Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1892. Januar (Jahrgang 19, nr. 5492-5516)

1892-01-28 / nr. 5513

ReduktionundYdministration Heltauergasse23. Erscheint mit Ainsnahm­e der anfgionns und feiertage falkenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 kr., vierteljährlich 2 fl. 50 kr., halb­­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’g Haus, mit Zustellung 1 fl. 3 fl., 6 fl., 12 fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 Er., gtbiäpeig 7 fl., ganze jährig 14 fl. Für das Ausland: bierteljährig 7 RM. oder 10 Fres., halbjährig 14 AM. oder 20 Seen ae 28 AM. oder tc3. Unfraniirte Briefe werden nicht angenomm Danufteipte nicht zurückgestellt. 7 N: 5513. XIX. Jahrgang Siebenbürgisch-Deutsches Cageblatt. Her manı jtadt, Donnerstag 28. ‚yanar Pränumerafionen und Anferate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltaue gaffe Nr. 23: in Kronstadt Heinrich Zeidne, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johan Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrman Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen­­ta Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Ma. (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dann­­berg, Pest A. V. Goldberger, B. Eckstein Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeit fostet beim einmaligen Einraden 7 Er., das zweit­­mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­­clusive der Stempelgebühr von je 30 fl. Pränumerations-Einladung auf das Siebenbürgisch - Deutsche Tageblatt. Mit 1. Februar 1892 beginnt ein neues Abonnement auf das „Siebenbürgissh-Deutige Tageblatt“. 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Indem ich mich Ihnen mit herzlichem Gruß vorstelle, ist es meine Auf­­­gabe, über den kürzlich geschlossenen Reichstag, über die Zeit, während welcher ich die Ehre hatte, Sie darin zu vertreten, zu berichten und über nieire bes­­­cheidene Wirksamkeit Rechenschaft abzulegen. Von dem Ernst der Aufgabe, die mir Ihr ehrendes Vertrauen auf­­­erlegte, war ich immer tief durchdrungen und redlich bemüht, derselben, meinen schwachen Kräften gemäß, nach bestem Wissen und Gewissen nachzukommen. Dies war ja auch umso notwendiger, als die Verhältnisse zur Zeit, als meine Wahl erfolgte, so schwierig waren und ich die Geringfügigkeit meiner Kraft umso mehr empfand. Ich stand ja bereits in vorgerücktem Alter, als ich eine mir neue und ungewohnte Bahn betrat und hatte noch nie öffentlich gesprochen. Mut gab n­ir nur die Liebe und Anhänglichkeit, die mich seit jeher für meine Heimat beseelten, die Hoffnung, ihre und dem Vaterland vieleicht doch auch etwas nügen zu können, und der Umstand, daß ich mit sehr wichtigen Ver­­­hältnissen, denen wir, wenn wir uns mit Bolitis berafen, in unserem eigenen Interesse unbedingt Rechnung tragen müssen, bei meinem langjährigen Auf­­enthalt in der Hauptstadt, durch eigene Anschauung mehr vertraut war, als die meisten meiner Heimatsgenossen. Indem ich meiner Pflicht als Abgeordneter zu entsprechen bemüht war, mußte ich e3 als eine meiner Aufgaben ansehen, der nachzukommen mit Herzensbedürfnis war, auch mein Scherflein zur Behebung jener schweren Mißverständnisse und der vornehmlich Hieraus erwachsenen Besch­werden beizu­­­tragen, die unter Bölklein seit Jahren drohten und tief verstimmten, den Stauben an eine im Lande herrschende Gerechtigkeit erschütterten. Wenn es eine unbezweifelbare Thatsache ist, daß wir Sacdhsten seinem anderen Staate angehören können, als dem, auf dessen Gebiet unsere Vor­­­fahren, vom ungarischen König vertragsmäßig berufen, vor sieben und einem halben Jahrhundert eingewandert sind, für welchen unsere Vorfahren gearbeitet, geblutet und schwere Opfer gebracht haben, von dem wir vor mehr als drei» Hundert Jahren ohne unsere Schuld vorgeriffen wurden, dem wir aber nun — seit verhältnismäßig kurzer Zeit — wieder angehören, so ist es von der allerhöchsten Wichtigkeit. Daß die Bande, die uns an diesen Staat knüpfen, der ja unser Vaterland ist, Durch gegenseitige Rechtsachtung, Billigkeit, Pflicht­­­treue und unsere hiedurch genährte Liebe, Anhänglichkeit und freudige Opfer­­­willigkeit immer fester geschlungen werden. Solche Verhältnisse und Gesinnungen find­­en allein, bei denen sich die Staatsbürger wohl fühlen, solche V­erhältnisse und Gesinnungen sind die feiteste Stüge eines jeden Staates, vornehmlich aber eines aus so verschiedenen Elementen zusammengelegten Staates wie Ungarn. Ich wurde in diesem Wahlkreise, der immer treu an seinem Boliztum hing, ohne dem Staate die schuldige Treue zu versagen, auf Grund des Pro­­­grammes der sächsischen Volkspartei gewählt und­ konnte auch nur auf Grund dieses Program­mes gewählt werden. Es war dasselbe Programm, auf Grund dessen der große Patriot Franz Denk den sächsischen Abgeordneten den Eintritt in seine Partei, die damalige­­­ Regierungspartei, mit dem Vorbehalt der Ver­­­tretung ihrer besonderen Interessen, gestattet hatte. Das Programm, zu dessen Hauptpunkten damals natürlich auch die Wahrung des uralten, auch durch ein neues ungarisches Gefeh gefrügten Meunizipalrechtes gehörte, war also gewiß ein staatstreues. In harten Kämpfen traten die durch Jahrhunderte an autonome Selbst­­­bestimmung gewöhnten Sachen für dieses alte Meunizipalrecht und für Rechte ein, welche sie zu ihren Lebensbedingungen rechneten, mit jderselben Ent­­­schiedenheit, mit welcher ja auch die Magyaren stets ihre Rechte verteidigt haben. In Kämpfen, in denen die Leidenschaft naturgemäß stets eine Rolle spielt, ist es, so lange es Menschen und Leidenschaften giebt, nicht möglich, Fehler zu vermeiden. Die Sacsen, als der viel schwächere Teil, unterlagen, die Mehrzahl der fächsischen Abgeordneten trat aus der Partei aus, die sie nicht unterjtügt hatte. Der Zentralausschuß der fächsischen Volkspartei sah sich zu der Bestimmung veranlagt, daß fortan kein auf Grund des Volkspro­­­grammes gewählter Abgeordneter ich einer der Reichstagsparteien anschließen­­­ solle, weil nach herben Erfahrungen von feiner eine Unterfrügung der säch­­­sishen, Rechte und Lebensinteressen zu erwarten ei. Auch ich konnte mich also im Reichstag Feiner Partei anschließen, stand also, wie meine auf der­­­selben Grundlage gewählten Kollegen, außerhalb der Parteien. Daß aber hiemit seinestwegs eine grundläglich oppositionelle Haltung, am allerwenigsten gegen den berechtigten ungarischen Staatsgedanken, gemeint sein konnte, verstand ich von selbst. Der Reichstag, in den ich exit in seiner zweiten Session eintrat, war einer der stürmischesten. Besonders stürmisch waren die Verhandlungen über die Wehrgeießvorlage und über den Staatsvoranschlag für das Jahr 1890, bei welchen die leidenschaftlichsten Angriffe der äußerten Linien und der hiebei mit ihr verbündeten sogenannten gemäßigten Opposition sie gegen die Person des MMinisterpräsidenten Tipa richteten, den sie der Preisgebung der Rechte des Landes gegenüber angeblichen Wiener Strömungen und der Vernachlässigung der nationalen Interessen beschuldigten; Vorwürfe, die in den Augen Ruhig» denfender gewiß sehr befremden mußten. In jüngst vertroffenen Jahre sahen wir eine wahrhafte Totrededebatte, bei welcher die äußerste Linke durch unerschöpfliche Reden es verhinderte, daß der umfangreiche Geießentwurf über die Regelung der Komitatsverwaltung von der weit überwiegenden Mehrheit, die dafür war, angenommen­­­ wurde. Durch leidenschaftliche, weitschweifige Debatten ging in dieser Weise unendlich viele Zeit verloren und doc kann durchaus nicht gesagt werden, daß die nun abgeschlossene Reichstagsperiode eine unfruchtbare gewesen­­ei. Sie weist sehr wichtige Ergebnisse auf, darunter sehr ersprießliche, die einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung des Landes bedeuten, aller­­dings auch solche, deren Druck nicht bloß in unseren Streifen empfunden wird. An freudige Errungenschaft muß betrachtet werden die Herstellung de­­s Weichgewichtes im Staatshaushalte. Daß nun die Ausgaben des Staates die­ Einnahmen nicht mehr üidersteigen, sogar widerholt einen bedeutenden Ueber-­­fHuß ergaben, wendet die böse Gefahr des ferneren Anwachsens der Staats­ Schulden ab und macht die finanziellen Hilfsmittel des Staates freier für gemeinnügige Eiwede, namentlich zu der von der Geschäftswelt und einsichtigen Sachmännern immer dringender geforderten Herstellung der Baluta und damit der Abstellung der Agioschwankungen des Geldes, die die Berechnungen der Geschäftsleute, namentlich jener, die mit dem Auslande zu thun haben, oft genug zu ihrem empfindlichen Schaden stören und dadurch den Handelsverkehr sehr beeinträchtigen.­­­ mit nicht geringen Opfern, durch die Erhöhung mancher Steuer, namentlich Allerdings wurde die Herstellung des Gleichgewichtes im Staatshaushalte der hiezu allerdings am meisten geeigneten Branntweinsteuer,durch­ die Ab­­«­­lösung der Regalrechte und die Einführung einer Schanksteuer erreicht,wobei der Verlust,den das Einkomm­en der m­it im­m­er größeren Aufgaben belasteten Städte erlitt,freilich recht empfindlich war.Zur Herstellung des Gleich­­­­ger­ichtes im­ Staatsbudget trug auch nicht unerheblich bei die Konversion von Staatsschulden die,indem sie die Rückzahlung auf einen längeren Zeitraum verteilte,die Lasten der überbürdeten Gegenwart wesentlich erleichterte. ganz ein war aber die Herstellung des Gleichgewichtes und damit die Ordnung unseres Staatshaushaltes ein großes und sehr verdienstliches Werk,das die Staatsbü­rger vor bösen Gefahren bewahrt und dem Finanzminister Ehre macht. Als hochwichtiges und zugleich freudiges Ereignis ist auch zu betrachten der Abschluß der Handels-und Zollverträge unserer Monarchie mit Deutschland Italien,der Schwweiz und Belgien,inwiefern­ dam­it die Umkehr einer Handelspolitik beginnt, die durch Hohe Zölle und Absperrungen den inter­­­nationalen Verkehr mit den wichtigsten Staaten Europas erschwerte. Die abgeschlossenen Handelsverträge erleichtern, wenn auch wohl in nicht bedeuten­­­dem Maße, den Warenverkehr auf einem Gesamtgebiete mit et­wa 130 Millionen Einwohnern. Wer er messen will, was Ver­ehrserleichterungen bedeuten, möge den außerordentlichen Aufschwung in Betracht ziehen, den das den Verkehr erleichternde Eisenbahnwesen in vielen Ländern gebracht und die schweren Schäden, die die Störung des Verkehrs mit unserem Nachbarlande Rumänien duchh den Hoflkrieg verursachte. Die erwähnten Verträge bilden nun nach bedeutungsvollen Erklärungen von kompetenter Seite bloß den Anfang einer freieren Handelspolitik, die darauf Hinstrebt, auch mit den östlichen Staaten, namentlich mit dem für uns so wichtigen Rumänien, einen neuen Vertrag zu schließen. Wer die Verhältnisse fennt, wird freilich von einem solchen Vers­­trage große Erfolge, namentlich das völlige Wiederaufleben des früher so lebhaften und für uns so ersprießlichen Verkehrs mit Rumänien nicht erwarten. Wichtig unter den vom regten Reichstage zu­­stande gebrachten Gefegen ist ferner auch das Wehrgeieg, dessen Bestimmung es ist, unsere Herresmacht zu kräftigen für vielleicht bald bevorstehende Nierenkämpfe, die über das Schidsal von großen Staaten, vielleicht auch über das Schickal Ungarns und unserer Monarchie entscheiden werden. Für das Wehrgefeß trat ich in meiner kurzen Erstlingsrede ein, ferner ist zu erwähnen das Gefe über die Regelung der Finanzverwaltung, dem gegenüber ich im Abgeordnetenhause vom praktischen Standpunkt meine Bedenken ausgesprochen haben würde, wenn mi, nachdem­ ich bereits zum Sprechen vorgemerkt war, ein Unwohlsein nicht daran ges hindert hätte. — Wichtig sind ferner: das Gejäß über die Begünstigungen für die vaterländische Industrie, die auch dem S­leingewerbe zu Gute kommen sollen, ferner das Gefeg über die Begünstigungen für solche Geldinstitute, welche die vaterländische Industrie unterstügen, die Gefege­ über den griechischen Unterricht in den Gymmnasien, über die bereits sehr notwendig gewordene Vermehrung der Ini­­­ Szeniffeten. Und vergieb uns unsere Sud! Noman von Georg Höder. (80. Fortlegung.) „He, hallo! Was ist das?“ rief der Kutscher plöglich exfchrecht, als er eine über den Weg liegende, anscheinend leblose Mannesgestalt erschaute, „Teufel, da ist ein Unglüc­­keschehen, steht doch auf Mann, seid Ihr betrunken oder gar? . . .* Das legte Wort kam schon nicht mehr über feine Lippen, denn der Hutscher, der sich inzwischen über den auf dem Boden ausgestrebt Liegenden gebeugt hatte, stieß plöglich einen schrillen Schrei des Schredens aus und taumelte zurückfahrend in die Höhe; „alle guten Geister!“ rief er mit bebender Stimme. „Was ist geschehen ?" erschallte die ungeduldig singende Stimme der Gräfin vom Wagenschlag aus. „D Sesus, Frau Gräfin, ein entsegliches Unglück !” stammelte der Kutscher wieder, indem er die Hände rang. „Hier, gerade wegd, vor dem Hufen meiner Pferde liegt . . ." „Run?“ rief die Gräfin beunruhigt aus. „Wer siegt denn dort ?” „Kein anderer, als der Kammerdiener unseres gnädigen Herrn, der Franz,“ stammelte der Kutscher wieder, während unverhülltes Entgegen aus seinen Gesichtszügen hervorleuchtete. „Er ist ganz entstellt im Gesicht und hat einen Hieb hier über den Kopf erhalten, daß ‚das Blut nur so heruntergeflossen ist!” Die Gräfin b­rach zurück und bebte zusammen. „Barmherziger Gott, das ist dein Gericht!” stammelte sie. „Unmöglich !” feste sie dann eifrig hinzu, selbst den Wagenschlag öffnend und in den Schnee hinaustretend. „Sie müssen ich getäuscht Haben, Friedrich, dieser Mann fann Nichlesse sen Aber sie vollendete nicht, denn der Anblick der si ihr darbot, war geradezu grausig. Die jchrederstarrte Frau, welche heftig erzitterte, faltete Die Hände über der Brust zusammen und schaute mit einem erloschenen Blide nach dem sternenfunkelnden Himmelsgezelt empor. „Dh, Herr, daran erkenne ich, daß du deine Hand über uns alle breitest “” flüsterte sie mit bebenden, aschfarben gewordenen Lippen. „Oh, gehe gnädig mit und Armen in das Gericht!" Wieder schauerte sie zusammen, „Hort, Fort!" stieß sie dann mit rauher, entstellter Stimme hervor. „So schnell wie möglich nah M Wolfenstein! Mein Gott, was mag dort ges­­­chehen sein !" Der Rutscher mochte selbst froh sein, dem schauerlichen Anblide zu ent­­­rinnen. Behutsam führte er das schnaubende Gespann ausweichend an dem Leichnam vorüber und als dann die Gräfin unweit von der Moroszelle wieder eingestiegen war, schlug er wie besessen auf die Pferde Log und diese rannten mit großer Schnelligkeit, den Wagen Hinter si­­­cherziehend, vollends den Berg inauf. Oben im GSchlosfe, das völlig Lichtlos dalag — nur aus dem Wohn­­zimmer des Grafen flimmerte ein milder Lichtsehimmer Hell und friedlich auf den dunkeln Schloßhof hinab — regte sie sein Geräusch. Die ungetreue Dienerschaft mochte noch immer nicht zur Pflicht zurückgekührt sein, annehmen, daß die Hochzeitsfeierlichkeit doch bis zum grauenden Morgen währen würde. So fand es, daß, während der Kutscher die schnaubenden Pferde in den Stall führte, Gräfin Klotilde ohne­ Geleit über den dunkeln Sorrivor Die breite teppichbelegte Stiege hinaufsteigen mußte. Oben angelangt, blieb sie zuerst un­­­schlüffig stehen, nicht wissend, ob sie zuerst nach ihrem eigenen Gemach zur Linken oder zur Rechten nach dem Wohngemach ihres Gatten abbiegen solle. Ein eigentümliches Gefühl, das selbst das Entgegen, welches sie vorhin bei dem Anblickk des offenbar von Gott Gerichteten empfunden hatte, verscheuchte, schnürte ihr Herz zusammen,. Sie wußte selbst nicht, was sie eigentlich em­­­pfand, aber inftinktiv 309 es sie nach dem Wohngemach ihres Gatten. Wie Jill und lautlos alles rings um sie war! Auch nicht das geringste Geräusch drang zu ihren Ohren, als sie nun die Thür aufdrühte, und in das, an das Wohngemach ihres Gatten stoßende Zimmer trat. Durch die Bortieren, welche sie von dem ersteren schied, drang ein gedämpftes Licht bis zu ihr. Einen Augenblick blieb Klotilde stehen und, den Atem innehaltend, Tauschte sie. Nichts war vernehmbar. Kein Laut erinnerte sie daran, daß im Nebenraum der gelähmte Mann weilen mußte, durch weisen Verschulden alle so namenlos unglücklich geworden waren. Plöglich beschlich eine unerklärliche Bangigkeit £. Gerichtstafeln, über die Reform der Organisation der Gerichte und Staatsanwaltssaften, über die Vereinfachung der Behandlung der Grundbuch­einlagen, über die günstigere Behandlung der Volksschullehrer bei ihrer Pensionierung, über die Sonntagsruhe der gewerblichen Arbeiter, über die Seranienunterstügung der in den Gewerben und bei den Fabriken das Fühlen der unglücklichen Frau. Hastig durchmaß sie die Breite des Wohn­­­gemaches und stieß mit ungestümer Handbewegung die Portieren zurück, in das vom Licht des Kronleuchter hell beschienene Wohngemach des Gatten tretend.­­hr erster Blick fiel auf den legteren, der, anscheinend schlafend und friedlich die Hände über der Brust gefaltet, in seinem gewohnten Lehnstuhle saß. Als Klotilde den Mann sah, der so friedlich und ruhig schlafen konnte, während über ihm schon da Verhängnis stand und sie selbst vor namen­­­losem Weh nicht mehr ein noch aus wußte, da ergriff eine ungeheure Er­­­bitterung ihr Herz. Sie rauschte hastig bis zu dem Lehnstuhle des noch immer nicht Erwachenden und fegte rauh und ungestüm ihre Hand auf seine Schulter. „Wolf!“ sagte sie scharf und Hart. „Es ist seine Zeit zum schlafen jet, ich habe mit dir zu reden!“ Sie wartete einen Augenblick auf Antwort, rüttelte dann an der Schulter ihres Gatten, ohne daß es ihr indessen gelang, denselben aus seiner Stellung herauszubringen und ihm die Augen offen zu machen. Entjeglich! Ex konnte so tief und gut schlafen, während er die langen Jahre über das Geheimnis mit fi herumgetragen, daß sie selbst, faum daß sie es wußte, zur elendesten und befragenswertesten aller Frauen auf Gottes Erdboden gemacht hatte. nWolf!* rief sie von neuem. „Wach auf, ich Habe zu reden mit dir !“ Wieder rüttelte sie an seiner Schulter und als dies nichts half, erfaßte sie seine Hand, um ihn empor zu zerren. Aber da ergriff sie eine seltsame Bangigkeit, denn die Hand, die sie mit ihrer eigenen, warmen und Lebens­­kräftigen umspannte, war so seltsam eisig fait und fegt, da sie erschredt dieselbe finfen ließ, da fiel sie mit schwerem Schlage über die Kante des Lehnfeffels nieder und glitt von diesem herab, schlaff und reblos zur Seite hängend. „Almächtiger Gott, was ist denn das?“ Sie schaute näher auf das an­­­scheinend so friedlich lächelnde Gesicht des Gatten, das sie in solcher Verfassung schon seit langen Jahren nicht mehr gesehen hatte, da taumelte sie, von einer plöglichen Ahnung erfaßt, einen Schritt zurück. Die Augen des anscheinend Schlafenden waren zur Hälfte geöffnet und der Blick war so seltsam eisig und gebrochen, daß bei Klotilde kein Zweifel mehr darüber im Herzen wohnen konnte, daß ihr Gatte tot sei,­­­­­­ » « —

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