Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1939. február (86. évfolyam, 27-48. szám)

1939-02-02 / 27. szám

Donnerstag, 2. Februar 1939 PESTER LLOYD Die Rechtslage der siebenbürgisdien Sachsen unter der ungarischen Herrschaft Von Dr. Josef Papp Die nachstehenden interessanten Aus­führungen entnehmen wir der neuesten Nummer der in Lugos erscheinenden Zeit­schrift „Magyar Kisebbség“. Die Rechtslage der Sachsen ist unter Beibehal­tung der von König Géza I. erteilten Privilegien durch König Andreas II. int Jahre 1224 in einem Freibrief nach folgenden Prinzipien gesetzlich ge­regelt worden: „Das in der Gegend von Nagyszeben ange­­eiedelte sächsische Volk bildet eine geschlossene Einheit, 6ein Haupt ist der vom König ernannte Comes; dais Volk wählt seine Beamten und Seel­sorger selbst und übt die Gerichtsbarkeit über das eigene Volk autonom aus.“ Derselbe Freibrief ver­fügt auch betreffs der bürgerlichen Rechte des gan­zen Gebiets und der vollständigen Gleichberechtigung der Siedler und regelt die Militärdienst- und Steuer­pflichten der Sachsen. Die Grenzen der mit obigen Privilegien ver­sehenen Gebietseinheit wurden im Laufe der Ent­wicklung ausgedehnt und schlossen schließlich schon die ganzen von Sachsen bewohnten Gebiete in sich ein, dermaßen, daß in späteren Jahren schon die Gesamtheit der sächsischen Siedler eine einheit­liche staatsrechtliche Korporation bildete. Aus dieser Korporation entstand im Jahre 1486 die „Sächsische Gemeinschaft“ (Universitas Saxonum), die außer den schon bestehenden „Sieben Stühlen“, weitere zwei sächsische Stühle und die Bezirke Beszterce und Barcasäg in sich vereinigte. Die Sächsische Ge­meinschaft schloß also den ganzen, durch königliche Donation den Sachsen geschenkten Königsboden, und zwar die Stühle von Segesvár, Medgyes, Szász­sebes, Szerdahely, Nagy sink, Kőhalom, Ujegyháza, Szeben, Szászváros und die vorerwähnten Bezirke Beszterce und Barcaság in einer Einheit zusammen. Diese selbständige sächsische Einheit blieb jahrhundertelang bestehen, sie hat sich sogar weiter­­entwickelt und erledigte die Angelegenheiten der Sachsen in jeder Hinsicht allein. Der $ 11 des tj.-Ä. XLIII: 1868, der die Union Siebenbürgens mit Ungarn behandelt, hielt die Pri­vilegien der Sächsischen Nationalen Gemeinschaft weiter aufrecht, bis auf die Gerichtsbarkeit, denn damals war die Rechtsprechung schon für das ganze Land einheitlich geregelt. Als im Jahre 1876 im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform die Organisation der Komitate durchgeführt wurde, wurde die Gliederung de« Königsbodens in Stühle und ihre Zusammenfassung in der Sächsischen Gemeinschaft aufgehoben und diese Gebiete auf die neuerrichteten Komitate ver­teilt; aber die Sächsische Gemeinschaft blieb im Sinne des G.-A. XII: 1876 als Institution -weiter be­stehen als kulturelle Behörde, und das Verfügungs­recht über das gesamte Vermögen der Sächsischen . Gemeinschaft unter Beibehaltung des Eigentumrech­tes der Sachsen, dann die bestimmungsmäßige Ver­wendung der Stiftungen stand ihr weiterhin zu. Artikel 6 des Gesetzes verfügt allerdings, daß die Einkünfte des Vermögens der Sächsischen Gemein­schaft, ohne Rücksicht auf den Religions- oder Sprachunterschied, zugunsten der auf diesem .Ge­biete ansässigen Bevölkerung zu verwenden seien, und zwar ausschließlich zu kulturellen Zwecken. Dasselbe Gesetz verfügt weiter, daß der Titel eines Comes der Sachsen fernerhin dem Obergespan des Komitats Szeben zustehe, der gleichzeitig als Präsident der Vollversammlung der Sächsischen Gemeinschaft fungiert. Laut Gesetz verfügt die Voll­versammlung über das gesamte Vermögen der Sächsischen Gemeinschaft, deren Leitung die Beam­ten und die Mitglieder der Vollversammlung — ausgenommen den Comes, als welcher der jeweilige Obergespan von Nagyszeben fungiert — die Ange­hörigen der Gütergemeinschaft wählt. Die Vollver­sammlung besitzt ungeschmälertes Verfügungsrecht über das Vermögen, nur die Oberaufsicht behielt sich die kön. ung. Regierung vor. über eine der obigen ähnlichen Autonomie ver­fügte, im Sinne desselben Gesetzartikels XII v. J. 1876, die ebenfalls durch königliche Donation ge­gründete Gütergemeinschaft der „Sieben Richter“, mit dem Unterschied, daß als Mitglieder der über dieses Vermögen verfügenden Vollversammlung nur jene Mitglieder der Versammlung der Sächsischen Gemeinschaft gewählt werden durften, die der Güter­gemeinschaft der Sieben Richter.. angehörende Städte und Dörfer vertraten. Die obenerwähüten beiden Gütergemeinschaften repräsentierten einen so großen Wert, daß, obwohl von der Gütergemeinschaft der Sieben Richter 35.000 Joch Wälder bei der durch die rumänische Regie­rung durchgeführten Enteignung verloren gingen, die rumänischen Fiskalbehörden den Rest der beiden Vermögen noch im Jahre 1937 auf 100,000.000 Lei schätzten. Die Vermögensfragen der Sächsischen Gemein­schaft und die der Sieben Richter haben wir de­tailliert besprochen^ weil diese beiden Vermögen und ihre unbeschränkt-autonome Verwaltung den Sachsen stets dieMöglichkeit gewährleistet haben, ihre kultu­rellen Einrichtungen ständig auf einer hohenStufe zu erhalten und für ihre nationale Erziehungsarbeit eine feste Basis zu sichern. Der ungarische Staat hat, solange er die Hoheits­­rechte über jene Gebiete ausübte, die beiden Insti­tutionen unverändert aufrechterhalten, er bevorzugte sogar die Sachsen, wofür als schlagender Beweis an­geführt werden kann, daß, obwohl im Sinne des obenerwähnten Gesetzartikels an dem Ertrag des Vermögens die Gesamtbevölkerung gleichmäßig zu beteiligen ist, im Jahre 1914, anläßlich der letzten Aufteilung des Reinertrages, die Schlüsselzahl der sächsischen Bevölkerung 34.2 Prozent, in den Ge­bieten der Sieben Richter nur 33.6 Prozent betrug, gegenüber 10.1 Prozent, beziehungsweise 18.5 Prozent der ungarischen Bevölkerung, die sächsischen Insti­tutionen dennoch mit 70.96 Prozent, die ungarischen aber nur mit 13.54 Prozent bedacht wurden. Nach dem Imperiumwechsel erhielten die Un­garn nichts mehr von dem Ertrag, die Sachsen auch nur wenig, bis im Jahre 1937 die rumänische Re­gierung das ganze Vermögen kraft eines Gesetzes liquidierte, 75 Prozent davon der griech.-orthodoxen Kirche in die Hände spielte, und den Sachsen bloß 25 Prozent davon beließ. Die Ungarn gingen mit leeren Händen aus. Wie aus den angeführten Daten ersichtlich, hat d’e ungarische Regierung diese bedeutsame In­stitution der Sachsen, die schon immer ein fester Wall ihres nationalen Eigenlebens war, stets bevorzugt behandelt. Sie ging sogar weiter, und trotzdem die sächsischem kulturellen und religiösen Institutionen aus dem Ertrag der Gütergemeinschaft der Sächsischen Gemeinschaft und der Sieben Rich­ter reichliche Zuwendungen genossen, wurde die sächsische Nationalitätengruppe mit einer bedeu­tenden jährlichen Subvention bedacht. So erhielten im letzten Jahre des ungarischen Imperiums, 1918, die sächsischen Elementarschulen eine staatliche Unterstützung vpn 2,696.840 Goldkronen und die evangelischen Kirchengemeinden dortselbst 556.300 Goldkronen. Unter der ungarischen Oberhoheit genossen, die Sachsen uneingeschränkte kirchliche Autonomie, die ihnen nicht nur gesetzlich verbürgt, sondern auch tatsächlich weitestgehend zugestanden war. Die amtsältesten drei Bischöfe, dann der Generál­­inspektor und die zwei amtsältesten Inspektoren der evangelischen Kirche waren von Amts wegen Mit­glieder des ungarischen Magnatenhauses. Ihre Schulen konnten sie kraft einer uneinge­schränkten Autonomie führen, deren Lehrsprache selbst bestimmen und bloß die Oberaufsicht des Staates war Vorbehalten worden. Zum Beweise der uneingeschränkten Rechtsgleichheit und Freiheit seien bloß die nachfolgenden, gesetzlichen Bestim­mungen kurz angeführt: Gesetzartikel XXVII vom Jahre 1790 sicherte dem Sachsen Eigentums- und Gemeimschaftsrechte. In welchem Maße diese Privilegien noch immittel­bar vor dem Weltkriege geltend gemacht wurden, das zeigen folgende Daten: Im Jahre 1910 standen von 100.000 Ungarn 456 in Staats- und städtischen Diensten, von 100.000 Deutschen 314. Im Justizdienst waren gegenüber < 306 Ungarn 117 Deutsche tätig, im Unterricht wirk­ten neben 466 Ungarn 505 Deutsche, im Sanitäts­dienst waren gegenüber 175 Ungarn 366 Deutsche beschäftigt. Die Gesetzartikel V v. J. 1848 und XLIII v. J. 1868 sichern die vollkommene Gleichheit der politi­schen und bürgerlichen Rechte. Siebenbürgen war das erste Land auf dem euro­päischen Kontinent, das die Meinungs- und Glaubens­freiheit zum staatlichen Grundgesetz machte (Natio­nalversammlung von Torda i. J. 1567). Der Gesetzartikel XX v. J. 1848 hat die sieben­­bürgischen Gesetze über die Glaubensausübung und Autonomie, Rechtsgleichheit, und Wirkungskreis der einzelnen Kirchen und kirchlichen Behörden be­ Die Rolle Von K. Pap Ich hätte lieber den Cinna gespielt, den hage­ren, unzufriedenen Revolutionär, doch Herr Evezős, der Direktor der Truppe, wollte es nicht. „Aber, aber,“ sagte er, „Sie und Cinna?... China ist ein Fanatiker mit stechenden Augen, flin­ken Bewegungen und hastiger Sprechweise, Sie aber spazieren so langsam, hochmütig und kalt auf der Bühne herum, als würden Sie das Publikum, die Schauspieler und die Tragödie in gleicher Weise verachten. Wahrscheinlich haben Sie auch von mir innerlich eine sehr geringe Meinung.“ Ich lächelte gezwungen. „Und übrigens,“ setzte er fort, „wäs suchen Sie eigentlich beim Theater? Es scheint, Sie sind nur zu uns gekommen, um zuzuschauen und nicht, um zu spielen.“ ..Mit Ihren Operetten sympathisiere ich nicht,“ erwiderte ich, „dais ist das Ganze. In den Shake­­spearcstücken möchte ich aber das spielen, was ich bin. Den Empörer mit dem Dolch in der Faust — Cinna!“ „Spielen Sie nur den Cäsar,“ beendete der Di­rektor das Gespräch, „damit werden Sie noch irgendwie zurechtkonnnen.“ Und er überreichte mir die Rolle. „Übrigens haben wir jetzt keinen Grund zur Empörung, hehehe, nicht wahr? Wir haben Publi­kum, wir zahlen Gagen, — na, gehen wir.“ So wurde Cäsar aus mir. Ich rief voll Emphase: „Auch du, mein Sohn Brutus!“ Doch als ich zusammengebrochen und zu Boden gestürzt war, durchblitzte mich der Gedanke, daß meine Rolle zu Ende war und ich nun furcht­bar lange als Leiche daliegen müßte. Ich trachtete eine solche Lage einzunehmen, daß ich wenigstens sehen und hören konnte, ohne daß dies meiner Rolle zum Schaden gereichte. Ich rollte bis dicht an die Rampe, wendete das Gesicht zu Boden und zog den rechten Arm schützend vor die Augen. So! Jetzt kann es weitergehen. Ich höre und sehe, die erste Reibe der Zuschauer ist nur zwei Schritte von mir entfernt, bisher konnte ich 6ie ohnehin nicht be­obachten. Jetzt werde ich wenigstens erfahren, was ihnen vom Geiste Shakespeares ans Herz greift. Der große Cäsar ist tot und nun lauscht das Publikum den Worten des Brutus. „Wer ist das, der jetzt gestorben ist?“ höre ich einen Zuschauer seinem Nachbarn zuflüstem. „Nun, ein Schauspieler ...“ „Aber wie heißt er?“ Sie suchen auf dem Theaterzettel und der eine flüstert meinen Namen. Mein Name macht die Runde. Der Name des Toten ... Also das interessiert sie! Hinter meinem A.rm sehe ich, daß die ganze Reihe mich angafft. Doch auch in den rückwärti­gen Reihen sind alle Gesichter mir zugewendet. Sie interessieren sich nur für den Toten! Und schämen sich gar nicht... Brutus hat vergeblich gesprochen. Nun kommt Antonius. „Ein Toter kann nie genug echt sein,“ flüstert wieder eine Stimme. „Das ist der schwächste Punkt der Schauspielkunst.“ „Ja, das kann dem ganzen Stück gefährlich werden,“ meint ein anderer. „Man sollte ihn hinaustragen, er ist ja offenbar nur eine Last hier auf der Bühne.“ Auch Antonius deklamiert vergebens. Die Leute höben nur für den Leichnam Sinn. Wie lange wird das so fortgehen? „Hat er die Augen offen?“ höre ich wieder... „Man sieht es nicht—“ Sie grinsen. „Vielleicht schläft der arme Teufel.“ „Keine angenehme Sache, das ist sicher...“ Jetzt wird es wohl besser werden — denke ich —, wenn Antonius allein spricht. Er 1st ein gu­ter Schauspieler und der richtige Antonius — eine kraftvolle, männliche Gestalt.... Er deklamiert wundervoll. Doch auch diese Hoffnung zerflattert. „Für wieviel Geld möchtest du wohl so lange dort liegen?“ „Ich? Na ... sagen wir für 200 Pengő, — viel­leicht auch für hundert.“ „Teufel! Man kann ja einen Krampf bekommen und dabei ersticken. Ich täte es für kein Geld...“ Dagegen bist du machtlos, guter .Shakespeare! Ich möchte ihnen etwas an den Kopf werfen. Docli ich bin ja eine Leiche. Vielleicht wird es besser, wenn die Forumszene beginnt. Ich werde fortgetragen, dann gleich wieder zu­rückgebracht und aufgebahrt. Brutus tritt auf das Podium. Verwünscht! Alles Interesse gilt nur der Leiche. Ich denke mit wildem Haß an das Publikum. Sie flüstern wieder. „Ist dieser Tote wohl derselbe, wie der frü­here?“ „Wahrscheinlich-------“ „Vielleicht ist es nur eine Puppe?“ „Das kann nicht sein. Laß uns mal sehen.“ Immer neue Bemerkungen flattern aus dem Publikum empor; ASPIRIN 3

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