welt in sich einschloß, und die so strahlend war, wie das leuch­tende Morgenrot über den weißen Kämmen des Pa­mir. Er liebte zum ersten Male, er überhäufte sie mit Beweisen seiner Gunst und mit prunkvollen Ge­schenken, versprach ihr, alle seine anderen Frauen wegzuweisen, aber auf alle seine beschwörenden Worte antwortete sie immer nur das eine: „Nein, ich liebe einen anderen, und wenn du mich liebst, dann laß mich frei. Ich werde dir niemals gehören.“ Der Sommer verstrich, bald raschelte Herbst­laub auf allen Wegen, und die Wälder bejubelten in einem letzten bunten Aufschrei die schwächer wer­denden Sonnenstrahlen. Es kam der Winter, auch er verging, und wieder wurde es Frühling, wie im­mer und immer nach allem Frost und trotz allem Leid. Das Mädchen wurde blasser, und ihre Schön­heit, die nicht mehr von dieser Welt schien, wurde nöch berauschender. Der Khan umwarb sie nach wie vor mit verzweifelter Zähigkeit, aber all seine Versprechungen und seine Drohungen waren ver­gebens, und eines Tages erwachte in ihm das lang gebändigte Tier. Jetzt wollte er sich mit Gewalt holen* was sie ihm freiwillig nie gewährt hätte. Er kam zu ihr und versprach ihr alles, auch die Frei­heit, wenn sie ihn nur endlich erhöre. Traurig ant­wortete das Mädchen: „Ich liebe einen anderen.“ Da warf sich der Khan auf sie. aber sie sprang rasch auf das Fenster und angesichts der Schlucht, die unter ihr gähnte, sprach sie mit ruhiger Stimme: „Nein, Khan, ich werde niemals dein sein, niemals, niemals.“ Dann stürzte sie sich mit einem Aufschrei hinab. Im gleichen Augenblick wankte das Schloß in seinen Grundfesten, und eine Sekunde später ver­sank es in die Tiefe. An dieser Stelle sollen die dun­keln. drohenden Felswände plötzlich zur Seite ge­wichen sein vor den glashellen Fluten des Issik Kul, die mit einemmal das Land erfüllten und im blau­goldenen Mittagslicht heiter erglänzten wie ein Sinn­bild von Schönheit, Jugend und Liebe. An manchem stillen Sommerabend aber, wenn die Sonne langsam hinter den Bergen verschwindet, blinken dem einsamen Wanderer plötzlich goldene Kuppeln und edelgeformte Minaretts entgegen, und bald erkennt man die Umrisse eines großartigen Schlosses mit leuchtenden Fenstern. Und es gibt Mondnächte, da tönt ein Lied auf aus dunkeln Tiefen, ein trauriges, sehnsuchtsvolles Lied, gesun­gen von einer zarten unirdischen Mädchenstimme. Es klingt weit, weit hinaus in die Nacht, über hun­derte und hunderte Kilometer hin und erzählt von einer echten Liebe, die man mit keinen Bitten, mit keinen Drohungen, mit keinem Gold und mit nichts sonst in der Welt erkaufen kann. Und lauscht man hingerissen diesen Klängen aus einer anderen Welt, dann hört man die Worte: „Nein, Khan, ich werde nie die deine sein, nein, niemals, niemals ..“ Viel Zeit wird vergehen, und vielleicht werden die Schleier, die das Geheimnis des Issik Kul um­hüllen, in Jahrtausenden nicht mehr gelüftet sein als heute. Aber in den nomadischen Kirgisenvölkern, welche diese Gegend durchkreuzen, wird die Erin­nerung an diese Geschichte ewig wachbléiben, und alle werden sie forterzählen, die in der Legende über die Vergangenheit den Weg der Zukunft suchen. Die Legende der kirgisischen Atlantis wird so lange leben, als der schöne See Issik Kul seine Wasser in der Sonne spiegeln wird. PESTER LLOYD Samstag, Í. Oktober 1938 Wichtige Ministerbesprechungen Telegramm des Pester Lloyd London, 30. September Außenminister Lord Halifax halte vormittag eine Beratung mit Schatzkanzler Sir John Siqion. Der Schatzkanzler wurde anschließend vom König im Buokinghampalast mittag zu einer Audienz emp­fangen. Er gab, wie verlautet, dem König einen über­blick über die Verhandlungen in München und den erfolgreichen Abschluß des Viermächteabkommens. Nachmittag fanden Besprechungen zwischen Lord Halifax, Schatzkanzler Sir John Simon und den Führern der British Legion General Sir Frederic Morris und Major Sir Francis Fetherston-Godley über Maßnahmen für den Fall, daß Abteilungen der Legion nach der Tschechoslowakei entsandt werden sollten, statt. Amtlich wird mitgeteilt, daß 10.000 Mitglieder der Legion jeden Augenblick bereitstehen, als fried­liches und neutrales Polizeiorgan nach dem sudeten­deutschen Gebiet aibzureisen. Herzlicher Abschied Daladiers von München und jubelnder Empfang in Paris Telegramm des Pester Lloyd München, 30. September Vor dem Hotel „Vier Jahreszeiten“, in, dem Da­­ladier Wohnung genommen hatte, brachte eine große Menschenmenge dem französischen Ministerpräsi­denten eine herzliche Kundgebung dar. Um 13 Uhr verließ der französische Minister­präsident das Hotel und fuhr unter nicht endenwol­­lenden begeisterten Kundgebungen der Bevölkerung nach dem Flughafen, wo eine Militärkapelle der Ehrenkompagnie die Marseillaise spielte. Daladier schritt die Ehrenfront ab und bestieg sodann mit sei­nen Begleitern das Flugzeug. Noch vor seiner Ab­fahrt gab der Ministerpräsident einem Vertreter des DNB eine Erklärung ab, in der er u. a. sagte: — Ich hatte die Freude, selbst festzustellen, daß in Deutschland keinerlei Gefühl des Hasses oder der Feindseligkeit gegen' Frankreich herrsche. Seien Sie sicher, daß die Franzosen ihrerseits keinerlei Gefühle der Feindseligkeit gegen Deutschland empfinden. Das trifft auch für die Zeit der diplomatischen Span­nungen und der militärischen Vorbereitungen zu, die wir soeben durchgemacht haben. Die beiden Völker müssen sich herzlich verständigen, und ich bin glücklich, meine Kräfte dieser notwendigen und fruchtbaren Verständigung zu widmen. Ich habe bereits dem Führer und Reichskanzler, Marschall Goring und Reichsaußenminister v. Ribbentrop für die Herzlichkeit ihres Empfanges gedankt. Übermit­teln Sie meinen herzlichen Dank auch der Münchner Bevölkerung. Reichsaußenminister v. Ribbentrop äußerte sich nach der Abreise Daladiers den Journalisten gegen­über wie folgt: — Wir haben eine überaus verantwortungsvolle Arbeit geleistet und durch diese Arbeit ist es uns gelungen, den großen Sieg des Friedens zu fördern. Ich hoffe, daß die Besprechung in München den Weg zu einer weiteren freundschaftlichen franzö­sisch-deutschen Zusammenarbeit eröffnen wird. Telegramm des Pester Lloyd Paris, 30. September Ministerpräsident Daladier landete um 15.27 Uhr auf dem Flugplatz Le Bouiget, wo sich eine unge­

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