Schul- und Kirchenbote, 1916 (Jahrgang 51, nr. 1-5)

1916-01-01 / nr. 1

m­­men . 50 Lebens- und Dienstjahre. Meine lieben Freunde und Gönner ! Am 1. Januar 1916 bin ich, der „Schul- und Kirchenbote”, in voller geistiger F­rische und Nüttigkeit 50 Jahre alt geworden und habe auch gleich­­zeitig mein fünfzigstes Dienstsjahr vollendet. Wunderlich scheint das mich freilich, daß meine Zehensjahre mit meinen Dienstjahren zusammenfallen, aber bei mir ist das eben eine seltene Ausnahme von der gewöhnlichen Regel. Ich habe auch nicht im Sinn, mir eine gute Pension zu sichern und sie in Nähe zu genießen, nein! Im mir ist die Luft zur Arbeit und zum Dienen ein FZunse geworden, der nie stirbt, ein Feuer, das nie versifb­t. Seit den ersten Tagen meines Lebens habe ich mich an Arbeiten und Dienen ge­­wöhnen müssen, habe nicht die jäde Muttermilch, sondern das sarge, zähe und trocene Brot des Dienstes gewossen. Hiedurch und durch manche Schic­­salzschläge bin ich wetterhart geworden und mill auch weiterhin mich nicht in die Büfche schlagen und die Flinte nicht in’s Korn werfen, sondern ar­­beiten, dulden, kämpfen und leben. Nach gewöhnlichem Brauch will ich Umschau halten über erlebte Freu­­den und Leiden in meinem vergangenen fünfzigjährigen Leben, ist doch ein bedeutendes Stück sächli­cher Arbeit in meinen Blättern verzeichnet. Die Tage, in denen ich geboren wurde, waren eine gefährliche Zeit der Gärung und des Webergangs, wo alte Lebensformen brachen und allerseits Bersuche gemacht wurden, Stoffe zu neuen Lebensgebilden zusammenzutragen. Mit großen Hoffnungen waren die Beiten des flächsischen Volkes in den ver­stärkten Wiener Reichsrat gezogen; mit großen Enttäuschungen fehrten sie heim. Sie hatten sein V­erständnis für die eigenartigen sächsischen Verhält­­nisse bei den Vertretern eines Großösterreich gefunden; in Deutschland war davon nur wenig bekannt; in dem engern Vaterland waren viele den Sadhsen nicht gerade wohl­wollend gesinnt. Mußten sie nicht damals mit bangen Befürchtungen in die Zukunft bllden? Es kam aber noch viel schlimmer als alle gefürchtet: Die Aufhebung der Zünfte, die Gewerbe- und Handelsfreiheit in nicht vorbereiteten Verhältnissen, die Zertrümmerung des Sachssenbodens, das neue Mittel- und Volksschulgeseß, der Sprachenzwang und vieles andere sind einzelne Punkte auf dem Leidens­wege des Sachsen­­voltes, die auch ich, der Schule und Kirchenbote, berühren mußte. Doch entz ftand in allen Umsichtigen der Sachsen der Gedanke: Nicht ärmer wird das Rolfsleben, sondern fester und tiefer; nicht verdrängt wird das Edle und Gute aus des Volkes Seele, wenn seine Führer vom offenen Marfte heim gehen und im eigenen engern Haus der Gesittung und des Gewissens Gese s­chärfen und alle jene Kräfte und Mächte, auf welche die materielle und geistige Wohlfahrt eines Volkes gegründet ist, großziehn, heben und stärfen. Diesem Gedanken des Heimgehns gab dann damals Bischof Teutsch vorerst in Kirche und Schule Ausdruck nicht nur in Neuschöpfungen,­­ sondern auch durch zweckmäßige Durchführung verschiedener Einrichtungen, unterfragt und gefördert durch seine Generalstäbler, zu denen Franz Dobert, mein geistiger Vater, auch gehörte. Zu dem sich neugestaltenden Leben in Slide und Schule kam die je­­gensreiche Tätigkeit hinzu, die Dr. Carl Wolff auf wirtschaftlichem Gebiete entfaltete, dem Gedanken dadurch Ausdruck gebend: Nur das Bolt hat Aus­­sicht, auch in der Zukunft mit Ehren weiter zu bestehn, das seine Boden- 5­ee · ......­«"JJ-ss3-s

Next