Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1880. Juni (Jahrgang 7, nr. 1959-1983)
1880-06-03 / nr. 1961
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Diese Erfahrung wird auch den Kroaten zu Theil, die einen neuen Erfolg errungen haben. Bekanntlich scheiterten im vorigen Jabre die Verhandlungen über die Erneuerung des kroatisch-ungarischen Ausgleiches, während sie heuer zum Ziele führen werden, da die Kroaten ihre wichtigste Forderung, die Einverleibung der Militärgrenze in ihr Gebiet, durchgefegt haben. Im Pester Abgeordnetenhause wurde gestern der Bericht des Justizausschusses über den von der Refikregelung in Siebenbürgen handelnden Gelegentwurf eingebracht und für Samstag auf die Tagesordnung gejekt. Der Abgeordnete Telepsy hat ein Separatvotum gegen den Bericht ausgearbeitet. „Wir müssen die so oft gehörte Behauptung widerlegen, ale wäre die magyarische Nation auf dem Wussterbe-Etat; diese Rücsicht allein rechtfertigt diese Ausgabe." Wir zitiren hier die eigenen Worte des Handelsministers Baron Kemend, die derselde im volkswirthschaftlichen Ausschusse des Abgeordnetenhauses am 31. Mai dem Abgeordneten Ludwig Macsary entgegenhielt, als dieser die Nothwendigkeit der am 1. Januar 1881 vorzunehmenden Rollezählung bestritt. Der Handelsminister hat dadurch, daß er der Volkerzählung eine Tendenz beilegte, zugleich die Zuverlässigkeit der Volkszählung preisgegeben. Das Vertrauen in die Ges nauigkeit derselben wird auch durch den Umstand, daß die Boltszählung, wie Ministerialraty Keleti (früher Klette) versicherte, zum großen Theilbuch Diurnisten durchgeführt werden sol, nicht erhöht. Sämmtliche Blätter der Hauptstadt Böhmen’s feiern die Ankunft des Kaiser’s. Iudem die verfassungstreuen Organe der patriotischen Gesinnung der deutschen Bevölkerung Anspruch geben, machen fie jboch einen scharfen Unterschied zwischen dem Kaiser und den leitenden Kreisen, deren Handlungen die Verstimmung der verfassungstreuen Bevölkerung zu schreiben sei. Die föderalistische „politis“ betont die politische Seite des Kaiserbesuches. Wie sich beide Volksstämme in Gefühlen zur Krone begegnen, werden auch beide den Münscen versehlen entsprechen. Dieser Wunf Heißt Versöhnung. Möge die Ankunft des Monarchen den Frieden bringen, den wir so sehnlich Herbeimünschen, und alle Söhne des Landes vereinigen zu einträchtiger, segensreicher Arbeit, zum Wohle des Landes und des Reiches. Der „Bolo!" erklärt, die Anwesenheit des Kaisers biete den Deutschen die Garantie, daß Niemandem Unrecht geschehen werde. Die orientalische Frage ruht im Aagenblide. Die stille Zwischenpause wird mit einer Analyse der Kollektivmote, welche der Pforte durch die Botschafter überreicht werden sol, ausgefüll. Die „Agence Havas“ theilt mit, die in Konstantinopel beglaubigten Bollgaster würden den Wortlaut der Note selbst redigiren und würde das Affenstüc vor seiner endgültigen Annahme jeder der interesfirten Mächte auf telegraphischem Wege bekanntgegeben werden. Erst nachdem dasselbe von allen Kabineten genehmigt worden, würden die Botschafter es mit ihrer Namensunterschrift versehen. Ueber den Inhalt der Note hat ein Londoner Telegramm der „Agence Havas“ folgende Angaben: Die Kollektionete wird der Reihenfolge nach das Augenmerk der Pforte auf die drei Fragen, betreffend Montenegro, die griechische Grenzregulirung und die Reformen in Armenien renten. Montenegro anfangend wird die Note formell erklären, daß die Pforte die Abtretung der diesem Fürstenthum sraft des legten in Konstantinopel unterzeichneten Protokolls zuerkannten Gebietstheile nicht regelrecht vollzogen habe, und wird sie auffordern, die von ihr getroffenen Maßregeln bekanntzugeben, vermittels, deren sie einem Zustande ein Ende machen will, der jeden Augendblich zum Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen den montenegrinischen Truppen und den Albanesen führen kann. In Betreff der griechischen Frage wird die Note der Pforte zu Gemüthe führen, daß sie (die Pforte) durchaus seine bitabige und befriedigende Antwort auf das Verlangen der Mächte erzielt hat, die Sicherheit und Handlungsfreiheit der Mitglieder des Sonderausschusses zu verbürgen, der die Feststellung der griechischen Grenze besorgen sol. Sie wird die Pforte um Ertheilung einer kategorischen Antwort er fuden und erklären, daß, falls diese Antwort ungenügend aus» fält, behufs Feststellung des neuen Grenzzuges und Anordnung von Ausführungsmaßregeln eine Konferenz in Berlin zusammentreten wird. Hinsichtlich des dritten Punktes, ber armenischen Reformen, wird die Note den ungünstigen Zustand dieses Landes, das Elend seiner Einwohner und das durch die Einfälle der Kurden wie durch die schlechte Verwaltung berursachte absolute Fehlen aller Sicherheit kouftauren und um die Pforte das Verlangen richten, den Mächten unverzüglich anzuzeigen, was für Maßregeln, um Abhilfe dieser Situation zu schaffen, sie getroffen hat. Wie dor "Wiener Allg. Ztg." berichtet wird, soll Harr Göfken in Konstantinopel auf einen hartnädigen Widerstand stoßen. Dadurch wird die Lage jedenfalls so mehr verwirrt und der Zusammentritt der Berliner Wachekonferenz zu einem ft der Nothwendigkeit. Bezüglich der legtern schreibt die Berliner „PBost": „Nachdem Rußland ebenfalls zugestimmt , ist der Zusammentritt der Botschafter- Konferenz in Berlin nunmehr definitiv angenommen und demnächst zu erwarten. Die offizielle Proposition hiefür wurde übrigens von England gemacht, nachdem Fredcinet auf der Duchreise Börchen’s diesem gegenüber auf den ursprünglichen Vorschlag Granpilie's zurückgekommen is. In Berlin glaubt man nach wie vor nicht an den Zusammentritt vor dem legten Drittel des Juni oder Anfangs Yuli.” Der bereits gestern erwähnte Artikel der päpstlichen Zeitung „Voce della Verita” schließt seine Bemerkungen über die preußische Kirchenvorlage mit den Worten: „Die in diesem Gefegentwurfe enthaltenen Ansprüche preußens sind größer als diejenigen, die in den Mai-Gefegen enthalten sind. Diese Vorlage zuzulassen, würde eine Anerkennung der Maisgefege in sich schließen, was die Kirche niemals wird thun können.” Die Regierung verlange thatsächlich mit der Vorlage eine bisfretionäre Vollmacht zur Anwendung der Diate Gefege. Die etlichen Abänderungen, welche durch die Vorlage in diesen Gefegen eingeführt werden, seien von der Art, daß die Kirche sie zurückweisen müsse. Die den Provinz. Präsidenten eingeräumte Befugniß, über die Zulassung zu den kirchlichen Funktionen zu entscheiden, sei geeignet, den Geist der Korruption im dem Klerus zu tragen. Alle den religiösen Orden gewährten Zugeständnisse veduciren sich auf unmerkliche Vortheile. Weberdies sind hiese seinen Konzerttosten probisorischmund von dem Gefallen der Ober-Präsidenten und Minister abhängig, das heißt, se können sich auf nichts veduziren. Alle Gefege gegen die Kirche bleiben in Kraft. Der Artikel billigt es, daß die Katholiken die Vorlage verwerfen. Der preußische Landtag künne dieselbe nicht genehmmen, ohne seine Würde zu verlegen. Im Uebrigen sei es Har, daß sein Katholit eine ähnliche Vorlage annehmen könne, widrigenfalls er den in der apostolischen Bulle angedrohten Strafen verfallen würde, welche, nach dem Wortlaute der Bulle, über „edentes leges vel decreta contra libertatem vel jura ecclesiae“ , die große Erommunikation verhängt. Die Böswilligkeit der Vorlage sei nur nur von dem katholischen Deutschland, sondern an von den Weitesten unter den Protestanten erkannt worden, welche in verselben eine solche Tendenz zum Absolutismus erblichen, die, wenn sie auf das politische Gebiet übertragen würde, einer Nesgation aller bürgerlichen Freiheit gleichsäme. Aus dem Batian ist an den Nuntius und Kardinal Sabbini in Wien der Auftrag zur Veröffentlichung der gestammten mit dem Fürsten Bismarc geführten Korrespondenz abgegangen. Die Gerüchte, die über neue Demonstrationen in Paris zirkulirten, bewahrheiteten sich nicht. Die Negierung war eben auf folge vorbereitet und ließ ven Bastilleplag und die Gräber der Kommunards, die mit frischen Blumen und Kränzen geschmüct waren, bewachen. Dafür fährt er im Pariser Gemeinderathe, seitdem die Regierung den gegen den Pariser Polizeipräfekten gerichteten Beschluß desselben aufgehoben hat. Der Gemeinderath will nun das Polizeibudget verweigern. Die Regierung ist dagegen entschlossen, dieses W Budget im Erfordernißfalle zu drohen. Dem Kulturkampfe in Deutschland wird seitens der Franzosen eine große Aufmerksamkeit geschenkt. Die Liberalen Blätter sind voll Scharenfreude, die Kernfalen aber thun, als wenn Bismarc den Papst blos zum Gensbarmen gegen das Zentrum brwugen wollte. Die „Union” wirft ihm vor, sein Angebot sei „erbärmlich und kleinlich”, und er scheine nicht begreifen zu können, „was in der Welt die Souveränetät des Papstes edeute." In Italien ist mit der Eröffnung des Parlaments der alte unerquidliche Kampf zwischen den verschiedenen Pareteten auf’8 Neue entbrannt, und das Drängen und Stoßen, um zur Macht zu gelangen, bietet einen traurigen Ausblick für den italienischen Parlamentarismus. Inmitten dieser faulen Luft richtet Garibaldi ein Schreiben an seine Wähler, in welchem er nicht bloß die Regierung, sondern auch das Königehaus und die Deonarchie angreift. Der Ziegenzüchter auf Caprera sügt, daß bie eine Hälfte der Nation lustig auf Kosten der anderen lebe, und fährt dann fort: „Die Republikaner, unter die ich die Ehre Habe mich zu zählen, haben provisorisch Ihre Ueberzeugungen zum Schweigen gebracht und sind soyar ans Werk gegangen. Sie haben ihre Pflicht gethan, indem sie von der Monarchie nichts verlangten, als daß sie das Wohl des Landes fördere. Die favoriische Deonarchie, mißtrauisch von Natur, hat das Wohl nicht gefördert. Schlecht berathen, hat sie gesucht sich zu befestigen, indem sie die Nechte des Boltes mit Füßen trat und es ins Elend brachte.” Aus Konstantinopel erhält der „Daily Telegraf” folgenden „Sensationellen" Bericht: „Im Ministerrath schlug Mahmud Nebim Pasha Midhat’s und Saip’s Berufung nach Stambul vor. Er sagte, obgleich er stets Midhat’s Feind gewesen, glaube er da, daß die Situation dessen Anwesenheit und Rath erfordere. Die Thatsache, daß Jeuilleton. Umsonft. Roman von: Hilfe Wolke. (14. Wortfegung.) Thefy sprang auf und in wenigen Minuten war sie a hergestellt. 9a, jet paßte die zarte Gestalt des schlant aufgeschossenen Mädchens schon fast ganz in das Gewand. Wie flüssiges Gold fielen die Falten bis zu den Füßen nieder und wunderbar stimmte die leuchtende Farbe zu dem buntemn Haar, dem bräunlichen Teint und dem bershafften Feuer der fragenden Augen. — Die Krause lounte den bewundernden Eid nicht abwenden von ihr, — sie streichelte immer wieder lächelnd die frommunen Wangen ihres Lieblinge und ließ die Hand dann, wie ermüdet, auf dem Scheitel Tyeiy's ruhen, die ihren alten Plag wieder eingenommen hatte. — Die beiden Frauengestalten in biesem Halbbunkel bildeten, in ihrem Kontrast und ihrer Gruppirung, den fesselndsten Vorwurf für einen Maler. Der feine Kopf Metella’s, zurückgelegt in das Kiffen des hohen Sessels, über das reife ergraute Haar ein schwarzes Schleiertuch geknüpft, das Franke Gesicht leuchtend von einer tiefen Erregung, „die zusammengebrochene Gestalt in einen rothen Shaw gehüllt, die weißen, fast gespenstiihen und bodd so edel geformten ände läffig auf dem Haupte und in der Hand des jungen ädchen suhhend, — Und Thefy selbst?! — Nun, sie stellte das Bild der den aufblühenden Hoffnungsfrohen Jugend dar. — Im Schein einer Heinen Lampe saß sie da, ein phantastisches Bild, in dem weichen Kleide von seltsamen Schnitt, mit gelöstem Haar und dem Ausbruch gespannter Erwartung in den piquanten Zügen, voller Leben und Feuer, am der Sywelle eines neuen Daseins, don den Spielen der Kindheit scheidend und voll heimlicher Neugier in jenen Rosengarten, „Welt” genannt, hinüberschauend, dessen Pforten si ihr erschließen sollten. Sie empfing nun erregt aus den Händen Metella’s eine Unzahl fein beschriebener Blätter. „Lies mir meine Geschichte vor," flüsterte die Kranke, „ich schrieb sie für Dich nieder und möchte sie von Deiner Stimme hören, und mit Dir sie no einmal durchleben!"” — — Und so las denn Thesy mit ihrer süßen Stimme: „Ich bin das Kind eines Fonsters und habe meine Mutter nie gekannt, sie starb bei meiner Geburt. Mein Vater 309 fih nach ihrem Tode, menschensehen und grollend wit dem Geshhch, von allen Menschen zurüc, Fern von der Stadt, am Rande eines großen Waldes lag das Forsthaus und dort wurde ich von seiner Schwester, meiner strengen, schwerhörigen Tante in fatalösterlicher Einsamkeit erzogen. „Den Bater sah ich nur dann und wann zufällig, er mied meinen Anblick, denn er büßte mich all die unschuldige Ursache des schweren Verlustes jener Frau, die er so sehr geliebt, — Ich habe keine Kindheit gelannt und keine Jugend, feinen Weihnachtsbaum und Feine fröhlichen Spiele. Alles war und blieb eben grau und traurig um ihn Her, so auge ich denken man. Der Pfarrer des nahe gelegenen Dorfes unterrichtete mich in allen Elementarwissenschaften und fon» firmirte mich später. Die Tante sah den ganzen Tag Psalmen oder Gebetbücher und überließ mich, außer den Lehr« stunden, ganz und gar mir selbst. Daß ich aber überhaupt ins Pfarrhaus gehen durfte, war die einzige Zerstreuung meines Lebens. Die Pfarrerin war gutmüthig und heiter, hatte nur ein einzigen Sohn, der in einer entfernten befonnten Universitätsfradt studirte und in den großen Werten herüberkam, sich dann aber tüchtig mit mir wehte und herumjagte und öfter auch Freunde mitbrachte, die sich nicht weniger als es mit dem freundlosen einsamen München bescräftigten, das in ihrer fröhlichen Gegenwart gradezu aufe blagte wie eine Blume, die ein Sonnenstrahl triff. Schon früh entwickelte si bei mir eine schöne Stimme und mein alter Lehrer, der ein großer Musikfreund war, interessirte fr lebhaft für diese Himmelsgabe. Schon früher hatte er mir Klavierstunden gegeben, und fi meiner wajchen Fort»schritte gefreut. Nach meiner Konfirmation ertheilte er, mir auch regelmäßigen Gesangunterricht und das war die glücklichste Zeit meiner Jugend. Der alte Wiener Flügel, der daheim in meinem Wohnzimmer stand, wurde vom Dorfkantor immer gestimmt und bat mir vortreffliche Dienste. 3h lernte von allem Anfang an mit Höchster Leichtigkeit, spielte meinen Haydn, Mozart und Beethoven sehr bald auswendig, und eben so rasch und, wie der gute Pfarrer sagte, glänzend waren meine Fortschritte im Gesang Im Notenshranz meiner Mutter fand ichh zu meiner Freude die alten Ausgaben aller bekannten Opern, ebenso eine Sammlung damals beliebter gefühlvoller Lieder. Ich ‚lernte Alles, sang Alles, was mir vor Augen kaum, und wenn ich mit meiner Stimme den weiten Raum erfüllte, in dem ich so einsam kaufte, oder in der Kirche zur Orgel des Pfarrers an stillen Nachmittagen sang, da war mir’s, als hätte ich goldene Flügel, die mich weithin in eine selige Welt voll Glanz und Rosenbuft trugen, da fühlte ich nicht mehr, wie einsam ich war. — „Eines Tages, die Noten blühten eben, wurde Krnst iieder zu den Ferien im Pfarrhaus erwartet, aber diesmal sollte er einen Freund mitbringen, der sich ihm erst seit dem legten Semester angeschlossen, den Sohn eines Grafen, erezählte mit einem gewissen Stolz die Frau Pfarrerin. „Es ist ein eigen Ding mit ihm,“ sagte sie geheimnisvol, „sein Vater möchte ihn nämlich enterben, weil er unter die Künstler gegangen is. Er hat die schönste Tenorstimme, die man sich denken kann, und will zur Bühne gehen, ist auch schon aufgetreten zur Probe, — Ale Haben ihm zugerebet, und ba