Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1893. Oktober (Jahrgang 20, nr. 6023-6048)

1893-10-01 / nr. 6023

­.­«. .9­4 sphermanstathonntag Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. 1. Oktober 1893. Ne. 6023 Haufe unterbreiten. (Bestimmung rechts.) Den zweiten Entwurf, der sowohl in politischer als administrativer, wie, ich möchte sagen, auch in finanzieller Beziehung der wichtigste und kostspieligste ist, nämlich den Gemeinde-Entwurf, werden wir bestrebt sein — zu solcher Seit einzureichen, daß ed nicht die Schuld der Regierung sein sol, wenn derselbe nicht schon in der Wintersession zur Verhandlung gelangt. (Zustimmung rechts.) Von den zu meinem Portefewille gehörigen Vorlagen will ich nur zwei erwähnen. (Hört, hört!) Die eine, welche die Kreditgenossenschaften behandelt, werde ich demnächst die Ehre Haben, vorzulegen, während ich die andere, auf die­ Reform der direkten Steuern bezügliche Vorlage demnächst unter die Mit­­glieder des geehrten Haufe werde verteilen lassen. Dieselbe enthält nicht die fertigen und formellen Entwürfe, sondern bloß die Vorstudien, insbesondere die statistischen Daten und jenes Memorandum, welches die Tendenz und den Lösungsmodus der Steuerreform behandelt. (Zustimmung rechts.) Ich thue dies — wenn es auch vielleicht ungewohnt ist —, um dem geehrten Haufe auch einzelne solcher Elaborate zur Verfügung zu stellen, welche um sich ge­­nommen zur Beratung nicht geeignet sind, um hiedurch das von mir öfter betonte Prinzip, daß es zu einer entsprechenden Durchführung der Reform der direkten Steuer nötig ist, daß sie alle Faktoren der öffentlichen Meinung hierüber äußern, in je größerem Maße verwirklichen zu können, und um den geehrten Mitgliedern des Hauses die Möglichkeit zu sichern, schon bei den nächsten Budgetverhandlungen über die Richtung der Lösung der Reform sprechen zu können. (Bestimmung rechts.) Die Valutafrage. Ich bitte nun, mir zu gestatten, mich über die Valutafrage zu äußern. Gegenüber den verschiedenen Einwendungen, Besorgnissen und Beschuldigungen, die im öffentlichen Leben gegen dieses Regelungs­werk sich immer wieder er­neuern, kann ich mich nicht auf dem Wege der Presse entsprechend äußern (So ist’s­ rechts), sondern ich halte es für meine Pflicht, die erste Gelegenheit hier im Hause zu ergreifen (Zustimmung rechts), um diese Frage so darzulegen, wie sie steht. (Hört, hört!) Ein Jade und vier Monate trennen und vom jener Zeit, als ich, mit dem Programm vortrat, daß wir unsere zur Konversion reifen Staatejchulden konvertieren und den daraus stammenden Gewinn zu Goldbeschaftungszmweden verwenden sollen, und als die Legislative den Weitergang zur Goldvaluta und zur Heineren Münzeinheit feststellte. Dieses damalige Programm wurde zu unserer größten Freude mit solcher Einstimmigkeit angenommen, daß ich es eigentlich nicht als mein Programm, sondern als jenes der ganzen ungarischen Legislative halten kann. (Zustimmung rechts. Lärm äußerst Links und Rufe: Verantwortlickeit!) Mir, geehrtes Haus, blieb von diesem Programm eigentlich nur Eines übrig, nämlich die Verantwortlichkeit, die ich stets in dem vollsten Ausmaße zu tragen bereit und auch verpflichtet bin. (Lebhafter Beifall und Elfenrufe rechts.) Polonyi: Uns aber ist das Agio geblieben! (Heiterkeit Linz und äußerst lints. Hört, Hört! rechts.) ‘ 3 Ministerpräsident Weierle: Gegen den ersten Teil des aufgestellten Programms, das nämlich die Konversion durchgeführt werde, ist vorgebracht worden, daß es zweckmäßig wäre, die Konversionsoperation dann durchzuführen, wenn die Baluta schon geregelt sein werde, nicht bloß deshalb, weil dies vielleicht mit einem größeren Gewinn wird durchgeführt werden künnen, sondern hauptsächlich deshalb, weil die Goldbeschaffung leichter sein werde, wenn jene großen Kapitalien, welche bei einer Konversion unbedingt mobilisiert erben, nicht beunruhigt werden. Eine andere Besorgnis, eine andere Anklage, die gegen die Konversion vorgebracht wurde, ist die, daß man sie zu einem billigeren Kurse Hätte duchführen sollen und daß man nicht wegen eines momentanen Gewinnes den großen med hätte aus den Augen verlieren sollen. Ich nehme aber auch fest den Standpunkt ein, daß meine Erachtens die Konversion vorher durchzuführen war. Erstens deshalb, weil jene Papiere für die Konversion gereift waren und es sehr zweifelhaft war, ob sie eventuell bei einer Berschlechterung des Geldmarktes in naher Zukunft konvertiert werden können, so daß wir große finanzielle Verluste hätten erleiden können, menn wir die Konversion später durchgeführt hätten. Zweitens habe ich den Stand­­punkt, daß die Konversion vorher durchzuführen sei, aus dem Grunde ein­­genommen, weil ja der bei der Konversion durchgeführte Gewinn uns jene materielle Fähigkeit verliehen hat, an die Valutaregulierung denken zu können.­­ (Bustimmung rechts.) Ein drittes und für mich entscheidendes Moment war dasjenige, daß — wenn wir schon einmal besorgen müssen, daß wir große Kapitalien mobilisieren, wenngleich dies erschlwerend auf die Goldbeschaftung wirt­l­ich es für besser hielt, daß diese großen Kapitalien mobilisiert werden, bevor die Valutaregulierung abgeschlossen wird, weil dann die mobil­­ierten großen Kapitalien nachteiliger gewirkt hätten (Zustimmung rechts) Ad wir sehr leicht das mühevolle Werk auf Jahre Hinaus völlig lahmlegen hätten können. Gegen den wohlfeileren Kurs habe ich nicht aus Engherzigkeit, um ein größeres Resultat zu erzielen, Stellung genommen, sondern deshalb, weil ich an und für si­e­ nicht für zulässig erachtet hätte, jenen großen mora­­lischen Faktor, der in unserer Kreditfähigkeit liegt und in dem Kurs der Rapiere zum Ausdruch kommt, in dem Augenblicke zu devalvieren, wo ich vor einer so großen Operation stehe; andererseits hielt ich es für unbillig, den Inhabern der früheren Staatsobligationen gegenüber, die vielleicht in der legten Zeit zu höheren Kursen die Staatspapiere ertworben haben, daß ich — nachdem sie ihre Staatspapiere zu einem hohen Kurs erworben haben — nun diese Obligationen zu einem mehrfeileren Surfe dem P­ublitum zur Verfügung stelle. Die mittlerweile gewonnenen Erfahrungen (Hört, hört!) Haben das auf­­gestellte Programm volltändig gerechtfertigt und Heute fan­n ich nicht bloß abstrafte theoretische Argumente, sondern Thatsachen, mittlerweile eingetretene Ereignisse dafür anführen, denn die Konversion ist in einer verhältnismäßig s­ehr kurzen Zeit unter vollkommen entsprechenden Bedingungen durchgeführt worden. Betrachten wir nun den zweiten Teil: die Goldbeschaffung, jene Schwierigkeit, die mit der Goldbeschaffung verbunden ist, jenes Disagio, da gegenüber der festgestellten Relation entstanden ist. Hier begegnen wir der Beschuldigung, daß das Disagio durch uns verursacht wurde, indem wir Gold tauften und auf dem Geldmarste das notwendige Gold dem Verkehr entzogen wurde. Ich erlaube mit dem geehrten Haufe nur in Erinnerung zu bringen, daß die Balutaregulierungs-Operation eigentlich nicht im Mai oder Juni 1892 begann, als wir sie hier verhandelten, sondern daß sie begann, als unser Goldagio auf 112'­, stand, daß wir also ein Agio hatten, bei dem wir , wenn wir nicht unserer ganzen Wirtschaft ständig eine große Last aufbürden wollen, unmöglich zu einer unseren Interessen entsprechenden Nelation über­­gehen konnten. (Bestimmung rechts.) Wenn also unsere Goldläufe auf diese Erhöhung des Agios von Einfluß waren, so war dies lange vor Feststellng der Relation der Fall. Es ist dem geehrten Haufe bekannt, daß ich, wenn ich mich recht erinnere, im Herbst 1890 mit den Goldläufen begann und dieselben im Jahre 1891 beendigte. Sehr lange Zeit vor Feststellung der Relation habe ich keinerlei Goldeinläufe ge­­macht. Ein namhafter Teil unseres Goldvorrats war schon vorhanden, insofern wir von damals 45 Millionen alter Goldgulden zu Balutaregulierungs­­zwecken bestimmten, so daß ich mich zu behaupten getraue, daß auf das ein­­getretene Disagio die Goldläufe der Regierung von keinerlei Einfluß waren. Das Diagio haben ganz andere Umstände verursacht und zwar jener große Prozeß, dessen Zeugen wir nicht nur in feßter Zeit, sondern, ich möchte jagen, seit den legten vier bis fünf Jahren sind, daß nämlich unsere im Auslande placierten Werte — und hier meine ich nicht ausschließlich die staatlichen Werte, sondern die im Auslande placierten Werte Oesterreich und Ungarns im allgemeinen — in hohem Maße zurückließen. (Bewegung linie.) Das kann momentan für die Valutaregulierung unangenehm sein, es ist aber die günstigste wirtschaftliche Erscheinung (Zustimmung rechts), die uns vielleicht für die geregelte Baluta fähiger macht, al wenn wir momentan das Gold in­­ rascherem Tempo beschaffen könnten (Zestimmung rechts); denn mir werden, wenn wir nicht dem Auslande schulden, in den Stand gelegt, das beschaffte Gold zu behalten und in der That in die Reihe der goldbefigenden Länder zu treten. (Zustimmung und Beifall rechts.) Jedenfalls haben wir aber heute ein Disagio, daß die Goldbeschaftung erschwert und unnsere wirtschaftlichen Verhältnisse nachteilig beeinflußt. Zur Behebung des Disagios pflegen zwei Mittel angewendet zu werden und man machte mir einen Vorwurf daraus, daß ich dieselben nicht angewendet habe. Das erste ist, daß dem Markte eine entsprechende Quantität Gold zur Ver­­fügung gestellt wird. (Heiterfeit recht3.) .. Sofef Rovars: Das werden Sie doch nicht thun ! Ministerpräsident Weierle: Wenn das Disagio wirklich dadurch er­zeugt worden wäre, daß wir dem Markte das Gold entzogen haben, dann gäbe es ja ein untrügliches Remedium; der Vorgang wäre einfach, daß wir das Gold Hinausgeben würden, dann gäbe es sein Disagio, aber auch sein Gold. (Lebhafte Zustimmung und Beifall rechts.) So aber ist es mir, wie ich glaube, gelungen, Beweise zu liefern, daß die Einziehung des Goldes beim Herberrufen des Disagio Feine oder nur eine verschwindende Rolle spielt, und­ dasselbe auf ganz andere Motive zurücgeführt werden kann, und daß jenes Remedium nicht dazu führen würde, das Disagio verschwinden zu machen, sondern bloß dasselbe mit 1/, oder A Verzent zu berringern, wobei wir aber das ganze Gold verlieren würden. (So ist’s! rechts.) Dieses Remedium habe ich also nicht angewendet, und ich erkläre, daß ich auch in Zukunft es unter seiner Bedingung anwenden werde. (Lebhafte Zustimmung.)­­ Das andere Remedium, welches em­pfohlen wird, ist die Erhöhung des Zinsfußes. Ich will nicht darüber streiten, ob dann, wenn wir sehen, daß in viel reicheren Staaten, als wir es sind, der Zinsfuß höher ist als bei uns, die­ von Einfluß darauf ist, Daß unsere Wertpapiere immer mehr zurück­finden, aber wir dürfen Hinsichtlich des Zinsfußes jene wirtschaftliche Wahrheit nicht vergessen, daß der Zinsfuß nur unter ganz normalen Verhältnissen darauf von Einfluß ist, ob das Gold hier oder dort bleiben sol, ob die Werte­papiere hieher oder dorthin wandern sollen. Wenn wir auf den europäischen Geldmärkten folgen Erscheinungen begegnen sie feßt, daß in dem einen mächtigen großen Staate der Diskont 21­, Prozent beträgt und in dem Nac­­barstaate 5 Prozent, ohne daß dies eine wahrnehmbare Strömung der Wert­­papiere hervorrufen werde, und nachdem die Strömung der Wertpapiere von ganz anderen BVerhältnissen als von den Einsfußverhältnissen abhängt, dann würde dieses zweite Nemetium vieleicht auch ein wenig Abhilfe schaffen, wi­e aber zweifellos unseren volkswirtschaftlichen Verhältnissen sch­were Wunden schlagen. In einem landwirtschaftlichen Staate, wie win esifind, wü­rde die derzeitige Erhöhung des Einsfußes das derzeitige Einkommen­­ der Lan­diwirte beeinträchtigen. Unter solchen Umständen kann ich auch zu diesem Remedium nicht greifen. Zur Beseitigung des Disagios giebt esu nur­­ ein ftheros‘ Mittel (Hört! Hört!), nämlich die Aufnahme der Barzahlungen. Da it hiezu aber heute nicht fähig sind, harrt unser­ die Aufgabe, alles aufzubieken­y Damit wir­­ die Vorbedingungen der Regelung schaffen, ihre Hindernisse beseitigen, das heißt, daß mir das noch erforderliche Goldquantum möglichst bald beschaffen und =» das Haupthindernis der Barzahlungen dadurch beseitigen, daß wir die Staats­­noten einziehen, Wobei ich mir (Bustimmung rechts.) Eines aber wird uns auch transis­torisch zur Pflicht, daß wir das auf dem inländischen Markte zur Verfügung stehende Gold vom Gesichtspunkte der staatlichen Erfordernisse nicht verringern, und deshalb erkläre ich auch, daß ich das zwar nicht für Walutazwede, aber zu sonstigen Sweden für den Staat erforderliche Gold derart beschaffen werde, daß dadurch die dem inländischen Markte zu Gebote stehenden Goldquantitäten und Goldwerte nicht verringert werden. Damit das geehrte Haus übrigens im reinen darüber es, wie weit entfernt wir noch von dem Ziele sind, wo wir das erforderliche Gold ganz besigen werden, werde ich mir erlauben, die Bezüglichen Daten mitzuteilen, nicht darauf erst rede, wie viel Gold Desterreich Hat. I Indern ich nur so viel erwähne, daß auch Oesterreich und die österreichisch-ungarische Bank einen ansehnlicheren, ich glaube den größeren Teil des Goldes beschafft hat, werde ich nur in betreff des Standes unseres eigenen Goldvorrates einige Hiffern dem geehrten Haufe zur Verfügung stellen. (Hört! Hört!) Der auf uns entfallende Teil der ihm lebenden Staatsschuld von 312 Millionen Gold beträgt nach dem geiäßlich festgestellten Verhältnis von 33 Berzent 93.600.000 Ah­r Dem gegenüber verfügen: wir BIAH% ersteng in der Staat3-Bentralfaffe in­ geprägten Zwanzig und Behn-Kronenfuüden über 121,706.000 Kronen; in der Kreminger Münze Haben wir in Prägung bes findliche 10,574.000­ronen zur Verfügung; in der­­ Staat3-Bentralfaffe liegen in verschiedenen ausländischen Goldmünzen 2,447.000 K­ronen; bei­­verschiedenen Banken sind: placiert 5,273.045 und 23,795.243 roten. So daß der und zur Verfügung stehende Goldvorrat 163.796.000 Kronen aus­­macht. (Lebhafte Elsenrufe rechts.) . Wenn demnach, das geehrte Haus in Betracht ziehen will, dag ‚jenes Konsortium, mit welchem ich in betreff der Konversions-Operafion Vertrag geschloffen Habe, fi die Option auf zwölf Millionen vierperzentigg, Goldrente vorbehalten hat und daß es seinem Zweifel unterliegt, daß dieses Konsortium, sobald die Bedingungen des Geldmarktes e3 gestatten, schon im ‚Interesse der eigenen Reputation und vermöge seiner Bisher stets befundeten Bereitwilligkeit diese Option auch ausführen wird, wenn wir in Betracht ziehen, daß tch­ unter dem Titel dieser Option neuestend auf das Einfliefen von «27,408.000 Kronen rechnen können; dann sind wir in der Goldbeschaffung bei­ dem Bunte angelangt, daß, wenn die Option bezüglich dieser zwölf Millionen ausgeü­bt wird, unser notwendiger Goldvorrat beschafft ist. (Stürmische Elsenrufe rechts.) ‚ &s sind dieses Daten, geehrtes Haus, die feinen Anlaß ,; ’E + Sleins mütigkeit bieten, vielmehr zu entschiedenem teiterem Fortschreiten", daß Hier eine Umkehr nicht mehr am mutigen. (Zustimmung) Wir sind schon so weit engagiert und haben „große Schritte vorwärts gethan, abe ist, (Zustimmung recht3.) : Kommen wir schließlich darüber ins reine, daß, wenn ir, ohne eine bestimmte Verpflichtung in betreff des Terming zu übernehmen, einen fünf­­jährigen Zyklus für die Valutaregulierung angenommen haben, und heute, da nicht fünf Jahre, sondern nur fünf Vierteljahre von dem Byflus vertroffen sind, mit der Goldbeschaftung so weit halten. (Lebhafte Elsenrufe und Applaus rechts), ich daraus den Schluß ziehe, dab die Valutaregulierung bei und nur doch eines gefährdet werden kann: durch den Mangel an Selbstvertrauen. (Lebhafte Anstimmung und Beifall rechts.) Ach ersuche schließlich das geehrte Haus, den hiemit unterbreiteten Boranschlag an die Finanzkommission zu weisen. (Lange anhaltender stürmischer Beifall, Applaus und Elsenrufe recht.) Nach einer Pause von fünf Minuten überreichte Minister Hieronymi den Sanitätsbericht für 1892. Ferner beschloß das Haus auf Antrag­ des Ministerpräsidenten, morgen den Gefegentwurf über die Unfallversicherung der gewerblich Angestellten, dann mehrere kleinere Gegenstände, am Montag aber das Theißregulierungsgeieß in Beratung zu ziehen, nach demselben aber die Petitionen zu verhandeln. — Hierauf folgten zwei für: Heute angemeldete Interpellationen.­­ Ladislaus Drolicsanyi fragte den Unterrichtsminister, warum er bei Eruierung des Einkommens der Lehrer den reinen Katastralertrag zu Grunde legen ließ und nicht den zehnjährigen Durchschnittsertrag, wie er das Gefeg anordne? ferner ob der Minister dies ändern und dem Gefege gemäß vor= gehen wolle? Graf Albert Apponyi: Am Pfingstsonntag fand die Enthk­lung des Honbedmonuments in der Dfner Zeitung statt. Einladungen darin sir hielten sämtliche bedeutenderen politischen und gesellschaftlichen­ Faktoren"des­ Landes, auf die Regierung. Die Regierung leitete jedoch der ‚Einladung intägti Folge und erschien bei der Feier nicht. Das Fernbleiben der Regierung unter dichsen Umständen besigt einen demonstrativen Charakter (So ist’s Kin­st),, welcher“bei mir und bei vielen anderen den Eindruck einer mit dem Gefügken Patriotischer­te­­ » Auch eine Studienreife. Die­ betrübende Nachricht über die herrschende Am­­ebelfrantheit veranlaßte eine Dreier-Kommission, auch ohne staatliche Unterftügung eine Studienreife nach dem nahen, doch erst in neuester Zeit doch die Eisenbahnverbindung zum­gänglich gemachten Santum Zwibulum behuf3 Entdeckung und Feststellung eines noch unentdeckten Bacilus zu unternehmen. Die Reife war von geradezu phänomenalem Erfolge begleitet, so daß sie keineswegs der Mit- und Nachwelt berschwiegen werden darf. Bei einer Studienreise darf man sich vor allem nichts entgehen lassen und so ist es auch mir nicht entgangen, daß die Sterne am Himmel ganz verwunderte Gesichter machten, als ich, in der Morgendämmerung schon zur Abreife gerüstet, aus der Thüre trat, vor der mich der Fraser, der­ mich zur Bahn führen sollte, wie gewöhnlich nicht erwartete. Einer muß immer warten, dachte ich, und wartete, indem ich die Taschen durchsuchte, ob ich auch alle zur Untersuchung nötigen Instrumente einsteclte. 7 Taschenmesser, Gabelfrühftüd, Geldtasbe und Sadtuch, alles in schönster Ordnung. Raum war ich damit zu Ende, als auch fernes Räderrollen vernehmbar wurde, das sich bald als der erwartete Siafer mit einer meiner Kolleginnen entpuppte. Herzlichen „guten Morgen“, rief sie, „denken Sie si, der Finder kam nicht und ich muße die Hälfte des Weges­­ zu Buß gehen.“ Ich stieg auf und versicherte, daß ich am derlei gewöhnt sei, denn bei uns fahre man ja wie bekannt sehr teuer, aber dafür unpünktlich.. Doc rnd nun zur dritten Kollegin. Auch sie stand wartend schon auf der Straße. „Wenn wir nur nicht zu spät kommen“ meinte sie. D nein, entgegnete ich. Die Eisen­­bahn hält es mit den Siafern gut, denn sie bringen ihr ja, wenn auch langsam, da immer ein paar Passagiere und schließlich kommt es ihnen auch auf eine Viertelstunde nicht an. Richtig, um 4 Uhr 45 Minuten früh machten wir Welch herrlicher Morgen und welch herrliches Land das wir bewohnen! Wie fest ich mit diesen Bergen verwachsen bin, fühlte ich wieder in dem Momente, als sich uns die majestätische Karpathen- Kette quer über den Weg stellte, uld wollte sie seinen der Ihren aus dem­ Lande ziehen lassen. Schließt auf eure Kette, ihr Berge, öffnet weit eure Thore und seid deffen gewiß, daß wir nicht gehen, sondern bleiben in dem Lande, das unsere Väter erobert und im dem wir tiefe Wurzel geschlagen haben. So hätte ich ihnen fast laut zugerufen, aber erstens hätten sie mich nicht verstanden und zweitens hätten die Kolleginnen mich ausgelacht, denn die exakte Wissen­­schaft verträgt sich schlecht mit Egaltation. Weußerlich gab ich mich also auf ganz exakt, während ich innerlich dichtete, Was dabei heraussam mag folgende Probe beweisen: Je? Wie Schön ist der Morgen, der Himmel wie blau, Die Natur ist erfrischt doch den Morgentau. O Land voll Segen! Wie sind wir beglüdt, Durch Freiheit und Gleichheit aus Pest und geschtet. Hoch über den Bergen schwebt Freifend der Yar Und alles jauchzt Freiheit — „das ist gar nicht wahr, Denn wenn der Bacilus den Hiwiefel verheert, Dann ist Santum Zwibulum nicht mehr viel wert,” Ruft die Kollegin dazwischen. — Unmwandelbar steht eine Kette von Stein, Das selige Eiland zu fügen, Sie läßt den Feind von außen nicht ein, Doc fan und das wenig nüßen, Denn innen im Lande wählt Zwietracht und Not — „Der Bad­lug frißt fort und der Ziviefel ist tot“. In solcher Weise dichtend fortzufahren mar äußerst bedenklich. Ich wandte meinen Brief von den Bergen ab und meiner eyalten Umgebung zu. Er fiel auf unsere einzige Neifegefährtin — „Deine Nase ist wie der Turm zu Babel“ würde der gottselige David bei ihrem Anbltr begeistert ausgerufen haben: „Deine Zähne vermögen Tieger zu zerfleischen, dein Fuß ist der der Elephanten und dein Rufen mwölbt sich wie der Berg zu Sinai”. Eben fann ih­no nach, melchem Gramme dieses „Ebenbild Gottes“ entflammt sein könnte, als die Frage „Wo kommen je her und wo reifen je hin”? mein Ohr erreichte. O heiliger Israel, wer könnte dich in deinem Uhrbild je verrennen! ‚Zu einer Unterhaltung kam es zwischen uns nicht, denn mit Emsigkeit strebte sie die einmal gewonnene Fülle auch weiter zur erhalten, und als sie 6 Kipfel und um­ 10 Kreuzer Birnen aufs Herz gelegt hatte,­­schlief sie den Schlaf des Gerechten. Uns wurde es unterdessen ganz sonderbar zu Mute bei dem Gedanken, daß wir vielleicht im Stande wären, etwas Noch niedagerwesenes, vielleicht auch Nichtex­ftierenden zu entdecken. Alle Eventualitäten wurden er­­wogen und schließlich mußte die nähere Untersuchung doch bis zur Erreichung der verseuchten Stelle verschoben werden. Hinterdessen rasten wir, mit der Schnelle einer Büffelherde, unserem Ziele entgegen. An den üblichen Wasser- Stationen t wurde stillegehalten, abgestiegen und die Insassen — getränft, denn die Wasserstationen beziehen sich hier nicht nur auf die Lokomotive, sondern auch auf die Baffagiere. — immer erwartungsvoller schlägt das­­ Herz und immer intensiver wird der Zw­iefelgeruch. Endlich erscheinen die sieben Türme der vielgläubigen und sprachigen Stadt, von den Römern Zwibulum totalum ges nannt. Noch ein kräftiger Rud und wir figen fest. Fiaker gefäl­gt Rrm­ibus? so Hang­e3 und schnarrend entgegen. Cho!­das ging­ mir über Bin Spat. Wie hatten wir Grosftächter­.auf das Zwibulum ,gesehen sttb­tet dieser Lugus! Aber nur nobel Schani, als Amtzperson darf man nicht Eraujern und so fuhren wir denn per Siafer in das Hotel Lauritih. Eine alte Sage erzählt, daß beim Eintritt in diese Stadt fi eine trübe Wolfe auf das Gehirn lagere und das Denkvermögen abschwäche. An mir selbst konnte ich natürlich diese Wahrnehmung nicht machen, aber meine Kolleginnen schienen mir lieben wls ermattet zu sein und deshalb mahnte ich auch zum sofortigen Forschungsgang. Mit allen Instrumenten versehen machten wir uns denn auf den Weg, um zu unserer Forschung ein hattiges Plägchen aufzusuchen. Aber es kam anders, unser Infognito murde entdeckt, wir mußten, dem heißen Wissensdrang uns entschlagend, "uns der Führung des Kirchenoberhauptes an­­vertrauen, der sich in liebenswürdiger Weise erbot, und die Sehenswürdigkeiten Zwibulums zu zeigen. Der­ Sehenswürdigkeiten werde an anderer Stelle gedacht, hier sei nur so viel erwähnt, daß das Schloß, einst der s ich der ungarischen dürften, einen tiefen Eindruck auf uns herborbrachte, der seinen Höhepunkt erreichte, als wir vor der T­üre standen, durch die einst der erste Sachsengraf in das Burgverließ eingetreten war. Die Wälle zu besteigen Ichien und bei dem heißen Sonnenbrand nicht sehr verladend und so traten wir über die einst bewegliche, seßt feste Schloßbrüce wieder ins Freie. Hier wurde das Kirchenoberhaupt zu amtlichen Geschäften abberufen und so machten wir uns in Begleitung seines Tiedenstwürdigen Töchterchend auf den Weg, um den, aus aller Zeit noch unter dem Namen „Mühilus Papiribus“ bekannten Spaziergang kennen zu lernen. Unterwegs machte ich die Entdeckung, daß, sosehr auch der Namen der Stadt und ihrer Umgebung an lateinischen Ursprung gemahnen, doch nicht anzunehmen ist, daß je die Lateiner Hier gekauft haben, denn von den berühmten römischen Bädern ist hier seine Spur zu finden, vielmehr badet jeder bei dem großen Wasserreichtum wie er weiß und fan. Der Weg zum vorgefegten Biere führte uns an herrlich­barem Wasser entlang, dad und freundlich einlud, die irdische Brust in seine Wellen zu tauchen, aber wir Hermannstädter sind der Ansicht, daß ein Bad mit gemischten Geschlechtern nur in Salzburg wohlanständig sei, und so entsagten wir der ersehnten Abkühlung, und strebten, wie glühende Irrlichter, unserem Siele entgegen, das sie nach Halbstündiger Wanderung auch glücklich erreichten. Noch nie ist mir eine Sigung so gut gekommen als diese, zwar auf hölzernen­­ und gemütlich auf den Weg.

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